Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 2. Halle (Saale), 1701.Das vierdte Capitel. solches geschehen/ ist nichts weiter übrig/ als daß mans ihr zu ihrer verant-wortung/ indem kein zwang platz hat/ überlasse/ und die gantze sache GOTT dem Allerhöchsten befehle: Den auch hiemit hertzlich anruffe/ daß er nach sei- ner weißheit/ güte und krafft die hertzen so der Cajae und Mevii, als aller/ die et- was dabey zu thun haben/ dahin regire/ seinen willen an sich und andre zu er- kennen/ und demselben mit hindansetzung aller fleischlichen affecten getreu- lich nachzukommen/ auch den segen/ den er allem gehorsam versprochen/ über sich zu erfahren. 1700. SECTIO II. Als eine Adeliche Fräulein sich mit dem ehe-ver- spruch an eine person übereilet/ gegen welche sie darnach keine liebe bey sich zuwege bringen zu können meinete. DEr vornehmste innhalt ist dieser/ daß von der werthen Fräulein von fäl-
Das vierdte Capitel. ſolches geſchehen/ iſt nichts weiter uͤbrig/ als daß mans ihr zu ihrer verant-wortung/ indem kein zwang platz hat/ uͤberlaſſe/ und die gantze ſache GOTT dem Allerhoͤchſten befehle: Den auch hiemit hertzlich anruffe/ daß er nach ſei- ner weißheit/ guͤte und krafft die hertzen ſo der Cajæ und Mevii, als aller/ die et- was dabey zu thun haben/ dahin regire/ ſeinen willen an ſich und andre zu er- kennen/ und demſelben mit hindanſetzung aller fleiſchlichen affecten getreu- lich nachzukommen/ auch den ſegen/ den er allem gehorſam verſprochen/ uͤber ſich zu erfahren. 1700. SECTIO II. Als eine Adeliche Fraͤulein ſich mit dem ehe-ver- ſpruch an eine perſon uͤbereilet/ gegen welche ſie darnach keine liebe bey ſich zuwege bringen zu koͤnnen meinete. DEr vornehmſte innhalt iſt dieſer/ daß von der werthen Fraͤulein von faͤl-
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Das vierdte Capitel.
ſolches geſchehen/ iſt nichts weiter uͤbrig/ als daß mans ihr zu ihrer verant-
wortung/ indem kein zwang platz hat/ uͤberlaſſe/ und die gantze ſache GOTT
dem Allerhoͤchſten befehle: Den auch hiemit hertzlich anruffe/ daß er nach ſei-
ner weißheit/ guͤte und krafft die hertzen ſo der Cajæ und Mevii, als aller/ die et-
was dabey zu thun haben/ dahin regire/ ſeinen willen an ſich und andre zu er-
kennen/ und demſelben mit hindanſetzung aller fleiſchlichen affecten getreu-
lich nachzukommen/ auch den ſegen/ den er allem gehorſam verſprochen/ uͤber
ſich zu erfahren. 1700.
SECTIO II.
Als eine Adeliche Fraͤulein ſich mit dem ehe-ver-
ſpruch an eine perſon uͤbereilet/ gegen welche ſie darnach
keine liebe bey ſich zuwege bringen zu koͤnnen
meinete.
DEr vornehmſte innhalt iſt dieſer/ daß von der werthen Fraͤulein von
N. deroſelbenhertzens anligen/ und verlangen mein chriſtliches gutach-
ten daruͤber zu vernehmen/ verſtanden habe/ weßwegen denn nach der
gnade GOttes meine einfaͤltige gedancken entdecken ſolle/ auch mit derjeni-
gen freyheit/ als einem geweſten Beichtvater zukommen will/ und ich nicht
zweiffele/ daß auch nicht anders von mir begehrt werde/ nachdem es um die
ruhe des gewiſſens zu thun iſt/ zu welcher kein anderer weg iſt/ als ohne
ſchmeicheley die dinge/ davon unruhe entſtanden iſt/ recht nach der wahrheit
einzuſehen/ und ſie alſo vorzuſtellen. So iſt nun das erſte/ ſo zum grunde
gelegt werden muß/ weil es aller bißheriger unruhe urſach gegeben hat/ daß
in der geſchehenen verſprechung eine uͤbereilung vorgegangen zu ſeyn/ finde.
Es iſt der wille und gutachten chriſtlicher eltern uͤber die verheyrathung ih-
rer kinder einer der vornehmſten gruͤnde einer folgenden ehe/ und wie der kin-
der auch ſonſten feſtgeknuͤpffter verſpruch/ ſo er jenem entgegen waͤre/ unguͤl-
tig iſt/ ſo machet jener ohne der kinder einwilligung zwahr noch keine verbin-
dung/ es iſt aber auch ein ſtuͤck des kindlichen reſpects, daß kinder aus ver-
trauen gegen ihrer eltern treue/ weißheit und erfahrung diejenigen perſonen/
welche dieſelbe ihnen zu ehegatten auserleſen/ ihnen ſelbs auch vor die an-
ſtaͤndigſten achten/ und deswegen lieben/ wofern nicht andere wichtige urſa-
chen ſind/ welche ſie davon abhalten. Jndeſſen macht doch die eigene ein-
willigung der perſon ſelbs/ nicht aber dero eltern/ das eigenliche eheband;
Und weil die ehe eine ſache iſt/ an dero ſo ein groſſes zu dem wohlſeyn des
gantzen lebens gelegen/ ſo hat jede perſon/ welche in dieſelbe treten ſolle/ ne-
ben der gehorſamen abſicht auff der eltern gutachten gleichwohl auch ſorg-
faͤl-
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