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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 2. Halle (Saale), 1701.

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ARTIC. III. SECTIO X.
fordert/ wird/ haben will/ daß ein jedes auf alle mügliche weise des andern
verunruhigung verhüten/ um der ursach willen auch wol unsträffliche dinge
unterlassen solle/ so wird sie ja so viel schwehrer verletzt/ wo man sich aus liebe
des andern/ auch der dinge nicht enthalten will/ die dem andern einen ver-
nünfftigen schein des bösen geben. (4. Weil er die treue warnung seiner
ehegattin (wann auch schon der offt wiederholte schmertzen ihr auch einige
härtere wort ausgedrucket hätte) nicht allein so fern hindangesetzt/ daß er die
sache nicht gantz unterlassen/ sondern gar ihr endlich mit hartem zorn begeg-
net/ und zwahr bey ihrem schwangern zustand/ da ihr so vielmehr zu schoh-
nen gewest/ indem in solcher bewandnüß die widrige gemüths-bewegungen
wol so viel als eusserliche böse tractamenten schaden thun können/ dessen
schuld nicht gering ist.

Aus allem solchen traue gnug zu erhellen/ daß Sempronius, bißherigen
umgang mit der andern person zu ändern allerdings GOtt/ seinem eheweib/
seinem amt/ und denen sich sonst ärgernden nechsten verbunden seye/ auch seine
ehegattin so viel hertzlicher zu lieben habe/ als treuer sie auch darinnen ihre
eheliche pflicht durch warnen gegen ihn erwiesen hat.

Der himmlische Vater/ der beyde durch so genaues band mit einander
verknüpffet hat/ lasse auch ihre seelen in reiner liebe immer mehr verbunden
werden/ hingegen räume er weg alle hindernüssen derselben/ und verwehre
alles ärgernüß/ so sonst entstehen möchte/ um seines nahmens willen. Amen.
1697.

SECTIO X.
Christlicher rath vor eine ledige weibs-person/
die sich von einem ehemann zum beyschlaff betriegen
lassen/ ohne darvon schwanger zu werden.

JHre pflichten bestehen in folgendem. 1. Daß sie ihre sünde hertzlich
und also erkenne/ daß sie dero schwehre sich gebührend vorstelle/ nicht
allein insgemein/ wie hurerey vor andern sünden ein solcher greuel vor
GOttes angesicht seyn/ indem der mensch GOttes tempel schändet/ und aus
Christi gliedern huren-glieder machet (wie Paulus mit mehrerem die schänd-
lichkeit solches lasters 1. Cor. 6/ 15. u. f. beschreibet) sondern auch wie der fall
so viel schwehrer seye/ da die übelthat mit einem ehemann begangen/ und also
dessen eheliche pflicht/ so auf einem bund GOttes beruhet/ gebrochen wor-
den: Denn ob nach einigen weltlichen rechten dergleichen unzucht eines ehe-
manns mit einer ledigen person nicht ein ehebruch heissen solle/ ist es doch der-
gleichen nach göttlichem gesetz/ welches beyde personen in der ehe mit gleichem

bande
S s

ARTIC. III. SECTIO X.
fordert/ wird/ haben will/ daß ein jedes auf alle muͤgliche weiſe des andern
verunruhigung verhuͤten/ um der urſach willen auch wol unſtraͤffliche dinge
unterlaſſen ſolle/ ſo wird ſie ja ſo viel ſchwehrer verletzt/ wo man ſich aus liebe
des andern/ auch der dinge nicht enthalten will/ die dem andern einen ver-
nuͤnfftigen ſchein des boͤſen geben. (4. Weil er die treue warnung ſeiner
ehegattin (wann auch ſchon der offt wiederholte ſchmertzen ihr auch einige
haͤrtere wort ausgedrucket haͤtte) nicht allein ſo fern hindangeſetzt/ daß er die
ſache nicht gantz unterlaſſen/ ſondern gar ihr endlich mit hartem zorn begeg-
net/ und zwahr bey ihrem ſchwangern zuſtand/ da ihr ſo vielmehr zu ſchoh-
nen geweſt/ indem in ſolcher bewandnuͤß die widrige gemuͤths-bewegungen
wol ſo viel als euſſerliche boͤſe tractamenten ſchaden thun koͤnnen/ deſſen
ſchuld nicht gering iſt.

Aus allem ſolchen traue gnug zu erhellen/ daß Sempronius, bißherigen
umgang mit der andern perſon zu aͤndern allerdings GOtt/ ſeinem eheweib/
ſeinem amt/ und denen ſich ſonſt aͤrgernden nechſten verbunden ſeye/ auch ſeine
ehegattin ſo viel hertzlicher zu lieben habe/ als treuer ſie auch darinnen ihre
eheliche pflicht durch warnen gegen ihn erwieſen hat.

Der himmliſche Vater/ der beyde durch ſo genaues band mit einander
verknuͤpffet hat/ laſſe auch ihre ſeelen in reiner liebe immer mehr verbunden
werden/ hingegen raͤume er weg alle hindernuͤſſen derſelben/ und verwehre
alles aͤrgernuͤß/ ſo ſonſt entſtehen moͤchte/ um ſeines nahmens willen. Amen.
1697.

SECTIO X.
Chriſtlicher rath vor eine ledige weibs-perſon/
die ſich von einem ehemann zum beyſchlaff betriegen
laſſen/ ohne darvon ſchwanger zu werden.

JHre pflichten beſtehen in folgendem. 1. Daß ſie ihre ſuͤnde hertzlich
und alſo erkenne/ daß ſie dero ſchwehre ſich gebuͤhrend vorſtelle/ nicht
allein insgemein/ wie hurerey vor andern ſuͤnden ein ſolcher greuel vor
GOttes angeſicht ſeyn/ indem der menſch GOttes tempel ſchaͤndet/ und aus
Chriſti gliedern huren-glieder machet (wie Paulus mit mehrerem die ſchaͤnd-
lichkeit ſolches laſters 1. Cor. 6/ 15. u. f. beſchreibet) ſondern auch wie der fall
ſo viel ſchwehrer ſeye/ da die uͤbelthat mit einem ehemann begangen/ und alſo
deſſen eheliche pflicht/ ſo auf einem bund GOttes beruhet/ gebrochen wor-
den: Denn ob nach einigen weltlichen rechten dergleichen unzucht eines ehe-
manns mit einer ledigen perſon nicht ein ehebruch heiſſen ſolle/ iſt es doch der-
gleichen nach goͤttlichem geſetz/ welches beyde perſonen in der ehe mit gleichem

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[321/0329] ARTIC. III. SECTIO X. fordert/ wird/ haben will/ daß ein jedes auf alle muͤgliche weiſe des andern verunruhigung verhuͤten/ um der urſach willen auch wol unſtraͤffliche dinge unterlaſſen ſolle/ ſo wird ſie ja ſo viel ſchwehrer verletzt/ wo man ſich aus liebe des andern/ auch der dinge nicht enthalten will/ die dem andern einen ver- nuͤnfftigen ſchein des boͤſen geben. (4. Weil er die treue warnung ſeiner ehegattin (wann auch ſchon der offt wiederholte ſchmertzen ihr auch einige haͤrtere wort ausgedrucket haͤtte) nicht allein ſo fern hindangeſetzt/ daß er die ſache nicht gantz unterlaſſen/ ſondern gar ihr endlich mit hartem zorn begeg- net/ und zwahr bey ihrem ſchwangern zuſtand/ da ihr ſo vielmehr zu ſchoh- nen geweſt/ indem in ſolcher bewandnuͤß die widrige gemuͤths-bewegungen wol ſo viel als euſſerliche boͤſe tractamenten ſchaden thun koͤnnen/ deſſen ſchuld nicht gering iſt. Aus allem ſolchen traue gnug zu erhellen/ daß Sempronius, bißherigen umgang mit der andern perſon zu aͤndern allerdings GOtt/ ſeinem eheweib/ ſeinem amt/ und denen ſich ſonſt aͤrgernden nechſten verbunden ſeye/ auch ſeine ehegattin ſo viel hertzlicher zu lieben habe/ als treuer ſie auch darinnen ihre eheliche pflicht durch warnen gegen ihn erwieſen hat. Der himmliſche Vater/ der beyde durch ſo genaues band mit einander verknuͤpffet hat/ laſſe auch ihre ſeelen in reiner liebe immer mehr verbunden werden/ hingegen raͤume er weg alle hindernuͤſſen derſelben/ und verwehre alles aͤrgernuͤß/ ſo ſonſt entſtehen moͤchte/ um ſeines nahmens willen. Amen. 1697. SECTIO X. Chriſtlicher rath vor eine ledige weibs-perſon/ die ſich von einem ehemann zum beyſchlaff betriegen laſſen/ ohne darvon ſchwanger zu werden. JHre pflichten beſtehen in folgendem. 1. Daß ſie ihre ſuͤnde hertzlich und alſo erkenne/ daß ſie dero ſchwehre ſich gebuͤhrend vorſtelle/ nicht allein insgemein/ wie hurerey vor andern ſuͤnden ein ſolcher greuel vor GOttes angeſicht ſeyn/ indem der menſch GOttes tempel ſchaͤndet/ und aus Chriſti gliedern huren-glieder machet (wie Paulus mit mehrerem die ſchaͤnd- lichkeit ſolches laſters 1. Cor. 6/ 15. u. f. beſchreibet) ſondern auch wie der fall ſo viel ſchwehrer ſeye/ da die uͤbelthat mit einem ehemann begangen/ und alſo deſſen eheliche pflicht/ ſo auf einem bund GOttes beruhet/ gebrochen wor- den: Denn ob nach einigen weltlichen rechten dergleichen unzucht eines ehe- manns mit einer ledigen perſon nicht ein ehebruch heiſſen ſolle/ iſt es doch der- gleichen nach goͤttlichem geſetz/ welches beyde perſonen in der ehe mit gleichem bande S s

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 2. Halle (Saale), 1701, S. 321. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken02_1701/329>, abgerufen am 22.11.2024.