Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 1. Halle (Saale), 1700.Das erste Capitel. daß sie nimmer von dem Atheismo etwas aus seinem munde hören solten/sondern er diese in dem gemeinen irrthum/ wie er die Christliche religion nann- te/ erziehen wolte/ nicht allein selbs sonsten nicht in gefahr/ wo es auskäme/ zu kommen/ sondern auch daß er ihr schonete/ sie nicht wie er wäre/ elend zu machen. Welches gewiß ein zeugnüß auch eines schrecklichen gerichts Got- tes ist/ ob es wol nach GOttes absicht auch eine gelegenheit werden solte/ nach einer göttlichen wahren erkäntnüß zu trachten. §. XV. Eine ursach zu dergleichen gericht kan geben nechst andern vor- §. XVI. Also haben wir besehen/ wie diejenige/ bey denen einmahl eine einem
Das erſte Capitel. daß ſie nimmer von dem Atheiſmo etwas aus ſeinem munde hoͤren ſolten/ſondern er dieſe in dem gemeinen irrthum/ wie er die Chriſtliche religion nann- te/ erziehen wolte/ nicht allein ſelbs ſonſten nicht in gefahr/ wo es auskaͤme/ zu kommen/ ſondern auch daß er ihr ſchonete/ ſie nicht wie er waͤre/ elend zu machen. Welches gewiß ein zeugnuͤß auch eines ſchrecklichen gerichts Got- tes iſt/ ob es wol nach GOttes abſicht auch eine gelegenheit werden ſolte/ nach einer goͤttlichen wahren erkaͤntnuͤß zu trachten. §. XV. Eine urſach zu dergleichen gericht kan geben nechſt andern vor- §. XVI. Alſo haben wir beſehen/ wie diejenige/ bey denen einmahl eine einem
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0070" n="54"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Das erſte Capitel.</hi></fw><lb/> daß ſie nimmer von dem <hi rendition="#aq">Atheiſmo</hi> etwas aus ſeinem munde hoͤren ſolten/<lb/> ſondern er dieſe in dem gemeinen irrthum/ wie er die Chriſtliche religion nann-<lb/> te/ erziehen wolte/ nicht allein ſelbs ſonſten nicht in gefahr/ wo es auskaͤme/<lb/> zu kommen/ ſondern auch daß er ihr ſchonete/ ſie nicht wie er waͤre/ elend zu<lb/> machen. Welches gewiß ein zeugnuͤß auch eines ſchrecklichen gerichts Got-<lb/> tes iſt/ ob es wol nach GOttes abſicht auch eine gelegenheit werden ſolte/<lb/> nach einer goͤttlichen wahren erkaͤntnuͤß zu trachten.</p><lb/> <p>§. <hi rendition="#aq">XV.</hi> Eine urſach zu dergleichen gericht kan geben nechſt andern vor-<lb/> ſetzlichen ſuͤnden/ wo einer/ dem GOtt die gnade gethan/ ſeine reinere wahr-<lb/> heit auffs wenigſte dem buchſtaben nach gehabt zu haben/ ſie nicht allein ſich<lb/> nicht darzu dienen laſſen/ daß er dem H. Geiſt platz gegeben/ dieſelbe in ſeine<lb/> ſeele einzutrucken/ auch ſich ſonſt nicht danckbar dagegen bezeuget/ ſondern ſie<lb/> auch aus bloß fleiſchlichen abſichten/ indem keine andre bey ſolchem gemuͤth<lb/> ſeyn koͤnnen/ mit einer andern/ von dero er eben ſo wenig oder weniger ver-<lb/> ſicherung der wahrheit gehabt/ verwechſeit/ alſo in der that mit der religion<lb/> ſpott getrieben haͤtte. Welches allerdings eine ſuͤnde iſt/ die wuͤrdig vor<lb/> GOtt geachtet werden kan/ einem ſolchen allen geſchmack einer religion ver-<lb/> gehen zu laſſen/ und ihn voͤllig in des ſatans ſtricke zu uͤbergeben.</p><lb/> <p>§. <hi rendition="#aq">XVI.</hi> Alſo haben wir beſehen/ wie diejenige/ bey denen einmahl eine<lb/> lebendige erkaͤntnuͤß geweſen/ in den <hi rendition="#aq">Atheiſmum</hi> verfallen koͤnnen. Es fra-<lb/> get ſich aber/ ob dergleichen ſich auch bey einem menſchen begeben moͤge/ der<lb/> einmahl in wahrhafftiger lebendiger erkaͤntnuͤß und glauben geſtanden ſeye?<lb/> da zwahr ſcheinen moͤchte/ ſolches waͤre ſo unmuͤglich/ als es unmuͤglich ſchei-<lb/> net/ daß einer/ der einmahl mit gutem bedacht die ſonne und ihr liecht ange-<lb/> ſehen/ oder des feuers waͤrme gefuͤhlet haͤtte/ darzu kommen koͤnte/ davor zu<lb/> halten/ die ſonne haͤtte kein liecht/ und das feuer keine hitze. Jndeſſen iſts<lb/> auch eine muͤgliche ſache/ und bezeuget der H. Geiſt/ daß auch diejenige/ die<lb/> zu einem hohen grad der erleuchtung gekommen ſind/ doch wieder abfallen/<lb/> ihnen ſelbs den ſohn Gottes creutzigen/ und fuͤr ſpott halten. <hi rendition="#fr">Hebr.</hi> 6/ 4. 5. 6.<lb/> ſo dann daß die/ welche durch die erkaͤntnuͤß des HErrn und Heylandes Jeſu<lb/> Chriſti dem unflath der welt entflohen waren/ wiederum in dieſelbige ge-<lb/> flochten werden koͤnnen. 2. <hi rendition="#fr">Petr.</hi> 2/ 20. 21. Zwahr moͤchte man ſagen/ ſie wuͤr-<lb/> den deswegen noch nicht <hi rendition="#aq">Athei,</hi> ſondern fielen ſonſt in irrthum und laſter: a-<lb/> ber es zeiget der text/ daß ſie ſolche wahrheiten/ die ſie vormahl in goͤttlichem<lb/> liecht erkannt/ wieder verliehren: welches da es bey einem alſo auch bey an-<lb/> dern geſchehen kan. Ob dann nun der beyfall des von dem H. Geiſt gewirck-<lb/> ten glaubens/ indem dieſe wirckung empfindlich waͤhret/ das hertz ſo uͤberzeu-<lb/> get/ daß es unmuͤglich anders glauben kan/ wie einer der die ſonne ſihet nicht<lb/> zweiflen koͤnte: ſo kan ſich doch der zuſtand aͤndern. Wann es dann auch bey<lb/> <fw place="bottom" type="catch">einem</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [54/0070]
Das erſte Capitel.
daß ſie nimmer von dem Atheiſmo etwas aus ſeinem munde hoͤren ſolten/
ſondern er dieſe in dem gemeinen irrthum/ wie er die Chriſtliche religion nann-
te/ erziehen wolte/ nicht allein ſelbs ſonſten nicht in gefahr/ wo es auskaͤme/
zu kommen/ ſondern auch daß er ihr ſchonete/ ſie nicht wie er waͤre/ elend zu
machen. Welches gewiß ein zeugnuͤß auch eines ſchrecklichen gerichts Got-
tes iſt/ ob es wol nach GOttes abſicht auch eine gelegenheit werden ſolte/
nach einer goͤttlichen wahren erkaͤntnuͤß zu trachten.
§. XV. Eine urſach zu dergleichen gericht kan geben nechſt andern vor-
ſetzlichen ſuͤnden/ wo einer/ dem GOtt die gnade gethan/ ſeine reinere wahr-
heit auffs wenigſte dem buchſtaben nach gehabt zu haben/ ſie nicht allein ſich
nicht darzu dienen laſſen/ daß er dem H. Geiſt platz gegeben/ dieſelbe in ſeine
ſeele einzutrucken/ auch ſich ſonſt nicht danckbar dagegen bezeuget/ ſondern ſie
auch aus bloß fleiſchlichen abſichten/ indem keine andre bey ſolchem gemuͤth
ſeyn koͤnnen/ mit einer andern/ von dero er eben ſo wenig oder weniger ver-
ſicherung der wahrheit gehabt/ verwechſeit/ alſo in der that mit der religion
ſpott getrieben haͤtte. Welches allerdings eine ſuͤnde iſt/ die wuͤrdig vor
GOtt geachtet werden kan/ einem ſolchen allen geſchmack einer religion ver-
gehen zu laſſen/ und ihn voͤllig in des ſatans ſtricke zu uͤbergeben.
§. XVI. Alſo haben wir beſehen/ wie diejenige/ bey denen einmahl eine
lebendige erkaͤntnuͤß geweſen/ in den Atheiſmum verfallen koͤnnen. Es fra-
get ſich aber/ ob dergleichen ſich auch bey einem menſchen begeben moͤge/ der
einmahl in wahrhafftiger lebendiger erkaͤntnuͤß und glauben geſtanden ſeye?
da zwahr ſcheinen moͤchte/ ſolches waͤre ſo unmuͤglich/ als es unmuͤglich ſchei-
net/ daß einer/ der einmahl mit gutem bedacht die ſonne und ihr liecht ange-
ſehen/ oder des feuers waͤrme gefuͤhlet haͤtte/ darzu kommen koͤnte/ davor zu
halten/ die ſonne haͤtte kein liecht/ und das feuer keine hitze. Jndeſſen iſts
auch eine muͤgliche ſache/ und bezeuget der H. Geiſt/ daß auch diejenige/ die
zu einem hohen grad der erleuchtung gekommen ſind/ doch wieder abfallen/
ihnen ſelbs den ſohn Gottes creutzigen/ und fuͤr ſpott halten. Hebr. 6/ 4. 5. 6.
ſo dann daß die/ welche durch die erkaͤntnuͤß des HErrn und Heylandes Jeſu
Chriſti dem unflath der welt entflohen waren/ wiederum in dieſelbige ge-
flochten werden koͤnnen. 2. Petr. 2/ 20. 21. Zwahr moͤchte man ſagen/ ſie wuͤr-
den deswegen noch nicht Athei, ſondern fielen ſonſt in irrthum und laſter: a-
ber es zeiget der text/ daß ſie ſolche wahrheiten/ die ſie vormahl in goͤttlichem
liecht erkannt/ wieder verliehren: welches da es bey einem alſo auch bey an-
dern geſchehen kan. Ob dann nun der beyfall des von dem H. Geiſt gewirck-
ten glaubens/ indem dieſe wirckung empfindlich waͤhret/ das hertz ſo uͤberzeu-
get/ daß es unmuͤglich anders glauben kan/ wie einer der die ſonne ſihet nicht
zweiflen koͤnte: ſo kan ſich doch der zuſtand aͤndern. Wann es dann auch bey
einem
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |