Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 1. Halle (Saale), 1700.Das andere Capitel. welches auch bereits ein nicht geringes momentum gibet/ sich dahin zu wen-den/ wo man am nöthigsten ist. Dieses sind die haupt-rationes, welche ich in solcher art geschäfften/ in Dahero nach aller solcher überlegung mich in meinem gewissen überzeugt auff
Das andere Capitel. welches auch bereits ein nicht geringes momentum gibet/ ſich dahin zu wen-den/ wo man am noͤthigſten iſt. Dieſes ſind die haupt-rationes, welche ich in ſolcher art geſchaͤfften/ in Dahero nach aller ſolcher uͤberlegung mich in meinem gewiſſen uͤberzeugt auff
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Das andere Capitel.
welches auch bereits ein nicht geringes momentum gibet/ ſich dahin zu wen-
den/ wo man am noͤthigſten iſt.
Dieſes ſind die haupt-rationes, welche ich in ſolcher art geſchaͤfften/ in
bedacht gezogen zu werden noͤthig achte. Wo man aber ſonſten auff das zeit-
liche ſehen wolte/ doͤrffte diejenige ſtelle zimlich den vorzug haben. Dann 1.
ob wol die ehre am andern ort groͤſſer/ ſo wird doch das einkommen in ihrer
ſtadt ein mehrers betragen: 2. Ob wol Archontopolis auch nicht ungeſund
noch in unfruchtbarer gegend liget/ ſo achte doch daß ihre ſtadt ihr an lieblig-
keit und bequemligkeit des lebens vorgehe. 3. So iſt ohne das das leben
vor einen prediger in einer ſtadt geruhliger und ſtiller/ als wo ein hoff iſt/ und
man alſo nicht ſo wol ſeiner beqvemligkeit pflegen kan/ deſſen man doch bey
zunehmenden jahren mehr bedoͤrfftig iſt. 4. Ob in ihrer ſtadt die arbeiten
etwa mit beſuchung der krancken und dergleichen moͤgen ſchwehrer ſeyn/ ſo
doͤrfften doch die anerbietende jene an der menge uͤbertreffen/ indem der Su-
perintendens, geſchweige der noͤthigen reiſen/ von dem gantzen lande ſtets
angelauffen wird. 5. Ob mich wol nicht erinnere/ wie es ihres orts mit den
predigers wittben gehalten werde/ pflegt doch insgemein in ſtaͤdten vor die-
ſelbe eher als an andern orten vorſorge gefunden zu werden. Dieſe und an-
dere urſachen/ ſo auff das zeitliche gehen/ moͤchten alſo in der wahl ſtarck auff
das bleiben neigen: aber ich bin der gaͤntzlichen meinung/ daß wir prediger in
vocation ſachen an ſolche dinge wenig gedencken/ ſondern goͤttlichen willen
vielmehr aus den momentis, die zu dem werck ſelbſten gehoͤren/ erachten
ſollen.
Dahero nach aller ſolcher uͤberlegung mich in meinem gewiſſen uͤberzeugt
befinde/ wofern die gethane obligation gegen die ſtadt das werck nicht in
gantz andern ſtand ſetzet/ davon ich noch nicht zu urtheilen vermag/ daß dieſer
beruff von dem HErrn/ und alſo mein werther bruder denſelben mit gehor-
ſam gegen GOtt anzunehmen pflichtig ſeye. Findet er nun in ſeinem gewiſ-
ſen gleiche uͤberzeugung/ ſo trage er nach inbruͤnſtig gethanem gebet ſeinem
magiſtrat ſchrifftlich die ſache vor/ und lege ihm treulich die momenta vor
augen/ welche ihn die vocation vor goͤttlich zu achten bewegen/ mit hertzlicher
erinnerung/ daß ſie in dem gantzen werck auff nichts anders als pur lauter
auff den willen GOttes ſehen/ und neben der pflicht mit dero ſie ihrer eignen
ſtatt zugethan/ nicht weniger die verbindung/ damit jegliches glied der geſam-
ten Evangeliſchen kirchen beſtes auch vor ſein eigenes zu achten/ und deswe-
gen was ihm ſonſten dienlich/ willig an andere ſtellen/ da noch mehr nutzen zu
hoffen/ uͤberlaſſen ſolle/ wol erwegen wolten/ als welche vor dasjenige/ was
ſie darinnen ſchlieſſen/ GOtt/ dem die geſamte kirche zuſtehe/ rechenſchafft ge-
ben muͤſten. Erkennet nun hierauff der magiſtrat goͤttlichen willen mit ihme
auff
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