Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 1. Halle (Saale), 1700.

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ARTIC. II. SECTIO XVII.

se/ so hielte ich/ daß man bey Hr. Cajo vornemlich um dieser ursach willen zu
bleiben hätte/ weil GOtt denselben ihnen erstmahls und vor Hr. Titio gezei-
get/ ja die gemüther sonderbar zusammen geneiget/ weil auch die dazwischen
gekommene hindernüssen von der importanz nicht sind/ sonderlich nach dem
einige punct selbs gefallen/ daß um derselbigen die affection von ihm abzu-
wenden wäre/ weil auch die gemeinde ihn gehört/ und von seinen gaben ein
hertzliches vergnügen gehabt/ auch ihn zu erlangen freude bezeuget hat. 2.
Wofern aber/ wie meiner Hochg. Herren schreiben deutlich bezeuget/ einige
factiones zu besorgen wären/ und welches sie selbs besser in gegenwart und
ihrer eigenen prüfung als ich in abwesenheit erkennen können/ daß der über
Hr. Cajum entstandene unwillen nicht genugsam aus einigen gemüthern wie-
derum gebracht/ und also ein beständiger grund einer daurhafften einigkeit
bey ihnen geleget/ und erhalten werden könte/ sondern dermahleins/ weil es
sich bey dem anfang etwas gestossen/ daß einmahl der unwillen mit schaden
der gemeinde ausbrechen dörffte/ vernünfftige ursach überbliebe/ so würde
nicht nur allein Hr. Cajus selbs nicht verlangen tragen/ einer zum theil wi-
drigen gemeinde sich gleichsam auffnöthigen zu lassen/ vielmehr göttliche di-
rection darinnen erkennen/ sondern es hätte die gemeinde selbs auch diejeni-
gen so sonsten nach diesem eine begierde gehabt/ davor zu achten/ daß der Herr
ihnen selbs Herr Titium zum friedens-mann zeige/ und als viel wir erkennen
können/ zu ihrem seelsorger verordnet/ daher alles vorige also geschehen habe
lassen/ damit sie denjenigen erlangen möchten/ welchen er ihnen selbs bestim-
met/ an den sie erstlich nicht gedacht/ und derselbe selbs da anfangs ihme eini-
ge apertur solcher vacanz geschehen/ keine sonderbare gemüths-neigung dazu
bey sich gefunden hatte. Wo sie alsdann so viel williger die sache zur rich-
tigkeit zu bringen/ und bey nebens sich zu versichern hätten/ daß sie an demsel-
bigen einen treumeinenden und seine empfangene gaben in hertzlicher furcht
des HErrn nach seinen gemüths- und leibes-kräfften zu dem dienst der kir-
chen gehorsamlich auffopfferenden und exemplarischen seelen-hirten erlan-
gen/ auch zu der annehmung einer offerirenden vocation, als viel er sich in ei-
nem schreiben auff befragen heraus gelassen/ nicht ungeneigt finden werden.
Daher es meinem einfältigen absehen nach jetzo meistens/ so viel menschen da-
bey thun mögen/ daran liget/ daß sie die beschaffenheit der gemüther recht
einsehen/ und sich gegeneinander/ nach dem sie ohnedas nicht so viele sind/ of-
fenhertzig als vor GOtt expectoriren/ zu erkennen/ was vornemlich ihrer
kirchen ruhestand das vorträglichste seye/ unter diesen beyden sonsten zu der
erbauung tüchtigen Candidaten. Dieses ist also mein Christl. bedencken/ so
gut ich die sache in der forcht des HERRR überlegende habe finden können/
welches auff meine bereitwilligkeit gegen derselben kirche und dero tranquil-

li-

Z z z 2

ARTIC. II. SECTIO XVII.

ſe/ ſo hielte ich/ daß man bey Hr. Cajo vornemlich um dieſer urſach willen zu
bleiben haͤtte/ weil GOtt denſelben ihnen erſtmahls und vor Hr. Titio gezei-
get/ ja die gemuͤther ſonderbar zuſammen geneiget/ weil auch die dazwiſchen
gekommene hindernuͤſſen von der importanz nicht ſind/ ſonderlich nach dem
einige punct ſelbs gefallen/ daß um derſelbigen die affection von ihm abzu-
wenden waͤre/ weil auch die gemeinde ihn gehoͤrt/ und von ſeinen gaben ein
hertzliches vergnuͤgen gehabt/ auch ihn zu erlangen freude bezeuget hat. 2.
Wofern aber/ wie meiner Hochg. Herren ſchreiben deutlich bezeuget/ einige
factiones zu beſorgen waͤren/ und welches ſie ſelbs beſſer in gegenwart und
ihrer eigenen pruͤfung als ich in abweſenheit erkennen koͤnnen/ daß der uͤber
Hr. Cajum entſtandene unwillen nicht genugſam aus einigen gemuͤthern wie-
derum gebracht/ und alſo ein beſtaͤndiger grund einer daurhafften einigkeit
bey ihnen geleget/ und erhalten werden koͤnte/ ſondern dermahleins/ weil es
ſich bey dem anfang etwas geſtoſſen/ daß einmahl der unwillen mit ſchaden
der gemeinde ausbrechen doͤrffte/ vernuͤnfftige urſach uͤberbliebe/ ſo wuͤrde
nicht nur allein Hr. Cajus ſelbs nicht verlangen tragen/ einer zum theil wi-
drigen gemeinde ſich gleichſam auffnoͤthigen zu laſſen/ vielmehr goͤttliche di-
rection darinnen erkennen/ ſondern es haͤtte die gemeinde ſelbs auch diejeni-
gen ſo ſonſten nach dieſem eine begierde gehabt/ davor zu achten/ daß der Herr
ihnen ſelbs Herr Titium zum friedens-mann zeige/ und als viel wir erkennen
koͤnnen/ zu ihrem ſeelſorger verordnet/ daher alles vorige alſo geſchehen habe
laſſen/ damit ſie denjenigen erlangen moͤchten/ welchen er ihnen ſelbs beſtim-
met/ an den ſie erſtlich nicht gedacht/ und derſelbe ſelbs da anfangs ihme eini-
ge apertur ſolcher vacanz geſchehen/ keine ſonderbare gemuͤths-neigung dazu
bey ſich gefunden hatte. Wo ſie alsdann ſo viel williger die ſache zur rich-
tigkeit zu bringen/ und bey nebens ſich zu verſichern haͤtten/ daß ſie an demſel-
bigen einen treumeinenden und ſeine empfangene gaben in hertzlicher furcht
des HErrn nach ſeinen gemuͤths- und leibes-kraͤfften zu dem dienſt der kir-
chen gehorſamlich auffopfferenden und exemplariſchen ſeelen-hirten erlan-
gen/ auch zu der annehmung einer offerirenden vocation, als viel er ſich in ei-
nem ſchreiben auff befragen heraus gelaſſen/ nicht ungeneigt finden werden.
Daher es meinem einfaͤltigen abſehen nach jetzo meiſtens/ ſo viel menſchen da-
bey thun moͤgen/ daran liget/ daß ſie die beſchaffenheit der gemuͤther recht
einſehen/ und ſich gegeneinander/ nach dem ſie ohnedas nicht ſo viele ſind/ of-
fenhertzig als vor GOtt expectoriren/ zu erkennen/ was vornemlich ihrer
kirchen ruheſtand das vortraͤglichſte ſeye/ unter dieſen beyden ſonſten zu der
erbauung tuͤchtigen Candidaten. Dieſes iſt alſo mein Chriſtl. bedencken/ ſo
gut ich die ſache in der forcht des HERRR uͤberlegende habe finden koͤnnen/
welches auff meine bereitwilligkeit gegen derſelben kirche und dero tranquil-

li-

Z z z 2

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[547/0563] ARTIC. II. SECTIO XVII. ſe/ ſo hielte ich/ daß man bey Hr. Cajo vornemlich um dieſer urſach willen zu bleiben haͤtte/ weil GOtt denſelben ihnen erſtmahls und vor Hr. Titio gezei- get/ ja die gemuͤther ſonderbar zuſammen geneiget/ weil auch die dazwiſchen gekommene hindernuͤſſen von der importanz nicht ſind/ ſonderlich nach dem einige punct ſelbs gefallen/ daß um derſelbigen die affection von ihm abzu- wenden waͤre/ weil auch die gemeinde ihn gehoͤrt/ und von ſeinen gaben ein hertzliches vergnuͤgen gehabt/ auch ihn zu erlangen freude bezeuget hat. 2. Wofern aber/ wie meiner Hochg. Herren ſchreiben deutlich bezeuget/ einige factiones zu beſorgen waͤren/ und welches ſie ſelbs beſſer in gegenwart und ihrer eigenen pruͤfung als ich in abweſenheit erkennen koͤnnen/ daß der uͤber Hr. Cajum entſtandene unwillen nicht genugſam aus einigen gemuͤthern wie- derum gebracht/ und alſo ein beſtaͤndiger grund einer daurhafften einigkeit bey ihnen geleget/ und erhalten werden koͤnte/ ſondern dermahleins/ weil es ſich bey dem anfang etwas geſtoſſen/ daß einmahl der unwillen mit ſchaden der gemeinde ausbrechen doͤrffte/ vernuͤnfftige urſach uͤberbliebe/ ſo wuͤrde nicht nur allein Hr. Cajus ſelbs nicht verlangen tragen/ einer zum theil wi- drigen gemeinde ſich gleichſam auffnoͤthigen zu laſſen/ vielmehr goͤttliche di- rection darinnen erkennen/ ſondern es haͤtte die gemeinde ſelbs auch diejeni- gen ſo ſonſten nach dieſem eine begierde gehabt/ davor zu achten/ daß der Herr ihnen ſelbs Herr Titium zum friedens-mann zeige/ und als viel wir erkennen koͤnnen/ zu ihrem ſeelſorger verordnet/ daher alles vorige alſo geſchehen habe laſſen/ damit ſie denjenigen erlangen moͤchten/ welchen er ihnen ſelbs beſtim- met/ an den ſie erſtlich nicht gedacht/ und derſelbe ſelbs da anfangs ihme eini- ge apertur ſolcher vacanz geſchehen/ keine ſonderbare gemuͤths-neigung dazu bey ſich gefunden hatte. Wo ſie alsdann ſo viel williger die ſache zur rich- tigkeit zu bringen/ und bey nebens ſich zu verſichern haͤtten/ daß ſie an demſel- bigen einen treumeinenden und ſeine empfangene gaben in hertzlicher furcht des HErrn nach ſeinen gemuͤths- und leibes-kraͤfften zu dem dienſt der kir- chen gehorſamlich auffopfferenden und exemplariſchen ſeelen-hirten erlan- gen/ auch zu der annehmung einer offerirenden vocation, als viel er ſich in ei- nem ſchreiben auff befragen heraus gelaſſen/ nicht ungeneigt finden werden. Daher es meinem einfaͤltigen abſehen nach jetzo meiſtens/ ſo viel menſchen da- bey thun moͤgen/ daran liget/ daß ſie die beſchaffenheit der gemuͤther recht einſehen/ und ſich gegeneinander/ nach dem ſie ohnedas nicht ſo viele ſind/ of- fenhertzig als vor GOtt expectoriren/ zu erkennen/ was vornemlich ihrer kirchen ruheſtand das vortraͤglichſte ſeye/ unter dieſen beyden ſonſten zu der erbauung tuͤchtigen Candidaten. Dieſes iſt alſo mein Chriſtl. bedencken/ ſo gut ich die ſache in der forcht des HERRR uͤberlegende habe finden koͤnnen/ welches auff meine bereitwilligkeit gegen derſelben kirche und dero tranquil- li- Z z z 2

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Zitationshilfe:	Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 1. Halle (Saale), 1700, S. 547. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken01_1700/563>, abgerufen am 22.11.2024.

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