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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 1. Halle (Saale), 1700.

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studia anlangend/ kan davon meine meinung nicht wohl sagen in abwesen/
weil ich nicht eben so eigentlich weiß/ was er bey ihnen am besten finden/ und
wozu er die füglichste anleitung haben kan. Jnsgemein wie ich/ da er das stu-
dium Theologicum
antritt/ ihm am meisten rathen will/ sich vor allem in dem
studio biblico zu gründen/ also wäre auch mein rath in den vorbereitungen
sich zu demselben geschickt zu machen. Was also diese anlangt/ verachte ich
an sich selbs die philosophie nicht/ sondern weiß/ daß sie ihren nutzen auch
bey denen haben kan/ welche Theologiam studiren/ ja etlichen nachdem sie
der HERR zu etwas beruffen möchte/ nöthig seyn mag; Jndes-
sen sehe ich nicht/ wie sie ihm zu seinem scopo, als viel mir derselbe bekant/ nö-
thig/ oder auch auf die art/ wie sie jetzt pflegt getrieben zu werden/ sonderlich
nützlich seyn möge; Daher ihm lieber rathen wolte/ dieselbe zu unterlassen/
oder doch sehr parce damit umzugehen/ weil doch das verbleiben auf den Uni-
versitäten etwa so gar lang nicht währen dörffte/ und also seine zeit zu erst
mehr auff die gründliche begreiffung der Griechischen und Hebräischen sprach
zu besserem verstand der heiligen schrifft zu wenden. Jn der Theologia selbs
da er zu erst in thesi sich wird fest setzen müssen/ wolte rathen/ daß er sich gleich
gewehne/ die dicta, welche zum erweiß jeder materie geleget werden/ nicht
nur etwa zu memoriren/ sondern auch dieselben fleißig in der grund-sprach
zu betrachten/ und immer zu sehen/ ob und wie das jenige/ so man daraus
erweisen will/ darinnen gegründet seye/ und ob er es mit einem argument
daraus darthun könne. Gewißlich diese mühe wird ihn nicht reuen/ sondern
den besten grund legen alles übrigen/ denn der jenige hat seine thesin erst
recht gefasset/ der deroselben grund in heil. schrifft eingesehen: daran es leider
sehr vielen mangelt/ welche offtmahl zwahr wissen/ dieses und jenes seye un-
sere thesis, sie können aber solches aus der schrifft nicht zu überzeugung ihres
eigenen gewissens/ viel weniger der widersacher abweisung/ daraus demon-
stri
ren/ und da lässet sich nachmahl gar schlecht die antithesin tractiren/ wann
wir in jener nicht fest gegründet. Wo er nun die thesin wohl wird begriffen
haben/ will ich ihm nicht mißrathen ad antithesin oder polemica zugehen/
wiewohl nicht viele zeit daran zu wenden/ als der ich nicht sehen kan/ wie er in
der stelle/ die ihm der HErr menschlichem vorsehen nach dermaleins anweisen
möchte/ derselben hoch bedörffen/ oder sie mit nutzen anbringen möchte. Un-
ter den controversien rathe ihm auch/ daß er etwa die meiste zeit an die jeni-
gen wende/ welche wir mit den Papisten haben/ als mit welchen sorglich wir
es bald am meisten zu thun bekommen werden/ und uns gegen dieselbe am
kräfftigsten zu verwahren haben. Jn der tractation auch der controversien
wird es am dienlichsten seyn/ daß man auff die sprüche meistens acht gebe/
die etwa von den widersachern gegen uns geführet werden/ damit wir sie ret-

ten

Das andere Capitel.
ſtudia anlangend/ kan davon meine meinung nicht wohl ſagen in abweſen/
weil ich nicht eben ſo eigentlich weiß/ was er bey ihnen am beſten finden/ und
wozu er die fuͤglichſte anleitung haben kan. Jnsgemein wie ich/ da er das ſtu-
dium Theologicum
antritt/ ihm am meiſten rathen will/ ſich vor allem in dem
ſtudio biblico zu gruͤnden/ alſo waͤre auch mein rath in den vorbereitungen
ſich zu demſelben geſchickt zu machen. Was alſo dieſe anlangt/ verachte ich
an ſich ſelbs die philoſophie nicht/ ſondern weiß/ daß ſie ihren nutzen auch
bey denen haben kan/ welche Theologiam ſtudiren/ ja etlichen nachdem ſie
der HERR zu etwas beruffen moͤchte/ noͤthig ſeyn mag; Jndeſ-
ſen ſehe ich nicht/ wie ſie ihm zu ſeinem ſcopo, als viel mir derſelbe bekant/ noͤ-
thig/ oder auch auf die art/ wie ſie jetzt pflegt getrieben zu werden/ ſonderlich
nuͤtzlich ſeyn moͤge; Daher ihm lieber rathen wolte/ dieſelbe zu unterlaſſen/
oder doch ſehr parcè damit umzugehen/ weil doch das verbleiben auf den Uni-
verſitaͤten etwa ſo gar lang nicht waͤhren doͤrffte/ und alſo ſeine zeit zu erſt
mehr auff die gruͤndliche begreiffung der Griechiſchen und Hebraͤiſchen ſprach
zu beſſerem verſtand der heiligen ſchrifft zu wenden. Jn der Theologia ſelbs
da er zu erſt in theſi ſich wird feſt ſetzen muͤſſen/ wolte rathen/ daß er ſich gleich
gewehne/ die dicta, welche zum erweiß jeder materie geleget werden/ nicht
nur etwa zu memoriren/ ſondern auch dieſelben fleißig in der grund-ſprach
zu betrachten/ und immer zu ſehen/ ob und wie das jenige/ ſo man daraus
erweiſen will/ darinnen gegruͤndet ſeye/ und ob er es mit einem argument
daraus darthun koͤnne. Gewißlich dieſe muͤhe wird ihn nicht reuen/ ſondern
den beſten grund legen alles uͤbrigen/ denn der jenige hat ſeine theſin erſt
recht gefaſſet/ der deroſelben grund in heil. ſchrifft eingeſehen: daran es leider
ſehr vielen mangelt/ welche offtmahl zwahr wiſſen/ dieſes und jenes ſeye un-
ſere theſis, ſie koͤnnen aber ſolches aus der ſchrifft nicht zu uͤberzeugung ihres
eigenen gewiſſens/ viel weniger der widerſacher abweiſung/ daraus demon-
ſtri
ren/ und da laͤſſet ſich nachmahl gar ſchlecht die antitheſin tractiren/ wann
wir in jener nicht feſt gegruͤndet. Wo er nun die theſin wohl wird begriffen
haben/ will ich ihm nicht mißrathen ad antitheſin oder polemica zugehen/
wiewohl nicht viele zeit daran zu wenden/ als der ich nicht ſehen kan/ wie er in
der ſtelle/ die ihm der HErr menſchlichem vorſehen nach dermaleins anweiſen
moͤchte/ derſelben hoch bedoͤrffen/ oder ſie mit nutzen anbringen moͤchte. Un-
ter den controverſien rathe ihm auch/ daß er etwa die meiſte zeit an die jeni-
gen wende/ welche wir mit den Papiſten haben/ als mit welchen ſorglich wir
es bald am meiſten zu thun bekommen werden/ und uns gegen dieſelbe am
kraͤfftigſten zu verwahren haben. Jn der tractation auch der controverſien
wird es am dienlichſten ſeyn/ daß man auff die ſpruͤche meiſtens acht gebe/
die etwa von den widerſachern gegen uns gefuͤhret werden/ damit wir ſie ret-

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[416/0432] Das andere Capitel. ſtudia anlangend/ kan davon meine meinung nicht wohl ſagen in abweſen/ weil ich nicht eben ſo eigentlich weiß/ was er bey ihnen am beſten finden/ und wozu er die fuͤglichſte anleitung haben kan. Jnsgemein wie ich/ da er das ſtu- dium Theologicum antritt/ ihm am meiſten rathen will/ ſich vor allem in dem ſtudio biblico zu gruͤnden/ alſo waͤre auch mein rath in den vorbereitungen ſich zu demſelben geſchickt zu machen. Was alſo dieſe anlangt/ verachte ich an ſich ſelbs die philoſophie nicht/ ſondern weiß/ daß ſie ihren nutzen auch bey denen haben kan/ welche Theologiam ſtudiren/ ja etlichen nachdem ſie der HERR zu etwas beruffen moͤchte/ noͤthig ſeyn mag; Jndeſ- ſen ſehe ich nicht/ wie ſie ihm zu ſeinem ſcopo, als viel mir derſelbe bekant/ noͤ- thig/ oder auch auf die art/ wie ſie jetzt pflegt getrieben zu werden/ ſonderlich nuͤtzlich ſeyn moͤge; Daher ihm lieber rathen wolte/ dieſelbe zu unterlaſſen/ oder doch ſehr parcè damit umzugehen/ weil doch das verbleiben auf den Uni- verſitaͤten etwa ſo gar lang nicht waͤhren doͤrffte/ und alſo ſeine zeit zu erſt mehr auff die gruͤndliche begreiffung der Griechiſchen und Hebraͤiſchen ſprach zu beſſerem verſtand der heiligen ſchrifft zu wenden. Jn der Theologia ſelbs da er zu erſt in theſi ſich wird feſt ſetzen muͤſſen/ wolte rathen/ daß er ſich gleich gewehne/ die dicta, welche zum erweiß jeder materie geleget werden/ nicht nur etwa zu memoriren/ ſondern auch dieſelben fleißig in der grund-ſprach zu betrachten/ und immer zu ſehen/ ob und wie das jenige/ ſo man daraus erweiſen will/ darinnen gegruͤndet ſeye/ und ob er es mit einem argument daraus darthun koͤnne. Gewißlich dieſe muͤhe wird ihn nicht reuen/ ſondern den beſten grund legen alles uͤbrigen/ denn der jenige hat ſeine theſin erſt recht gefaſſet/ der deroſelben grund in heil. ſchrifft eingeſehen: daran es leider ſehr vielen mangelt/ welche offtmahl zwahr wiſſen/ dieſes und jenes ſeye un- ſere theſis, ſie koͤnnen aber ſolches aus der ſchrifft nicht zu uͤberzeugung ihres eigenen gewiſſens/ viel weniger der widerſacher abweiſung/ daraus demon- ſtriren/ und da laͤſſet ſich nachmahl gar ſchlecht die antitheſin tractiren/ wann wir in jener nicht feſt gegruͤndet. Wo er nun die theſin wohl wird begriffen haben/ will ich ihm nicht mißrathen ad antitheſin oder polemica zugehen/ wiewohl nicht viele zeit daran zu wenden/ als der ich nicht ſehen kan/ wie er in der ſtelle/ die ihm der HErr menſchlichem vorſehen nach dermaleins anweiſen moͤchte/ derſelben hoch bedoͤrffen/ oder ſie mit nutzen anbringen moͤchte. Un- ter den controverſien rathe ihm auch/ daß er etwa die meiſte zeit an die jeni- gen wende/ welche wir mit den Papiſten haben/ als mit welchen ſorglich wir es bald am meiſten zu thun bekommen werden/ und uns gegen dieſelbe am kraͤfftigſten zu verwahren haben. Jn der tractation auch der controverſien wird es am dienlichſten ſeyn/ daß man auff die ſpruͤche meiſtens acht gebe/ die etwa von den widerſachern gegen uns gefuͤhret werden/ damit wir ſie ret- ten

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 1. Halle (Saale), 1700, S. 416. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken01_1700/432>, abgerufen am 24.11.2024.