Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 2. Halle (Saale), 1701.Das dritte Capitel. den-mittel nur zu seinem gericht nehme/ so würde doch der Prediger/ welcherals ein mensch die hertzen nicht unmittelbar prüfete/ vor GOtt ohne schuld seyn; dieser aber/ der leichtfertige mensch allein tragen/ und gewiß/ wie der- gleichen exempel zu finden/ dasselbe zu seiner zeit schwehrer als er gesorgt/ er- fahren. Jedoch/ so viel mehr als der Prediger noch zimliche ursach an dem menschen zu haben meinet/ so viel mehr mag er auch seine absolution (die oh- ne das alle/ so fern sie von menschen kommet/ dem verstand nach conditionata ist/ wo nemlich der beichtende auch in dem hertzen so seye/ wie er sich mit dem munde als bußfertig darstellet) dermassen clausuliren/ daß dem menschen/ da er redlich ist/ an seinem trost nichts abgehe/ aber auch/ wo er GOtt und den Prediger zubetriegen gesucht/ sein hertz und gewissen aus derselben wenig tro- stes zu stärckung seiner sicherheit lasse. Womit der Prediger sein gewissen al- lerdings retten kan. Der HErr gebe auch hierinn/ und in allem die nö- thige klugheit der gerechten/ und wende alles künfftige ärgernüß kräfftig ab. 1688. SECTIO VIII. Enthaltung von poetischen gedichten von den heidnischen göttern. JCh finde die geschickte emblemata alle ingeniös und sinnreich/ jedoch jeni-
Das dritte Capitel. den-mittel nur zu ſeinem gericht nehme/ ſo wuͤrde doch der Prediger/ welcherals ein menſch die hertzen nicht unmittelbar pruͤfete/ vor GOtt ohne ſchuld ſeyn; dieſer aber/ der leichtfertige menſch allein tragen/ und gewiß/ wie der- gleichen exempel zu finden/ daſſelbe zu ſeiner zeit ſchwehrer als er geſorgt/ er- fahren. Jedoch/ ſo viel mehr als der Prediger noch zimliche urſach an dem menſchen zu haben meinet/ ſo viel mehr mag er auch ſeine abſolution (die oh- ne das alle/ ſo fern ſie von menſchen kommet/ dem verſtand nach conditionata iſt/ wo nemlich der beichtende auch in dem hertzen ſo ſeye/ wie er ſich mit dem munde als bußfertig darſtellet) dermaſſen clauſuliren/ daß dem menſchen/ da er redlich iſt/ an ſeinem troſt nichts abgehe/ aber auch/ wo er GOtt und den Prediger zubetriegen geſucht/ ſein hertz und gewiſſen aus derſelben wenig tro- ſtes zu ſtaͤrckung ſeiner ſicherheit laſſe. Womit der Prediger ſein gewiſſen al- lerdings retten kan. Der HErr gebe auch hierinn/ und in allem die noͤ- thige klugheit der gerechten/ und wende alles kuͤnfftige aͤrgernuͤß kraͤfftig ab. 1688. SECTIO VIII. Enthaltung von poetiſchen gedichten von den heidniſchen goͤttern. JCh finde die geſchickte emblemata alle ingeniös und ſinnreich/ jedoch jeni-
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Das dritte Capitel.
den-mittel nur zu ſeinem gericht nehme/ ſo wuͤrde doch der Prediger/ welcher
als ein menſch die hertzen nicht unmittelbar pruͤfete/ vor GOtt ohne ſchuld
ſeyn; dieſer aber/ der leichtfertige menſch allein tragen/ und gewiß/ wie der-
gleichen exempel zu finden/ daſſelbe zu ſeiner zeit ſchwehrer als er geſorgt/ er-
fahren. Jedoch/ ſo viel mehr als der Prediger noch zimliche urſach an dem
menſchen zu haben meinet/ ſo viel mehr mag er auch ſeine abſolution (die oh-
ne das alle/ ſo fern ſie von menſchen kommet/ dem verſtand nach conditionata
iſt/ wo nemlich der beichtende auch in dem hertzen ſo ſeye/ wie er ſich mit dem
munde als bußfertig darſtellet) dermaſſen clauſuliren/ daß dem menſchen/ da
er redlich iſt/ an ſeinem troſt nichts abgehe/ aber auch/ wo er GOtt und den
Prediger zubetriegen geſucht/ ſein hertz und gewiſſen aus derſelben wenig tro-
ſtes zu ſtaͤrckung ſeiner ſicherheit laſſe. Womit der Prediger ſein gewiſſen al-
lerdings retten kan. Der HErr gebe auch hierinn/ und in allem die noͤ-
thige klugheit der gerechten/ und wende alles kuͤnfftige aͤrgernuͤß kraͤfftig ab.
1688.
SECTIO VIII.
Enthaltung von poetiſchen gedichten von den
heidniſchen goͤttern.
JCh finde die geſchickte emblemata alle ingeniös und ſinnreich/ jedoch
hat mich das erſte/ deß durch die lantze von oben her regierten loͤwen/ am
meiſten contentiret. Was die uͤbrige anlanget/ laͤugne ich nicht/ daß
ich bedencken habe uͤber den poetiſchen gedichten/ dafern ſie zu goͤttlichen din-
gen angewendet werden/ wann etwas die heidniſche goͤtter/ in denen der teuf-
fel geehrt worden/ betreffend/ eingefuͤhret wird; und trauete ich ſie in nichts
anzufuͤhren/ das einigerley maſſen zu ihrer ehre dienen moͤchte. Wie ich vor
dem in meiner jugend von einem frommen anweiſer (Herr Georg Sigismund
Vorbergern/ nachmal Caͤmmerern zu Budißin/) in poeticis gewehnt worden
bin/ nimmeꝛmehr in einigem carmine ſolcheꝛ goͤtter nahmen/ es waͤꝛe dann/ daß
es zu dero ſchande gereichete/ zu gedencken. Weil wir den nahmen der Baa-
lim aus unſerm munde thun ſollen. Hoſe 2/ 17. Man achtet zwahr insge-
mein/ es koͤnte kein Carmen eine rechte poetiſche zierde ohne ſolche dinge ha-
ben/ aber gedachter Herr Vorberger zeigte mit ſeinem exempel/ daß die aller
ſchoͤnſte und eben ſo wol ſinnreichſte Carmina moͤchten gemacht werden/ ohne
einige vermiſchung dieſer aus der GOtt widrigen abgoͤtterey hergenomme-
nen gedichten. Daher getraute ich mich nimmer der Minervæ oder einiger
der genannten goͤtter gabe mich zu bezeichnung der goͤttlichen weißheit oder
leitung zu bedienen/ ſorgende ich moͤchte dieſelbe verunehren/ da ich ſie dem
jeni-
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