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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 2. Halle (Saale), 1701.

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ARTIC. I. SECTIO XII.
dern zum zeichen seines alten bundes mit den Jsraeliten 2. Mos. 31/ 13. u. f.
Ezech. 20/ 12.
verordnet hat. Daher nicht allein das vorbild auff das künff-
tige/ nachdem der leib selbs gekommen/ in dem N. T. auffhöret/ sondern alles
dasjenige/ was über den in dem menschlichen leben nothwendigen sabbath/
als worinnen die krafft des gebots stehet/ und davon bald folgen solle/ in dem
A. T. von unterschiedlichen satzungen hinzugethan/ und die strenge desselben
sehr geschärfft worden ist/ uns in dem N. T. eigenlich nicht mehr angehet,
Sonderlich müssen wir wohl anmercken/ daß das verbot der eusserlichen arbeit
der art des A. T. welches mit eusserlichen dingen grossen theils umging/ al-
lerdings gemäß/ und also wahrhafftig ein stück des gesetzes selbs gewesen. Da
hingegen das N. T. mit dem eusserlichen nicht anders/ als wie es zu dem inner-
lichen führet/ oder dessen übung ist/ oder auch hingegen daran hindert/ um-
gehet/ dasselbe auszuschliessen/ oder zuerfordern.

3. Jndessen muß das haupt-werck in dem dritten gebot auch in dem N.
T. allerdings bleiben. Wir können aber dasselbe sonderlich finden/ wo wir
auff den unterscheid der gebot der ersten taffel sehen: da gehet nun das erste
gebot damit um/ daß unsre seele mit allen ihren kräfften/ in erkäntnüß/ liebe/
furcht und vertrauen GOtt allein gewidmet werde: das andere damit/ daß
solcher innerliche erste dienst in der erkäntnüß/ liebe/ furcht und vertranen
GOttes sich heraus lasse in allem dem/ worinnen göttlicher nahme/ und wie
sich der HErr uns offenbahret hat/ von uns geheiliget und recht gebraucht
werden möge. Ausser diesen beiden stücken erfordert auch göttliche ehre noth-
wendig einstheils/ daß die menschen nicht nur eintzeln und jeglicher für sich
selbs GOtt dienen/ ihn loben und preisen/ sondern daß dergleichen auch in ei-
ner gemeinde geschehe/ welcher dienst GOtt so viel besser gefält/ und einer
durch den andern auffgemuntert wird; darzu aber müssen versammlungen
geschehen: andern theils erfordert sie auch jetzo nach dem fall/ weil der mensch/
was das erste gebot von ihm fordert/ die erkäntnüß/ liebe/ furcht und ver-
trauen GOttes nicht hat/ noch dieselbe nach dem andern gebot aus sich selbs
üben kan/ sondern sie erst von GOTT in ihm gewircket werden müssen/ fer-
ner sie GOtt durch sein wort wircken will/ daher mit desemlben umzugehen/
solches zu hören/ zu lesen und zu betrachten ist/ hingegen der mensch wegen
nach dem fall aufferlegter schwehrer eusserlicher arbeit und schweiß seines an-
gesichts 1. Mos. 3/ 19. nun unmüglich alle zeit zu solchen geistlichen wercken/
darinnen an seiner heiligung absonderlich gearbeitet wird/ anwenden kan/
ja deren aller meisten wegen dero armuth oder dienstbarkeit wenig darzu ü-
brig bleibet/ daß dann eine gewisse zeit seye/ welche den weltlichen und leibl.
verrichtungen sofern entzogen werde/ damit der mensch dieselbe ungehindert

zu
F

ARTIC. I. SECTIO XII.
dern zum zeichen ſeines alten bundes mit den Jſraeliten 2. Moſ. 31/ 13. u. f.
Ezech. 20/ 12.
verordnet hat. Daher nicht allein das vorbild auff das kuͤnff-
tige/ nachdem der leib ſelbs gekommen/ in dem N. T. auffhoͤret/ ſondern alles
dasjenige/ was uͤber den in dem menſchlichen leben nothwendigen ſabbath/
als worinnen die krafft des gebots ſtehet/ und davon bald folgen ſolle/ in dem
A. T. von unterſchiedlichen ſatzungen hinzugethan/ und die ſtrenge deſſelben
ſehr geſchaͤrfft worden iſt/ uns in dem N. T. eigenlich nicht mehr angehet,
Sonderlich muͤſſen wir wohl anmerckẽ/ daß das verbot der euſſerlichen arbeit
der art des A. T. welches mit euſſerlichen dingen groſſen theils umging/ al-
lerdings gemaͤß/ und alſo wahrhafftig ein ſtuͤck des geſetzes ſelbs geweſen. Da
hingegen das N. T. mit dem euſſerlichen nicht anders/ als wie es zu dem inner-
lichen fuͤhret/ oder deſſen uͤbung iſt/ oder auch hingegen daran hindert/ um-
gehet/ daſſelbe auszuſchlieſſen/ oder zuerfordern.

3. Jndeſſen muß das haupt-werck in dem dritten gebot auch in dem N.
T. allerdings bleiben. Wir koͤnnen aber daſſelbe ſonderlich finden/ wo wir
auff den unterſcheid der gebot der erſten taffel ſehen: da gehet nun das erſte
gebot damit um/ daß unſre ſeele mit allen ihren kraͤfften/ in erkaͤntnuͤß/ liebe/
furcht und vertrauen GOtt allein gewidmet werde: das andere damit/ daß
ſolcher innerliche erſte dienſt in der erkaͤntnuͤß/ liebe/ furcht und vertranen
GOttes ſich heraus laſſe in allem dem/ worinnen goͤttlicher nahme/ und wie
ſich der HErr uns offenbahret hat/ von uns geheiliget und recht gebraucht
werden moͤge. Auſſer dieſen beiden ſtuͤcken erfordert auch goͤttliche ehre noth-
wendig einstheils/ daß die menſchen nicht nur eintzeln und jeglicher fuͤr ſich
ſelbs GOtt dienen/ ihn loben und preiſen/ ſondern daß dergleichen auch in ei-
ner gemeinde geſchehe/ welcher dienſt GOtt ſo viel beſſer gefaͤlt/ und einer
durch den andern auffgemuntert wird; darzu aber muͤſſen verſammlungen
geſchehen: andeꝛn theils eꝛfordeꝛt ſie auch jetzo nach dem fall/ weil der menſch/
was das erſte gebot von ihm fordert/ die erkaͤntnuͤß/ liebe/ furcht und ver-
trauen GOttes nicht hat/ noch dieſelbe nach dem andern gebot aus ſich ſelbs
uͤben kan/ ſondern ſie erſt von GOTT in ihm gewircket werden muͤſſen/ fer-
ner ſie GOtt durch ſein wort wircken will/ daher mit deſemlben umzugehen/
ſolches zu hoͤren/ zu leſen und zu betrachten iſt/ hingegen der menſch wegen
nach dem fall aufferlegter ſchwehrer euſſerlicher arbeit und ſchweiß ſeines an-
geſichts 1. Moſ. 3/ 19. nun unmuͤglich alle zeit zu ſolchen geiſtlichen wercken/
darinnen an ſeiner heiligung abſonderlich gearbeitet wird/ anwenden kan/
ja deren aller meiſten wegen dero armuth oder dienſtbarkeit wenig darzu uͤ-
brig bleibet/ daß dann eine gewiſſe zeit ſeye/ welche den weltlichen und leibl.
verrichtungen ſofern entzogen werde/ damit der menſch dieſelbe ungehindert

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[41/0049] ARTIC. I. SECTIO XII. dern zum zeichen ſeines alten bundes mit den Jſraeliten 2. Moſ. 31/ 13. u. f. Ezech. 20/ 12. verordnet hat. Daher nicht allein das vorbild auff das kuͤnff- tige/ nachdem der leib ſelbs gekommen/ in dem N. T. auffhoͤret/ ſondern alles dasjenige/ was uͤber den in dem menſchlichen leben nothwendigen ſabbath/ als worinnen die krafft des gebots ſtehet/ und davon bald folgen ſolle/ in dem A. T. von unterſchiedlichen ſatzungen hinzugethan/ und die ſtrenge deſſelben ſehr geſchaͤrfft worden iſt/ uns in dem N. T. eigenlich nicht mehr angehet, Sonderlich muͤſſen wir wohl anmerckẽ/ daß das verbot der euſſerlichen arbeit der art des A. T. welches mit euſſerlichen dingen groſſen theils umging/ al- lerdings gemaͤß/ und alſo wahrhafftig ein ſtuͤck des geſetzes ſelbs geweſen. Da hingegen das N. T. mit dem euſſerlichen nicht anders/ als wie es zu dem inner- lichen fuͤhret/ oder deſſen uͤbung iſt/ oder auch hingegen daran hindert/ um- gehet/ daſſelbe auszuſchlieſſen/ oder zuerfordern. 3. Jndeſſen muß das haupt-werck in dem dritten gebot auch in dem N. T. allerdings bleiben. Wir koͤnnen aber daſſelbe ſonderlich finden/ wo wir auff den unterſcheid der gebot der erſten taffel ſehen: da gehet nun das erſte gebot damit um/ daß unſre ſeele mit allen ihren kraͤfften/ in erkaͤntnuͤß/ liebe/ furcht und vertrauen GOtt allein gewidmet werde: das andere damit/ daß ſolcher innerliche erſte dienſt in der erkaͤntnuͤß/ liebe/ furcht und vertranen GOttes ſich heraus laſſe in allem dem/ worinnen goͤttlicher nahme/ und wie ſich der HErr uns offenbahret hat/ von uns geheiliget und recht gebraucht werden moͤge. Auſſer dieſen beiden ſtuͤcken erfordert auch goͤttliche ehre noth- wendig einstheils/ daß die menſchen nicht nur eintzeln und jeglicher fuͤr ſich ſelbs GOtt dienen/ ihn loben und preiſen/ ſondern daß dergleichen auch in ei- ner gemeinde geſchehe/ welcher dienſt GOtt ſo viel beſſer gefaͤlt/ und einer durch den andern auffgemuntert wird; darzu aber muͤſſen verſammlungen geſchehen: andeꝛn theils eꝛfordeꝛt ſie auch jetzo nach dem fall/ weil der menſch/ was das erſte gebot von ihm fordert/ die erkaͤntnuͤß/ liebe/ furcht und ver- trauen GOttes nicht hat/ noch dieſelbe nach dem andern gebot aus ſich ſelbs uͤben kan/ ſondern ſie erſt von GOTT in ihm gewircket werden muͤſſen/ fer- ner ſie GOtt durch ſein wort wircken will/ daher mit deſemlben umzugehen/ ſolches zu hoͤren/ zu leſen und zu betrachten iſt/ hingegen der menſch wegen nach dem fall aufferlegter ſchwehrer euſſerlicher arbeit und ſchweiß ſeines an- geſichts 1. Moſ. 3/ 19. nun unmuͤglich alle zeit zu ſolchen geiſtlichen wercken/ darinnen an ſeiner heiligung abſonderlich gearbeitet wird/ anwenden kan/ ja deren aller meiſten wegen dero armuth oder dienſtbarkeit wenig darzu uͤ- brig bleibet/ daß dann eine gewiſſe zeit ſeye/ welche den weltlichen und leibl. verrichtungen ſofern entzogen werde/ damit der menſch dieſelbe ungehindert zu F

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 2. Halle (Saale), 1701, S. 41. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken02_1701/49>, abgerufen am 22.11.2024.