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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 2. Halle (Saale), 1701.

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ARTIC. III. SECTIO XIII.
9. Ausser diesen und dergleichen fällen/ achte ich nicht/ daß der/ so ver-
spielet hat/ etwas zu fordern in dem gewissen recht habe/ noch mans ihm zu-
zu wenden verbunden seye. Weil aber gleichwol der andere gewinnende auch
nicht macht hat/ das gewonnene zu behalten/ so gehöret dann solches billich
dahin/ daß es dem HErrn in seinen armen/ so zu reden wie ein schuld-opffer/
von beyden überlassen und zugestellet werde.
10. Was nun ferner diese restitution anlangt/ hielte ich/ daß solche nicht
zu aestimiren wäre/ nach demjenigen/ was etwa singulis vicibus gewonnen
oder verspielt worden wäre/ sondern nachdem alles zusammen gerechnet
würde/ so viel man über andermaligen verlust noch gewonnen hätte. Dann
weil die ratio der restitution eigenlich ist/ daß der gewinner von seinem sünd-
lichen spielen keinen vortheil oder nutzen behalten solle/ obligiret solche an-
ders nicht/ als wann derselbe wahrhafftig einen nutzen davon hätte/ derjeni-
ge aber hat je keinen nutzen/ welcher/ ob er einige mal von diesem und jenem
gewonnen/ zu andern malen destomehr verlohren/ und also von dem gesamten
spielen allein schaden hat. Da dann ein solcher sich zwahr vor GOtt hertz-
lich zu demüthigen hat/ den er mit sündlicher und liederlicher verthuung des
seinigen/ welches er treulicher zu GOttes ehren anwenden sollen/ und mit
verleitung zur sünde anderer/ oder doch mitwirckung mit ihrer sünde/ belei-
digt hat/ wozu auch alles übrige/ was die buß sonsten erfordert/ gehöret/ aber
einige restitution sehe ich nicht nöthig/ dann wo er das seinige untersucht/ hat
er von dem spielen keinen vortheil.
11. Jedoch wo sich dieser fall begebe/ bey einem der sonsten von mehrern
mitteln wäre/ wolte demselben rathen/ daß er eine solche summe/ welche der
jenigen gemäß wäre/ so viel er jemal gewonnen zu haben sich erinnerte/ ohn-
abgezogen andermaligen verlustes/ dem HErrn heiligte/ und wie er vorhin
gesündiget/ mit in dem gewissen unrechtmäßiger an sich bringung durch das
spielen einiges geldes/ ein andermal aber mit sündlichem verspielen/ also ihm
selbs gleichsam diese straff und buß aufflegte/ daß er alles dem HErrn erstat-
tete/ was er einigerley massen unrecht bekommen/ und hingegen den anderma-
ligen verlust nicht zum abzug jenes gewinnes rechnete/ sondern eben so wol
als sündlich ansehe/ weswegen er nun lieber so viel an GOtt gefällige aus-
gabe anwenden wolle/ als er vorher liederlich zu verthun kein bedenckens
gehabt.
12. Wo es aber eine person wäre/ welche nicht viel übrig hätte/ und das
zarte gewissen sich mit gedachter compensation doch nicht zu frieden geben
wolte/ wie hierinnen GOttes/ so unser hertz und gewissen in seinen händen
hat/ regierung wunderbar und unterschiedlich ist/ also daß dasjenige/ was
zu einem mal einem das hertz völlig zu frieden gestellt/ ein andermal bey einem
an-
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ARTIC. III. SECTIO XIII.
9. Auſſer dieſen und dergleichen faͤllen/ achte ich nicht/ daß der/ ſo ver-
ſpielet hat/ etwas zu fordern in dem gewiſſen recht habe/ noch mans ihm zu-
zu wenden verbunden ſeye. Weil aber gleichwol der andere gewinnende auch
nicht macht hat/ das gewonnene zu behalten/ ſo gehoͤret dann ſolches billich
dahin/ daß es dem HErrn in ſeinen armen/ ſo zu reden wie ein ſchuld-opffer/
von beyden uͤberlaſſen und zugeſtellet werde.
10. Was nun ferner dieſe reſtitution anlangt/ hielte ich/ daß ſolche nicht
zu æſtimiren waͤre/ nach demjenigen/ was etwa ſingulis vicibus gewonnen
oder verſpielt worden waͤre/ ſondern nachdem alles zuſammen gerechnet
wuͤrde/ ſo viel man uͤber andermaligen verluſt noch gewonnen haͤtte. Dann
weil die ratio der reſtitution eigenlich iſt/ daß der gewinner von ſeinem ſuͤnd-
lichen ſpielen keinen vortheil oder nutzen behalten ſolle/ obligiret ſolche an-
ders nicht/ als wann derſelbe wahrhafftig einen nutzen davon haͤtte/ derjeni-
ge aber hat je keinen nutzen/ welcher/ ob er einige mal von dieſem und jenem
gewonnen/ zu andern malen deſtomehr verlohren/ und alſo von dem geſamten
ſpielen allein ſchaden hat. Da dann ein ſolcher ſich zwahr vor GOtt hertz-
lich zu demuͤthigen hat/ den er mit ſuͤndlicher und liederlicher verthuung des
ſeinigen/ welches er treulicher zu GOttes ehren anwenden ſollen/ und mit
verleitung zur ſuͤnde anderer/ oder doch mitwirckung mit ihrer ſuͤnde/ belei-
digt hat/ wozu auch alles uͤbrige/ was die buß ſonſten erfordert/ gehoͤret/ aber
einige reſtitution ſehe ich nicht noͤthig/ dann wo er das ſeinige unterſucht/ hat
er von dem ſpielen keinen vortheil.
11. Jedoch wo ſich dieſer fall begebe/ bey einem der ſonſten von mehrern
mitteln waͤre/ wolte demſelben rathen/ daß er eine ſolche ſumme/ welche der
jenigen gemaͤß waͤre/ ſo viel er jemal gewonnen zu haben ſich erinnerte/ ohn-
abgezogen andermaligen verluſtes/ dem HErrn heiligte/ und wie er vorhin
geſuͤndiget/ mit in dem gewiſſen unrechtmaͤßiger an ſich bringung durch das
ſpielen einiges geldes/ ein andermal aber mit ſuͤndlichem verſpielen/ alſo ihm
ſelbs gleichſam dieſe ſtraff und buß aufflegte/ daß er alles dem HErrn erſtat-
tete/ was er einigerley maſſen unrecht bekommen/ und hingegen den anderma-
ligen verluſt nicht zum abzug jenes gewinnes rechnete/ ſondern eben ſo wol
als ſuͤndlich anſehe/ weswegen er nun lieber ſo viel an GOtt gefaͤllige aus-
gabe anwenden wolle/ als er vorher liederlich zu verthun kein bedenckens
gehabt.
12. Wo es aber eine perſon waͤre/ welche nicht viel uͤbrig haͤtte/ und das
zarte gewiſſen ſich mit gedachter compenſation doch nicht zu frieden geben
wolte/ wie hierinnen GOttes/ ſo unſer hertz und gewiſſen in ſeinen haͤnden
hat/ regierung wunderbar und unterſchiedlich iſt/ alſo daß dasjenige/ was
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[345/0353] ARTIC. III. SECTIO XIII. 9. Auſſer dieſen und dergleichen faͤllen/ achte ich nicht/ daß der/ ſo ver- ſpielet hat/ etwas zu fordern in dem gewiſſen recht habe/ noch mans ihm zu- zu wenden verbunden ſeye. Weil aber gleichwol der andere gewinnende auch nicht macht hat/ das gewonnene zu behalten/ ſo gehoͤret dann ſolches billich dahin/ daß es dem HErrn in ſeinen armen/ ſo zu reden wie ein ſchuld-opffer/ von beyden uͤberlaſſen und zugeſtellet werde. 10. Was nun ferner dieſe reſtitution anlangt/ hielte ich/ daß ſolche nicht zu æſtimiren waͤre/ nach demjenigen/ was etwa ſingulis vicibus gewonnen oder verſpielt worden waͤre/ ſondern nachdem alles zuſammen gerechnet wuͤrde/ ſo viel man uͤber andermaligen verluſt noch gewonnen haͤtte. Dann weil die ratio der reſtitution eigenlich iſt/ daß der gewinner von ſeinem ſuͤnd- lichen ſpielen keinen vortheil oder nutzen behalten ſolle/ obligiret ſolche an- ders nicht/ als wann derſelbe wahrhafftig einen nutzen davon haͤtte/ derjeni- ge aber hat je keinen nutzen/ welcher/ ob er einige mal von dieſem und jenem gewonnen/ zu andern malen deſtomehr verlohren/ und alſo von dem geſamten ſpielen allein ſchaden hat. Da dann ein ſolcher ſich zwahr vor GOtt hertz- lich zu demuͤthigen hat/ den er mit ſuͤndlicher und liederlicher verthuung des ſeinigen/ welches er treulicher zu GOttes ehren anwenden ſollen/ und mit verleitung zur ſuͤnde anderer/ oder doch mitwirckung mit ihrer ſuͤnde/ belei- digt hat/ wozu auch alles uͤbrige/ was die buß ſonſten erfordert/ gehoͤret/ aber einige reſtitution ſehe ich nicht noͤthig/ dann wo er das ſeinige unterſucht/ hat er von dem ſpielen keinen vortheil. 11. Jedoch wo ſich dieſer fall begebe/ bey einem der ſonſten von mehrern mitteln waͤre/ wolte demſelben rathen/ daß er eine ſolche ſumme/ welche der jenigen gemaͤß waͤre/ ſo viel er jemal gewonnen zu haben ſich erinnerte/ ohn- abgezogen andermaligen verluſtes/ dem HErrn heiligte/ und wie er vorhin geſuͤndiget/ mit in dem gewiſſen unrechtmaͤßiger an ſich bringung durch das ſpielen einiges geldes/ ein andermal aber mit ſuͤndlichem verſpielen/ alſo ihm ſelbs gleichſam dieſe ſtraff und buß aufflegte/ daß er alles dem HErrn erſtat- tete/ was er einigerley maſſen unrecht bekommen/ und hingegen den anderma- ligen verluſt nicht zum abzug jenes gewinnes rechnete/ ſondern eben ſo wol als ſuͤndlich anſehe/ weswegen er nun lieber ſo viel an GOtt gefaͤllige aus- gabe anwenden wolle/ als er vorher liederlich zu verthun kein bedenckens gehabt. 12. Wo es aber eine perſon waͤre/ welche nicht viel uͤbrig haͤtte/ und das zarte gewiſſen ſich mit gedachter compenſation doch nicht zu frieden geben wolte/ wie hierinnen GOttes/ ſo unſer hertz und gewiſſen in ſeinen haͤnden hat/ regierung wunderbar und unterſchiedlich iſt/ alſo daß dasjenige/ was zu einem mal einem das hertz voͤllig zu frieden geſtellt/ ein andeꝛmal bey einem an- X x

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 2. Halle (Saale), 1701, S. 345. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken02_1701/353>, abgerufen am 25.11.2024.