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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 2. Halle (Saale), 1701.

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ARTIC. III. SECTIO XIII.
setzen/ die wir billich sorgen müssen/ daß sie sich an uns/ weil sie die sache wie
sie ist zu fassen nicht geschickt sind/ mit bösem urtheil versündigen würden; so
dann daß wir uns nicht durch eine unnöthige sonderlichkeit in den stand
setzen/ da wir alsdenn mit erinnern oder exempel an andern wenig mehr nutzen
schaffen könten.

10. Alles dieses ist von demjenigen fall geredet/ wo die art der kleidung
an einem ort insgesamt prächtiger als an andern orten ist/ da eine christliche
person mit gantzer entziehung von demjenigen/ was allgemein ist/ sich zur eule
unter die vögel stellen würde: Wo aber solche art zwahr die gemeinste ist/ aber
doch auch andere exempel christlicher personen sich finden/ welche in geringe-
rem habit einhergehen/ so achte ich die pflicht derjenigen/ welchen angelegen
ist/ ihr gewissen rein zu bewahren/ daß sie vielmehr dem exempel der wenigen/
so ihre demuth auch eusserlich hervorleuchten lassen/ folgen/ als die andere
parthey stärcken/ an denen der schein der hoffart sich findet.

11. Was endlich die besondere frage von gold/ perlen und edelgestein
anlangt/ ob dieselbe schlechterdings und absolute christlichen personen verbo-
ten geachtet werden sollen aus 1. Tim. 2/ 9. und 1. Petr. 3/ 3. wolte ich
nicht davor halten/ daß mit ja darauf zu antworten. Jndem wir wissen/
daß gold/ perlen und edelgestein gute creaturen GOttes sind/ deren gebrauch
göttlicher ordnung nicht entgegen ist/ vielmehr der HErr alles zu der men-
schen gebrauch erschaffen hat/ und ihnen denselben in gewisser ordnung gern
gönnet. So wird Hos. 2/ 8. 13. gesagt/ daß der HErr seye/ der Jsrael
silber und gold/ stirn-spangen und halsband gegeben habe/ darinnen sie
also einhergehen dorfften/ und wird nur geklagt/ daß sie solche dem Baal zu
ehren angewandt. Ezech. 16/ 11. 12. 13. wird von GOTT auch gemeldet/
daß er seine geliebte Jerusalem geziehret mit kleinodien/ und ihr geschmei-
de an die arm und kettlein an den halß
gelegt/ er habe ihr haarband an
die stirne
gegeben/ und ohren-ringe an die ohren/ und eine schöne krone
auf das haupt/
er habe sie geziehret mit eitel gold und silber/ u. s. f.
Nicht weniger wird von des Königs tochter gesagt Ps. 45/ 14. sie ist mit
güldenen stücken gekleidet.
Nun bin ich zwahr nicht in abrede/ daß an solchen
orten figürlich geredet werde von grossen geistlichen wolthaten/ damit der
HErr sein volck und kirche herrlich gemacht habe: Jch achte aber nicht/ daß der
H. Geist die gleichnüssen davon genommen solte haben/ woran der HErr/ da
es nach dem buchstaben sich fände/ einen greuel hätte. So sehen wir auch/
wie der theure freund GOttes Abraham/ so dessen willen verstanden/ und so
herrliche zeugnüssen seines glaubens und seines gehorsams von sich sehen las-
sen/ durch seinen knecht die braut seines sohns Rebeccam 1. Mos. 24/ 53. mit

silbern

ARTIC. III. SECTIO XIII.
ſetzen/ die wir billich ſorgen muͤſſen/ daß ſie ſich an uns/ weil ſie die ſache wie
ſie iſt zu faſſen nicht geſchickt ſind/ mit boͤſem urtheil verſuͤndigen wuͤrden; ſo
dann daß wir uns nicht durch eine unnoͤthige ſonderlichkeit in den ſtand
ſetzen/ da wir alsdenn mit erinnern oder exempel an andern wenig mehr nutzen
ſchaffen koͤnten.

10. Alles dieſes iſt von demjenigen fall geredet/ wo die art der kleidung
an einem ort insgeſamt praͤchtiger als an andern orten iſt/ da eine chriſtliche
perſon mit gantzer entziehung von demjenigen/ was allgemein iſt/ ſich zur eule
unter die voͤgel ſtellen wuͤrde: Wo aber ſolche art zwahr die gemeinſte iſt/ aber
doch auch andere exempel chriſtlicher perſonen ſich finden/ welche in geringe-
rem habit einhergehen/ ſo achte ich die pflicht derjenigen/ welchen angelegen
iſt/ ihr gewiſſen rein zu bewahren/ daß ſie vielmehr dem exempel der wenigen/
ſo ihre demuth auch euſſerlich hervorleuchten laſſen/ folgen/ als die andere
parthey ſtaͤrcken/ an denen der ſchein der hoffart ſich findet.

11. Was endlich die beſondere frage von gold/ perlen und edelgeſtein
anlangt/ ob dieſelbe ſchlechterdings und abſolute chriſtlichen perſonen verbo-
ten geachtet werden ſollen aus 1. Tim. 2/ 9. und 1. Petr. 3/ 3. wolte ich
nicht davor halten/ daß mit ja darauf zu antworten. Jndem wir wiſſen/
daß gold/ perlen und edelgeſtein gute creaturen GOttes ſind/ deren gebrauch
goͤttlicher ordnung nicht entgegen iſt/ vielmehr der HErr alles zu der men-
ſchen gebrauch erſchaffen hat/ und ihnen denſelben in gewiſſer ordnung gern
goͤnnet. So wird Hoſ. 2/ 8. 13. geſagt/ daß der HErr ſeye/ der Jſrael
ſilber und gold/ ſtirn-ſpangen und halsband gegeben habe/ darinnen ſie
alſo einhergehen dorfften/ und wird nur geklagt/ daß ſie ſolche dem Baal zu
ehren angewandt. Ezech. 16/ 11. 12. 13. wird von GOTT auch gemeldet/
daß er ſeine geliebte Jeruſalem geziehret mit kleinodien/ und ihr geſchmei-
de an die arm und kettlein an den halß
gelegt/ er habe ihr haarband an
die ſtirne
gegeben/ und ohren-ringe an die ohren/ und eine ſchoͤne krone
auf das haupt/
er habe ſie geziehret mit eitel gold und ſilber/ u. ſ. f.
Nicht weniger wird von des Koͤnigs tochter geſagt Pſ. 45/ 14. ſie iſt mit
guͤldenen ſtuͤcken gekleidet.
Nun bin ich zwahr nicht in abrede/ daß an ſolchẽ
orten figuͤrlich geredet werde von groſſen geiſtlichen wolthaten/ damit der
HErꝛ ſein volck und kirche herrlich gemacht habe: Jch achte aber nicht/ daß der
H. Geiſt die gleichnuͤſſen davon genommen ſolte haben/ woran der HErr/ da
es nach dem buchſtaben ſich faͤnde/ einen greuel haͤtte. So ſehen wir auch/
wie der theure freund GOttes Abraham/ ſo deſſen willen verſtanden/ und ſo
herrliche zeugnuͤſſen ſeines glaubens und ſeines gehorſams von ſich ſehen laſ-
ſen/ durch ſeinen knecht die braut ſeines ſohns Rebeccam 1. Moſ. 24/ 53. mit

ſilbern
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[359/0367] ARTIC. III. SECTIO XIII. ſetzen/ die wir billich ſorgen muͤſſen/ daß ſie ſich an uns/ weil ſie die ſache wie ſie iſt zu faſſen nicht geſchickt ſind/ mit boͤſem urtheil verſuͤndigen wuͤrden; ſo dann daß wir uns nicht durch eine unnoͤthige ſonderlichkeit in den ſtand ſetzen/ da wir alsdenn mit erinnern oder exempel an andern wenig mehr nutzen ſchaffen koͤnten. 10. Alles dieſes iſt von demjenigen fall geredet/ wo die art der kleidung an einem ort insgeſamt praͤchtiger als an andern orten iſt/ da eine chriſtliche perſon mit gantzer entziehung von demjenigen/ was allgemein iſt/ ſich zur eule unter die voͤgel ſtellen wuͤrde: Wo aber ſolche art zwahr die gemeinſte iſt/ aber doch auch andere exempel chriſtlicher perſonen ſich finden/ welche in geringe- rem habit einhergehen/ ſo achte ich die pflicht derjenigen/ welchen angelegen iſt/ ihr gewiſſen rein zu bewahren/ daß ſie vielmehr dem exempel der wenigen/ ſo ihre demuth auch euſſerlich hervorleuchten laſſen/ folgen/ als die andere parthey ſtaͤrcken/ an denen der ſchein der hoffart ſich findet. 11. Was endlich die beſondere frage von gold/ perlen und edelgeſtein anlangt/ ob dieſelbe ſchlechterdings und abſolute chriſtlichen perſonen verbo- ten geachtet werden ſollen aus 1. Tim. 2/ 9. und 1. Petr. 3/ 3. wolte ich nicht davor halten/ daß mit ja darauf zu antworten. Jndem wir wiſſen/ daß gold/ perlen und edelgeſtein gute creaturen GOttes ſind/ deren gebrauch goͤttlicher ordnung nicht entgegen iſt/ vielmehr der HErr alles zu der men- ſchen gebrauch erſchaffen hat/ und ihnen denſelben in gewiſſer ordnung gern goͤnnet. So wird Hoſ. 2/ 8. 13. geſagt/ daß der HErr ſeye/ der Jſrael ſilber und gold/ ſtirn-ſpangen und halsband gegeben habe/ darinnen ſie alſo einhergehen dorfften/ und wird nur geklagt/ daß ſie ſolche dem Baal zu ehren angewandt. Ezech. 16/ 11. 12. 13. wird von GOTT auch gemeldet/ daß er ſeine geliebte Jeruſalem geziehret mit kleinodien/ und ihr geſchmei- de an die arm und kettlein an den halß gelegt/ er habe ihr haarband an die ſtirne gegeben/ und ohren-ringe an die ohren/ und eine ſchoͤne krone auf das haupt/ er habe ſie geziehret mit eitel gold und ſilber/ u. ſ. f. Nicht weniger wird von des Koͤnigs tochter geſagt Pſ. 45/ 14. ſie iſt mit guͤldenen ſtuͤcken gekleidet. Nun bin ich zwahr nicht in abrede/ daß an ſolchẽ orten figuͤrlich geredet werde von groſſen geiſtlichen wolthaten/ damit der HErꝛ ſein volck und kirche herrlich gemacht habe: Jch achte aber nicht/ daß der H. Geiſt die gleichnuͤſſen davon genommen ſolte haben/ woran der HErr/ da es nach dem buchſtaben ſich faͤnde/ einen greuel haͤtte. So ſehen wir auch/ wie der theure freund GOttes Abraham/ ſo deſſen willen verſtanden/ und ſo herrliche zeugnuͤſſen ſeines glaubens und ſeines gehorſams von ſich ſehen laſ- ſen/ durch ſeinen knecht die braut ſeines ſohns Rebeccam 1. Moſ. 24/ 53. mit ſilbern

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 2. Halle (Saale), 1701, S. 359. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken02_1701/367>, abgerufen am 25.11.2024.