Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 1. Halle (Saale), 1700.ARTIC. II. SECTIO XX. u. dadurch an vielem guten gehindert werden/ von grund der seelen dauren u.wünschte wol innigl. wie ihnen zu einer ruhigern subsistenz geholffen werden könte/ dazu zwahr noch kein mittel anscheinen sehe: indeßen sehe es doch nicht an/ daß bloßer dinges/ wo im übrigen göttlicher wille ziemlich hervorleuch- tete/ dieses einige impediment vor wichtig gnug zu achten wäre zurücke zu gehen: Sondern da wir uns nicht aus eigenem willen und aus begierde des reichthums hineinstecken/ sondern aus noth und allgemeinen mangel beßerer anstalten dazu gebracht werden/ und es also als eine dienstbarkeit anzusehen haben/ dero wir wider willen unterworffen werden/ und mit seuffzen es an- ders verlangten/ trage ich das vertrauen zu GOtt/ er werde einem/ der ihm hertzlich zu dienen verlangt/ so viel krafft und gnade verleihen/ daß ihm solche mehrere zerstreuung und geschäfften gleichwol keine hindernüß am amt und Christenthum setzen/ sondern durch die übung vieler gedult und andern Christlichen tugenden einigen nutzen schaffen sollen. So höre auch/ wo eine der haußhaltung verständige und fleißigehauß mutter seye/ daß auf dieselbe die meiste last jener sorge geleget/ u. die übrige zeit zu dem amt dem mann noch übrig behalten werden könne. Stünde auch dahin/ wo jene gemeinde ihn hertz- lich lieb gewänne/ und bey ihnen ein rechtschaffener grund des guten geleget würde/ ob sie nicht solchen falls alsdann dazu zu bewegen wäre/ daß sie selbs auf eine und andre art ihrer pfarrer solche last zu erleichtern oder abzuneh- men suchen würden. Was 5. anlangt die andre person/ welche mit in vorschlag kommen dörff- noch
ARTIC. II. SECTIO XX. u. dadurch an vielem guten gehindeꝛt weꝛden/ von gꝛund der ſeelen dauren u.wuͤnſchte wol innigl. wie ihnen zu eineꝛ ruhigern ſubſiſtenz geholffen werden koͤnte/ dazu zwahr noch kein mittel anſcheinen ſehe: indeßen ſehe es doch nicht an/ daß bloßer dinges/ wo im uͤbrigen goͤttlicher wille ziemlich hervorleuch- tete/ dieſes einige impediment vor wichtig gnug zu achten waͤre zuruͤcke zu gehen: Sondern da wir uns nicht aus eigenem willen und aus begierde des reichthums hineinſtecken/ ſondern aus noth und allgemeinen mangel beßerer anſtalten dazu gebracht werden/ und es alſo als eine dienſtbarkeit anzuſehen haben/ dero wir wider willen unterworffen werden/ und mit ſeuffzen es an- ders verlangten/ trage ich das vertrauen zu GOtt/ er werde einem/ der ihm hertzlich zu dienen verlangt/ ſo viel krafft und gnade verleihen/ daß ihm ſolche mehrere zerſtreuung und geſchaͤfften gleichwol keine hindernuͤß am amt und Chriſtenthum ſetzen/ ſondern durch die uͤbung vieler gedult und andern Chriſtlichen tugenden einigen nutzen ſchaffen ſollen. So hoͤre auch/ wo eine der haußhaltung verſtaͤndige und fleißigehauß mutter ſeye/ daß auf dieſelbe die meiſte laſt jener ſorge geleget/ u. die uͤbrige zeit zu dem amt dem mann noch uͤbrig behalten werden koͤnne. Stuͤnde auch dahin/ wo jene gemeinde ihn hertz- lich lieb gewaͤnne/ und bey ihnen ein rechtſchaffener grund des guten geleget wuͤrde/ ob ſie nicht ſolchen falls alsdann dazu zu bewegen waͤre/ daß ſie ſelbs auf eine und andre art ihrer pfarrer ſolche laſt zu erleichtern oder abzuneh- men ſuchen wuͤrden. Was 5. anlangt die andre perſon/ welche mit in vorſchlag kommen doͤrff- noch
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ARTIC. II. SECTIO XX.
u. dadurch an vielem guten gehindeꝛt weꝛden/ von gꝛund der ſeelen dauren u.
wuͤnſchte wol innigl. wie ihnen zu eineꝛ ruhigern ſubſiſtenz geholffen werden
koͤnte/ dazu zwahr noch kein mittel anſcheinen ſehe: indeßen ſehe es doch nicht
an/ daß bloßer dinges/ wo im uͤbrigen goͤttlicher wille ziemlich hervorleuch-
tete/ dieſes einige impediment vor wichtig gnug zu achten waͤre zuruͤcke zu
gehen: Sondern da wir uns nicht aus eigenem willen und aus begierde des
reichthums hineinſtecken/ ſondern aus noth und allgemeinen mangel beßerer
anſtalten dazu gebracht werden/ und es alſo als eine dienſtbarkeit anzuſehen
haben/ dero wir wider willen unterworffen werden/ und mit ſeuffzen es an-
ders verlangten/ trage ich das vertrauen zu GOtt/ er werde einem/ der ihm
hertzlich zu dienen verlangt/ ſo viel krafft und gnade verleihen/ daß ihm ſolche
mehrere zerſtreuung und geſchaͤfften gleichwol keine hindernuͤß am amt und
Chriſtenthum ſetzen/ ſondern durch die uͤbung vieler gedult und andern
Chriſtlichen tugenden einigen nutzen ſchaffen ſollen. So hoͤre auch/ wo eine
der haußhaltung verſtaͤndige und fleißigehauß mutter ſeye/ daß auf dieſelbe
die meiſte laſt jener ſorge geleget/ u. die uͤbrige zeit zu dem amt dem mann noch
uͤbrig behalten werden koͤnne. Stuͤnde auch dahin/ wo jene gemeinde ihn hertz-
lich lieb gewaͤnne/ und bey ihnen ein rechtſchaffener grund des guten geleget
wuͤrde/ ob ſie nicht ſolchen falls alsdann dazu zu bewegen waͤre/ daß ſie ſelbs
auf eine und andre art ihrer pfarrer ſolche laſt zu erleichtern oder abzuneh-
men ſuchen wuͤrden.
Was 5. anlangt die andre perſon/ welche mit in vorſchlag kommen doͤrff-
te/ bey einer oder andern gemeinde ferner befoͤrdert zu werden/ ſo ſehe ichs
alſo an/ daß die maͤngel derſelben nach dem uͤberſchriebenen nicht ſo bewandt/
daß nicht hoffnung waͤre/ je laͤnger je mehr der gemeinde GOttes mit nutzen
dienen zu koͤnnen (denn wenn ſolches nicht waͤre/ lieſſe ſichfreylich nicht ſchwei-
gen) ſonderlich nach dem geliebter bruder meldet/ daß das gemuͤth an ſich
gut ſeye/ und ſich alſo auch ſagen laſſen wuͤrde. Bey ſolcher bewandnuͤß nun
hielte davor geliebter bruder arbeitete ſeither bruͤderlich mit freundlichem er-
innern an ihm/ und ſehe/ wie viel er in GOttes ſegen bey ihm ausrichtete.
Kaͤme es alsdenn zu dem fall/ ſo haͤtte er ſeine maaß darnach zu nehmen/ ob
jemand anders tuͤchtigers in vorſchlag mit kaͤme/ oder nicht; waͤre jenes/ ſo
waͤre billich der Collator insgeheim zu benachrichtigen/ was von dem Can-
didato bekant/ um alsdenn zu urtheilen/ mit welches vocation er ſich am we-
nigſten verſuͤndigen wuͤrde/ oder ſolches foͤrchten muͤſſe: waͤre aber das an-
dre/ ſo wuͤrde ſeiner geſchohnet/ es waͤre denn ſache/ daß es ſolche dinge waͤ-
ren/ die dem Collatori zu wiſſen nothwendig/ damit er auch an ihm etwas
beſſerte. Auff dieſe art hielte ich davor/ daß das gewiſſen am beſten zu ſalvi-
ren waͤre/ und die liebe am wenigſten auff eine oder andre ſeite verletzet wer-
den wuͤrde. So wuͤrde auch dieſes dem jenigen/ bey dem die tuͤchtigkeit
noch
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Zitationshilfe: | Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 1. Halle (Saale), 1700, S. 559. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken01_1700/575>, abgerufen am 16.02.2025. |