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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 1. Halle (Saale), 1700.

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ARTIC. IV. SECT. XII.
verlangen kan/ daß er in gewissen stücken seiner schohne/ und ihn also einiger last
entladen/ die sie seiner gesundheit zu schwehr achtet: Wo nun derselbe sich dessen
gebrauchet/ verletzet er sein gewissen nicht. Aus diesen theils principiis, theils an-
dern considerationen/ wo geliebter bruder dieselbe überleget/ sonderlich wie sichs
in den stücken verhalte/ davon ich nicht gewiß bin/ wird derselbe in der furcht des
HErrn etwa sehen/ was zu thun seye. Solte ich aber ja positive einen rath geben/
meinte ich nicht unthunlich zu seyn/ daß derselbe die wochen-predigt zwar nicht gantz
auffgebe/ sondern zum exempel etwa über die andre oder dritte woche dieselbe selbs
verrichtete/ dazwischen aber sie durch andere verrichten liesse: damit schonete er
seiner kräfften/ daß sie nicht stärcker angegriffen würden/ und dennoch behielte er
auch die gelegenheit zuweilen ausser seinen Sontage zu der gemeinde zu reden.
Der HErr aber gebe auch hierinnen die nöthige weißheit/ und erkänntnis seines
Willens/ so dann erhalte er ihn noch lang ein nützliches gefäß seiner gnade und
ehre. 1687.

SECTIO XII.
Von dem chatechismus examinibus und der
sabbaths feyer.

WAs die mir vorgetragene gewissens-scrupul anlangt/ so war der 1. von
der Catechetischen information und examinibus. Diesem hoffe solle
nun/ was die gemeine anstallt anlangt/ zimlicher massen durch den land-
tag geholffen seyn/ denn weil die Churfüstl. proposition selbs folchen punct in
sich gefasset/ auch der landschafft bedencken darüber eingezogen worden/ zweiff-
le ich an der wircklichen einführung durch das gantze land nicht. Gott gebe nur
den jenigen/ die solche heylsame übung sollen verrichten/ die nötige weißheit/ und
so unverdrossenen fleiß als hertzliche treue. Meine wenige meinung gehet da-
hin. 1. Jch wolte nicht/ daß sie also indroduciret würde/ daß stracks erstlich
die gantze gemeinde unter der straff darzu genötiget werden solte: sondern daß
diese nur zum anfang bloß freundlich und beweglich mit vorstellung des daher
habenden nutzens dazu eingeladen und vermahnet/ hingegen alsobald die exa-
mina
mit der jugend in der kirchen vorgenommen würden/ in gegenwart der al-
ten (die man zum examine selbs nicht nötigen wird können) da ich versichere/ wel-
cher Prediger solches examen gründlich/ klüglich/ deutlich/ und mit geziehmen-
der sanfftmuth anstellen wird/ werde in kurtzer zeit nach und nach fast alle seine zu-
hörer herzubringen/ daß sie sich von selbsten einfinden werden. Wie ich die
exempel nicht nur in sondern auch üm Franckfurt/ ja auch schon in diesen landen/
wenn einige solches werck vor sich selbs einzuführen versucht/ gesehen habe/ daß

ohne

ARTIC. IV. SECT. XII.
verlangen kan/ daß er in gewiſſen ſtuͤcken ſeiner ſchohne/ und ihn alſo einiger laſt
entladen/ die ſie ſeiner geſundheit zu ſchwehr achtet: Wo nun derſelbe ſich deſſen
gebrauchet/ verletzet er ſein gewiſſen nicht. Aus dieſen theils principiis, theils an-
dern conſiderationen/ wo geliebter bruder dieſelbe uͤberleget/ ſonderlich wie ſichs
in den ſtuͤcken verhalte/ davon ich nicht gewiß bin/ wird derſelbe in der furcht des
HErrn etwa ſehen/ was zu thun ſeye. Solte ich aber ja poſitivè einen rath geben/
meinte ich nicht unthunlich zu ſeyn/ daß derſelbe die wochen-predigt zwar nicht gantz
auffgebe/ ſondern zum exempel etwa uͤber die andre oder dritte woche dieſelbe ſelbs
verrichtete/ dazwiſchen aber ſie durch andere verrichten lieſſe: damit ſchonete er
ſeiner kraͤfften/ daß ſie nicht ſtaͤrcker angegriffen wuͤrden/ und dennoch behielte er
auch die gelegenheit zuweilen auſſer ſeinen Sontage zu der gemeinde zu reden.
Der HErr aber gebe auch hierinnen die noͤthige weißheit/ und erkaͤnntnis ſeines
Willens/ ſo dann erhalte er ihn noch lang ein nuͤtzliches gefaͤß ſeiner gnade und
ehre. 1687.

SECTIO XII.
Von dem chatechismus examinibus und der
ſabbaths feyer.

WAs die mir vorgetragene gewiſſens-ſcrupul anlangt/ ſo war der 1. von
der Catechetiſchen information und examinibus. Dieſem hoffe ſolle
nun/ was die gemeine anſtallt anlangt/ zimlicher maſſen durch den land-
tag geholffen ſeyn/ denn weil die Churfuͤſtl. propoſition ſelbs folchen punct in
ſich gefaſſet/ auch der landſchafft bedencken daruͤber eingezogen worden/ zweiff-
le ich an der wircklichen einfuͤhrung durch das gantze land nicht. Gott gebe nur
den jenigen/ die ſolche heylſame uͤbung ſollen verrichten/ die noͤtige weißheit/ und
ſo unverdroſſenen fleiß als hertzliche treue. Meine wenige meinung gehet da-
hin. 1. Jch wolte nicht/ daß ſie alſo indroduciret wuͤrde/ daß ſtracks erſtlich
die gantze gemeinde unter der ſtraff darzu genoͤtiget werden ſolte: ſondern daß
dieſe nur zum anfang bloß freundlich und beweglich mit vorſtellung des daher
habenden nutzens dazu eingeladen und vermahnet/ hingegen alſobald die exa-
mina
mit der jugend in der kirchen vorgenommen wuͤrden/ in gegenwart der al-
ten (die man zum examine ſelbs nicht noͤtigen wird koͤnnen) da ich verſichere/ wel-
cher Prediger ſolches examen gruͤndlich/ kluͤglich/ deutlich/ und mit geziehmen-
der ſanfftmuth anſtellen wird/ werde in kurtzer zeit nach und nach faſt alle ſeine zu-
hoͤrer herzubringen/ daß ſie ſich von ſelbſten einfinden werden. Wie ich die
exempel nicht nur in ſondern auch uͤm Franckfurt/ ja auch ſchon in dieſen landen/
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ohne
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[47/0847] ARTIC. IV. SECT. XII. verlangen kan/ daß er in gewiſſen ſtuͤcken ſeiner ſchohne/ und ihn alſo einiger laſt entladen/ die ſie ſeiner geſundheit zu ſchwehr achtet: Wo nun derſelbe ſich deſſen gebrauchet/ verletzet er ſein gewiſſen nicht. Aus dieſen theils principiis, theils an- dern conſiderationen/ wo geliebter bruder dieſelbe uͤberleget/ ſonderlich wie ſichs in den ſtuͤcken verhalte/ davon ich nicht gewiß bin/ wird derſelbe in der furcht des HErrn etwa ſehen/ was zu thun ſeye. Solte ich aber ja poſitivè einen rath geben/ meinte ich nicht unthunlich zu ſeyn/ daß derſelbe die wochen-predigt zwar nicht gantz auffgebe/ ſondern zum exempel etwa uͤber die andre oder dritte woche dieſelbe ſelbs verrichtete/ dazwiſchen aber ſie durch andere verrichten lieſſe: damit ſchonete er ſeiner kraͤfften/ daß ſie nicht ſtaͤrcker angegriffen wuͤrden/ und dennoch behielte er auch die gelegenheit zuweilen auſſer ſeinen Sontage zu der gemeinde zu reden. Der HErr aber gebe auch hierinnen die noͤthige weißheit/ und erkaͤnntnis ſeines Willens/ ſo dann erhalte er ihn noch lang ein nuͤtzliches gefaͤß ſeiner gnade und ehre. 1687. SECTIO XII. Von dem chatechismus examinibus und der ſabbaths feyer. WAs die mir vorgetragene gewiſſens-ſcrupul anlangt/ ſo war der 1. von der Catechetiſchen information und examinibus. Dieſem hoffe ſolle nun/ was die gemeine anſtallt anlangt/ zimlicher maſſen durch den land- tag geholffen ſeyn/ denn weil die Churfuͤſtl. propoſition ſelbs folchen punct in ſich gefaſſet/ auch der landſchafft bedencken daruͤber eingezogen worden/ zweiff- le ich an der wircklichen einfuͤhrung durch das gantze land nicht. Gott gebe nur den jenigen/ die ſolche heylſame uͤbung ſollen verrichten/ die noͤtige weißheit/ und ſo unverdroſſenen fleiß als hertzliche treue. Meine wenige meinung gehet da- hin. 1. Jch wolte nicht/ daß ſie alſo indroduciret wuͤrde/ daß ſtracks erſtlich die gantze gemeinde unter der ſtraff darzu genoͤtiget werden ſolte: ſondern daß dieſe nur zum anfang bloß freundlich und beweglich mit vorſtellung des daher habenden nutzens dazu eingeladen und vermahnet/ hingegen alſobald die exa- mina mit der jugend in der kirchen vorgenommen wuͤrden/ in gegenwart der al- ten (die man zum examine ſelbs nicht noͤtigen wird koͤnnen) da ich verſichere/ wel- cher Prediger ſolches examen gruͤndlich/ kluͤglich/ deutlich/ und mit geziehmen- der ſanfftmuth anſtellen wird/ werde in kurtzer zeit nach und nach faſt alle ſeine zu- hoͤrer herzubringen/ daß ſie ſich von ſelbſten einfinden werden. Wie ich die exempel nicht nur in ſondern auch uͤm Franckfurt/ ja auch ſchon in dieſen landen/ wenn einige ſolches werck vor ſich ſelbs einzufuͤhren verſucht/ geſehen habe/ daß ohne

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 1. Halle (Saale), 1700, S. 47. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken01_1700/847>, abgerufen am 25.11.2024.