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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 1. Halle (Saale), 1700.

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solchen lehr-puncten betreffe/ welcher von sonderbahrer wichtigkeit wäre/ und
einen grund-articul berührte/ so möchte es wohl seyn/ daß sich ein solcher des
kirchen-diensts bey uns unfähig machte/ oder wo es nicht so wichtig/ auffs
wenigste bey der gemeinde nichts dessen was unsern büchern entgegen/ zu ge-
dencken/ zum verspruch gehalten werden möchte. Aber mit den Libris Sym-
bolicis
selbs können wir ihn zur gnüge nicht widerlegen/ und meinen/ es seye
schon gnug/ wo wir seine dissonanz davon zeigen. Dann es verbinden die-
selbe uns/ weil wir sie mit göttlichem wort überein kommend erkennen/ fället
nun dieses bey einem weg/ so muß ihm aus dem gemeinen principio geholffen
werden.

§. XLI. Ja gar 6. wo uns jemand solte wahrhafftig zeigen können/ (so
ich mich versehe nimmer zu geschehen) daß ein lehr-fehler in unsern büchern
sich finden solte/ so hätten wir wider GOtt nicht zu streiten/ sondern wären
schuldig/ denselben abzulegen; müssen also immer dazu bereit und erböthig
seyn/ weil einmahl sie nicht die selbs-wahrheit/ sondern von menschen/ die an
sich dem irrthum unterworffen/ aus der schrifft gezogene und in ordnung ge-
setzte wahrheiten sind/ welche also stets das examen leiden müssen/ davon
GOttes wort allein frey bleibet. Womit gleichwol nicht gesagt wird/ als
ob wir denn in stäter ungewißheit der lehr stünden/ dann wir haben nichts de-
stoweniger eine gnugsame versicherung der wahrheit/ ob wol nicht unmüg-
lich wäre/ daß in diesen büchern fehler seyn könten/ weil gleichwol darinnen
keine sind/ noch haben gezeiget werden können: wie auch ein particular-glau-
biger Christ zwahr erkennet/ daß er fallibilis und ein solcher mensch seye/ der
irren könte/ hat aber seine versicherung aus GOttes wort/ daß er in seinem
glauben nicht irre/ sondern getrost vor GOtt drauff leben und sterben darff/
ob er wol dabey bereit ist/ wann ihm ein irrthum gezeigt werden könte/ densel-
ben fahren zu lassen.

§. XLII. Also auch 7. erkennen wir die Libros Symbolicos nicht so noth-
wendig/ daß die kirche sie schlechter dings haben müste/ daß alle glieder der-
selben davon zu wissen und ihnen austrücklich beyzupflichten gehalten seyen/
daß wir keine/ die sie nicht annehmen/ vor glaubens-brüder erkennen: Dann
es war die kirche die wahre kirche/ ehe sie diese hatte/ und sind allein gewisse
begebenheiten gewesen/ die sie etlicher massen nothwendig gemacht haben.
Die wenigste unsrer gemeinden wissen von denselben/ sondern meistens allein
die prediger/ und etwa solche weltliche officianten, denen die erhaltung der
orthodoxiae mit anvertrauet ist. So sind gantze Königreiche/ Fürstenthum/
land und städte gewesen/ und zum theil noch/ welche solche Libros Symboli-
cos
insgesamt nicht angenommen oder eingeführet/ mit denen wir dannoch
nicht leugnen in gemeinschafft des glaubens zu stehen/ und damit zu frieden

sind/

Anhang
ſolchen lehr-puncten betreffe/ welcher von ſonderbahrer wichtigkeit waͤre/ und
einen grund-articul beruͤhrte/ ſo moͤchte es wohl ſeyn/ daß ſich ein ſolcher des
kirchen-dienſts bey uns unfaͤhig machte/ oder wo es nicht ſo wichtig/ auffs
wenigſte bey der gemeinde nichts deſſen was unſern buͤchern entgegen/ zu ge-
dencken/ zum verſpruch gehalten werden moͤchte. Aber mit den Libris Sym-
bolicis
ſelbs koͤnnen wir ihn zur gnuͤge nicht widerlegen/ und meinen/ es ſeye
ſchon gnug/ wo wir ſeine diſſonanz davon zeigen. Dann es verbinden die-
ſelbe uns/ weil wir ſie mit goͤttlichem wort uͤberein kommend erkennen/ faͤllet
nun dieſes bey einem weg/ ſo muß ihm aus dem gemeinen principio geholffen
werden.

§. XLI. Ja gar 6. wo uns jemand ſolte wahrhafftig zeigen koͤnnen/ (ſo
ich mich verſehe nimmer zu geſchehen) daß ein lehr-fehler in unſern buͤchern
ſich finden ſolte/ ſo haͤtten wir wider GOtt nicht zu ſtreiten/ ſondern waͤren
ſchuldig/ denſelben abzulegen; muͤſſen alſo immer dazu bereit und erboͤthig
ſeyn/ weil einmahl ſie nicht die ſelbs-wahrheit/ ſondern von menſchen/ die an
ſich dem irrthum unterworffen/ aus der ſchrifft gezogene und in ordnung ge-
ſetzte wahrheiten ſind/ welche alſo ſtets das examen leiden muͤſſen/ davon
GOttes wort allein frey bleibet. Womit gleichwol nicht geſagt wird/ als
ob wir denn in ſtaͤter ungewißheit der lehr ſtuͤnden/ dann wir haben nichts de-
ſtoweniger eine gnugſame verſicherung der wahrheit/ ob wol nicht unmuͤg-
lich waͤre/ daß in dieſen buͤchern fehler ſeyn koͤnten/ weil gleichwol darinnen
keine ſind/ noch haben gezeiget werden koͤnnen: wie auch ein particular-glau-
biger Chriſt zwahr erkennet/ daß er fallibilis und ein ſolcher menſch ſeye/ der
irren koͤnte/ hat aber ſeine verſicherung aus GOttes wort/ daß er in ſeinem
glauben nicht irre/ ſondern getroſt vor GOtt drauff leben und ſterben darff/
ob er wol dabey bereit iſt/ wann ihm ein irrthum gezeigt werden koͤnte/ denſel-
ben fahren zu laſſen.

§. XLII. Alſo auch 7. erkennen wir die Libros Symbolicos nicht ſo noth-
wendig/ daß die kirche ſie ſchlechter dings haben muͤſte/ daß alle glieder der-
ſelben davon zu wiſſen und ihnen austruͤcklich beyzupflichten gehalten ſeyen/
daß wir keine/ die ſie nicht annehmen/ vor glaubens-bruͤder erkennen: Dann
es war die kirche die wahre kirche/ ehe ſie dieſe hatte/ und ſind allein gewiſſe
begebenheiten geweſen/ die ſie etlicher maſſen nothwendig gemacht haben.
Die wenigſte unſrer gemeinden wiſſen von denſelben/ ſondern meiſtens allein
die prediger/ und etwa ſolche weltliche officianten, denen die erhaltung der
orthodoxiæ mit anvertrauet iſt. So ſind gantze Koͤnigreiche/ Fuͤrſtenthum/
land und ſtaͤdte geweſen/ und zum theil noch/ welche ſolche Libros Symboli-
cos
insgeſamt nicht angenommen oder eingefuͤhret/ mit denen wir dannoch
nicht leugnen in gemeinſchafft des glaubens zu ſtehen/ und damit zu frieden

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[372/0388] Anhang ſolchen lehr-puncten betreffe/ welcher von ſonderbahrer wichtigkeit waͤre/ und einen grund-articul beruͤhrte/ ſo moͤchte es wohl ſeyn/ daß ſich ein ſolcher des kirchen-dienſts bey uns unfaͤhig machte/ oder wo es nicht ſo wichtig/ auffs wenigſte bey der gemeinde nichts deſſen was unſern buͤchern entgegen/ zu ge- dencken/ zum verſpruch gehalten werden moͤchte. Aber mit den Libris Sym- bolicis ſelbs koͤnnen wir ihn zur gnuͤge nicht widerlegen/ und meinen/ es ſeye ſchon gnug/ wo wir ſeine diſſonanz davon zeigen. Dann es verbinden die- ſelbe uns/ weil wir ſie mit goͤttlichem wort uͤberein kommend erkennen/ faͤllet nun dieſes bey einem weg/ ſo muß ihm aus dem gemeinen principio geholffen werden. §. XLI. Ja gar 6. wo uns jemand ſolte wahrhafftig zeigen koͤnnen/ (ſo ich mich verſehe nimmer zu geſchehen) daß ein lehr-fehler in unſern buͤchern ſich finden ſolte/ ſo haͤtten wir wider GOtt nicht zu ſtreiten/ ſondern waͤren ſchuldig/ denſelben abzulegen; muͤſſen alſo immer dazu bereit und erboͤthig ſeyn/ weil einmahl ſie nicht die ſelbs-wahrheit/ ſondern von menſchen/ die an ſich dem irrthum unterworffen/ aus der ſchrifft gezogene und in ordnung ge- ſetzte wahrheiten ſind/ welche alſo ſtets das examen leiden muͤſſen/ davon GOttes wort allein frey bleibet. Womit gleichwol nicht geſagt wird/ als ob wir denn in ſtaͤter ungewißheit der lehr ſtuͤnden/ dann wir haben nichts de- ſtoweniger eine gnugſame verſicherung der wahrheit/ ob wol nicht unmuͤg- lich waͤre/ daß in dieſen buͤchern fehler ſeyn koͤnten/ weil gleichwol darinnen keine ſind/ noch haben gezeiget werden koͤnnen: wie auch ein particular-glau- biger Chriſt zwahr erkennet/ daß er fallibilis und ein ſolcher menſch ſeye/ der irren koͤnte/ hat aber ſeine verſicherung aus GOttes wort/ daß er in ſeinem glauben nicht irre/ ſondern getroſt vor GOtt drauff leben und ſterben darff/ ob er wol dabey bereit iſt/ wann ihm ein irrthum gezeigt werden koͤnte/ denſel- ben fahren zu laſſen. §. XLII. Alſo auch 7. erkennen wir die Libros Symbolicos nicht ſo noth- wendig/ daß die kirche ſie ſchlechter dings haben muͤſte/ daß alle glieder der- ſelben davon zu wiſſen und ihnen austruͤcklich beyzupflichten gehalten ſeyen/ daß wir keine/ die ſie nicht annehmen/ vor glaubens-bruͤder erkennen: Dann es war die kirche die wahre kirche/ ehe ſie dieſe hatte/ und ſind allein gewiſſe begebenheiten geweſen/ die ſie etlicher maſſen nothwendig gemacht haben. Die wenigſte unſrer gemeinden wiſſen von denſelben/ ſondern meiſtens allein die prediger/ und etwa ſolche weltliche officianten, denen die erhaltung der orthodoxiæ mit anvertrauet iſt. So ſind gantze Koͤnigreiche/ Fuͤrſtenthum/ land und ſtaͤdte geweſen/ und zum theil noch/ welche ſolche Libros Symboli- cos insgeſamt nicht angenommen oder eingefuͤhret/ mit denen wir dannoch nicht leugnen in gemeinſchafft des glaubens zu ſtehen/ und damit zu frieden ſind/

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 1. Halle (Saale), 1700, S. 372. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken01_1700/388>, abgerufen am 25.11.2024.