Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 2. Halle (Saale), 1701.ARTIC. I. SECTIO XXIII. ruffenen ältesten/ geschihet mit eben dem grunde auch in der gemeinde/ da dieälteste solches verlangen derselben vortragen. So ist jeglicher begierig/ daß auch zu der zeit seiner bedörffnüß für ihn absonderlich/ das ist/ mit absonder- licher richtung des gebets auff ihn/ gebetet werde/ deswegen andern auch von seiner seit dergleichen schuldig. 2. Daher kan sich keiner davon ausnehmen/ daß er nicht auch in seinem 3. Nachdem aber bey solcher menge der krancken/ dero in einer grossen 4. Was das anhören der verlesung selbs anlanget/ so geschihet diese al- 5. Dieser ursach wegen/ halte ich einen christlichen zuhörer an ei- alles
ARTIC. I. SECTIO XXIII. ruffenen aͤlteſten/ geſchihet mit eben dem grunde auch in der gemeinde/ da dieaͤlteſte ſolches verlangen derſelben vortragen. So iſt jeglicher begierig/ daß auch zu der zeit ſeiner bedoͤrffnuͤß fuͤr ihn abſonderlich/ das iſt/ mit abſonder- licher richtung des gebets auff ihn/ gebetet werde/ deswegen andern auch von ſeiner ſeit dergleichen ſchuldig. 2. Daher kan ſich keiner davon ausnehmen/ daß er nicht auch in ſeinem 3. Nachdem aber bey ſolcher menge der krancken/ dero in einer groſſen 4. Was das anhoͤren der verleſung ſelbs anlanget/ ſo geſchihet dieſe al- 5. Dieſer urſach wegen/ halte ich einen chriſtlichen zuhoͤrer an ei- alles
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ARTIC. I. SECTIO XXIII.
ruffenen aͤlteſten/ geſchihet mit eben dem grunde auch in der gemeinde/ da die
aͤlteſte ſolches verlangen derſelben vortragen. So iſt jeglicher begierig/ daß
auch zu der zeit ſeiner bedoͤrffnuͤß fuͤr ihn abſonderlich/ das iſt/ mit abſonder-
licher richtung des gebets auff ihn/ gebetet werde/ deswegen andern auch von
ſeiner ſeit dergleichen ſchuldig.
2. Daher kan ſich keiner davon ausnehmen/ daß er nicht auch in ſeinem
gebet ſeine gedancken abſonderlich auff diejenige richte/ dero anligen von ſei-
nem Prediger auff das begehren der nothleidenden ihm vorgetragen/ und er
alſo darum gebeten wird. Ja ich zweiffle nicht daran/ daß jeder fuͤr dieſelbe
nicht nur in der kirchen/ ſondern auch zu hauſe zu beten verbunden ſeye.
3. Nachdem aber bey ſolcher menge der krancken/ dero in einer groſſen
gemeinde gedacht wird/ die meiſte kaum von ein und dem andern wiſſen/ als
daß ſie hoͤren/ daß ſolche und ſolche perſonen ſeyen/ die dergleichen anligen ha-
ben/ mag an und vor ſich ſelbs gnug ſeyn/ daß man ſolche alle in ſeinem her-
tzen in ein gebet einſchlieſſet/ und derſelben/ die dieſes mal ihre noth haben vor-
ſtellen laſſen/ zugleich vor GOtt gedencket.
4. Was das anhoͤren der verleſung ſelbs anlanget/ ſo geſchihet dieſe al-
lein/ theils/ ſolche perſonen etlicher maſſen kund zu machen/ theils/ durch ſolche
anzeigung chriſtliches mitleiden zu erwecken/ damit alsdann das gebet aus
ſo viel eiffrigerem hertzen geſchehe/ dahero auch das anhoͤren allein dieſen
zweck vor ſich hat: hingegen die nothwendigkeit deſſen dahin faͤllet/ wo ſol-
cher zweck dadurch nicht erhalten werden kan. Nun bey einer ſolchen men-
ge einer groſſen ſtadt/ werden die wenigſten ſeyn/ die daraus die gewiſſe per-
ſonen abmercken koͤnnen/ fuͤr welche gebeten wird; ſo dann ſind die formuln
dermaſſen allgemein abgefaſſet/ daß ich nicht eben ſehe/ wie das mitleiden da-
durch ſo ſonderbar erweckt wuͤrde/ welches zuweilen geſchihet/ wo ſonderlich
in einer kleinen gemeinde die meiſte einander kennen/ und von den zuſtaͤnden
der mit-Chriſten ohnedas einige wiſſenſchafft haben/ daher alsdenn/ wo et-
was von denſelben auch bey der intimation meldung geſchihet/ die erinne-
rung die gemuͤther ſtracks zu deſto mehrern mitleiden/ und folglich andacht
fuͤr ſie zu beten/ beweget/ daß aber gedachter maſſen bey ſolcher menge nicht
platz hat.
5. Dieſer urſach wegen/ halte ich einen chriſtlichen zuhoͤrer an ei-
nem ſolchen groſſen ort/ und wo gedachter maſſen der abſonderliche zweck der
anhoͤrung nicht platz findet/ nicht ver bunden/ daß er eine ſolche mehrere zeit/
da er ſie zur erbauung beſſer anzuwenden wuͤſte/ gerade mit der zuhoͤrung zu-
bringen muͤſte; ſondern glaube gnug zu ſeyn/ da er aller derſelben/ dero noth
der gemeinde jetzo vorgetragen werde werden/ anligen in geiſtlich und leibli-
chem auff einmal vortraͤget/ daß der Vater der barmhertzigkeit und GOtt
alles
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Zitationshilfe: | Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 2. Halle (Saale), 1701, S. 103. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken02_1701/111>, abgerufen am 16.02.2025. |