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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 1. Halle (Saale), 1700.

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Das andere Capitel.
sind: wie dann der ledigen leute eine starcke anzahl sich einfindet und dem examini
sistir
et.
7. Nachdem der Prediger das hauptstück hat lassen von ein und andern her
er zehlen so zeiget er das pensum an/ welches in der ordnung dieses mahl vorkommt/
erzehlet den inhalt desselben/ daß die zuhörer es etlicher massen begreiffen können.
Nachmahl theilet er solches in fragen aus/ so viel und wie sichs schicket/ indem
keine verba concepta auch in den fragen sind.
8. Die fragen werden so angestellet/ daß da die examinandi alle vor dem
Prediger stehen/ er bald da bald dort/ auch deswegen hin und her gehend/ fragt/
daß alle allezeit acht geben/ und munter seyn müssen: wie nun die fragen nicht
conceptis verbis geschehen/ als fordert man auch von ihnen zur antwort keine ver-
ba concepta,
sondern wie sie die sache selbs fassen/ und mit eigenen oder wie sie
solche haben können/ des catechismi worten ausdrücken können. Es werden auch
die fragen mit fleiß nach mögligkeit deutlich formiret/ daß sie nicht so general blei-
ben/ daß die examinandi noch nicht recht wissen könten/ was gefragt werde/ son-
dern die frage so distincte vorgelegt/ daß sie sie recht verstehen/ und alsdann selbs
finden/ ob sie uns mit ja/ nein/ oder wie antworten sollen. Mercket man daß etwa
eins nicht gleich antworten kan/ deutet man gleich auff ein anders zu antworten/
ohne des vorigen beschämung/ daß mans kaum mercket. Es wird auch eine fra-
ge etwa offtmal mit einerley oder auch variirten worten widerholt/ und solches so
laut/ daß es allzumal in der gantzen gemein zuhören.
9. Die antworten werden nachmahl von dem examinatore laut wiederholt/
und nicht eben allemal wie sie gelautet/ sondern wie sie hätten lauten sollen/ aber-
mal ohne beschimpffung derer/ die es nicht wohl getroffen/ ja wo auch ziemlich ge-
fehlet/ suchet man die unrechte antwort einigerleymassen zu recht zu bringen/ in
welchem verstande sie etlicher massen möchte noch einen guten sinn haben/ oder so
und so zu verbessern seye.
10. Wo etwas wichtiges vorkommt/ wird alsobald dessen grund aus der
Bibel erfordert/ der etwa von jemand mit anziehung eines spruchs gezeiget/ oder
von dem examinatore subministriret wird/ so solchen von allen/ die die Bibel
oder Neue Testament bey sich haben/ auffgeschlagen zu werden fordert. Damit
wird der spruch von ihm oder jemanden der examinandorum laut gelesen/ und
entweder mit wenigem gefragt/ was und wie solches aus den spruch zuerweisen
stehe/ oder da er wichtiger und die zeit übrig der gantze spruch nach allen ümstän-
den/ vor und nachgehenden krafftworten/ und was in demselben denckwürdig/
durch fragen analysiret. Damit also die jugend gewehnet werde/ den grund ih-
res glaubens/ so in dem catechismo stehet/ selbs aus der schrifft darzuthun. Da
durch sie denn auch sonsten gewohnen/ wenn sie einen spruch vor sich bekommen/
als-
Das andere Capitel.
ſind: wie dann der ledigen leute eine ſtarcke anzahl ſich einfindet und dem examini
ſiſtir
et.
7. Nachdem der Prediger das hauptſtuͤck hat laſſen von ein und andern her
er zehlen ſo zeiget er das penſum an/ welches in der ordnung dieſes mahl vorkom̃t/
erzehlet den inhalt deſſelben/ daß die zuhoͤrer es etlicher maſſen begreiffen koͤnnen.
Nachmahl theilet er ſolches in fragen aus/ ſo viel und wie ſichs ſchicket/ indem
keine verba concepta auch in den fragen ſind.
8. Die fragen werden ſo angeſtellet/ daß da die examinandi alle vor dem
Prediger ſtehen/ er bald da bald dort/ auch deswegen hin und her gehend/ fragt/
daß alle allezeit acht geben/ und munter ſeyn muͤſſen: wie nun die fragen nicht
conceptis verbis geſchehen/ als fordert man auch von ihnen zur antwort keine ver-
ba concepta,
ſondern wie ſie die ſache ſelbs faſſen/ und mit eigenen oder wie ſie
ſolche haben koͤnnen/ des catechiſmi worten ausdruͤcken koͤnnen. Es werden auch
die fragen mit fleiß nach moͤgligkeit deutlich formiret/ daß ſie nicht ſo general blei-
ben/ daß die examinandi noch nicht recht wiſſen koͤnten/ was gefragt werde/ ſon-
dern die frage ſo diſtinctè vorgelegt/ daß ſie ſie recht verſtehen/ und alsdann ſelbs
finden/ ob ſie uns mit ja/ nein/ oder wie antworten ſollen. Mercket man daß etwa
eins nicht gleich antworten kan/ deutet man gleich auff ein anders zu antworten/
ohne des vorigen beſchaͤmung/ daß mans kaum mercket. Es wird auch eine fra-
ge etwa offtmal mit einerley oder auch variirten worten widerholt/ und ſolches ſo
laut/ daß es allzumal in der gantzen gemein zuhoͤren.
9. Die antworten werden nachmahl von dem examinatore laut wiederholt/
und nicht eben allemal wie ſie gelautet/ ſondern wie ſie haͤtten lauten ſollen/ aber-
mal ohne beſchimpffung derer/ die es nicht wohl getroffen/ ja wo auch ziemlich ge-
fehlet/ ſuchet man die unrechte antwort einigerleymaſſen zu recht zu bringen/ in
welchem verſtande ſie etlicher maſſen moͤchte noch einen guten ſinn haben/ oder ſo
und ſo zu verbeſſern ſeye.
10. Wo etwas wichtiges vorkommt/ wird alſobald deſſen grund aus der
Bibel erfordert/ der etwa von jemand mit anziehung eines ſpruchs gezeiget/ oder
von dem examinatore ſubminiſtriret wird/ ſo ſolchen von allen/ die die Bibel
oder Neue Teſtament bey ſich haben/ auffgeſchlagen zu werden fordert. Damit
wird der ſpruch von ihm oder jemanden der examinandorum laut geleſen/ und
entweder mit wenigem gefragt/ was und wie ſolches aus den ſpruch zuerweiſen
ſtehe/ oder da er wichtiger und die zeit uͤbrig der gantze ſpruch nach allen uͤmſtaͤn-
den/ vor und nachgehenden krafftworten/ und was in demſelben denckwuͤrdig/
durch fragen analyſiret. Damit alſo die jugend gewehnet werde/ den grund ih-
res glaubens/ ſo in dem catechiſmo ſtehet/ ſelbs aus der ſchrifft darzuthun. Da
durch ſie denn auch ſonſten gewohnen/ wenn ſie einen ſpruch vor ſich bekommen/
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[58/0858] Das andere Capitel. ſind: wie dann der ledigen leute eine ſtarcke anzahl ſich einfindet und dem examini ſiſtiret. 7. Nachdem der Prediger das hauptſtuͤck hat laſſen von ein und andern her er zehlen ſo zeiget er das penſum an/ welches in der ordnung dieſes mahl vorkom̃t/ erzehlet den inhalt deſſelben/ daß die zuhoͤrer es etlicher maſſen begreiffen koͤnnen. Nachmahl theilet er ſolches in fragen aus/ ſo viel und wie ſichs ſchicket/ indem keine verba concepta auch in den fragen ſind. 8. Die fragen werden ſo angeſtellet/ daß da die examinandi alle vor dem Prediger ſtehen/ er bald da bald dort/ auch deswegen hin und her gehend/ fragt/ daß alle allezeit acht geben/ und munter ſeyn muͤſſen: wie nun die fragen nicht conceptis verbis geſchehen/ als fordert man auch von ihnen zur antwort keine ver- ba concepta, ſondern wie ſie die ſache ſelbs faſſen/ und mit eigenen oder wie ſie ſolche haben koͤnnen/ des catechiſmi worten ausdruͤcken koͤnnen. Es werden auch die fragen mit fleiß nach moͤgligkeit deutlich formiret/ daß ſie nicht ſo general blei- ben/ daß die examinandi noch nicht recht wiſſen koͤnten/ was gefragt werde/ ſon- dern die frage ſo diſtinctè vorgelegt/ daß ſie ſie recht verſtehen/ und alsdann ſelbs finden/ ob ſie uns mit ja/ nein/ oder wie antworten ſollen. Mercket man daß etwa eins nicht gleich antworten kan/ deutet man gleich auff ein anders zu antworten/ ohne des vorigen beſchaͤmung/ daß mans kaum mercket. Es wird auch eine fra- ge etwa offtmal mit einerley oder auch variirten worten widerholt/ und ſolches ſo laut/ daß es allzumal in der gantzen gemein zuhoͤren. 9. Die antworten werden nachmahl von dem examinatore laut wiederholt/ und nicht eben allemal wie ſie gelautet/ ſondern wie ſie haͤtten lauten ſollen/ aber- mal ohne beſchimpffung derer/ die es nicht wohl getroffen/ ja wo auch ziemlich ge- fehlet/ ſuchet man die unrechte antwort einigerleymaſſen zu recht zu bringen/ in welchem verſtande ſie etlicher maſſen moͤchte noch einen guten ſinn haben/ oder ſo und ſo zu verbeſſern ſeye. 10. Wo etwas wichtiges vorkommt/ wird alſobald deſſen grund aus der Bibel erfordert/ der etwa von jemand mit anziehung eines ſpruchs gezeiget/ oder von dem examinatore ſubminiſtriret wird/ ſo ſolchen von allen/ die die Bibel oder Neue Teſtament bey ſich haben/ auffgeſchlagen zu werden fordert. Damit wird der ſpruch von ihm oder jemanden der examinandorum laut geleſen/ und entweder mit wenigem gefragt/ was und wie ſolches aus den ſpruch zuerweiſen ſtehe/ oder da er wichtiger und die zeit uͤbrig der gantze ſpruch nach allen uͤmſtaͤn- den/ vor und nachgehenden krafftworten/ und was in demſelben denckwuͤrdig/ durch fragen analyſiret. Damit alſo die jugend gewehnet werde/ den grund ih- res glaubens/ ſo in dem catechiſmo ſtehet/ ſelbs aus der ſchrifft darzuthun. Da durch ſie denn auch ſonſten gewohnen/ wenn ſie einen ſpruch vor ſich bekommen/ als-

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 1. Halle (Saale), 1700, S. 58. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken01_1700/858>, abgerufen am 25.11.2024.