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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 1. Halle (Saale), 1700.

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Des 1. Capitels.
dern wir werden zuweilen dero fehler gewahr/ in dessen mag ich in dem fall der
noth zu behuff der gerechtigkeit das jenige mit einem eyd bestättigen/ was ich
gewiß gesehen und gehöret zu haben weiß. Ferner der jenige/ der die libros
symbolicos
unterschreibet/ und sich dazu eydlich verbindet/ bezeuget nichts
anders/ als daß er in seinem hertzen sich dero wahrheit/ als nöthig ist/ versi-
chert halte/ und deswegen dabey bleiben wolle/ es wäre dann sache/ daß er
nachmahl eines andern solle überzeuget werden/ wo er aber auch sich wieder-
um bey denen/ welchen er den eyd geleistet/ und denen daran gelegen ist/ dar-
über kund zu geben hat. Also ist je auch in solchem eyd nichts widerchristli-
ches. Nicht mehr grund hat 3. die klage/ man habe damit GOtt und men-
schen den weg zur verbesserung verlegen wollen. Es bleibet noch stäts der
weg offen/ zu weiterer erkäntnüß zu kommen/ und ob wohl die wahrheit des
aus göttlichem wort gezogenen fest stehet/ so können noch einige/ welchen der
HErr ein mehrers liecht gibet/ auch in solchen materien zuweilen noch tieffer
einsehen/ und das jenige wahrnehmen/ wo etwa die vorige/ ob sie wohl nichts
falsches geschrieben/ so völlig noch nicht eingesehen hätten. Es kan auch die
erkäntnüß wachsen in den jenigen puncten/ die in solchen büchern noch gar
nicht ex professo ausgemachet sind/ und ist bereits gestanden worden/ daß
wir auch zur änderung bereit seyn müssen/ da uns irrthümer gezeiget werden
könten. Welchem allen nicht zu wider ist/ was die gottselige vorfahren von
unverbrüchlicher beybehaltung und fortpflantzung solcher lehre sich erklähret
haben/ als welches sie aus ihrer überzeugung von der wahrheit derselben ge-
than; und damit lüsterenden ingeniis und falschen lehrern zur gefährlichen
neuerung/ nicht aber GOTT in seinen werckzeugen zur besserung/ den weg
verlegt. Daher sie über dieses befragt sich auch Christlichen würden erkläh-
ret haben.

§. XLVI. Was n. 47. angeführet wird von der demuth der Apostel/
welche die mitwürckung aller dreyer wesentlicher theil der kirchen Apostel
Geschicht
15. zugelassen/ leugne ich nicht/ daß ich ordentlicher gethan zu seyn
erachte/ wo in dergleichen fällen/ allen ordnungen der kirchen ihr recht blei-
bet/ und deroselben einstimmung herbey gezogen wird/ als welches der ersten
art der kirchen/ und der weißheit unsers Heilands in dero einrichtung am ge-
mäßesten wäre/ dadurch auch viele inconvenienzen und vorwürffe verhütet
würden/ so dann ein mehrer göttlicher segen dabey zu hoffen senyn möchte. Jn
dessen sehe doch nicht/ daß deswegen die übergehung des dritten stands in der
kirchen in jener verfassung das gantze werck Antichristisch mache. Sonder-
lich weil 1. wie in andern stücken der dritte stand sich von den andern beiden re-
praesenti
ren lässet/ solches auch hierinnen geschehen. 2. Der tacitus consen-

sus

Des 1. Capitels.
dern wir werden zuweilen dero fehler gewahr/ in deſſen mag ich in dem fall der
noth zu behuff der gerechtigkeit das jenige mit einem eyd beſtaͤttigen/ was ich
gewiß geſehen und gehoͤret zu haben weiß. Ferner der jenige/ der die libros
ſymbolicos
unterſchreibet/ und ſich dazu eydlich verbindet/ bezeuget nichts
anders/ als daß er in ſeinem hertzen ſich dero wahrheit/ als noͤthig iſt/ verſi-
chert halte/ und deswegen dabey bleiben wolle/ es waͤre dann ſache/ daß er
nachmahl eines andern ſolle uͤberzeuget werden/ wo er aber auch ſich wieder-
um bey denen/ welchen er den eyd geleiſtet/ und denen daran gelegen iſt/ dar-
uͤber kund zu geben hat. Alſo iſt je auch in ſolchem eyd nichts widerchriſtli-
ches. Nicht mehr grund hat 3. die klage/ man habe damit GOtt und men-
ſchen den weg zur verbeſſerung verlegen wollen. Es bleibet noch ſtaͤts der
weg offen/ zu weiterer erkaͤntnuͤß zu kommen/ und ob wohl die wahrheit des
aus goͤttlichem wort gezogenen feſt ſtehet/ ſo koͤnnen noch einige/ welchen der
HErr ein mehrers liecht gibet/ auch in ſolchen materien zuweilen noch tieffer
einſehen/ und das jenige wahrnehmen/ wo etwa die vorige/ ob ſie wohl nichts
falſches geſchrieben/ ſo voͤllig noch nicht eingeſehen haͤtten. Es kan auch die
erkaͤntnuͤß wachſen in den jenigen puncten/ die in ſolchen buͤchern noch gar
nicht ex profeſſo ausgemachet ſind/ und iſt bereits geſtanden worden/ daß
wir auch zur aͤnderung bereit ſeyn muͤſſen/ da uns irrthuͤmer gezeiget werden
koͤnten. Welchem allen nicht zu wider iſt/ was die gottſelige vorfahren von
unverbruͤchlicher beybehaltung und fortpflantzung ſolcher lehre ſich erklaͤhret
haben/ als welches ſie aus ihrer uͤberzeugung von der wahrheit derſelben ge-
than; und damit luͤſterenden ingeniis und falſchen lehrern zur gefaͤhrlichen
neuerung/ nicht aber GOTT in ſeinen werckzeugen zur beſſerung/ den weg
verlegt. Daher ſie uͤber dieſes befragt ſich auch Chriſtlichen wuͤrden erklaͤh-
ret haben.

§. XLVI. Was n. 47. angefuͤhret wird von der demuth der Apoſtel/
welche die mitwuͤrckung aller dreyer weſentlicher theil der kirchen Apoſtel
Geſchicht
15. zugelaſſen/ leugne ich nicht/ daß ich ordentlicher gethan zu ſeyn
erachte/ wo in dergleichen faͤllen/ allen ordnungen der kirchen ihr recht blei-
bet/ und deroſelben einſtimmung herbey gezogen wird/ als welches der erſten
art der kirchen/ und der weißheit unſers Heilands in dero einrichtung am ge-
maͤßeſten waͤre/ dadurch auch viele inconvenienzen und vorwuͤrffe verhuͤtet
wuͤrden/ ſo dann ein mehrer goͤttlicher ſegen dabey zu hoffen ſẽyn moͤchte. Jn
deſſen ſehe doch nicht/ daß deswegen die uͤbergehung des dritten ſtands in der
kirchen in jener verfaſſung das gantze werck Antichriſtiſch mache. Sonder-
lich weil 1. wie in andern ſtuͤcken der dritte ſtand ſich von den andern beiden re-
præſenti
ren laͤſſet/ ſolches auch hierinnen geſchehen. 2. Der tacitus conſen-

ſus
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[375/0391] Des 1. Capitels. dern wir werden zuweilen dero fehler gewahr/ in deſſen mag ich in dem fall der noth zu behuff der gerechtigkeit das jenige mit einem eyd beſtaͤttigen/ was ich gewiß geſehen und gehoͤret zu haben weiß. Ferner der jenige/ der die libros ſymbolicos unterſchreibet/ und ſich dazu eydlich verbindet/ bezeuget nichts anders/ als daß er in ſeinem hertzen ſich dero wahrheit/ als noͤthig iſt/ verſi- chert halte/ und deswegen dabey bleiben wolle/ es waͤre dann ſache/ daß er nachmahl eines andern ſolle uͤberzeuget werden/ wo er aber auch ſich wieder- um bey denen/ welchen er den eyd geleiſtet/ und denen daran gelegen iſt/ dar- uͤber kund zu geben hat. Alſo iſt je auch in ſolchem eyd nichts widerchriſtli- ches. Nicht mehr grund hat 3. die klage/ man habe damit GOtt und men- ſchen den weg zur verbeſſerung verlegen wollen. Es bleibet noch ſtaͤts der weg offen/ zu weiterer erkaͤntnuͤß zu kommen/ und ob wohl die wahrheit des aus goͤttlichem wort gezogenen feſt ſtehet/ ſo koͤnnen noch einige/ welchen der HErr ein mehrers liecht gibet/ auch in ſolchen materien zuweilen noch tieffer einſehen/ und das jenige wahrnehmen/ wo etwa die vorige/ ob ſie wohl nichts falſches geſchrieben/ ſo voͤllig noch nicht eingeſehen haͤtten. Es kan auch die erkaͤntnuͤß wachſen in den jenigen puncten/ die in ſolchen buͤchern noch gar nicht ex profeſſo ausgemachet ſind/ und iſt bereits geſtanden worden/ daß wir auch zur aͤnderung bereit ſeyn muͤſſen/ da uns irrthuͤmer gezeiget werden koͤnten. Welchem allen nicht zu wider iſt/ was die gottſelige vorfahren von unverbruͤchlicher beybehaltung und fortpflantzung ſolcher lehre ſich erklaͤhret haben/ als welches ſie aus ihrer uͤberzeugung von der wahrheit derſelben ge- than; und damit luͤſterenden ingeniis und falſchen lehrern zur gefaͤhrlichen neuerung/ nicht aber GOTT in ſeinen werckzeugen zur beſſerung/ den weg verlegt. Daher ſie uͤber dieſes befragt ſich auch Chriſtlichen wuͤrden erklaͤh- ret haben. §. XLVI. Was n. 47. angefuͤhret wird von der demuth der Apoſtel/ welche die mitwuͤrckung aller dreyer weſentlicher theil der kirchen Apoſtel Geſchicht 15. zugelaſſen/ leugne ich nicht/ daß ich ordentlicher gethan zu ſeyn erachte/ wo in dergleichen faͤllen/ allen ordnungen der kirchen ihr recht blei- bet/ und deroſelben einſtimmung herbey gezogen wird/ als welches der erſten art der kirchen/ und der weißheit unſers Heilands in dero einrichtung am ge- maͤßeſten waͤre/ dadurch auch viele inconvenienzen und vorwuͤrffe verhuͤtet wuͤrden/ ſo dann ein mehrer goͤttlicher ſegen dabey zu hoffen ſẽyn moͤchte. Jn deſſen ſehe doch nicht/ daß deswegen die uͤbergehung des dritten ſtands in der kirchen in jener verfaſſung das gantze werck Antichriſtiſch mache. Sonder- lich weil 1. wie in andern ſtuͤcken der dritte ſtand ſich von den andern beiden re- præſentiren laͤſſet/ ſolches auch hierinnen geſchehen. 2. Der tacitus conſen- ſus

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 1. Halle (Saale), 1700, S. 375. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken01_1700/391>, abgerufen am 25.11.2024.