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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 1. Halle (Saale), 1700.

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Des 1. Capitels.
gewissen fordern kan/ wird viel mehr wachsen/ und er durch das hertzliche ver-
trauen und liebe/ welche dadurch bey der gemeinde erwecket wird/ desto mehr
frucht schaffen/ und segen spüren.

§. LXXV. Was n. 97. 98. 99. von den pflichten der kirchen gegen ihre
vorsteher gemeldet wird/ bleibet auch stehen/ und ist nichts dagegen zu sagen/
vielmehr zu wünschen/ daß alle gemeinden und vorsteher sich dermassen gegen
einander begiengen/ so solte vieles gutes ausgerichtet und allgemach wieder
näher zu der ordnung des HErrn gekommen werden.

§. LXXVI. Die gerichte Babylons aber belangende/ ist wol gethan/
daß verfasser nichts vermessentlich davon bestimmen will/ sondern dabey
bleibet/ daß sie grausam seyn werden/ und ihr ende nahe seye: dabey wir es
auch bewenden zu lassen haben/ gleichwol mich austrücklich bedinge/ daß ich
damit/ weil ich lehre/ unsre kirche seye nicht Babel/ keines wegs dieselbe sicher
machen/ noch von den gerichten loßsprechen wolle. Vielmehr glaube ich/ daß
noch die regel Petri gelte 1. Petr. 4/ 17. daß das gericht des HErrn von
seinem eigenen hause anfange/
welches darnach vollends wider seine
feinde ausgeübet wird. So mag dieses eben dasjenige seyn/ womit Babel
das maaß seiner sünden endlich erfüllet/ da es das verdorbene Jerusalem
auffs grausamste verstöhret/ und darinnen so wohl ein werckzeug wird des
göttlichen gerichts/ gegen sein abtrünniges volck/ als durch solche grausam-
keit den zorn GOttes ihm vollends zu seinem letzten verderben über den halß
ziehet. Also hat ja derjenige nicht ursach sicher zu seyn/ der ob er nicht dar-
nach mit Babel/ jedoch vorher und von Babel leiden solle. Ja wir haben
dann alle/ die der HErr der erkäntnüß seiner wahrheit gewürdiget hat/ uns
sorgfältig vorzusehen/ so wol uns von Babel nicht unter seine geistliche ge-
walt bringen zu lassen/ vielmehr unser leben drüber auffzuopffern als auch
andere ihre sünden uns nicht anzugewehnen/ und damit GOttes zorn zu rei-
tzen: hingegen uns zu befleissen/ daß wir glauben und gutes gewissen bewah-
ren/ damit wo die zeit der macht Babels gegen uns vorhanden/ und wir dem-
selben in die hand gegeben werden/ wir mit getroster seele uns der gnade Got-
tes versichern mögen/ und unser glaube in dem heissen ofen solcher scharffen
probe ein wahres gold erfunden werden/ nicht aber als ein blosser schaum von
der hitz verrauchen möge.

§. LXXVII. Wo mit ich endlich schliesse/ und den verfasser brüderlich er-
innere/ daß er diese antwort in der forcht des HErrn erwege/ wie er gleich-
wol unsrer kirchen manches aus mißverstand zur ungebühr auffgeleget/ hertz-
lich erkenne/ der verhoffentlich deutlich gezeigten wahrheit platz gebe/ gegen
Babel mit geistlichen waffen treulich kämpffe/ und an Jerusalem nach ver-
mögen baue.

Hei-
D d d

Des 1. Capitels.
gewiſſen fordern kan/ wird viel mehr wachſen/ und er durch das hertzliche ver-
trauen und liebe/ welche dadurch bey der gemeinde erwecket wird/ deſto mehr
frucht ſchaffen/ und ſegen ſpuͤren.

§. LXXV. Was n. 97. 98. 99. von den pflichten der kirchen gegen ihre
vorſteher gemeldet wird/ bleibet auch ſtehen/ und iſt nichts dagegen zu ſagen/
vielmehr zu wuͤnſchen/ daß alle gemeinden und vorſteher ſich dermaſſen gegen
einander begiengen/ ſo ſolte vieles gutes ausgerichtet und allgemach wieder
naͤher zu der ordnung des HErrn gekommen werden.

§. LXXVI. Die gerichte Babylons aber belangende/ iſt wol gethan/
daß verfaſſer nichts vermeſſentlich davon beſtimmen will/ ſondern dabey
bleibet/ daß ſie grauſam ſeyn werden/ und ihr ende nahe ſeye: dabey wir es
auch bewenden zu laſſen haben/ gleichwol mich austruͤcklich bedinge/ daß ich
damit/ weil ich lehre/ unſre kirche ſeye nicht Babel/ keines wegs dieſelbe ſicher
machen/ noch von den gerichten loßſprechen wolle. Vielmehr glaube ich/ daß
noch die regel Petri gelte 1. Petr. 4/ 17. daß das gericht des HErrn von
ſeinem eigenen hauſe anfange/
welches darnach vollends wider ſeine
feinde ausgeuͤbet wird. So mag dieſes eben dasjenige ſeyn/ womit Babel
das maaß ſeiner ſuͤnden endlich erfuͤllet/ da es das verdorbene Jeruſalem
auffs grauſamſte verſtoͤhret/ und darinnen ſo wohl ein werckzeug wird des
goͤttlichen gerichts/ gegen ſein abtruͤnniges volck/ als durch ſolche grauſam-
keit den zorn GOttes ihm vollends zu ſeinem letzten verderben uͤber den halß
ziehet. Alſo hat ja derjenige nicht urſach ſicher zu ſeyn/ der ob er nicht dar-
nach mit Babel/ jedoch vorher und von Babel leiden ſolle. Ja wir haben
dann alle/ die der HErr der erkaͤntnuͤß ſeiner wahrheit gewuͤrdiget hat/ uns
ſorgfaͤltig vorzuſehen/ ſo wol uns von Babel nicht unter ſeine geiſtliche ge-
walt bringen zu laſſen/ vielmehr unſer leben druͤber auffzuopffern als auch
andere ihre ſuͤnden uns nicht anzugewehnen/ und damit GOttes zorn zu rei-
tzen: hingegen uns zu befleiſſen/ daß wir glauben und gutes gewiſſen bewah-
ren/ damit wo die zeit der macht Babels gegen uns vorhanden/ und wir dem-
ſelben in die hand gegeben werden/ wir mit getroſter ſeele uns der gnade Got-
tes verſichern moͤgen/ und unſer glaube in dem heiſſen ofen ſolcher ſcharffen
probe ein wahres gold erfunden werden/ nicht aber als ein bloſſer ſchaum von
der hitz verrauchen moͤge.

§. LXXVII. Wo mit ich endlich ſchlieſſe/ und den verfaſſer bruͤderlich er-
innere/ daß er dieſe antwort in der forcht des HErrn erwege/ wie er gleich-
wol unſrer kirchen manches aus mißverſtand zur ungebuͤhr auffgeleget/ hertz-
lich erkenne/ der verhoffentlich deutlich gezeigten wahrheit platz gebe/ gegen
Babel mit geiſtlichen waffen treulich kaͤmpffe/ und an Jeruſalem nach ver-
moͤgen baue.

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[393/0409] Des 1. Capitels. gewiſſen fordern kan/ wird viel mehr wachſen/ und er durch das hertzliche ver- trauen und liebe/ welche dadurch bey der gemeinde erwecket wird/ deſto mehr frucht ſchaffen/ und ſegen ſpuͤren. §. LXXV. Was n. 97. 98. 99. von den pflichten der kirchen gegen ihre vorſteher gemeldet wird/ bleibet auch ſtehen/ und iſt nichts dagegen zu ſagen/ vielmehr zu wuͤnſchen/ daß alle gemeinden und vorſteher ſich dermaſſen gegen einander begiengen/ ſo ſolte vieles gutes ausgerichtet und allgemach wieder naͤher zu der ordnung des HErrn gekommen werden. §. LXXVI. Die gerichte Babylons aber belangende/ iſt wol gethan/ daß verfaſſer nichts vermeſſentlich davon beſtimmen will/ ſondern dabey bleibet/ daß ſie grauſam ſeyn werden/ und ihr ende nahe ſeye: dabey wir es auch bewenden zu laſſen haben/ gleichwol mich austruͤcklich bedinge/ daß ich damit/ weil ich lehre/ unſre kirche ſeye nicht Babel/ keines wegs dieſelbe ſicher machen/ noch von den gerichten loßſprechen wolle. Vielmehr glaube ich/ daß noch die regel Petri gelte 1. Petr. 4/ 17. daß das gericht des HErrn von ſeinem eigenen hauſe anfange/ welches darnach vollends wider ſeine feinde ausgeuͤbet wird. So mag dieſes eben dasjenige ſeyn/ womit Babel das maaß ſeiner ſuͤnden endlich erfuͤllet/ da es das verdorbene Jeruſalem auffs grauſamſte verſtoͤhret/ und darinnen ſo wohl ein werckzeug wird des goͤttlichen gerichts/ gegen ſein abtruͤnniges volck/ als durch ſolche grauſam- keit den zorn GOttes ihm vollends zu ſeinem letzten verderben uͤber den halß ziehet. Alſo hat ja derjenige nicht urſach ſicher zu ſeyn/ der ob er nicht dar- nach mit Babel/ jedoch vorher und von Babel leiden ſolle. Ja wir haben dann alle/ die der HErr der erkaͤntnuͤß ſeiner wahrheit gewuͤrdiget hat/ uns ſorgfaͤltig vorzuſehen/ ſo wol uns von Babel nicht unter ſeine geiſtliche ge- walt bringen zu laſſen/ vielmehr unſer leben druͤber auffzuopffern als auch andere ihre ſuͤnden uns nicht anzugewehnen/ und damit GOttes zorn zu rei- tzen: hingegen uns zu befleiſſen/ daß wir glauben und gutes gewiſſen bewah- ren/ damit wo die zeit der macht Babels gegen uns vorhanden/ und wir dem- ſelben in die hand gegeben werden/ wir mit getroſter ſeele uns der gnade Got- tes verſichern moͤgen/ und unſer glaube in dem heiſſen ofen ſolcher ſcharffen probe ein wahres gold erfunden werden/ nicht aber als ein bloſſer ſchaum von der hitz verrauchen moͤge. §. LXXVII. Wo mit ich endlich ſchlieſſe/ und den verfaſſer bruͤderlich er- innere/ daß er dieſe antwort in der forcht des HErrn erwege/ wie er gleich- wol unſrer kirchen manches aus mißverſtand zur ungebuͤhr auffgeleget/ hertz- lich erkenne/ der verhoffentlich deutlich gezeigten wahrheit platz gebe/ gegen Babel mit geiſtlichen waffen treulich kaͤmpffe/ und an Jeruſalem nach ver- moͤgen baue. Hei- D d d

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 1. Halle (Saale), 1700, S. 393. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken01_1700/409>, abgerufen am 23.11.2024.