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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 1. Halle (Saale), 1700.

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ARTIC. I. SECTIO I.
treiben wolte/ erweisen sollen/ finden würden/ daß sie bald bestecken blieben. Wer
aber jegliche seine thesin gelernet rechtschaffen und mit ableinung aller mögli-
chen exceptionen gegen seine argumenta zu erweisen/ ob er auch kaum in po-
lemicis
angefangen/ wird doch nicht ungeschickt seyn/ einen irrthum zu wi-
derlegen/ und da er auch in jenem angeführet wird/ geschwind weit proficiren.
Es möchte hie auch von der nothwendigkeit des studii scripturae der vortrefli-
che Hr. von Seckendorff in seinem Christen-staat nützlich gelesen wer-
den.

3. Ob die Herrn Theologi, nach dem besagter massen an dem studio
scripturae
so vieles ja fast alles gelegen ist/ auch davor sorgen/ daß die jenige/
welche zu ihrer facultät gewidmet/ vor allen dingen in den jenigen studiis,
welche dem exegetico die instrumenta subministriren/ als da sonderlich sind
die sprachen/ am fleißigsten unterrichtet/ und ihnen zubereitet werden/ damit
sie ohne vieles auffhalten/ sie so bald mit nutzen zu der heiligen Bibel führen
möchten.

4. Ob man ein mittel finden könte/ damit nicht von ihrer so vielen vie-
les in spem futurae oblivionis und ohne künfftigen nutzen gelernet würde. Es
ist gewiß/ daß keine disciplin auff der Universität docirt wird/ welche nicht
einigen nutzen hätte/ und also gewissen personen diente/ hingegen ist auch ge-
wiß/ daß nicht allen alles nöthig und nützlich ist: daher geschihets nur allzu
viel/ daß manche grossen fleiß auff dieses und jenes durante cursu academi-
co
wenden/ davon sie ihr lebtag nichts mehr haben/ als daß sie es wissen/ und
wol darüber manches versäumethaben/ das ihnen nöthiger gewesen. Und wer-
den etwa der jenigen weniger seyn/ welche nicht bekennen müßten/ wo sie ihre
studia nochmal anzufangen hätten/ daß sie es gantz auf andere art anstellen/ u.
auf andere dinge die meiste zeit wenden wolten. Nun ists wol so/ daß unmügl.
scheinet/ der sache gantz völlig zurathen/ weil bey den meisten/ so die studia antre-
ten/ nicht so bald vor zu sehen/ wozu sie dermahleins von Gottbestimmet seyn
möchten/ da man sonsten nach solchem zweck auch die media mensuriren könte.
Jndessen liesse sich/ wo die sache reifflich überlegt würde/ durch Gottes genad/
wohl ein und anders ausfinden/ damit auffs wenigste vielem des beklagten
mangels gerathen würde. Wär also zu bedencken/ ob nicht ein zulängliches
mittel wäre/ daß einem erfahrnen und Christlichen mann/ ex ordine Theo-
logico
dieses anbefohlen würde/ daß bey ihm die neu ankommende studiosi
Theologiae,
sonderlich aber die jenige so erst zu solcher facultät sich bequemen
wollen/ anmelden müsten; da er zwahr bey jenen/ so bereits einen guten an-
fang anderwerts gemacht/ nicht viel anders thun könne/ als von ihren pro-
fectibus
einigen bericht einehmen/ und ihnen nachmahl an die hand geben/
was vor exercitia unter ihm und seinen collegis ihnen in solchem zustand am

vor-

ARTIC. I. SECTIO I.
tꝛeibẽ wolte/ erweiſen ſollen/ finden wuͤꝛden/ daß ſie bald beſtecken blieben. Wer
aber jegliche ſeine theſin gelernet rechtſchaffen und mit ableinung aller moͤgli-
chen exceptionen gegen ſeine argumenta zu erweiſen/ ob er auch kaum in po-
lemicis
angefangen/ wird doch nicht ungeſchickt ſeyn/ einen irrthum zu wi-
derlegen/ und da er auch in jenem angefuͤhret wird/ geſchwind weit proficiren.
Es moͤchte hie auch von der nothwendigkeit des ſtudii ſcripturæ der vortrefli-
che Hr. von Seckendorff in ſeinem Chriſten-ſtaat nuͤtzlich geleſen wer-
den.

3. Ob die Herrn Theologi, nach dem beſagter maſſen an dem ſtudio
ſcripturæ
ſo vieles ja faſt alles gelegen iſt/ auch davor ſorgen/ daß die jenige/
welche zu ihrer facultaͤt gewidmet/ vor allen dingen in den jenigen ſtudiis,
welche dem exegetico die inſtrumenta ſubminiſtriren/ als da ſonderlich ſind
die ſprachen/ am fleißigſten unterrichtet/ und ihnen zubereitet werden/ damit
ſie ohne vieles auffhalten/ ſie ſo bald mit nutzen zu der heiligen Bibel fuͤhren
moͤchten.

4. Ob man ein mittel finden koͤnte/ damit nicht von ihrer ſo vielen vie-
les in ſpem futuræ oblivionis und ohne kuͤnfftigen nutzen gelernet wuͤrde. Es
iſt gewiß/ daß keine diſciplin auff der Univerſitaͤt docirt wird/ welche nicht
einigen nutzen haͤtte/ und alſo gewiſſen perſonen diente/ hingegen iſt auch ge-
wiß/ daß nicht allen alles noͤthig und nuͤtzlich iſt: daher geſchihets nur allzu
viel/ daß manche groſſen fleiß auff dieſes und jenes durante curſu academi-
co
wenden/ davon ſie ihr lebtag nichts mehr haben/ als daß ſie es wiſſen/ und
wol daruͤber manches verſaͤumethaben/ das ihnen noͤthiger geweſen. Und wer-
den etwa der jenigen weniger ſeyn/ welche nicht bekennen muͤßten/ wo ſie ihre
ſtudia nochmal anzufangen haͤtten/ daß ſie es gantz auf andere art anſtellen/ u.
auf andere dinge die meiſte zeit wenden wolten. Nun iſts wol ſo/ daß unmuͤgl.
ſcheinet/ der ſache gantz voͤllig zurathẽ/ weil bey den meiſten/ ſo die ſtudia antre-
ten/ nicht ſo bald vor zu ſehen/ wozu ſie dermahleins von Gottbeſtimmet ſeyn
moͤchten/ da man ſonſten nach ſolchem zweck auch die media menſuriren koͤnte.
Jndeſſen lieſſe ſich/ wo die ſache reifflich uͤberlegt wuͤrde/ durch Gottes genad/
wohl ein und anders ausfinden/ damit auffs wenigſte vielem des beklagten
mangels gerathen wuͤrde. Waͤr alſo zu bedencken/ ob nicht ein zulaͤngliches
mittel waͤre/ daß einem erfahrnen und Chriſtlichen mann/ ex ordine Theo-
logico
dieſes anbefohlen wuͤrde/ daß bey ihm die neu ankommende ſtudioſi
Theologiæ,
ſonderlich aber die jenige ſo erſt zu ſolcher facultaͤt ſich bequemen
wollen/ anmelden muͤſten; da er zwahr bey jenen/ ſo bereits einen guten an-
fang anderwerts gemacht/ nicht viel anders thun koͤnne/ als von ihren pro-
fectibus
einigen bericht einehmen/ und ihnen nachmahl an die hand geben/
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vor-
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[399/0415] ARTIC. I. SECTIO I. tꝛeibẽ wolte/ erweiſen ſollen/ finden wuͤꝛden/ daß ſie bald beſtecken blieben. Wer aber jegliche ſeine theſin gelernet rechtſchaffen und mit ableinung aller moͤgli- chen exceptionen gegen ſeine argumenta zu erweiſen/ ob er auch kaum in po- lemicis angefangen/ wird doch nicht ungeſchickt ſeyn/ einen irrthum zu wi- derlegen/ und da er auch in jenem angefuͤhret wird/ geſchwind weit proficiren. Es moͤchte hie auch von der nothwendigkeit des ſtudii ſcripturæ der vortrefli- che Hr. von Seckendorff in ſeinem Chriſten-ſtaat nuͤtzlich geleſen wer- den. 3. Ob die Herrn Theologi, nach dem beſagter maſſen an dem ſtudio ſcripturæ ſo vieles ja faſt alles gelegen iſt/ auch davor ſorgen/ daß die jenige/ welche zu ihrer facultaͤt gewidmet/ vor allen dingen in den jenigen ſtudiis, welche dem exegetico die inſtrumenta ſubminiſtriren/ als da ſonderlich ſind die ſprachen/ am fleißigſten unterrichtet/ und ihnen zubereitet werden/ damit ſie ohne vieles auffhalten/ ſie ſo bald mit nutzen zu der heiligen Bibel fuͤhren moͤchten. 4. Ob man ein mittel finden koͤnte/ damit nicht von ihrer ſo vielen vie- les in ſpem futuræ oblivionis und ohne kuͤnfftigen nutzen gelernet wuͤrde. Es iſt gewiß/ daß keine diſciplin auff der Univerſitaͤt docirt wird/ welche nicht einigen nutzen haͤtte/ und alſo gewiſſen perſonen diente/ hingegen iſt auch ge- wiß/ daß nicht allen alles noͤthig und nuͤtzlich iſt: daher geſchihets nur allzu viel/ daß manche groſſen fleiß auff dieſes und jenes durante curſu academi- co wenden/ davon ſie ihr lebtag nichts mehr haben/ als daß ſie es wiſſen/ und wol daruͤber manches verſaͤumethaben/ das ihnen noͤthiger geweſen. Und wer- den etwa der jenigen weniger ſeyn/ welche nicht bekennen muͤßten/ wo ſie ihre ſtudia nochmal anzufangen haͤtten/ daß ſie es gantz auf andere art anſtellen/ u. auf andere dinge die meiſte zeit wenden wolten. Nun iſts wol ſo/ daß unmuͤgl. ſcheinet/ der ſache gantz voͤllig zurathẽ/ weil bey den meiſten/ ſo die ſtudia antre- ten/ nicht ſo bald vor zu ſehen/ wozu ſie dermahleins von Gottbeſtimmet ſeyn moͤchten/ da man ſonſten nach ſolchem zweck auch die media menſuriren koͤnte. Jndeſſen lieſſe ſich/ wo die ſache reifflich uͤberlegt wuͤrde/ durch Gottes genad/ wohl ein und anders ausfinden/ damit auffs wenigſte vielem des beklagten mangels gerathen wuͤrde. Waͤr alſo zu bedencken/ ob nicht ein zulaͤngliches mittel waͤre/ daß einem erfahrnen und Chriſtlichen mann/ ex ordine Theo- logico dieſes anbefohlen wuͤrde/ daß bey ihm die neu ankommende ſtudioſi Theologiæ, ſonderlich aber die jenige ſo erſt zu ſolcher facultaͤt ſich bequemen wollen/ anmelden muͤſten; da er zwahr bey jenen/ ſo bereits einen guten an- fang anderwerts gemacht/ nicht viel anders thun koͤnne/ als von ihren pro- fectibus einigen bericht einehmen/ und ihnen nachmahl an die hand geben/ was vor exercitia unter ihm und ſeinen collegis ihnen in ſolchem zuſtand am vor-

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 1. Halle (Saale), 1700, S. 399. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken01_1700/415>, abgerufen am 23.11.2024.