Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 2. Halle (Saale), 1701.Das dritte Capitel. Aber 1. es ist nicht genug zu bitten um krafft ihr zu widerstehen/ sondern auchum dero vergebung/ als dero greuel vor GOtt groß ist/ und wir also in aller wircklichen sünde auch der vergebung der erblichen nöthig/ deswegen dar- um zu beten haben: Wie David Ps. 51/ 7. bey seinem ehebruch auch seine erb-sünde beklaget. 2. Daher wer GOtt in seinem diener seine sünden kla- gen und beichten will/ thut nicht unrecht/ sondern es solle vielmehr seyn/ daß er auch seine demuth bezeuge/ wegen der so tieff bey ihm eingesessenen ver- derbnüß/ derselben sich schuldig zu geben. Ob er dann wol weiß/ daß dereits auch in der tauff solche schuld ihm vergeben/ so bedarff sein glaube der versi- cherung so wol dieser/ als anderer wircklichen sünden. Aus allem erhellet/ daß das haupt-werck des angegebenen Apostoli- Der II. punct betrifft das H. Abendmahl. So kan abermal 1. nicht 2. Daß die wenigste von dem H. Abendmahl nutzen haben können/ weder 3. Daß das H. Abendmahl zur gedächtnüß des HErrn gestifftet/ und ser
Das dritte Capitel. Aber 1. es iſt nicht genug zu bitten um krafft ihr zu widerſtehen/ ſondern auchum dero vergebung/ als dero greuel vor GOtt groß iſt/ und wir alſo in aller wircklichen ſuͤnde auch der vergebung der erblichen noͤthig/ deswegen dar- um zu beten haben: Wie David Pſ. 51/ 7. bey ſeinem ehebruch auch ſeine erb-ſuͤnde beklaget. 2. Daher wer GOtt in ſeinem diener ſeine ſuͤnden kla- gen und beichten will/ thut nicht unrecht/ ſondern es ſolle vielmehr ſeyn/ daß er auch ſeine demuth bezeuge/ wegen der ſo tieff bey ihm eingeſeſſenen ver- derbnuͤß/ derſelben ſich ſchuldig zu geben. Ob er dann wol weiß/ daß dereits auch in der tauff ſolche ſchuld ihm vergeben/ ſo bedarff ſein glaube der verſi- cherung ſo wol dieſer/ als anderer wircklichen ſuͤnden. Aus allem erhellet/ daß das haupt-werck des angegebenen Apoſtoli- Der II. punct betrifft das H. Abendmahl. So kan abermal 1. nicht 2. Daß die wenigſte von dem H. Abendmahl nutzen haben koͤnnen/ weder 3. Daß das H. Abendmahl zur gedaͤchtnuͤß des HErrn geſtifftet/ und ſer
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <p><pb facs="#f0176" n="168"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Das dritte Capitel.</hi></fw><lb/> Aber 1. es iſt nicht genug zu bitten um krafft ihr zu widerſtehen/ ſondern auch<lb/> um dero vergebung/ als dero greuel vor GOtt groß iſt/ und wir alſo in aller<lb/> wircklichen ſuͤnde auch der vergebung der erblichen noͤthig/ deswegen dar-<lb/> um zu beten haben: Wie David <hi rendition="#fr">Pſ. 51/ 7.</hi> bey ſeinem ehebruch auch ſeine<lb/> erb-ſuͤnde beklaget. 2. Daher wer GOtt in ſeinem diener ſeine ſuͤnden kla-<lb/> gen und beichten will/ thut nicht unrecht/ ſondern es ſolle vielmehr ſeyn/ daß<lb/> er auch ſeine demuth bezeuge/ wegen der ſo tieff bey ihm eingeſeſſenen ver-<lb/> derbnuͤß/ derſelben ſich ſchuldig zu geben. Ob er dann wol weiß/ daß dereits<lb/> auch in der tauff ſolche ſchuld ihm vergeben/ ſo bedarff ſein glaube der verſi-<lb/> cherung ſo wol dieſer/ als anderer wircklichen ſuͤnden.</p><lb/> <p>Aus allem erhellet/ daß das haupt-werck des angegebenen Apoſtoli-<lb/> ſchen berichts/ das geſamte beichten und abſolviren zu einem <hi rendition="#fr">Babyloniſchen</hi><lb/><hi rendition="#aq">monſtro</hi> <hi rendition="#fr">und ungeheur/ vom naͤrriſchen menſchen-hirn erſonnen/</hi><lb/> zu machen/ davon Chriſtus und ſeine gemeinde nichts wuͤſten/ eine unverant-<lb/> wortliche laͤſterung gegen eine an ſich ſelbs unſtraͤfliche ordnung ſeye/ daruͤ-<lb/> ber wir uns zu betruͤben und zu entſetzen haben.</p><lb/> <p>Der <hi rendition="#aq">II.</hi> punct betrifft <hi rendition="#fr">das H. Abendmahl.</hi> So kan abermal 1. nicht<lb/> geleugnet werden/ daß auch in unſerer kirchen (von denen/ die auſſer der<lb/> unſrigen ſind/ will ich nicht ſagen/ ſondern jeden ſeiner verantwortung uͤber-<lb/> laſſen) viel damit geſuͤndiget werde/ wann ich ſagen muß/ ja faſt vor augen<lb/> liget/ daß daſſelbe mehr von unwuͤrdigen/ als wuͤrdigen; mehr ohne/ als mit<lb/> frucht; zum gericht/ als zuvermehrung deꝛgnade/ gebrauchet weꝛde. Und glau-<lb/> be ich wol/ daß ſolche unwuͤrdige nieſſung vieler gerichte GOttes uͤber unſere<lb/> kirche mit-urſach werden koͤnne.</p><lb/> <p>2. Daß die wenigſte von dem H. Abendmahl nutzen haben koͤnnen/ weder<lb/> in erlangung der vergebung der ſuͤnden/ noch in ſtaͤrckung des innern men-<lb/> ſchen/ iſt allerdings wahr. Und koͤnnen freylich die leute/ die noch todt in<lb/> ſuͤnden ſind/ ſo wenig der krafft ſolcher himmliſchen ſpeiſe theilhafftig werden/<lb/> als ein leiblicher todter der krafft natuͤrlicher ſpeiſe/ ob ſie ihm auch in mund<lb/> geſtecket wird. Daher wir Prediger auch nicht ſo viel die leute zum Abend-<lb/> mahl treiben/ als ſie zu wahrer buß anzuweiſen/ und an ihrer bekehrung zu<lb/> arbeiten/ trachten ſollen. Zwahr/ wer nun ein wahrer Chriſt/ kan nicht zu<lb/> vielmal dazu gehen/ ſondern je oͤffter/ je beſſer/ man ſoll ihn auch nicht davon<lb/> abhalten/ ſondern ihn darinnen ſtaͤrcken: aber die meiſte ſind keine Chriſten/<lb/> denen man ſo lang mehr das werck abrathen ſolte.</p><lb/> <p>3. Daß das H. Abendmahl <hi rendition="#fr">zur gedaͤchtnuͤß des HErrn</hi> geſtifftet/ und<lb/> noch zu halten ſeye/ iſt eine goͤttliche wahrheit/ aber daß wir auch darinnen<lb/><hi rendition="#fr">vergebung der ſuͤnden/ leben und ſeligkeit</hi> empfangen/ iſt nicht allein un-<lb/> <fw place="bottom" type="catch">ſer</fw><lb/></p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [168/0176]
Das dritte Capitel.
Aber 1. es iſt nicht genug zu bitten um krafft ihr zu widerſtehen/ ſondern auch
um dero vergebung/ als dero greuel vor GOtt groß iſt/ und wir alſo in aller
wircklichen ſuͤnde auch der vergebung der erblichen noͤthig/ deswegen dar-
um zu beten haben: Wie David Pſ. 51/ 7. bey ſeinem ehebruch auch ſeine
erb-ſuͤnde beklaget. 2. Daher wer GOtt in ſeinem diener ſeine ſuͤnden kla-
gen und beichten will/ thut nicht unrecht/ ſondern es ſolle vielmehr ſeyn/ daß
er auch ſeine demuth bezeuge/ wegen der ſo tieff bey ihm eingeſeſſenen ver-
derbnuͤß/ derſelben ſich ſchuldig zu geben. Ob er dann wol weiß/ daß dereits
auch in der tauff ſolche ſchuld ihm vergeben/ ſo bedarff ſein glaube der verſi-
cherung ſo wol dieſer/ als anderer wircklichen ſuͤnden.
Aus allem erhellet/ daß das haupt-werck des angegebenen Apoſtoli-
ſchen berichts/ das geſamte beichten und abſolviren zu einem Babyloniſchen
monſtro und ungeheur/ vom naͤrriſchen menſchen-hirn erſonnen/
zu machen/ davon Chriſtus und ſeine gemeinde nichts wuͤſten/ eine unverant-
wortliche laͤſterung gegen eine an ſich ſelbs unſtraͤfliche ordnung ſeye/ daruͤ-
ber wir uns zu betruͤben und zu entſetzen haben.
Der II. punct betrifft das H. Abendmahl. So kan abermal 1. nicht
geleugnet werden/ daß auch in unſerer kirchen (von denen/ die auſſer der
unſrigen ſind/ will ich nicht ſagen/ ſondern jeden ſeiner verantwortung uͤber-
laſſen) viel damit geſuͤndiget werde/ wann ich ſagen muß/ ja faſt vor augen
liget/ daß daſſelbe mehr von unwuͤrdigen/ als wuͤrdigen; mehr ohne/ als mit
frucht; zum gericht/ als zuvermehrung deꝛgnade/ gebrauchet weꝛde. Und glau-
be ich wol/ daß ſolche unwuͤrdige nieſſung vieler gerichte GOttes uͤber unſere
kirche mit-urſach werden koͤnne.
2. Daß die wenigſte von dem H. Abendmahl nutzen haben koͤnnen/ weder
in erlangung der vergebung der ſuͤnden/ noch in ſtaͤrckung des innern men-
ſchen/ iſt allerdings wahr. Und koͤnnen freylich die leute/ die noch todt in
ſuͤnden ſind/ ſo wenig der krafft ſolcher himmliſchen ſpeiſe theilhafftig werden/
als ein leiblicher todter der krafft natuͤrlicher ſpeiſe/ ob ſie ihm auch in mund
geſtecket wird. Daher wir Prediger auch nicht ſo viel die leute zum Abend-
mahl treiben/ als ſie zu wahrer buß anzuweiſen/ und an ihrer bekehrung zu
arbeiten/ trachten ſollen. Zwahr/ wer nun ein wahrer Chriſt/ kan nicht zu
vielmal dazu gehen/ ſondern je oͤffter/ je beſſer/ man ſoll ihn auch nicht davon
abhalten/ ſondern ihn darinnen ſtaͤrcken: aber die meiſte ſind keine Chriſten/
denen man ſo lang mehr das werck abrathen ſolte.
3. Daß das H. Abendmahl zur gedaͤchtnuͤß des HErrn geſtifftet/ und
noch zu halten ſeye/ iſt eine goͤttliche wahrheit/ aber daß wir auch darinnen
vergebung der ſuͤnden/ leben und ſeligkeit empfangen/ iſt nicht allein un-
ſer
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |