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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 1. Halle (Saale), 1700.

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ARTIC. III. SECTIO XXXI.
und schelten auch bey den hartnackigsten ausgerichtet wird. Jm übrigen
habe von dieser materie zimlich/ und GOTT sey danck mit vergnügung
unterschiedlicher guten seelen/ gehandelt in der vorrede über Andreae
Crameri
seliger kinder GOttes ehrenstand und pflicht. Der
HERR gebe uns allezeit die nöthige weißheit/ das wort der wahrheit
recht und nach seinem willen klüglich zu theilen/ um keinen seelen auff eine
oder andre weise schaden zu thun oder sie zu versäumen. Jch komme
nun auff die frage wegen des materialisten in Berlin/ Ludeci: ich kan
aber kein eigentlich urtheil über die sache fällen/ in dem mir nicht alle um-
stände dermassen/ als zu einem solchen nöthig wäre/ bekant sind: sonsten
habe etwas davon meine meynung offentlich vorgelegt von dem geistlichen
priesterthum
Qv. 63. und 64. Mit wenigen nur etwas bey zu fügen
1. halte ich Christen wol erlaubt/ daß sie sich versamlen untereinander zu
erbauen. 2. wo solches nicht an einem ort/ sondern bald bey diesem/ bald
bey jenen geschiehet/ hat es weniger auffsehen/ aber obs auch wegen der ge-
legenheit allein bey einem guten freund geschehe/ würde solcher umstand
es deßwegen nicht gantz verworflich machen. 3. dem jenigen/ bey dem
solche versamlung gehalten wird/ wolte nicht zukommen/ daß er in dersel-
ben sich zu einem eigentlichen lehrer darstellete/ sondern ob er etwa die Di-
rection
in dem eusserlichen hätte (die doch auch rathsamer unter mehrern
herum gienge) follen doch die zusammen kommende mit gleichem recht unter
sich handeln/ und allen schein vermeiden/ ob machten sie einen solchen mann
zu ihrem ordentlichen lehrer/ dessen sie nicht befugt wären. 4. Es solle auch
billich die zahl solcher versammlungen nicht groß seyn/ damit man abermal
durch solchen schein einer offentlichen oder gantzen sonderbahren gemeinde die
sache nicht verderben möchte/ sondern da die anzahl der leute/ welche der-
gleichen übung belieben/ zunehme/ geschehe es füglicher/ daß man sich in un-
terschiedliche versamlungen theilte 5. Jn den versamlungen muß mit allem
fleiß verhütet werden/ daß nichts vorkomme/ was entweder einen billigen
schein falscher lehr/ oder daß man andere leute darinnen richtete/ ge-
ben könte; so dann welche sich ihr gebrauchen/ gleichfalls nach möglich-
keit allen solchen verdacht von sich ableinen: auch die offentliche versam-
lung so fleißig oder eher fleißiger als andere besuchen. 6. Es sollen
auch dergleichen Christen alle gelegenheiten gern annehmen/ mit ihren
ordentlichen predigern umzugehen/ sie zu fragen/ ihnen gelegenheit zu ge-
ben/ daß sie sich ihres thuns völlig erkundigen/ auch selbs willig seyn/ von

allem
A a a a a 3

ARTIC. III. SECTIO XXXI.
und ſchelten auch bey den hartnackigſten ausgerichtet wird. Jm uͤbrigen
habe von dieſer materie zimlich/ und GOTT ſey danck mit vergnuͤgung
unterſchiedlicher guten ſeelen/ gehandelt in der vorrede uͤber Andreæ
Crameri
ſeliger kinder GOttes ehrenſtand und pflicht. Der
HERR gebe uns allezeit die noͤthige weißheit/ das wort der wahrheit
recht und nach ſeinem willen kluͤglich zu theilen/ um keinen ſeelen auff eine
oder andre weiſe ſchaden zu thun oder ſie zu verſaͤumen. Jch komme
nun auff die frage wegen des materialiſten in Berlin/ Ludeci: ich kan
aber kein eigentlich urtheil uͤber die ſache faͤllen/ in dem mir nicht alle um-
ſtaͤnde dermaſſen/ als zu einem ſolchen noͤthig waͤre/ bekant ſind: ſonſten
habe etwas davon meine meynung offentlich vorgelegt von dem geiſtlichen
prieſterthum
Qv. 63. und 64. Mit wenigen nur etwas bey zu fuͤgen
1. halte ich Chriſten wol erlaubt/ daß ſie ſich verſamlen untereinander zu
erbauen. 2. wo ſolches nicht an einem ort/ ſondern bald bey dieſem/ bald
bey jenen geſchiehet/ hat es weniger auffſehen/ aber obs auch wegen der ge-
legenheit allein bey einem guten freund geſchehe/ wuͤrde ſolcher umſtand
es deßwegen nicht gantz verworflich machen. 3. dem jenigen/ bey dem
ſolche verſamlung gehalten wird/ wolte nicht zukommen/ daß er in derſel-
ben ſich zu einem eigentlichen lehrer darſtellete/ ſondern ob er etwa die Di-
rection
in dem euſſerlichen haͤtte (die doch auch rathſamer unter mehrern
herum gienge) follen doch die zuſammen kommende mit gleichem recht unter
ſich handeln/ und allen ſchein vermeiden/ ob machten ſie einen ſolchen mann
zu ihrem ordentlichen lehrer/ deſſen ſie nicht befugt waͤren. 4. Es ſolle auch
billich die zahl ſolcher verſammlungen nicht groß ſeyn/ damit man abermal
durch ſolchen ſchein einer offentlichen oder gantzen ſonderbahren gemeinde die
ſache nicht verderben moͤchte/ ſondern da die anzahl der leute/ welche der-
gleichen uͤbung belieben/ zunehme/ geſchehe es fuͤglicher/ daß man ſich in un-
terſchiedliche verſamlungen theilte 5. Jn den verſamlungen muß mit allem
fleiß verhuͤtet werden/ daß nichts vorkomme/ was entweder einen billigen
ſchein falſcher lehr/ oder daß man andere leute darinnen richtete/ ge-
ben koͤnte; ſo dann welche ſich ihr gebrauchen/ gleichfalls nach moͤglich-
keit allen ſolchen verdacht von ſich ableinen: auch die offentliche verſam-
lung ſo fleißig oder eher fleißiger als andere beſuchen. 6. Es ſollen
auch dergleichen Chriſten alle gelegenheiten gern annehmen/ mit ihren
ordentlichen predigern umzugehen/ ſie zu fragen/ ihnen gelegenheit zu ge-
ben/ daß ſie ſich ihres thuns voͤllig erkundigen/ auch ſelbs willig ſeyn/ von

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[741/0757] ARTIC. III. SECTIO XXXI. und ſchelten auch bey den hartnackigſten ausgerichtet wird. Jm uͤbrigen habe von dieſer materie zimlich/ und GOTT ſey danck mit vergnuͤgung unterſchiedlicher guten ſeelen/ gehandelt in der vorrede uͤber Andreæ Crameri ſeliger kinder GOttes ehrenſtand und pflicht. Der HERR gebe uns allezeit die noͤthige weißheit/ das wort der wahrheit recht und nach ſeinem willen kluͤglich zu theilen/ um keinen ſeelen auff eine oder andre weiſe ſchaden zu thun oder ſie zu verſaͤumen. Jch komme nun auff die frage wegen des materialiſten in Berlin/ Ludeci: ich kan aber kein eigentlich urtheil uͤber die ſache faͤllen/ in dem mir nicht alle um- ſtaͤnde dermaſſen/ als zu einem ſolchen noͤthig waͤre/ bekant ſind: ſonſten habe etwas davon meine meynung offentlich vorgelegt von dem geiſtlichen prieſterthum Qv. 63. und 64. Mit wenigen nur etwas bey zu fuͤgen 1. halte ich Chriſten wol erlaubt/ daß ſie ſich verſamlen untereinander zu erbauen. 2. wo ſolches nicht an einem ort/ ſondern bald bey dieſem/ bald bey jenen geſchiehet/ hat es weniger auffſehen/ aber obs auch wegen der ge- legenheit allein bey einem guten freund geſchehe/ wuͤrde ſolcher umſtand es deßwegen nicht gantz verworflich machen. 3. dem jenigen/ bey dem ſolche verſamlung gehalten wird/ wolte nicht zukommen/ daß er in derſel- ben ſich zu einem eigentlichen lehrer darſtellete/ ſondern ob er etwa die Di- rection in dem euſſerlichen haͤtte (die doch auch rathſamer unter mehrern herum gienge) follen doch die zuſammen kommende mit gleichem recht unter ſich handeln/ und allen ſchein vermeiden/ ob machten ſie einen ſolchen mann zu ihrem ordentlichen lehrer/ deſſen ſie nicht befugt waͤren. 4. Es ſolle auch billich die zahl ſolcher verſammlungen nicht groß ſeyn/ damit man abermal durch ſolchen ſchein einer offentlichen oder gantzen ſonderbahren gemeinde die ſache nicht verderben moͤchte/ ſondern da die anzahl der leute/ welche der- gleichen uͤbung belieben/ zunehme/ geſchehe es fuͤglicher/ daß man ſich in un- terſchiedliche verſamlungen theilte 5. Jn den verſamlungen muß mit allem fleiß verhuͤtet werden/ daß nichts vorkomme/ was entweder einen billigen ſchein falſcher lehr/ oder daß man andere leute darinnen richtete/ ge- ben koͤnte; ſo dann welche ſich ihr gebrauchen/ gleichfalls nach moͤglich- keit allen ſolchen verdacht von ſich ableinen: auch die offentliche verſam- lung ſo fleißig oder eher fleißiger als andere beſuchen. 6. Es ſollen auch dergleichen Chriſten alle gelegenheiten gern annehmen/ mit ihren ordentlichen predigern umzugehen/ ſie zu fragen/ ihnen gelegenheit zu ge- ben/ daß ſie ſich ihres thuns voͤllig erkundigen/ auch ſelbs willig ſeyn/ von allem A a a a a 3

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 1. Halle (Saale), 1700, S. 741. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken01_1700/757>, abgerufen am 22.11.2024.