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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 1. Halle (Saale), 1700.

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ARTIC. II. SECTIO II.
wircken/ und bald selbsten die stelle/ wozu er ihn bestimmet hat/ ihn erkennt-
lich und in Christlicher ordnung anweisen/ so dann alle seine arbeit zu vieler
seelen erhaltung und der eigenen errettung kräfftig segnen/ jetzo aber auch
nach seinem willen die beklagte haupt-beschwerung/ da sie noch seither ange-
halten hätte/ in gnaden lindern oder wegnehmen wolle: wie auch forthin sei-
ner vor dem HErrn zu gedencken nicht unterlassen will. 1686.

Hierauff folget das in obigem schreiben angedeutete
responsum.
Die vorgelegte frage lautet also:

Ob man sich mit gutem gewissen zu einer sonderbahren und ge-
wissen geistlichen bedienung an diesem und jenem ort könne
und dörffe angeben/ und dessen einigen behuff in dem spruch
Pauli 1. Tim. 3/ 1. habe/ oder ob man vielmehr ordentlichen
der kirchen zurückgelassenen mittelbahren göttlichen beruff
erwarten müsse/ und solle?

JCh lasse zum allerfordersten mir die überschriebene praesupposita wohl be-
lieben/ und will sie also auch so fern hie nochmals wiederhohlet haben.
Nemlich 1. es seye die rede von einem solchen Subjecto, bey welchem die zu
dem heil. amt nöthige natürliche und gnaden-gaben befindlich sind. 2. Sol-
le auch da seyn der innerliche beruff/ so fern nemlich derselbe die zuneigung
des hertzens zu dem dienst GOttes in sich fasset (dabey gleichwol zu mercken/
daß einige wahrhafftig-göttlichen beruff empfangen haben/ welche vorhin
keine zuneigung zu solcher art des dienstes GOttes bey sich befunden/ und
doch aus andern umständen des beruffs versicherung bekommen/ wohin die
angeführte exempel derer/ welche wider willen zu dem amt gerissen worden/
deren einige gar anderer profession vorhin gewesen waren/ dienen mögen: da-
her von solchem innerlichen beruff und dessen nothwendigkeit sehr behutsam
zu reden/ daß nicht einigen guten seelen schwehre scrupel daraus gemachet
werden) 3. werde auch erfordert/ daß die verliehene göttliche gaben fleißig
excoliret/ und die nöthige studia tractiret/ so dann ein ehrliches zeugnüß un-
sträflichen lebens mit recht erlanget worden seye. 4. Wolle auch nicht ge-
leugnet werden/ daß man sich bey einem Consistorio oder auch sonsten Patro-
nen so wohl nach den habenden gaben bekant mache/ als seinen dienst GOtt
und der kirchen bey denselben anerbiete.

Nechst diesem zu der sache näher zu schreiten/ will ich auff die frage in
unterschiedlichen stücken oder sätzen antworten. 1. Es ist nicht nothwendig/
daß einer/ dem GOtt seine gaben verliehen/ und welcher einen entschluß ge-

fas-
K k k

ARTIC. II. SECTIO II.
wircken/ und bald ſelbſten die ſtelle/ wozu er ihn beſtimmet hat/ ihn erkennt-
lich und in Chriſtlicher ordnung anweiſen/ ſo dann alle ſeine arbeit zu vieler
ſeelen erhaltung und der eigenen errettung kraͤfftig ſegnen/ jetzo aber auch
nach ſeinem willen die beklagte haupt-beſchwerung/ da ſie noch ſeither ange-
halten haͤtte/ in gnaden lindern oder wegnehmen wolle: wie auch forthin ſei-
ner vor dem HErrn zu gedencken nicht unterlaſſen will. 1686.

Hierauff folget das in obigem ſchreiben angedeutete
reſponſum.
Die vorgelegte frage lautet alſo:

Ob man ſich mit gutem gewiſſen zu einer ſonderbahren und ge-
wiſſen geiſtlichen bedienung an dieſem und jenem ort koͤnne
und doͤrffe angeben/ und deſſen einigen behuff in dem ſpruch
Pauli 1. Tim. 3/ 1. habe/ oder ob man vielmehr ordentlichen
der kirchen zuruͤckgelaſſenen mittelbahren goͤttlichen beruff
erwarten muͤſſe/ und ſolle?

JCh laſſe zum allerforderſten mir die uͤberſchriebene præſuppoſita wohl be-
lieben/ und will ſie alſo auch ſo fern hie nochmals wiederhohlet haben.
Nemlich 1. es ſeye die rede von einem ſolchen Subjecto, bey welchem die zu
dem heil. amt noͤthige natuͤrliche und gnaden-gaben befindlich ſind. 2. Sol-
le auch da ſeyn der innerliche beruff/ ſo fern nemlich derſelbe die zuneigung
des hertzens zu dem dienſt GOttes in ſich faſſet (dabey gleichwol zu mercken/
daß einige wahrhafftig-goͤttlichen beruff empfangen haben/ welche vorhin
keine zuneigung zu ſolcher art des dienſtes GOttes bey ſich befunden/ und
doch aus andern umſtaͤnden des beruffs verſicherung bekommen/ wohin die
angefuͤhrte exempel derer/ welche wider willen zu dem amt geriſſen worden/
deren einige gar anderer profeſſion vorhin geweſen waren/ dienen moͤgen: da-
her von ſolchem innerlichen beruff und deſſen nothwendigkeit ſehr behutſam
zu reden/ daß nicht einigen guten ſeelen ſchwehre ſcrupel daraus gemachet
werden) 3. werde auch erfordert/ daß die verliehene goͤttliche gaben fleißig
excoliret/ und die noͤthige ſtudia tractiret/ ſo dann ein ehrliches zeugnuͤß un-
ſtraͤflichen lebens mit recht erlanget worden ſeye. 4. Wolle auch nicht ge-
leugnet werden/ daß man ſich bey einem Conſiſtorio oder auch ſonſten Patro-
nen ſo wohl nach den habenden gaben bekant mache/ als ſeinen dienſt GOtt
und der kirchen bey denſelben anerbiete.

Nechſt dieſem zu der ſache naͤher zu ſchreiten/ will ich auff die frage in
unterſchiedlichen ſtuͤcken oder ſaͤtzen antworten. 1. Es iſt nicht nothwendig/
daß einer/ dem GOtt ſeine gaben verliehen/ und welcher einen entſchluß ge-

faſ-
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[441/0457] ARTIC. II. SECTIO II. wircken/ und bald ſelbſten die ſtelle/ wozu er ihn beſtimmet hat/ ihn erkennt- lich und in Chriſtlicher ordnung anweiſen/ ſo dann alle ſeine arbeit zu vieler ſeelen erhaltung und der eigenen errettung kraͤfftig ſegnen/ jetzo aber auch nach ſeinem willen die beklagte haupt-beſchwerung/ da ſie noch ſeither ange- halten haͤtte/ in gnaden lindern oder wegnehmen wolle: wie auch forthin ſei- ner vor dem HErrn zu gedencken nicht unterlaſſen will. 1686. Hierauff folget das in obigem ſchreiben angedeutete reſponſum. Die vorgelegte frage lautet alſo: Ob man ſich mit gutem gewiſſen zu einer ſonderbahren und ge- wiſſen geiſtlichen bedienung an dieſem und jenem ort koͤnne und doͤrffe angeben/ und deſſen einigen behuff in dem ſpruch Pauli 1. Tim. 3/ 1. habe/ oder ob man vielmehr ordentlichen der kirchen zuruͤckgelaſſenen mittelbahren goͤttlichen beruff erwarten muͤſſe/ und ſolle? JCh laſſe zum allerforderſten mir die uͤberſchriebene præſuppoſita wohl be- lieben/ und will ſie alſo auch ſo fern hie nochmals wiederhohlet haben. Nemlich 1. es ſeye die rede von einem ſolchen Subjecto, bey welchem die zu dem heil. amt noͤthige natuͤrliche und gnaden-gaben befindlich ſind. 2. Sol- le auch da ſeyn der innerliche beruff/ ſo fern nemlich derſelbe die zuneigung des hertzens zu dem dienſt GOttes in ſich faſſet (dabey gleichwol zu mercken/ daß einige wahrhafftig-goͤttlichen beruff empfangen haben/ welche vorhin keine zuneigung zu ſolcher art des dienſtes GOttes bey ſich befunden/ und doch aus andern umſtaͤnden des beruffs verſicherung bekommen/ wohin die angefuͤhrte exempel derer/ welche wider willen zu dem amt geriſſen worden/ deren einige gar anderer profeſſion vorhin geweſen waren/ dienen moͤgen: da- her von ſolchem innerlichen beruff und deſſen nothwendigkeit ſehr behutſam zu reden/ daß nicht einigen guten ſeelen ſchwehre ſcrupel daraus gemachet werden) 3. werde auch erfordert/ daß die verliehene goͤttliche gaben fleißig excoliret/ und die noͤthige ſtudia tractiret/ ſo dann ein ehrliches zeugnuͤß un- ſtraͤflichen lebens mit recht erlanget worden ſeye. 4. Wolle auch nicht ge- leugnet werden/ daß man ſich bey einem Conſiſtorio oder auch ſonſten Patro- nen ſo wohl nach den habenden gaben bekant mache/ als ſeinen dienſt GOtt und der kirchen bey denſelben anerbiete. Nechſt dieſem zu der ſache naͤher zu ſchreiten/ will ich auff die frage in unterſchiedlichen ſtuͤcken oder ſaͤtzen antworten. 1. Es iſt nicht nothwendig/ daß einer/ dem GOtt ſeine gaben verliehen/ und welcher einen entſchluß ge- faſ- K k k

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 1. Halle (Saale), 1700, S. 441. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken01_1700/457>, abgerufen am 25.11.2024.