Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 1. Halle (Saale), 1700.Das andere Capitel. bestehenden auditorio auff ein anders/ in welchem so viele unwissende und inallen stücken eines dergleichen mannes/ wie S. Hochfl. Durchl. ihren Hoff- prediger zu seyn erkennen/ nöthiger haben/ deßwegen auch hochgedachte S. Durchl. viel leichter wiederum ihre stell mit jemand/ so dazu in solchen um- ständen gnugsam/ ersetzen/ als jene gemeinde jemanden/ welcher ihr würdig- lich vorstehen möge/ finden möchte. Zwahr ist manchmahl dieser scrupel moviret worden/ daß man ja nicht versichert seye/ daß man an dem andern ort mehr ausrichten werde; es antwortet aber hier auff sehr wohl die Theo- logische Facultät zu Jena in einem responso bey Dedekenno Consil. V. I. part. 2. p. 535. Es ist freylich GOtt allein und gewiß bewust/ an welchem ort ein prediger grössern nutzen schaffen werde: aber daraus folget noch lange nicht/ daß ein prediger in vergleichung seiner jetzigen und neuen vocation nicht solte die umstände aller beyder beruff vernünf- tig erwegen/ und in acht nehmen/ wo er verhoffentlich bey der kir- chen grössern nutzen schaffen werde/ dann sonst würde er keine nach- richtung mehr haben/ welchen beruf er dem andern solte vorziehen. Dazu sie noch ferner setzen/ eben aus dem ordentlichen rechtmäßigen beruff habe man guter massen abzunehmen/ an welchem ort man GOtt am meisten werde dienen können. Da auch ein sehr schönes consilium M. Martini Ham- meri gewesten Superintendenten zu Glaucha/ so von der Theologischen Fa- cultät zu Tübingen approbiret worden/ und in Dec. IX. Cons. Bidenbachii zu finden/ dazu angezogen wird. Jch habe zwahr auch selbs in vorigem consi- lio austrücklich bekennet/ daß die blosse vergleichung/ welche gemeinde volck- reicher als die andere seye/ die sache nicht ausmache/ und auch zuweilen der bey einer geringern aber sehr getruckten/ und gerade eines solchen mannes bedörfftigen/ gemeinde vor augen ligende nutzen vorzuziehen seyn mag/ der hoffnung einer volckreichen gemeinde/ welche aber frey und gar leicht jemand der gnugsame gaben habe/ erlangen könte/ und was dergleichen bemerckun- gen mehr gewesen. Jndessen bleibet doch die regel/ daß bey mehrern auch mehr auszurichten gehoffet werden könne/ und finde ich hingegen nicht eini- gen umstand in vergleichung beyderseits gemeinden/ dre wie es in andern exempeln geschehen mag/ eine exception machte. Daß also nach erwegung alles desjenigen/ was uns einigerley massen von einem göttlichen beruff ge- wiß machen kan/ nicht anders in meinem gewissen zu urtheilen vermag/ als es seye dieser beruff ein untadelhaffter göttlicher beruff. Die zweite Frag: Nachdem nun die erste frage ausgemacht ist/ so findet die andere aus e- chen
Das andere Capitel. beſtehenden auditorio auff ein anders/ in welchem ſo viele unwiſſende und inallen ſtuͤcken eines dergleichen mannes/ wie S. Hochfl. Durchl. ihren Hoff- prediger zu ſeyn erkennen/ noͤthiger haben/ deßwegen auch hochgedachte S. Durchl. viel leichter wiederum ihre ſtell mit jemand/ ſo dazu in ſolchen um- ſtaͤnden gnugſam/ erſetzen/ als jene gemeinde jemanden/ welcher ihr wuͤrdig- lich vorſtehen moͤge/ finden moͤchte. Zwahr iſt manchmahl dieſer ſcrupel moviret worden/ daß man ja nicht verſichert ſeye/ daß man an dem andern ort mehr ausrichten werde; es antwortet aber hier auff ſehr wohl die Theo- logiſche Facultaͤt zu Jena in einem reſponſo bey Dedekenno Conſil. V. I. part. 2. p. 535. Es iſt freylich GOtt allein und gewiß bewuſt/ an welchem ort ein prediger groͤſſern nutzen ſchaffen werde: aber daraus folget noch lange nicht/ daß ein prediger in vergleichung ſeiner jetzigen und neuen vocation nicht ſolte die umſtaͤnde aller beyder beruff vernuͤnf- tig erwegen/ und in acht nehmen/ wo er verhoffentlich bey der kir- chen groͤſſern nutzen ſchaffen werde/ dann ſonſt wuͤrde er keine nach- richtung mehr haben/ welchen beruf er dem andern ſolte vorziehen. Dazu ſie noch ferner ſetzen/ eben aus dem ordentlichen rechtmaͤßigen beruff habe man guter maſſen abzunehmen/ an welchem ort man GOtt am meiſten werde dienen koͤnnen. Da auch ein ſehr ſchoͤnes conſilium M. Martini Ham- meri geweſten Superintendenten zu Glaucha/ ſo von der Theologiſchen Fa- cultaͤt zu Tuͤbingen approbiret worden/ und in Dec. IX. Conſ. Bidenbachii zu finden/ dazu angezogen wird. Jch habe zwahr auch ſelbs in vorigem conſi- lio austruͤcklich bekennet/ daß die bloſſe vergleichung/ welche gemeinde volck- reicher als die andere ſeye/ die ſache nicht ausmache/ und auch zuweilen der bey einer geringern aber ſehr getruckten/ und gerade eines ſolchen mannes bedoͤrfftigen/ gemeinde vor augen ligende nutzen vorzuziehen ſeyn mag/ der hoffnung einer volckreichen gemeinde/ welche aber frey und gar leicht jemand der gnugſame gaben habe/ erlangen koͤnte/ und was dergleichen bemerckun- gen mehr geweſen. Jndeſſen bleibet doch die regel/ daß bey mehrern auch mehr auszurichten gehoffet werden koͤnne/ und finde ich hingegen nicht eini- gen umſtand in vergleichung beyderſeits gemeinden/ dre wie es in andern exempeln geſchehen mag/ eine exception machte. Daß alſo nach erwegung alles desjenigen/ was uns einigerley maſſen von einem goͤttlichen beruff ge- wiß machen kan/ nicht anders in meinem gewiſſen zu urtheilen vermag/ als es ſeye dieſer beruff ein untadelhaffter goͤttlicher beruff. Die zweite Frag: Nachdem nun die erſte frage ausgemacht iſt/ ſo findet die andere aus e- chen
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Das andere Capitel.
beſtehenden auditorio auff ein anders/ in welchem ſo viele unwiſſende und in
allen ſtuͤcken eines dergleichen mannes/ wie S. Hochfl. Durchl. ihren Hoff-
prediger zu ſeyn erkennen/ noͤthiger haben/ deßwegen auch hochgedachte S.
Durchl. viel leichter wiederum ihre ſtell mit jemand/ ſo dazu in ſolchen um-
ſtaͤnden gnugſam/ erſetzen/ als jene gemeinde jemanden/ welcher ihr wuͤrdig-
lich vorſtehen moͤge/ finden moͤchte. Zwahr iſt manchmahl dieſer ſcrupel
moviret worden/ daß man ja nicht verſichert ſeye/ daß man an dem andern
ort mehr ausrichten werde; es antwortet aber hier auff ſehr wohl die Theo-
logiſche Facultaͤt zu Jena in einem reſponſo bey Dedekenno Conſil. V. I. part.
2. p. 535. Es iſt freylich GOtt allein und gewiß bewuſt/ an welchem
ort ein prediger groͤſſern nutzen ſchaffen werde: aber daraus folget
noch lange nicht/ daß ein prediger in vergleichung ſeiner jetzigen und
neuen vocation nicht ſolte die umſtaͤnde aller beyder beruff vernuͤnf-
tig erwegen/ und in acht nehmen/ wo er verhoffentlich bey der kir-
chen groͤſſern nutzen ſchaffen werde/ dann ſonſt wuͤrde er keine nach-
richtung mehr haben/ welchen beruf er dem andern ſolte vorziehen.
Dazu ſie noch ferner ſetzen/ eben aus dem ordentlichen rechtmaͤßigen beruff
habe man guter maſſen abzunehmen/ an welchem ort man GOtt am meiſten
werde dienen koͤnnen. Da auch ein ſehr ſchoͤnes conſilium M. Martini Ham-
meri geweſten Superintendenten zu Glaucha/ ſo von der Theologiſchen Fa-
cultaͤt zu Tuͤbingen approbiret worden/ und in Dec. IX. Conſ. Bidenbachii zu
finden/ dazu angezogen wird. Jch habe zwahr auch ſelbs in vorigem conſi-
lio austruͤcklich bekennet/ daß die bloſſe vergleichung/ welche gemeinde volck-
reicher als die andere ſeye/ die ſache nicht ausmache/ und auch zuweilen der
bey einer geringern aber ſehr getruckten/ und gerade eines ſolchen mannes
bedoͤrfftigen/ gemeinde vor augen ligende nutzen vorzuziehen ſeyn mag/ der
hoffnung einer volckreichen gemeinde/ welche aber frey und gar leicht jemand
der gnugſame gaben habe/ erlangen koͤnte/ und was dergleichen bemerckun-
gen mehr geweſen. Jndeſſen bleibet doch die regel/ daß bey mehrern auch
mehr auszurichten gehoffet werden koͤnne/ und finde ich hingegen nicht eini-
gen umſtand in vergleichung beyderſeits gemeinden/ dre wie es in andern
exempeln geſchehen mag/ eine exception machte. Daß alſo nach erwegung
alles desjenigen/ was uns einigerley maſſen von einem goͤttlichen beruff ge-
wiß machen kan/ nicht anders in meinem gewiſſen zu urtheilen vermag/ als
es ſeye dieſer beruff ein untadelhaffter goͤttlicher beruff.
Die zweite Frag:
Nachdem nun die erſte frage ausgemacht iſt/ ſo findet die andere aus e-
ben ſolchem fundament ihre abhelffliche maaß/ nemlich/ daß S. F. D. ſol-
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