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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 1. Halle (Saale), 1700.

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gleichgesinnte glieder/ sondern allein in Babel eusserlich enthaltene/ ob sie
wohl etliches des Babylonischen unwesens in ihrer unwissenheit an sich ha-
ben. Wo man aber redet von der allgemeinen verfassung jedes der Christli-
chen theil/ werden wir abermahl bey den übrigen/ wie sehr die irrige secten
[v]erdorben sind und also im andern verstand viel Antichristisches an sich haben/
das eigentliche Babel nicht finden. Was aber die gantze Römische Päpsti-
sche kirchen-verfassung anlangt/ so ist nach solcher zu reden dieselbe das ei-
gentliche geistliche Babel/ und sind solches regenten/ der Papst samt übrigen
seiner geistlichen regierung ober- und unter-mitgenossen und werckzeugen;
die eigentliche unterthanen aber/ die sich mit willen und billigung solcher ver-
meinten geistlichen der kirchen wider GOtt zugeschriebenen gewalt/ dersel-
ben unterwerffen/ sich der greuel theilhafftig machen/ und gegen die wahre
bekenner Christi entweder mit würcklicher verfolgung wüten/ oder da sie die
macht dazu nicht haben/ sie feindselig hassen/ und jedermann zu der gemein-
schafft ihres reichs (als stünde darinnen die seligkeit) zu verleiten trachten.

§. XXIV. Hie können wir also sehen/ daß die eigenschafften Babels/
wie es eigentlich ein reich seye/ in deme regenten und unterthanen seyn müs-
sen/ da aber beyderley obschon auf unterschiedene art an denen staats maxi-
men
theil haben/ wahrhafftig der gantzen Päpstischen kirchen in ihren eigent-
lichen gliedern zukommen: obwol die eigenschafften/ welche eigentlich der re-
genten eigen sind/ ihnen nicht so zukommen können/ ohne so fern sie die von
den regenten wider GOtt erhobene macht annehmen/ und sich derselbigen wil-
lig unterwerffen. Ob ein aber auch bey andern secten einige der dinge sich
finden/ welche Babel GOtt dem HErrn verhasset machen/ sind sie doch noch
nicht stracks Babel/ welches wir gesehen haben/ daß es ein besonders und
von den übrigen unterschiedenes reich seyn müsse. Ob auch in der rechtglau-
bigen kirchen eine und andere der vorsteher seyn mögen (als auff die in
solcher sache am meisten zusehen ist) welche einige Babylonische principia bey
sich hegeten/ sich in göttlichen dingen mehr gewalt/ als dienern von dem
HErrn gegeben wäre/ anmasseten/ und andere mit gewalt zu unterdrucken
suchten/ macht solches dannoch das gantze corpus der Evangelischen kirchen/
wie es in seiner allgemeinen verfassung betrachtet wird/ nicht zu Babel: dann
1. gehörten dazu alle/ nicht nur etliche eigenschafften. 2. möchte der fehler eini-
ger vornehmer vorsteher/ da die übrige anders gesinnet sind/ zwahr die ge-
meinden/ da sie stehen/ hart trucken/ daß sie über einige dienstbarkeit zu seuff-
zen hätten/ aber es mag noch das übrige corpus nicht in die gemeinschafft zie-
hen. 3. wird vielmehr in unsrer allgemeinen lehr solcher leute unziemlichem
beginnen widersprochen/ zu dero wir uns gleichwohl alle bekennen/ und
auch dieses von den übrigen nicht gebilliget. 4. waren 2. Johann. 9. 10.
bey Diotrephe unterschiedl. characteres, die Antichristisch sind/ und doch hörte

die

Anhang
gleichgeſinnte glieder/ ſondern allein in Babel euſſerlich enthaltene/ ob ſie
wohl etliches des Babyloniſchen unweſens in ihrer unwiſſenheit an ſich ha-
ben. Wo man aber redet von der allgemeinen verfaſſung jedes der Chriſtli-
chen theil/ werden wir abermahl bey den uͤbrigen/ wie ſehr die irrige ſecten
[v]erdorben ſind und alſo im andern veꝛſtand viel Antichꝛiſtiſches an ſich haben/
das eigentliche Babel nicht finden. Was aber die gantze Roͤmiſche Paͤpſti-
ſche kirchen-verfaſſung anlangt/ ſo iſt nach ſolcher zu reden dieſelbe das ei-
gentliche geiſtliche Babel/ und ſind ſolches regenten/ der Papſt ſamt uͤbrigen
ſeiner geiſtlichen regierung ober- und unter-mitgenoſſen und werckzeugen;
die eigentliche unterthanen aber/ die ſich mit willen und billigung ſolcher ver-
meinten geiſtlichen der kirchen wider GOtt zugeſchriebenen gewalt/ derſel-
ben unterwerffen/ ſich der greuel theilhafftig machen/ und gegen die wahre
bekenner Chriſti entweder mit wuͤrcklicher verfolgung wuͤten/ oder da ſie die
macht dazu nicht haben/ ſie feindſelig haſſen/ und jedermann zu der gemein-
ſchafft ihres reichs (als ſtuͤnde darinnen die ſeligkeit) zu verleiten trachten.

§. XXIV. Hie koͤnnen wir alſo ſehen/ daß die eigenſchafften Babels/
wie es eigentlich ein reich ſeye/ in deme regenten und unterthanen ſeyn muͤſ-
ſen/ da aber beyderley obſchon auf unterſchiedene art an denen ſtaats maxi-
men
theil haben/ wahrhafftig der gantzen Paͤpſtiſchen kirchen in ihren eigent-
lichen gliedern zukommen: obwol die eigenſchafften/ welche eigentlich der re-
genten eigen ſind/ ihnen nicht ſo zukommen koͤnnen/ ohne ſo fern ſie die von
den regenten wider GOtt erhobene macht annehmen/ und ſich derſelbigen wil-
lig unterwerffen. Ob ein aber auch bey andern ſecten einige der dinge ſich
finden/ welche Babel GOtt dem HErrn verhaſſet machen/ ſind ſie doch noch
nicht ſtracks Babel/ welches wir geſehen haben/ daß es ein beſonders und
von den uͤbrigen unterſchiedenes reich ſeyn muͤſſe. Ob auch in der rechtglau-
bigen kirchen eine und andere der vorſteher ſeyn moͤgen (als auff die in
ſolcher ſache am meiſten zuſehen iſt) welche einige Babyloniſche principia bey
ſich hegeten/ ſich in goͤttlichen dingen mehr gewalt/ als dienern von dem
HErrn gegeben waͤre/ anmaſſeten/ und andere mit gewalt zu unterdrucken
ſuchten/ macht ſolches dannoch das gantze corpus der Evangeliſchen kirchen/
wie es in ſeiner allgemeinen verfaſſung betrachtet wird/ nicht zu Babel: dann
1. gehoͤrten dazu alle/ nicht nur etliche eigenſchafften. 2. moͤchte der fehler eini-
ger vornehmer vorſteher/ da die uͤbrige anders geſinnet ſind/ zwahr die ge-
meinden/ da ſie ſtehen/ hart trucken/ daß ſie uͤber einige dienſtbarkeit zu ſeuff-
zen haͤtten/ aber es mag noch das uͤbrige corpus nicht in die gemeinſchafft zie-
hen. 3. wird vielmehr in unſrer allgemeinen lehr ſolcher leute unziemlichem
beginnen widerſprochen/ zu dero wir uns gleichwohl alle bekennen/ und
auch dieſes von den uͤbrigen nicht gebilliget. 4. waren 2. Johann. 9. 10.
bey Diotrephe unterſchiedl. characteres, die Antichriſtiſch ſind/ und doch hoͤꝛte

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[364/0380] Anhang gleichgeſinnte glieder/ ſondern allein in Babel euſſerlich enthaltene/ ob ſie wohl etliches des Babyloniſchen unweſens in ihrer unwiſſenheit an ſich ha- ben. Wo man aber redet von der allgemeinen verfaſſung jedes der Chriſtli- chen theil/ werden wir abermahl bey den uͤbrigen/ wie ſehr die irrige ſecten verdorben ſind und alſo im andern veꝛſtand viel Antichꝛiſtiſches an ſich haben/ das eigentliche Babel nicht finden. Was aber die gantze Roͤmiſche Paͤpſti- ſche kirchen-verfaſſung anlangt/ ſo iſt nach ſolcher zu reden dieſelbe das ei- gentliche geiſtliche Babel/ und ſind ſolches regenten/ der Papſt ſamt uͤbrigen ſeiner geiſtlichen regierung ober- und unter-mitgenoſſen und werckzeugen; die eigentliche unterthanen aber/ die ſich mit willen und billigung ſolcher ver- meinten geiſtlichen der kirchen wider GOtt zugeſchriebenen gewalt/ derſel- ben unterwerffen/ ſich der greuel theilhafftig machen/ und gegen die wahre bekenner Chriſti entweder mit wuͤrcklicher verfolgung wuͤten/ oder da ſie die macht dazu nicht haben/ ſie feindſelig haſſen/ und jedermann zu der gemein- ſchafft ihres reichs (als ſtuͤnde darinnen die ſeligkeit) zu verleiten trachten. §. XXIV. Hie koͤnnen wir alſo ſehen/ daß die eigenſchafften Babels/ wie es eigentlich ein reich ſeye/ in deme regenten und unterthanen ſeyn muͤſ- ſen/ da aber beyderley obſchon auf unterſchiedene art an denen ſtaats maxi- men theil haben/ wahrhafftig der gantzen Paͤpſtiſchen kirchen in ihren eigent- lichen gliedern zukommen: obwol die eigenſchafften/ welche eigentlich der re- genten eigen ſind/ ihnen nicht ſo zukommen koͤnnen/ ohne ſo fern ſie die von den regenten wider GOtt erhobene macht annehmen/ und ſich derſelbigen wil- lig unterwerffen. Ob ein aber auch bey andern ſecten einige der dinge ſich finden/ welche Babel GOtt dem HErrn verhaſſet machen/ ſind ſie doch noch nicht ſtracks Babel/ welches wir geſehen haben/ daß es ein beſonders und von den uͤbrigen unterſchiedenes reich ſeyn muͤſſe. Ob auch in der rechtglau- bigen kirchen eine und andere der vorſteher ſeyn moͤgen (als auff die in ſolcher ſache am meiſten zuſehen iſt) welche einige Babyloniſche principia bey ſich hegeten/ ſich in goͤttlichen dingen mehr gewalt/ als dienern von dem HErrn gegeben waͤre/ anmaſſeten/ und andere mit gewalt zu unterdrucken ſuchten/ macht ſolches dannoch das gantze corpus der Evangeliſchen kirchen/ wie es in ſeiner allgemeinen verfaſſung betrachtet wird/ nicht zu Babel: dann 1. gehoͤrten dazu alle/ nicht nur etliche eigenſchafften. 2. moͤchte der fehler eini- ger vornehmer vorſteher/ da die uͤbrige anders geſinnet ſind/ zwahr die ge- meinden/ da ſie ſtehen/ hart trucken/ daß ſie uͤber einige dienſtbarkeit zu ſeuff- zen haͤtten/ aber es mag noch das uͤbrige corpus nicht in die gemeinſchafft zie- hen. 3. wird vielmehr in unſrer allgemeinen lehr ſolcher leute unziemlichem beginnen widerſprochen/ zu dero wir uns gleichwohl alle bekennen/ und auch dieſes von den uͤbrigen nicht gebilliget. 4. waren 2. Johann. 9. 10. bey Diotrephe unterſchiedl. characteres, die Antichriſtiſch ſind/ und doch hoͤꝛte die

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 1. Halle (Saale), 1700, S. 364. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken01_1700/380>, abgerufen am 25.11.2024.