Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 1. Halle (Saale), 1700.Das andere Capitel. fasset/ solche der kirchen zu widmen/ sich um einen gewissen dienst absonderlichanmelden müsse/ sondern wo nicht sonderbahre ursachen/ welche ihn in dem gewissen tringen/ daß er seine dienste einer kirchen/ welche seiner benöthigt wä- re/ anerböthe/ ein anderes erfordern/ mag er ohne sünde gantz still sitzen/ und schlechter dings warten/ biß der HErr ihn in seinem winckel suchet: Mit sol- chem verhalten/ wo es nicht aus einem sonderbaren hochmuth/ der die sache verderbte/ geschihet/ verschuldet er sich nicht an GOtt/ noch mag des halben als ein fauler knecht/ der sein pfund vergrübe/ angeklaget werden. Ja gar ist man nicht einmahl schlechter dings schuldig/ sich insgemein anzumelden/ sondern wo abermahl nicht gewisse ursachen sind/ die solches erfordern/ mag auch solches unterlassen werden. 2. Wer das absonderliche anmelden vor unrecht achtet/ oder scrupel 3. Das jenige absonderliche anmelden/ wo ein mensch 1. nicht aus heili- 4. Es findet sich aber noch ein anderes anmelden/ daß ein zu dem dienst ge-
Das andere Capitel. faſſet/ ſolche der kirchen zu widmen/ ſich um einen gewiſſen dienſt abſonderlichanmelden muͤſſe/ ſondern wo nicht ſonderbahre urſachen/ welche ihn in dem gewiſſen tringen/ daß er ſeine dienſte einer kirchen/ welche ſeiner benoͤthigt waͤ- re/ anerboͤthe/ ein anderes erfordern/ mag er ohne ſuͤnde gantz ſtill ſitzen/ und ſchlechter dings warten/ biß der HErr ihn in ſeinem winckel ſuchet: Mit ſol- chem verhalten/ wo es nicht aus einem ſonderbaren hochmuth/ der die ſache verderbte/ geſchihet/ verſchuldet er ſich nicht an GOtt/ noch mag des halben als ein fauler knecht/ der ſein pfund vergruͤbe/ angeklaget werden. Ja gar iſt man nicht einmahl ſchlechter dings ſchuldig/ ſich insgemein anzumelden/ ſondern wo abermahl nicht gewiſſe urſachen ſind/ die ſolches erfordern/ mag auch ſolches unterlaſſen werden. 2. Wer das abſonderliche anmelden vor unrecht achtet/ oder ſcrupel 3. Das jenige abſonderliche anmelden/ wo ein menſch 1. nicht aus heili- 4. Es findet ſich aber noch ein anderes anmelden/ daß ein zu dem dienſt ge-
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Das andere Capitel.
faſſet/ ſolche der kirchen zu widmen/ ſich um einen gewiſſen dienſt abſonderlich
anmelden muͤſſe/ ſondern wo nicht ſonderbahre urſachen/ welche ihn in dem
gewiſſen tringen/ daß er ſeine dienſte einer kirchen/ welche ſeiner benoͤthigt waͤ-
re/ anerboͤthe/ ein anderes erfordern/ mag er ohne ſuͤnde gantz ſtill ſitzen/ und
ſchlechter dings warten/ biß der HErr ihn in ſeinem winckel ſuchet: Mit ſol-
chem verhalten/ wo es nicht aus einem ſonderbaren hochmuth/ der die ſache
verderbte/ geſchihet/ verſchuldet er ſich nicht an GOtt/ noch mag des halben
als ein fauler knecht/ der ſein pfund vergruͤbe/ angeklaget werden. Ja gar
iſt man nicht einmahl ſchlechter dings ſchuldig/ ſich insgemein anzumelden/
ſondern wo abermahl nicht gewiſſe urſachen ſind/ die ſolches erfordern/ mag
auch ſolches unterlaſſen werden.
2. Wer das abſonderliche anmelden vor unrecht achtet/ oder ſcrupel
daruͤber hat/ dem wuͤrde ſolches wo ers doch thaͤte/ aus dieſer beſondern ur-
ſach auch zur ſuͤnde werden.
3. Das jenige abſonderliche anmelden/ wo ein menſch 1. nicht aus heili-
ger begierde wahrhafftig GOtt zu dienen/ und gewiſſer urſach/ warum er an
ſolchem ort oder bey ſolchem dienſt vor andern ſtellen nach betrachtung ſeiner
perſon und gaben am nuͤtzlichſten zu arbeiten hoffte/ ſondern aus ungedult
des wartens/ oder begierde zu einem ſtuͤck brodt zu kommen/ ſonderlich aus
anſehen einer der intraden oder anderer fleiſchlicher bequemlichkeit wegen
ihm vor andern annehmlicher bedienung/ und was mehr dergleichen fleiſchli-
che abſichten ſeyn moͤgen: 2. entweder mit gebrauch anderer unzimlicher mit-
tel/ geld/ heyrath u. ſ. f. 3. Oder doch mit einer allzuhefftigen angelegenheit/
daß es einem eintringen oder einbetlen aͤhnlich iſt/ und derjenigen/ welche ſonſt
zu wehlen haben/ freyheit einigerley maſſen einſchrencket/ daß ſie nicht wohl
auff jemand anders gedencken duͤrffen. 4. Oder auff eine art/ da er ſich vor-
an bey der gemeinde veraͤchtlich macht/ daß es das anſehen gewinnet/ daß
man ihn aus gnaden dazu nehmen muͤſſen. 5. Oder mit verleumdung/ auch
ſonſten vorſetzlicher zuruͤcktreibung/ anderer tuͤchtigerer oder gleich-tuͤchtiger
perſonen: und alſo 6. worinnen es erhellet/ daß er ſich ſelbs die vocation viel-
mehr gemacht/ als ſolche erwartet habe; halte ich vor unrecht/ und wird das
gewiſſen damit verletzet/ auch die erlangte vocation ſehr beflecket/ ſo dann der
ſonſten in wiederwaͤrtigkeit von ſeinem beruff ſchoͤpfende troſt maͤchtig ge-
ſchwaͤchet. Wider dieſes anmelden laſſe ich auch die angefuͤhrte argumenta
gern gelten.
4. Es findet ſich aber noch ein anderes anmelden/ daß ein zu dem dienſt
des HErrn bereiteter candidatus entweder/ der ſich ohne das insgemein an-
gemeldet/ aber in billiger ſorge ſtehet/ daß er den ſuperioribus aus der ge-
daͤchtnuͤß gekommen/ oder auch ſonſt/ wo eine ſtelle ledig iſt/ bey dero er aus
ge-
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