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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 1. Halle (Saale), 1700.

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ARTIC. III. SECTIO XXXII.
mir meine bücher visitiret. 2. Kan nicht mit fug gesorget werden/ daß
dieses factum alle seine erbauung bey der anvertrauten gemeinde zu schla-
gen und zu hindern capabel wäre; weilen es an sich nicht infam, und
man was ordinarie gewöhnlich/ wann es extraordinarie geschihet (ob
wol ein unterscheid unter beyden unleugbar) auffs glimpflichste noch gedeu-
tet/ und denen welche einen scrupel daraus gefasset hätten/ derselbe wie-
derum benommen werden kan. So sind ja meines werthen Bruders an-
vertraute schon mehr an ihm gewohnet/ daß er durch nachreden und be-
kannte zwiste mit dem Consistorio ihnen verdächtig gemachet werden
wollen: welche sich nun hiedurch nicht haben lassen von seinem dienst oder
erkäntnüß der in ihn gelegten göttlichen gnaden-gaben abhalten/ werden
gewiß auch durch dieses sich nicht irre machen lassen/ oder doch da jemand
sich wiederum stiesse/ demselben der anstoß unschwehr benommen werden
können. Zugeschweigen daß das urtheil der zuhörer über ihren prediger
nicht aus deme/ was diesem von andern geschihet/ sondern was sie selbst
von ihm und seinem amt hören oder sehen/ formiret werden muß/ welches
auch alle diejenige thun werden/ von dero erbauung noch einige hoffnung
ist. Ja die gedultige ertragung vielerley leidens/ wo sie dannoch eine be-
harrliche treue desselben in seinem amt und nichts als die wahre lehre
von demselben wahrnehmen/ bekräfftiget vielmehr ihr vertrauen gegen den-
selben. 3. Wurde auch der aus der gefolgten visitation müglichen sus-
picion
vorgebauet durch das bey der ordination öffentlich gethane gute
zeugnüß/ welches alle werden gehöret haben/ und demselben eine zweiffel-
haffte deutung eines nachgefolgten actus nicht dörffen entgegen setzen.
Wäre nun ein ärgernüß daraus entstanden/ betrifft es nicht seine person/
sondern die andere die es geben/ und kan seine gedultige beharrung das be-
ste remedium desselben seyn. So vielmehr 4. weil ich aus seinen wor-
ten/ daß er durch eben diese inquisition noch gantz unschuldig erfunden
worden/ abnehme/ daß sie unter seinen sachen nichts verdächtiges oder
ihn gravirendes gefunden. Daher er zwahr etwa ursach haben mag/ ei-
ne beschwehrde gegen die jenige zu führen/ welche durch diese inquisition
ihn in verdacht zu ziehen gewiesen/ durch den ausgang aber dessen im
grunde überzeuget worden/ aber bey der gemeinde fället damit alles miß-
trauen gegen seine person/ und wo etwas bleibet/ wäre es der unwillen
gegen die jenige/ so ihn ohne ursach verdächtig gehalten. 5. Heisset uns

der
B b b b b 2

ARTIC. III. SECTIO XXXII.
mir meine buͤcher viſitiret. 2. Kan nicht mit fug geſorget werden/ daß
dieſes factum alle ſeine erbauung bey der anvertrauten gemeinde zu ſchla-
gen und zu hindern capabel waͤre; weilen es an ſich nicht infam, und
man was ordinarie gewoͤhnlich/ wann es extraordinarie geſchihet (ob
wol ein unterſcheid unter beyden unleugbar) auffs glimpflichſte noch gedeu-
tet/ und denen welche einen ſcrupel daraus gefaſſet haͤtten/ derſelbe wie-
derum benommen werden kan. So ſind ja meines werthen Bruders an-
vertraute ſchon mehr an ihm gewohnet/ daß er durch nachreden und be-
kannte zwiſte mit dem Conſiſtorio ihnen verdaͤchtig gemachet werden
wollen: welche ſich nun hiedurch nicht haben laſſen von ſeinem dienſt oder
erkaͤntnuͤß der in ihn gelegten goͤttlichen gnaden-gaben abhalten/ werden
gewiß auch durch dieſes ſich nicht irre machen laſſen/ oder doch da jemand
ſich wiederum ſtieſſe/ demſelben der anſtoß unſchwehr benommen werden
koͤnnen. Zugeſchweigen daß das urtheil der zuhoͤrer uͤber ihren prediger
nicht aus deme/ was dieſem von andern geſchihet/ ſondern was ſie ſelbſt
von ihm und ſeinem amt hoͤren oder ſehen/ formiret werden muß/ welches
auch alle diejenige thun werden/ von dero erbauung noch einige hoffnung
iſt. Ja die gedultige ertragung vielerley leidens/ wo ſie dannoch eine be-
harrliche treue deſſelben in ſeinem amt und nichts als die wahre lehre
von demſelben wahrnehmen/ bekraͤfftiget vielmehr ihr vertrauen gegen den-
ſelben. 3. Wurde auch der aus der gefolgten viſitation muͤglichen ſus-
picion
vorgebauet durch das bey der ordination oͤffentlich gethane gute
zeugnuͤß/ welches alle werden gehoͤret haben/ und demſelben eine zweiffel-
haffte deutung eines nachgefolgten actus nicht doͤrffen entgegen ſetzen.
Waͤre nun ein aͤrgernuͤß daraus entſtanden/ betrifft es nicht ſeine perſon/
ſondern die andere die es geben/ und kan ſeine gedultige beharrung das be-
ſte remedium deſſelben ſeyn. So vielmehr 4. weil ich aus ſeinen wor-
ten/ daß er durch eben dieſe inquiſition noch gantz unſchuldig erfunden
worden/ abnehme/ daß ſie unter ſeinen ſachen nichts verdaͤchtiges oder
ihn gravirendes gefunden. Daher er zwahr etwa urſach haben mag/ ei-
ne beſchwehrde gegen die jenige zu fuͤhren/ welche durch dieſe inquiſition
ihn in verdacht zu ziehen gewieſen/ durch den ausgang aber deſſen im
grunde uͤberzeuget worden/ aber bey der gemeinde faͤllet damit alles miß-
trauen gegen ſeine perſon/ und wo etwas bleibet/ waͤre es der unwillen
gegen die jenige/ ſo ihn ohne urſach verdaͤchtig gehalten. 5. Heiſſet uns

der
B b b b b 2
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[747/0763] ARTIC. III. SECTIO XXXII. mir meine buͤcher viſitiret. 2. Kan nicht mit fug geſorget werden/ daß dieſes factum alle ſeine erbauung bey der anvertrauten gemeinde zu ſchla- gen und zu hindern capabel waͤre; weilen es an ſich nicht infam, und man was ordinarie gewoͤhnlich/ wann es extraordinarie geſchihet (ob wol ein unterſcheid unter beyden unleugbar) auffs glimpflichſte noch gedeu- tet/ und denen welche einen ſcrupel daraus gefaſſet haͤtten/ derſelbe wie- derum benommen werden kan. So ſind ja meines werthen Bruders an- vertraute ſchon mehr an ihm gewohnet/ daß er durch nachreden und be- kannte zwiſte mit dem Conſiſtorio ihnen verdaͤchtig gemachet werden wollen: welche ſich nun hiedurch nicht haben laſſen von ſeinem dienſt oder erkaͤntnuͤß der in ihn gelegten goͤttlichen gnaden-gaben abhalten/ werden gewiß auch durch dieſes ſich nicht irre machen laſſen/ oder doch da jemand ſich wiederum ſtieſſe/ demſelben der anſtoß unſchwehr benommen werden koͤnnen. Zugeſchweigen daß das urtheil der zuhoͤrer uͤber ihren prediger nicht aus deme/ was dieſem von andern geſchihet/ ſondern was ſie ſelbſt von ihm und ſeinem amt hoͤren oder ſehen/ formiret werden muß/ welches auch alle diejenige thun werden/ von dero erbauung noch einige hoffnung iſt. Ja die gedultige ertragung vielerley leidens/ wo ſie dannoch eine be- harrliche treue deſſelben in ſeinem amt und nichts als die wahre lehre von demſelben wahrnehmen/ bekraͤfftiget vielmehr ihr vertrauen gegen den- ſelben. 3. Wurde auch der aus der gefolgten viſitation muͤglichen ſus- picion vorgebauet durch das bey der ordination oͤffentlich gethane gute zeugnuͤß/ welches alle werden gehoͤret haben/ und demſelben eine zweiffel- haffte deutung eines nachgefolgten actus nicht doͤrffen entgegen ſetzen. Waͤre nun ein aͤrgernuͤß daraus entſtanden/ betrifft es nicht ſeine perſon/ ſondern die andere die es geben/ und kan ſeine gedultige beharrung das be- ſte remedium deſſelben ſeyn. So vielmehr 4. weil ich aus ſeinen wor- ten/ daß er durch eben dieſe inquiſition noch gantz unſchuldig erfunden worden/ abnehme/ daß ſie unter ſeinen ſachen nichts verdaͤchtiges oder ihn gravirendes gefunden. Daher er zwahr etwa urſach haben mag/ ei- ne beſchwehrde gegen die jenige zu fuͤhren/ welche durch dieſe inquiſition ihn in verdacht zu ziehen gewieſen/ durch den ausgang aber deſſen im grunde uͤberzeuget worden/ aber bey der gemeinde faͤllet damit alles miß- trauen gegen ſeine perſon/ und wo etwas bleibet/ waͤre es der unwillen gegen die jenige/ ſo ihn ohne urſach verdaͤchtig gehalten. 5. Heiſſet uns der B b b b b 2

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 1. Halle (Saale), 1700, S. 747. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken01_1700/763>, abgerufen am 25.11.2024.