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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 1. Halle (Saale), 1700.

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sen; was ihre abgötterey und verfolgungen anlangt/ sind dieselbe aller orten
bekant. Und gleichwohl können wir solche heidnische gewalt nicht vor Ba-
bel halten/ als welches ein reich ist/ das nicht so bald im anfang der Christen-
heit auffgekommen/ sondern ziemlich spat/ wie auch das Babylonische reich
nicht der erste sondern letzte feind der Jüdischen kirchen und reichs gewesen.
Gleichermassen haben in dem N. T. viele andere feinde/ die Heiden und un-
terschiedlich viele Ketzer/ auf die insgemein jene characteres sich wohl schi-
cken/ ihren grimm gegen die kirche und das volck GOttes ausgegossen/ ehe
Babel sich empor gethan und den kopff auffgerichtet hat. Und was manglet
dem Muhammed samt seinem Saracenischen und Türckischen reich/ daß nicht
alle jene characteres auff ihn kommen/ da er ein neues wort Gottes erdichtet/
und in dem Alcoran der welt vorgeleget/ und also wohl übermenschl. dinge aus
eigener witz und macht unternommen hat? indessen wird der verfasser des beden-
ckens vermuthlich ihn nicht zu dem eigentlichen Apocalyptis. Babel rechnen:
Aber eben deßwegen erkennen müssen/ daß solche characteres sich irgend finden
können/ was gleichwol Babel nicht ist/ und daß also nicht folge/ wo wir die-
selbe einigerley massen antreffen möchten/ daß man also balden solches vor Ba-
bel halten müßte/ worauff dannoch fast sein gantzes bedencken beruhet/ aber
durch die umstossung solcher grund-seule zugleich dahin fället. Hingegen
müssen andere characteres gesetzt werden/ welche wie sie beysammen sind/
das Babel bezeichnen/ wo sie aber/ oder einige vornehme davon manglen/
auch zeigen können/ daß solches nicht müsse Babel seyn.

§. XIII. Daß n. 13. das Babel in Rom gesucht und gefunden wird/ ist
der wahrheit der schrifft gantz gemäß: aber n. 14. sorge ich/ gehe viel zu weit.
1. Ein falsches praesuppositum achte ich zu seyn/ daß Babel in dem verstand
(welchen ich hier gemeinet zu seyn achte) der gantzen kirchen Christi entgegen
gesetzet werde/ als ob alle feinde der wahren kirchen zu Babel gehörten: dann
wir haben anderwerts bereits bemercket/ daß Babel vielmehr ein absonder-
licher aber haupt-feind des volcks GOttes seye/ ausser deme dieses eben so
wohl noch andere feinde haben kan: wie auch der verfasser selbs wird gestehen
müssen/ daß ausser dem Babel/ wie ers etwa nehmen mag/ auff die stunde
andere feinde der kirchen seyen/ wie kurtz vorher von den Türcken erwehnung
geschehen/ die er nicht zu Babel ziehen wird: ja nach dem fall Babels ist noch
Gog und Magog ein sehr schrecklicher feind der wahren kirchen. Wird aber
nicht mehr gemeinet/ als daß Babel der gantzen wahren kirchen entgegen
seye/ das ist/ wo sie dieselbe antreffe/ sie zu untertrucken suche/ liesse ichs wohl
passiren/ massen zu Rom alles in einer verdamnüs stehet/ was seine geistliche
gewalt nicht erkennen will/ darunter gehöret/ was von der Christlichen kir-

chen

Anhang
ſen; was ihre abgoͤtterey und verfolgungen anlangt/ ſind dieſelbe aller orten
bekant. Und gleichwohl koͤnnen wir ſolche heidniſche gewalt nicht vor Ba-
bel halten/ als welches ein reich iſt/ das nicht ſo bald im anfang der Chriſten-
heit auffgekommen/ ſondern ziemlich ſpat/ wie auch das Babyloniſche reich
nicht der erſte ſondern letzte feind der Juͤdiſchen kirchen und reichs geweſen.
Gleichermaſſen haben in dem N. T. viele andere feinde/ die Heiden und un-
terſchiedlich viele Ketzer/ auf die insgemein jene characteres ſich wohl ſchi-
cken/ ihren grimm gegen die kirche und das volck GOttes ausgegoſſen/ ehe
Babel ſich empor gethan und den kopff auffgerichtet hat. Und was manglet
dem Muhammed ſamt ſeinem Saraceniſchen und Tuͤrckiſchen reich/ daß nicht
alle jene characteres auff ihn kommen/ da er ein neues wort Gottes erdichtet/
und in dem Alcoran der welt vorgeleget/ und alſo wohl uͤbermenſchl. dinge aus
eigener witz und macht unternom̃en hat? indeſſen wird der verfaſſer des beden-
ckens vermuthlich ihn nicht zu dem eigentlichen Apocalyptiſ. Babel rechnen:
Aber eben deßwegen erkeñen muͤſſen/ daß ſolche characteres ſich irgend finden
koͤnnen/ was gleichwol Babel nicht iſt/ und daß alſo nicht folge/ wo wir die-
ſelbe einigerley maſſen antreffen moͤchtẽ/ daß man alſo balden ſolches vor Ba-
bel halten muͤßte/ worauff dannoch faſt ſein gantzes bedencken beruhet/ aber
durch die umſtoſſung ſolcher grund-ſeule zugleich dahin faͤllet. Hingegen
muͤſſen andere characteres geſetzt werden/ welche wie ſie beyſammen ſind/
das Babel bezeichnen/ wo ſie aber/ oder einige vornehme davon manglen/
auch zeigen koͤnnen/ daß ſolches nicht muͤſſe Babel ſeyn.

§. XIII. Daß n. 13. das Babel in Rom geſucht und gefunden wird/ iſt
der wahrheit der ſchrifft gantz gemaͤß: aber n. 14. ſorge ich/ gehe viel zu weit.
1. Ein falſches præſuppoſitum achte ich zu ſeyn/ daß Babel in dem verſtand
(welchen ich hier gemeinet zu ſeyn achte) der gantzen kirchen Chriſti entgegen
geſetzet werde/ als ob alle feinde der wahren kirchen zu Babel gehoͤrten: dann
wir haben anderwerts bereits bemercket/ daß Babel vielmehr ein abſonder-
licher aber haupt-feind des volcks GOttes ſeye/ auſſer deme dieſes eben ſo
wohl noch andere feinde haben kan: wie auch der verfaſſer ſelbs wird geſtehen
muͤſſen/ daß auſſer dem Babel/ wie ers etwa nehmen mag/ auff die ſtunde
andere feinde der kirchen ſeyen/ wie kurtz vorher von den Tuͤrcken erwehnung
geſchehen/ die er nicht zu Babel ziehen wird: ja nach dem fall Babels iſt noch
Gog und Magog ein ſehr ſchrecklicher feind der wahren kirchen. Wird aber
nicht mehr gemeinet/ als daß Babel der gantzen wahren kirchen entgegen
ſeye/ das iſt/ wo ſie dieſelbe antreffe/ ſie zu untertrucken ſuche/ lieſſe ichs wohl
paſſiren/ maſſen zu Rom alles in einer verdamnuͤs ſtehet/ was ſeine geiſtliche
gewalt nicht erkennen will/ darunter gehoͤret/ was von der Chriſtlichen kir-

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[358/0374] Anhang ſen; was ihre abgoͤtterey und verfolgungen anlangt/ ſind dieſelbe aller orten bekant. Und gleichwohl koͤnnen wir ſolche heidniſche gewalt nicht vor Ba- bel halten/ als welches ein reich iſt/ das nicht ſo bald im anfang der Chriſten- heit auffgekommen/ ſondern ziemlich ſpat/ wie auch das Babyloniſche reich nicht der erſte ſondern letzte feind der Juͤdiſchen kirchen und reichs geweſen. Gleichermaſſen haben in dem N. T. viele andere feinde/ die Heiden und un- terſchiedlich viele Ketzer/ auf die insgemein jene characteres ſich wohl ſchi- cken/ ihren grimm gegen die kirche und das volck GOttes ausgegoſſen/ ehe Babel ſich empor gethan und den kopff auffgerichtet hat. Und was manglet dem Muhammed ſamt ſeinem Saraceniſchen und Tuͤrckiſchen reich/ daß nicht alle jene characteres auff ihn kommen/ da er ein neues wort Gottes erdichtet/ und in dem Alcoran der welt vorgeleget/ und alſo wohl uͤbermenſchl. dinge aus eigener witz und macht unternom̃en hat? indeſſen wird der verfaſſer des beden- ckens vermuthlich ihn nicht zu dem eigentlichen Apocalyptiſ. Babel rechnen: Aber eben deßwegen erkeñen muͤſſen/ daß ſolche characteres ſich irgend finden koͤnnen/ was gleichwol Babel nicht iſt/ und daß alſo nicht folge/ wo wir die- ſelbe einigerley maſſen antreffen moͤchtẽ/ daß man alſo balden ſolches vor Ba- bel halten muͤßte/ worauff dannoch faſt ſein gantzes bedencken beruhet/ aber durch die umſtoſſung ſolcher grund-ſeule zugleich dahin faͤllet. Hingegen muͤſſen andere characteres geſetzt werden/ welche wie ſie beyſammen ſind/ das Babel bezeichnen/ wo ſie aber/ oder einige vornehme davon manglen/ auch zeigen koͤnnen/ daß ſolches nicht muͤſſe Babel ſeyn. §. XIII. Daß n. 13. das Babel in Rom geſucht und gefunden wird/ iſt der wahrheit der ſchrifft gantz gemaͤß: aber n. 14. ſorge ich/ gehe viel zu weit. 1. Ein falſches præſuppoſitum achte ich zu ſeyn/ daß Babel in dem verſtand (welchen ich hier gemeinet zu ſeyn achte) der gantzen kirchen Chriſti entgegen geſetzet werde/ als ob alle feinde der wahren kirchen zu Babel gehoͤrten: dann wir haben anderwerts bereits bemercket/ daß Babel vielmehr ein abſonder- licher aber haupt-feind des volcks GOttes ſeye/ auſſer deme dieſes eben ſo wohl noch andere feinde haben kan: wie auch der verfaſſer ſelbs wird geſtehen muͤſſen/ daß auſſer dem Babel/ wie ers etwa nehmen mag/ auff die ſtunde andere feinde der kirchen ſeyen/ wie kurtz vorher von den Tuͤrcken erwehnung geſchehen/ die er nicht zu Babel ziehen wird: ja nach dem fall Babels iſt noch Gog und Magog ein ſehr ſchrecklicher feind der wahren kirchen. Wird aber nicht mehr gemeinet/ als daß Babel der gantzen wahren kirchen entgegen ſeye/ das iſt/ wo ſie dieſelbe antreffe/ ſie zu untertrucken ſuche/ lieſſe ichs wohl paſſiren/ maſſen zu Rom alles in einer verdamnuͤs ſtehet/ was ſeine geiſtliche gewalt nicht erkennen will/ darunter gehoͤret/ was von der Chriſtlichen kir- chen

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 1. Halle (Saale), 1700, S. 358. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken01_1700/374>, abgerufen am 25.11.2024.