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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 2. Halle (Saale), 1701.

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Das dritte Capitel.
fentlich und vor den augen der Obrigkeit geschihet/ die nicht nur die in den
recessibus imperii dagegen gesetzte poenen nicht exsequiret/ sondern mit
nichts/ als viel mir bekant ist/ ihr mißfallen dagegen bezeuget. Daher 3.
die contraria praxis nicht etwa nur an einem oder andern ort sich findet/ so
einem zarten gewissen eher einen scrupul machen würde/ sondern als viel mich
erkundigt habe/ durch und durch in dem Reich im schwang gehet. Also gar 4.
daß den wenigsten gold- und silber-arbeitern das gesetz bekant ist/ sondern die
meiste ihr lebtag davon nichts gehöret haben/ es auch ihren ordnungen/ wel-
che sonsten an vielen orten ihnen vorgeschrieben sind/ und sie darauf verpflich-
tet werden/ nicht einverleibet ist. Deswegen 5. fast nunmehr als ein ihnen
nicht publicirtes gesetz geachtet werden kan/ welches sie demnach nicht verbin-
det. So vielmehr weil 6. gestanden wird/ daß sie ausser diesem fall fast kein
silber haben können/ worinnen also auch eine vernünfftige ursach sich finden
liesse/ warum etwa die Obrigkeit tacito consensu das gesetz so lange suspen-
di
ret haben mag. Alles solches aber mag dazu gnug seyn/ daß die gold- und
silber-schmiede sich mit solchem schmeltzen nicht versündigen.

3. Daraus folget/ daß auch andere mit gutem gewissen denselben etwas
zu verschmeltzen überlassen können/ indeme diese nicht anders sündigten/ als
daß sie zu jener sünde vorschub thäten. Ja es haben diese so vielweniger
sorge zu tragen/ weil die reichs-abschiede und müntz-ordnungen nicht so wol
gegen andere als gegen diejenige selbs gerichtet werden seyn/ welche die gute
geld-sorten zubrechen und zuschmeltzen: Wo dann die krafft der gesetze gegen
diese nicht mehr gehet/ so betrifft sie so vielweniger andere/ so nur indirecte
bey der sache concurriren.

Der HErr HErr/ dessen gnade allein unsre hertzen fest machen kan/
gebe in seines Geistes liecht uns seinen willen in allen fällen zu erkennen/
daß wir verstehen/ was ihme gefällig seye/ unser gewissen bewahren/ und
es weder mit unnöthigen scrupuln ängsten/ noch wider seinen spruch handlen/
in allen stücken aber treulich thun mögen was ihm gefällig ist. Amen.

Dessen güte ruffe ich nochmal hertzlich an/ daß sie der person/
welche sie/ wie aus dem übersandten vergnüglich zu sehen/ kräfftig zu
einem hertzlichen ernst ihres Christenthums zu ziehen angefangen/
mit der gnade des Heil. Geistes beystehen/ und was in diesem meinem

responso göttlichem willen gemäß/ wie ich es zwahr nach meinem be-
griff alles demselben gemäß hoffe/ und zu dero gewissens bewahrung
das vorträglichste ist/ in ihrer seelen versiglen/ so dann insgesamt zu
dem frieden in Christo JEsu/ indem wir allein ruhe haben/ in erkänt-
nüß seiner väterlichen gnade gegen die seines willens begierigen kin-

der/

Das dritte Capitel.
fentlich und vor den augen der Obrigkeit geſchihet/ die nicht nur die in den
receſſibus imperii dagegen geſetzte pœnen nicht exſequiret/ ſondern mit
nichts/ als viel mir bekant iſt/ ihr mißfallen dagegen bezeuget. Daher 3.
die contraria praxis nicht etwa nur an einem oder andern ort ſich findet/ ſo
einem zarten gewiſſen eher einen ſcrupul machen wuͤrde/ ſondern als viel mich
erkundigt habe/ durch und durch in dem Reich im ſchwang gehet. Alſo gar 4.
daß den wenigſten gold- und ſilber-arbeitern das geſetz bekant iſt/ ſondern die
meiſte ihr lebtag davon nichts gehoͤret haben/ es auch ihren ordnungen/ wel-
che ſonſten an vielen orten ihnen vorgeſchrieben ſind/ und ſie darauf verpflich-
tet werden/ nicht einverleibet iſt. Deswegen 5. faſt nunmehr als ein ihnen
nicht publicirtes geſetz geachtet werden kan/ welches ſie demnach nicht verbin-
det. So vielmehr weil 6. geſtanden wird/ daß ſie auſſer dieſem fall faſt kein
ſilber haben koͤnnen/ worinnen alſo auch eine vernuͤnfftige urſach ſich finden
lieſſe/ warum etwa die Obrigkeit tacito conſenſu das geſetz ſo lange ſuſpen-
di
ret haben mag. Alles ſolches aber mag dazu gnug ſeyn/ daß die gold- und
ſilber-ſchmiede ſich mit ſolchem ſchmeltzen nicht verſuͤndigen.

3. Daraus folget/ daß auch andere mit gutem gewiſſen denſelben etwas
zu verſchmeltzen uͤberlaſſen koͤnnen/ indeme dieſe nicht anders ſuͤndigten/ als
daß ſie zu jener ſuͤnde vorſchub thaͤten. Ja es haben dieſe ſo vielweniger
ſorge zu tragen/ weil die reichs-abſchiede und muͤntz-ordnungen nicht ſo wol
gegen andere als gegen diejenige ſelbs gerichtet werden ſeyn/ welche die gute
geld-ſorten zubrechen und zuſchmeltzen: Wo dann die krafft der geſetze gegen
dieſe nicht mehr gehet/ ſo betrifft ſie ſo vielweniger andere/ ſo nur indirecte
bey der ſache concurriren.

Der HErr HErr/ deſſen gnade allein unſre hertzen feſt machen kan/
gebe in ſeines Geiſtes liecht uns ſeinen willen in allen faͤllen zu erkennen/
daß wir verſtehen/ was ihme gefaͤllig ſeye/ unſer gewiſſen bewahren/ und
es weder mit unnoͤthigen ſcrupuln aͤngſten/ noch wider ſeinen ſpruch handlen/
in allen ſtuͤcken aber treulich thun moͤgen was ihm gefaͤllig iſt. Amen.

Deſſen guͤte ruffe ich nochmal hertzlich an/ daß ſie der perſon/
welche ſie/ wie aus dem uͤberſandten vergnuͤglich zu ſehen/ kraͤfftig zu
einem hertzlichen ernſt ihres Chriſtenthums zu ziehen angefangen/
mit der gnade des Heil. Geiſtes beyſtehen/ und was in dieſem meinem

reſponſo goͤttlichem willen gemaͤß/ wie ich es zwahr nach meinem be-
griff alles demſelben gemaͤß hoffe/ und zu dero gewiſſens bewahrung
das vortraͤglichſte iſt/ in ihrer ſeelen verſiglen/ ſo dann insgeſamt zu
dem frieden in Chriſto JEſu/ indem wir allein ruhe haben/ in erkaͤnt-
nuͤß ſeiner vaͤterlichen gnade gegen die ſeines willens begierigen kin-

der/
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[362/0370] Das dritte Capitel. fentlich und vor den augen der Obrigkeit geſchihet/ die nicht nur die in den receſſibus imperii dagegen geſetzte pœnen nicht exſequiret/ ſondern mit nichts/ als viel mir bekant iſt/ ihr mißfallen dagegen bezeuget. Daher 3. die contraria praxis nicht etwa nur an einem oder andern ort ſich findet/ ſo einem zarten gewiſſen eher einen ſcrupul machen wuͤrde/ ſondern als viel mich erkundigt habe/ durch und durch in dem Reich im ſchwang gehet. Alſo gar 4. daß den wenigſten gold- und ſilber-arbeitern das geſetz bekant iſt/ ſondern die meiſte ihr lebtag davon nichts gehoͤret haben/ es auch ihren ordnungen/ wel- che ſonſten an vielen orten ihnen vorgeſchrieben ſind/ und ſie darauf verpflich- tet werden/ nicht einverleibet iſt. Deswegen 5. faſt nunmehr als ein ihnen nicht publicirtes geſetz geachtet werden kan/ welches ſie demnach nicht verbin- det. So vielmehr weil 6. geſtanden wird/ daß ſie auſſer dieſem fall faſt kein ſilber haben koͤnnen/ worinnen alſo auch eine vernuͤnfftige urſach ſich finden lieſſe/ warum etwa die Obrigkeit tacito conſenſu das geſetz ſo lange ſuſpen- diret haben mag. Alles ſolches aber mag dazu gnug ſeyn/ daß die gold- und ſilber-ſchmiede ſich mit ſolchem ſchmeltzen nicht verſuͤndigen. 3. Daraus folget/ daß auch andere mit gutem gewiſſen denſelben etwas zu verſchmeltzen uͤberlaſſen koͤnnen/ indeme dieſe nicht anders ſuͤndigten/ als daß ſie zu jener ſuͤnde vorſchub thaͤten. Ja es haben dieſe ſo vielweniger ſorge zu tragen/ weil die reichs-abſchiede und muͤntz-ordnungen nicht ſo wol gegen andere als gegen diejenige ſelbs gerichtet werden ſeyn/ welche die gute geld-ſorten zubrechen und zuſchmeltzen: Wo dann die krafft der geſetze gegen dieſe nicht mehr gehet/ ſo betrifft ſie ſo vielweniger andere/ ſo nur indirecte bey der ſache concurriren. Der HErr HErr/ deſſen gnade allein unſre hertzen feſt machen kan/ gebe in ſeines Geiſtes liecht uns ſeinen willen in allen faͤllen zu erkennen/ daß wir verſtehen/ was ihme gefaͤllig ſeye/ unſer gewiſſen bewahren/ und es weder mit unnoͤthigen ſcrupuln aͤngſten/ noch wider ſeinen ſpruch handlen/ in allen ſtuͤcken aber treulich thun moͤgen was ihm gefaͤllig iſt. Amen. Deſſen guͤte ruffe ich nochmal hertzlich an/ daß ſie der perſon/ welche ſie/ wie aus dem uͤberſandten vergnuͤglich zu ſehen/ kraͤfftig zu einem hertzlichen ernſt ihres Chriſtenthums zu ziehen angefangen/ mit der gnade des Heil. Geiſtes beyſtehen/ und was in dieſem meinem reſponſo goͤttlichem willen gemaͤß/ wie ich es zwahr nach meinem be- griff alles demſelben gemaͤß hoffe/ und zu dero gewiſſens bewahrung das vortraͤglichſte iſt/ in ihrer ſeelen verſiglen/ ſo dann insgeſamt zu dem frieden in Chriſto JEſu/ indem wir allein ruhe haben/ in erkaͤnt- nuͤß ſeiner vaͤterlichen gnade gegen die ſeines willens begierigen kin- der/

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 2. Halle (Saale), 1701, S. 362. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken02_1701/370>, abgerufen am 25.11.2024.