Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 1. Halle (Saale), 1700.

Bild:
<< vorherige Seite

ARTIC. III. SECTIO IX.
logi gethan) daß dergleichen confirmation wohl eingerichtet an allen orten
möchte eingeführet werden. Das Christ-Fürstl. Briegische ausschreiben/
von Amad. von Friedeleben das ist/ Abraham von Franckenberg/ ei-
nem Schlesischen edelmann ediret/ hat viel schöne dinge in sich/ obs wohl
auch mit bedacht gelesen werden muß: es ist aber lang vielen unsers ordens ein
dorn im auge gewesen/ und weil es von einem reformirten Fürsten ausgegan-
gen/ verworffen worden: Jch habe aber darinnen viel göttliche wahrheiten
erkannt/ und bin in vielen kräfftig überzeuget worden/ wann ich die gemeine
der leute praxin dagegen halte/ daß es einmahl ins gemein mit der leute
Christenthum so beschaffen seye/ wie es darinnen beschrieben wird: hinge-
gen wie der Herr Herr ein mehrers von allen/ und auch von uns/ die wir an-
dere anweisen sollen/ erfordere. Ach daß er uns auch die weißheit/ wie alles
solches zu werck am füglichsten zurichten seye/ und krafft solches auch zuthun/
verleyhe. Privat-ermahnungen und häußliche besuchungen anlangende/
sind derselben unterschiedliche arten: einige geschehen besonderer ursachen
wegen/ wo nehmlich ein prediger/ sonderlich beichtvater von einer person
oder gantzer haußhaltung weiß/ daß es damit nicht beschaffen/ wie es solte/
und er sie nicht so wohl zu sich fordern/ als die erinnerung lieber selbst bey
ihnen thun will. Was nun diese anlangt/ wird es so grosse difficultät da-
mit nicht haben/ noch leicht jemand seyn/ der solche macht dem prediger dispu-
ti
rte/ ohne daß die jenige/ welche den zuspruch leiden sollen/ sich offt darüber
mißvergnügt bezeugen. Was aber die jenige besuchungen anlangt/ welche
sonst um der gemeinen erbauung willen geschehen/ hat es mehr bedencken/
und ist deßwegen auch grössere vorsichtigkeit nöthig. Jch rathe allezeit/ daß
ein prediger zufodersten acht gebe/ was er in seiner gemeinde bald vor die beste
seelen/ und die am meisten das wort des Herrn lieben/ und sich der gottselig-
keit befleissen wollen/ erkennen kan: um alsdenn auff mittel und wege zu
dencken/ daß sie entweder auff veranlassung selbst weiter kundschafft mit ihm
suchen/ oder wie er sich bekant zumachen gelegenheit findet. Wo er nun zu
einer kundschafft gekommen/ so wünsche ich/ daß so viel er kan/ und es ohne
andern bösen schein geschehen mag/ er auch mit dero guten willen sie besuche/
und sie hinwiederumb ihn: aber daß solche visiten allemahl zu einer gelegen-
heit gebraucht werden/ sich mit einander in dem Herrn zu ermuntern und zu
erbauen. Wo man nun nur mit etlichen wenigen in einer solchen Christli-
chen familiarität stehet/ und sich dergleichen klüglich gebrauchet/ gibt GOtt
immer gnade/ daß mehrere nach und nach eben dasselbe suchen/ und in weni-

ger
L l l l 3

ARTIC. III. SECTIO IX.
logi gethan) daß dergleichen confirmation wohl eingerichtet an allen orten
moͤchte eingefuͤhret werden. Das Chriſt-Fuͤrſtl. Briegiſche ausſchreiben/
von Amad. von Friedeleben das iſt/ Abraham von Franckenberg/ ei-
nem Schleſiſchen edelmann ediret/ hat viel ſchoͤne dinge in ſich/ obs wohl
auch mit bedacht geleſen werden muß: es iſt aber lang vielen unſers ordens ein
dorn im auge geweſen/ und weil es von einem reformirten Fuͤrſten ausgegan-
gen/ verworffen worden: Jch habe aber darinnen viel goͤttliche wahrheiten
erkannt/ und bin in vielen kraͤfftig uͤberzeuget worden/ wann ich die gemeine
der leute praxin dagegen halte/ daß es einmahl ins gemein mit der leute
Chriſtenthum ſo beſchaffen ſeye/ wie es darinnen beſchrieben wird: hinge-
gen wie der Herr Herr ein mehrers von allen/ und auch von uns/ die wir an-
dere anweiſen ſollen/ erfordere. Ach daß er uns auch die weißheit/ wie alles
ſolches zu werck am fuͤglichſten zurichten ſeye/ und krafft ſolches auch zuthun/
verleyhe. Privat-ermahnungen und haͤußliche beſuchungen anlangende/
ſind derſelben unterſchiedliche arten: einige geſchehen beſonderer urſachen
wegen/ wo nehmlich ein prediger/ ſonderlich beichtvater von einer perſon
oder gantzer haußhaltung weiß/ daß es damit nicht beſchaffen/ wie es ſolte/
und er ſie nicht ſo wohl zu ſich fordern/ als die erinnerung lieber ſelbſt bey
ihnen thun will. Was nun dieſe anlangt/ wird es ſo groſſe difficultaͤt da-
mit nicht haben/ noch leicht jemand ſeyn/ der ſolche macht dem prediger diſpu-
ti
rte/ ohne daß die jenige/ welche den zuſpruch leiden ſollen/ ſich offt daruͤber
mißvergnuͤgt bezeugen. Was aber die jenige beſuchungen anlangt/ welche
ſonſt um der gemeinen erbauung willen geſchehen/ hat es mehr bedencken/
und iſt deßwegen auch groͤſſere vorſichtigkeit noͤthig. Jch rathe allezeit/ daß
ein prediger zufoderſten acht gebe/ was er in ſeiner gemeinde bald vor die beſte
ſeelen/ und die am meiſten das wort des Herrn lieben/ und ſich der gottſelig-
keit befleiſſen wollen/ erkennen kan: um alsdenn auff mittel und wege zu
dencken/ daß ſie entweder auff veranlaſſung ſelbſt weiter kundſchafft mit ihm
ſuchen/ oder wie er ſich bekant zumachen gelegenheit findet. Wo er nun zu
einer kundſchafft gekommen/ ſo wuͤnſche ich/ daß ſo viel er kan/ und es ohne
andern boͤſen ſchein geſchehen mag/ er auch mit dero guten willen ſie beſuche/
und ſie hinwiederumb ihn: aber daß ſolche viſiten allemahl zu einer gelegen-
heit gebraucht werden/ ſich mit einander in dem Herrn zu ermuntern und zu
erbauen. Wo man nun nur mit etlichen wenigen in einer ſolchen Chriſtli-
chen familiaritaͤt ſtehet/ und ſich dergleichen kluͤglich gebrauchet/ gibt GOtt
immer gnade/ daß mehrere nach und nach eben daſſelbe ſuchen/ und in weni-

ger
L l l l 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0653" n="637"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#b"><hi rendition="#g">ARTIC</hi>. III. <hi rendition="#g">SECTIO</hi> IX.</hi></hi></fw><lb/><hi rendition="#aq">logi</hi> gethan) daß dergleichen <hi rendition="#aq">confirmation</hi> wohl eingerichtet an allen orten<lb/>
mo&#x0364;chte eingefu&#x0364;hret werden. Das Chri&#x017F;t-Fu&#x0364;r&#x017F;tl. Briegi&#x017F;che aus&#x017F;chreiben/<lb/>
von <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Amad</hi>.</hi> <hi rendition="#fr">von Friedeleben</hi> das i&#x017F;t/ <hi rendition="#fr">Abraham von Franckenberg/</hi> ei-<lb/>
nem Schle&#x017F;i&#x017F;chen edelmann <hi rendition="#aq">edi</hi>ret/ hat viel &#x017F;cho&#x0364;ne dinge in &#x017F;ich/ obs wohl<lb/>
auch mit bedacht gele&#x017F;en werden muß: es i&#x017F;t aber lang vielen un&#x017F;ers ordens ein<lb/>
dorn im auge gewe&#x017F;en/ und weil es von einem reformirten Fu&#x0364;r&#x017F;ten ausgegan-<lb/>
gen/ verworffen worden: Jch habe aber darinnen viel go&#x0364;ttliche wahrheiten<lb/>
erkannt/ und bin in vielen kra&#x0364;fftig u&#x0364;berzeuget worden/ wann ich die gemeine<lb/>
der leute <hi rendition="#aq">praxin</hi> dagegen halte/ daß es einmahl ins gemein mit der leute<lb/>
Chri&#x017F;tenthum &#x017F;o be&#x017F;chaffen &#x017F;eye/ wie es darinnen be&#x017F;chrieben wird: hinge-<lb/>
gen wie der Herr Herr ein mehrers von allen/ und auch von uns/ die wir an-<lb/>
dere anwei&#x017F;en &#x017F;ollen/ erfordere. Ach daß er uns auch die weißheit/ wie alles<lb/>
&#x017F;olches zu werck am fu&#x0364;glich&#x017F;ten zurichten &#x017F;eye/ und krafft &#x017F;olches auch zuthun/<lb/>
verleyhe. <hi rendition="#aq">Privat-</hi>ermahnungen und ha&#x0364;ußliche be&#x017F;uchungen anlangende/<lb/>
&#x017F;ind der&#x017F;elben unter&#x017F;chiedliche arten: einige ge&#x017F;chehen be&#x017F;onderer ur&#x017F;achen<lb/>
wegen/ wo nehmlich ein prediger/ &#x017F;onderlich beichtvater von einer per&#x017F;on<lb/>
oder gantzer haußhaltung weiß/ daß es damit nicht be&#x017F;chaffen/ wie es &#x017F;olte/<lb/>
und er &#x017F;ie nicht &#x017F;o wohl zu &#x017F;ich fordern/ als die erinnerung lieber &#x017F;elb&#x017F;t bey<lb/>
ihnen thun will. Was nun die&#x017F;e anlangt/ wird es &#x017F;o gro&#x017F;&#x017F;e <hi rendition="#aq">difficul</hi>ta&#x0364;t da-<lb/>
mit nicht haben/ noch leicht jemand &#x017F;eyn/ der &#x017F;olche macht dem prediger <hi rendition="#aq">di&#x017F;pu-<lb/>
ti</hi>rte/ ohne daß die jenige/ welche den zu&#x017F;pruch leiden &#x017F;ollen/ &#x017F;ich offt daru&#x0364;ber<lb/>
mißvergnu&#x0364;gt bezeugen. Was aber die jenige be&#x017F;uchungen anlangt/ welche<lb/>
&#x017F;on&#x017F;t um der gemeinen erbauung willen ge&#x017F;chehen/ hat es mehr bedencken/<lb/>
und i&#x017F;t deßwegen auch gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;ere vor&#x017F;ichtigkeit no&#x0364;thig. Jch rathe allezeit/ daß<lb/>
ein prediger zufoder&#x017F;ten acht gebe/ was er in &#x017F;einer gemeinde bald vor die be&#x017F;te<lb/>
&#x017F;eelen/ und die am mei&#x017F;ten das wort des Herrn lieben/ und &#x017F;ich der gott&#x017F;elig-<lb/>
keit beflei&#x017F;&#x017F;en wollen/ erkennen kan: um alsdenn auff mittel und wege zu<lb/>
dencken/ daß &#x017F;ie entweder auff veranla&#x017F;&#x017F;ung &#x017F;elb&#x017F;t weiter kund&#x017F;chafft mit ihm<lb/>
&#x017F;uchen/ oder wie er &#x017F;ich bekant zumachen gelegenheit findet. Wo er nun zu<lb/>
einer kund&#x017F;chafft gekommen/ &#x017F;o wu&#x0364;n&#x017F;che ich/ daß &#x017F;o viel er kan/ und es ohne<lb/>
andern bo&#x0364;&#x017F;en &#x017F;chein ge&#x017F;chehen mag/ er auch mit dero guten willen &#x017F;ie be&#x017F;uche/<lb/>
und &#x017F;ie hinwiederumb ihn: aber daß &#x017F;olche <hi rendition="#aq">vi&#x017F;i</hi>ten allemahl zu einer gelegen-<lb/>
heit gebraucht werden/ &#x017F;ich mit einander in dem Herrn zu ermuntern und zu<lb/>
erbauen. Wo man nun nur mit etlichen wenigen in einer &#x017F;olchen Chri&#x017F;tli-<lb/>
chen <hi rendition="#aq">familiari</hi>ta&#x0364;t &#x017F;tehet/ und &#x017F;ich dergleichen klu&#x0364;glich gebrauchet/ gibt GOtt<lb/>
immer gnade/ daß mehrere nach und nach eben da&#x017F;&#x017F;elbe &#x017F;uchen/ und in weni-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">L l l l 3</fw><fw place="bottom" type="catch">ger</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[637/0653] ARTIC. III. SECTIO IX. logi gethan) daß dergleichen confirmation wohl eingerichtet an allen orten moͤchte eingefuͤhret werden. Das Chriſt-Fuͤrſtl. Briegiſche ausſchreiben/ von Amad. von Friedeleben das iſt/ Abraham von Franckenberg/ ei- nem Schleſiſchen edelmann ediret/ hat viel ſchoͤne dinge in ſich/ obs wohl auch mit bedacht geleſen werden muß: es iſt aber lang vielen unſers ordens ein dorn im auge geweſen/ und weil es von einem reformirten Fuͤrſten ausgegan- gen/ verworffen worden: Jch habe aber darinnen viel goͤttliche wahrheiten erkannt/ und bin in vielen kraͤfftig uͤberzeuget worden/ wann ich die gemeine der leute praxin dagegen halte/ daß es einmahl ins gemein mit der leute Chriſtenthum ſo beſchaffen ſeye/ wie es darinnen beſchrieben wird: hinge- gen wie der Herr Herr ein mehrers von allen/ und auch von uns/ die wir an- dere anweiſen ſollen/ erfordere. Ach daß er uns auch die weißheit/ wie alles ſolches zu werck am fuͤglichſten zurichten ſeye/ und krafft ſolches auch zuthun/ verleyhe. Privat-ermahnungen und haͤußliche beſuchungen anlangende/ ſind derſelben unterſchiedliche arten: einige geſchehen beſonderer urſachen wegen/ wo nehmlich ein prediger/ ſonderlich beichtvater von einer perſon oder gantzer haußhaltung weiß/ daß es damit nicht beſchaffen/ wie es ſolte/ und er ſie nicht ſo wohl zu ſich fordern/ als die erinnerung lieber ſelbſt bey ihnen thun will. Was nun dieſe anlangt/ wird es ſo groſſe difficultaͤt da- mit nicht haben/ noch leicht jemand ſeyn/ der ſolche macht dem prediger diſpu- tirte/ ohne daß die jenige/ welche den zuſpruch leiden ſollen/ ſich offt daruͤber mißvergnuͤgt bezeugen. Was aber die jenige beſuchungen anlangt/ welche ſonſt um der gemeinen erbauung willen geſchehen/ hat es mehr bedencken/ und iſt deßwegen auch groͤſſere vorſichtigkeit noͤthig. Jch rathe allezeit/ daß ein prediger zufoderſten acht gebe/ was er in ſeiner gemeinde bald vor die beſte ſeelen/ und die am meiſten das wort des Herrn lieben/ und ſich der gottſelig- keit befleiſſen wollen/ erkennen kan: um alsdenn auff mittel und wege zu dencken/ daß ſie entweder auff veranlaſſung ſelbſt weiter kundſchafft mit ihm ſuchen/ oder wie er ſich bekant zumachen gelegenheit findet. Wo er nun zu einer kundſchafft gekommen/ ſo wuͤnſche ich/ daß ſo viel er kan/ und es ohne andern boͤſen ſchein geſchehen mag/ er auch mit dero guten willen ſie beſuche/ und ſie hinwiederumb ihn: aber daß ſolche viſiten allemahl zu einer gelegen- heit gebraucht werden/ ſich mit einander in dem Herrn zu ermuntern und zu erbauen. Wo man nun nur mit etlichen wenigen in einer ſolchen Chriſtli- chen familiaritaͤt ſtehet/ und ſich dergleichen kluͤglich gebrauchet/ gibt GOtt immer gnade/ daß mehrere nach und nach eben daſſelbe ſuchen/ und in weni- ger L l l l 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken01_1700
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken01_1700/653
Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 1. Halle (Saale), 1700, S. 637. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken01_1700/653>, abgerufen am 26.11.2024.