Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 2. Halle (Saale), 1701.Das dritte Capitel. SECTIO XXX. Von tantzen und der darzu brauchenden music. GLeich wie derselbige sich noch wohl zuerinnern weiß/ als wegen des NN. ver-
Das dritte Capitel. SECTIO XXX. Von tantzen und der darzu brauchenden muſic. GLeich wie derſelbige ſich noch wohl zueriñern weiß/ als wegen des NN. ver-
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Das dritte Capitel.
SECTIO XXX.
Von tantzen und der darzu brauchenden muſic.
GLeich wie derſelbige ſich noch wohl zueriñern weiß/ als wegen des NN.
Vice-Capellmeiſters mit mir geredet wurde/ daß ich demſelben ſeine
uͤber das tantzen und den gebrauch der muſic dabeyauffgeſtiegene ſcru-
pel, welche ich vor gute regungen des Heil. Geiſtes erkenne/ ihm nicht be-
nehmen koͤnte/ ſondern ihn vielmehr darinnen beſtaͤrcken muͤſte/ alſo iſt mir
lieb geweſen/ daß mein hochgeehrter Herr kuͤrtzlich mir mit vorzeigung
des chriſtlichen mannes eigener brieffe/ ſeine gedancken und meynung deutli-
cher zu erkennen geben wollen/ wie ich denn nicht in abrede bin/ aus denſelben
eine hertzliche freude uͤber die gottſeelige reſolution, und eine liebe gegen
deſſen wehrte perſon/ gefaſſet zu haben. So kan auch numehr ſo viel gruͤnd-
licher auff alles antworten/ welches ich dann in der furchtdes HErrn in das
folgende zuſammen faſſe 1. Wo ein ſcrupul des tantzens wegen in ein ge-
muͤth kommet/ ſo iſt ein ſolcher menſch bald gewiſſens halber verbunden/ ſich
deſſen zu enthalten/ ob auch ſchon das tantzen an ſich nicht ſuͤnde waͤre. Dann
dieſes iſt die krafft des gewißens/ wann es auch ſchon irret/ daß ein jeder/
wer dagegen thut/ ſich damit verſuͤndiget/ dann er thuts mit zweiffel/
Rom. 14/ 23. und weil er thut/ was er GOTT zu wider zu ſeyn glaubet/
ſo iſt ſchon bereits dieſes ſuͤnde/ wider Gottes willen thun wollen. 2. Jn
deſſen ſehe ich dieſen ſcrupul nicht an/ als eine ſchwachheit eines irrenden ge-
wiſſens/ ſondern der eckel/ welchen der ehrliche mann an dem tantzen hat/ iſt
gegruͤndet auff den allgemeinen regeln des rechtſchaffenen Chriſtenthums/
deren nothwendige folgen/ unter welche dieſe auch gehoͤret/ leyder viel weni-
ger menſchen/ die ſich doch mit dem munde zu jenen bekennen/ recht einſehen
oder denſelben folgen/ daher ich GOtt hertzlich dancke/ wo er einige tieffer in
ſolche materie eintringen laͤßet/ und ihre hertzen zu allem haß der welt-liebe
ruͤhret. Doch bin ich nicht in abrede/ daß ich zu der zeit dieſer verderbnuͤß
nicht eben allen dieſen ſcrupel mache/ bey denen er ſich nicht ſelbs findet/ ſon-
dern vielmehr auf diejenige principia und grund-lehren der verleugnung
ſein ſelbs/ der ablegung der weltliebe/ der abſagung aller eitelkeit/ der nach-
folge CHriſti/ und dergleichen/ treibe/ welche in der krafft ſchon dasjenige
in ſich faſſen/ das uns das tantzen verbietet/ und wo jene recht ins hertze trin-
gen/ dieſes von ſelbs fallen muß. Die urſach iſt dieſe/ einestheils weil die
unterlaſſung des tantzens/ wo ſonſten das hertz mit liebe der welt und dero
eitelen weſens annoch erfuͤllet bleibet/ wenig zum wahren Chriſtenthum/ o-
der GOtt zugefallen/ thun moͤchte. Wie alſo ein medicus bey einem gantz
ver-
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