Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 1. Halle (Saale), 1700.Das erste Capitel. 2. Jst kaum eine lehr/ welche was noch recht fromme leute unter den 2. Hingegen bekenne/ daß auch nicht bloß dahin auff die frage/ ob die 3. Jndessen ob wol des Autoris distinction, unter dem/ was wir aus eignen 4. Daher ich allezeit lieber diesen unterscheid gemacht/ und der jugend/ so
Das erſte Capitel. 2. Jſt kaum eine lehr/ welche was noch recht fromme leute unter den 2. Hingegen bekenne/ daß auch nicht bloß dahin auff die frage/ ob die 3. Jndeſſen ob wol des Autoris diſtinction, unter dem/ was wir aus eignen 4. Daher ich allezeit lieber dieſen unterſcheid gemacht/ und der jugend/ ſo
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Das erſte Capitel.
2. Jſt kaum eine lehr/ welche was noch recht fromme leute unter den
Papiſten ſind/ mehr aͤrgert/ weil ſie dieſelbe ſo crude, wie ſie von manchen
predigern auch crude vorgetragen wird/ annehmen/ und dadurch nicht an-
ders als einen greuel gegen unſre lehre faſſen koͤnnen. Wie mir das exempel
eines Fuͤrſtl. Cantzlers bekannt iſt/ ſo in noch jungen jahren von der reformir-
ten lehr zu dem Pabſtum abgetreten iſt/ der mir bekennete/ dieſer articul habe
ihn meiſtens zur aͤnderung bewogen: wiewol er mir nachmals auch geſtunde/
als ihm unſerer kirchen lehr von dieſem punct deutlich vorſtellete/ daß er
daran nichts zu tadeln haͤtte/ und nicht wuͤſte/ wann ers vor dieſem ſo erkant/
ob er zu ſeiner reſolution wuͤrde gekommen ſeyn. 3. Bezeugen unſre ſymbo-
liſche buͤcher/ ſonderlich die Augſpurgiſche Confeſſion und dero Apologie/
gar ein anders/ als die kein bedenckens machen zu ſagen/ daß die wiederge-
bohrne die gebote GOttes halten/ ja gar das geſetz erfuͤllen. Dero redens-
arten wir nicht dermaſſen zu widerſprechen haben. 4. Jſt nicht auszuſpre-
chen/ wie ſehr durch dieſe antwort auff ſolche frage die ſicherheit der leute ge-
ſtaͤrcket und befoͤrdert wird/ wie nichts gemeiners iſt/ als daß die leute/ wo ſie
wegen ihrer ſuͤnden und uͤbertretung der goͤttlichen gebot beſtrafft werden/
ſich ordentlich damit entſchuldigen/ man koͤnne ja goͤttliche gebot nicht hal-
ten/ warum man ihnen denn deswegen hart mitfahren wolte. Welches ge-
wißlich dem Chriſtenthum und eiffer der heiligung mehr ſchaden thut/ als
man gemeiniglich glaubet.
2. Hingegen bekenne/ daß auch nicht bloß dahin auff die frage/ ob die
gebot zu halten oder das geſetz zu erfuͤllen moͤglich ſeye/ ohne zuſatz mit ja ant-
worte. Denn wir nicht nur eine controvers hieruͤber mit den Papiſten/ und
denſelben nicht zu weichen haben: ſondern die reinigkeit des haupt-articuls
von der rechtfertigung erfordert/ daß wir glauben und bekennen/ daß hier in
dieſem fleiſch/ und als lang wir daſſelbe an uns tragen/ uns unmoͤglich ſeye/
dem geſetz ein vollkommen gnuͤge zu leiſten: wie dann/ wann ſolches muͤglich
waͤre/ wir alsdenn nicht mehr aus dem Evangelio ſelig werden doͤrfften/ ſon-
dern aus dem geſetz/ damit die reine lehr ſehr verletzet wuͤrde werden.
3. Jndeſſen ob wol des Autoris diſtinction, unter dem/ was wir aus eignen
kraͤfften und aus des H. Geiſtes beyſtand vermoͤgen/ nicht verwerffe/ ſondern
auch ſelbs in der materie brauche/ finde ich ſie doch nicht gantz gnugſam/ denn
zwiſchen uns und den Papiſten iſt in dieſer materie nicht der ſtreit von dem/
was aus eignen kraͤfften/ ſondern was den wiedergebohrnen aus des Geiſtes
krafft muͤglich ſeye/ und lieſſe ſich alſo auch bey dieſem membro die frage
nicht bloß dahin bejahen/ wie Autor ſo fern recht geſtehet/ daß die erfuͤllung
nicht nach dem hoͤchſten grad geſchehe.
4. Daher ich allezeit lieber dieſen unterſcheid gemacht/ und der jugend/
ſo
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Zitationshilfe: | Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 1. Halle (Saale), 1700, S. 76. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken01_1700/92>, abgerufen am 27.07.2024. |