Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 2. Halle (Saale), 1701.ARTIC. IV. SECTIO XVIII. met. Hierzu möchte auch (8. aus betrachtung gegenwärtiger zeit setzen/ daßich diejenige vor so viel glücklicher schätze/ welche GOTT weiter gegen Nor- den gesetzet hat/ als grösser unsre gefahr ist/ die den Päbstlichen ländern näher sind/ und besorglich die ersten seyn werden/ die der HErr in die gewalt Babels fallen möchte lassen/ da ich hingegen hoffe/ daß diese nicht so weit gegen Mit- ternacht reichen/ oder je langsamer die wuth dahin erstrecken werde. Weß- wegen es vielmehr vor eine göttliche wolthat geachtet werden mögen/ eine stelle GOTT zu dienen an solchen orten gefunden zu haben. Daher (9. die verunruhigung des gemüths das ansehen gewinnen mag/ ein zeugnüß zu seyn/ daß solche änderung nicht eben so eigenlich aus göttlichem willen ge- schehen. Jndessen 2. kan ich noch nicht mit einer versicherung den entschluß sol- Jndessen 3. wird es zu meines werthen freundes eigner pruffung vor- nach
ARTIC. IV. SECTIO XVIII. met. Hierzu moͤchte auch (8. aus betrachtung gegenwaͤrtiger zeit ſetzen/ daßich diejenige vor ſo viel gluͤcklicher ſchaͤtze/ welche GOTT weiter gegen Nor- den geſetzet hat/ als groͤſſer unſre gefahr iſt/ die den Paͤbſtlichen laͤndern naͤher ſind/ und beſorglich die erſten ſeyn werden/ die der HErr in die gewalt Babels fallen moͤchte laſſen/ da ich hingegen hoffe/ daß dieſe nicht ſo weit gegen Mit- ternacht reichen/ oder je langſamer die wuth dahin erſtrecken werde. Weß- wegen es vielmehr vor eine goͤttliche wolthat geachtet werden moͤgen/ eine ſtelle GOTT zu dienen an ſolchen orten gefunden zu haben. Daher (9. die verunruhigung des gemuͤths das anſehen gewinnen mag/ ein zeugnuͤß zu ſeyn/ daß ſolche aͤnderung nicht eben ſo eigenlich aus goͤttlichem willen ge- ſchehen. Jndeſſen 2. kan ich noch nicht mit einer verſicherung den entſchluß ſol- Jndeſſen 3. wird es zu meines werthen freundes eigner pruffung vor- nach
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ARTIC. IV. SECTIO XVIII.
met. Hierzu moͤchte auch (8. aus betrachtung gegenwaͤrtiger zeit ſetzen/ daß
ich diejenige vor ſo viel gluͤcklicher ſchaͤtze/ welche GOTT weiter gegen Nor-
den geſetzet hat/ als groͤſſer unſre gefahr iſt/ die den Paͤbſtlichen laͤndern naͤher
ſind/ und beſorglich die erſten ſeyn werden/ die der HErr in die gewalt Babels
fallen moͤchte laſſen/ da ich hingegen hoffe/ daß dieſe nicht ſo weit gegen Mit-
ternacht reichen/ oder je langſamer die wuth dahin erſtrecken werde. Weß-
wegen es vielmehr vor eine goͤttliche wolthat geachtet werden moͤgen/ eine
ſtelle GOTT zu dienen an ſolchen orten gefunden zu haben. Daher (9. die
verunruhigung des gemuͤths das anſehen gewinnen mag/ ein zeugnuͤß zu
ſeyn/ daß ſolche aͤnderung nicht eben ſo eigenlich aus goͤttlichem willen ge-
ſchehen.
Jndeſſen 2. kan ich noch nicht mit einer verſicherung den entſchluß ſol-
cher aͤnderung und dieſelbe ſelbſten ſtraffen/ oder die obige urſachen vor gnug
darzu achten/ indem GOttes wege wunderbarlich und unerforſchlich ſind:
Daher er offt die ſeinige ſo fuͤhret/ daß es andere ſchier nicht wol ohne anſtoß
anſehen koͤnnen/ und gleichwol iſt ers wahrhafftig/ der ſie alſo gefuͤhret hat.
Ja er fuͤhret uns offt widerſinniſch/ zu uͤbung unſrer gedult und glaubens:
Er fuͤhret uns an ort/ da er uns in dem kuͤnfftigen gewiſſe arbeit beſtimmet
hat/ die weder wir noch andre lang vorſehen koͤnnen/ und die dennoch unſern
gehorſam wol belohnen wird/ ja manchmal diejenige weit uͤbertreffen ſolle/
die wir vorher verlaſſen: Er fuͤhret uns unwiſſend aus einer gefahr/ die einem
ort nach ſeiner allwiſſenheit bevorſtehet/ und er aber unſer ſchonen will/ oder
in eine gefahr/ in dero er durch unſre gedult und beſtaͤndigkeit will geprieſen
werden: Und was dergleichen unzehliche arten der goͤttlichen weiſen und guͤti-
gen regierung bemercket werden moͤgen. Weil ich nun meinen werthen Herꝛn
als ein rechtſchaffen kind GOttes anſehe/ ſo dieſe aͤnderung nicht ohne hertzli-
che anruffung GOttes um ſeine regierung wird angetreten/ und alſo zum
forderſten den mund GOttes rathgefraget haben/ ſo dann/ daß er auch werde
alles reifflich uͤberleget/ und zum grund der reſolution ſolche urſachen geleget
haben/ welche in dem gewiſſen unanſtoͤßig/ ſo ſtehe ich in dem guten vertrauen/
es werde dieſe aͤnderung nicht ſo wol ein fleiſchlicher rath/ als eine regierung
GOttes ſeyn. Auffs wenigſte bin ich deſſen gewiß/ der HErr habe wahr-
hafftig/ daß dieſes endlich geſchehen und erfolgen ſolle/ beſchloſſen.
Jndeſſen 3. wird es zu meines werthen freundes eigner pruffung vor-
nemlich ſtehen/ wie er die ſache anzuſehen/ und wie er ſich darinne zu beſchuldi-
gen oder zu entſchuldigen habe. Solche pruͤffung aber gehet vornemlich da-
hin/ ſein hertz vor GOTT nach dem eigenlichen grunde zu unterſuchen/ was
die eigenliche motiva des abzugs und veraͤnderung geweſen/ ob es eine folche/
welche vor dem angeſicht GOttes wahrhafftig beſtehen mag/ und die nicht
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Zitationshilfe: | Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 2. Halle (Saale), 1701, S. 455. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken02_1701/463>, abgerufen am 28.06.2024. |