Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 1. Halle (Saale), 1700.Des 1. Capitels. aber die sprach ein zeugnüß seyn kan/ vor welcher verführung zur abgöttereysie sich würden hüten müssen. So erreichte auch das reich unter Nebucadne- zar denjenigen gipffel seiner hoheit/ nachdem alle die lande und reiche/ davon Jerem. c. 25. stehet/ bezwungen worden/ daß man menschlicher weiß von demselben nicht anders hätte dencken können/ als daß nimand dasselbe werde stürtzen können/ auffs wenigste werde es eine lange zeit seine gewalt behalten. Dieses war auch das jenige reich und stadt/ aus welcher das volck GOttes ausgehen solte/ und über welches nachmahl das endliche gerichte GOTTes nach der trohung des Propheten zu seiner endlichen verstörung ausgebrochen ist. §. VII. Wie also von solchem zustand unverneinlich ist/ daß die aus der volck Y y 2
Des 1. Capitels. aber die ſprach ein zeugnuͤß ſeyn kan/ vor welcher verfuͤhrung zur abgoͤttereyſie ſich wuͤrden huͤten muͤſſen. So erreichte auch das reich unter Nebucadne- zar denjenigen gipffel ſeiner hoheit/ nachdem alle die lande und reiche/ davon Jerem. c. 25. ſtehet/ bezwungen worden/ daß man menſchlicher weiß von demſelben nicht anders haͤtte dencken koͤnnen/ als daß nimand daſſelbe werde ſtuͤrtzen koͤnnen/ auffs wenigſte werde es eine lange zeit ſeine gewalt behalten. Dieſes war auch das jenige reich und ſtadt/ aus welcher das volck GOttes ausgehen ſolte/ und uͤber welches nachmahl das endliche gerichte GOTTes nach der trohung des Propheten zu ſeiner endlichen verſtoͤrung ausgebrochen iſt. §. VII. Wie alſo von ſolchem zuſtand unverneinlich iſt/ daß die aus der volck Y y 2
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Des 1. Capitels.
aber die ſprach ein zeugnuͤß ſeyn kan/ vor welcher verfuͤhrung zur abgoͤtterey
ſie ſich wuͤrden huͤten muͤſſen. So erreichte auch das reich unter Nebucadne-
zar denjenigen gipffel ſeiner hoheit/ nachdem alle die lande und reiche/ davon
Jerem. c. 25. ſtehet/ bezwungen worden/ daß man menſchlicher weiß von
demſelben nicht anders haͤtte dencken koͤnnen/ als daß nimand daſſelbe werde
ſtuͤrtzen koͤnnen/ auffs wenigſte werde es eine lange zeit ſeine gewalt behalten.
Dieſes war auch das jenige reich und ſtadt/ aus welcher das volck GOttes
ausgehen ſolte/ und uͤber welches nachmahl das endliche gerichte GOTTes
nach der trohung des Propheten zu ſeiner endlichen verſtoͤrung ausgebrochen
iſt.
§. VII. Wie alſo von ſolchem zuſtand unverneinlich iſt/ daß die aus der
Offenbahrung angefuͤhrte characteres ſich an Babel befinden/ ſo finden wir
ſie hingegen in dem erſten zuſtand Babels gar nicht oder nicht alle und bey
weitem nicht ſo offenbahr/ und zwahr von dem heiligen Geiſt in der ſchrifft
ausgedrucket/ welcher gleichwohl in dieſer geheimen offenbahrung ſchwehr-
lich auff etwas anders/ als was er ſelbs anderwertlich deutlich bezeuget/ ſei-
ne abſicht nehmen wird. Daß die kinder GOttes jemahls in dem erſten Ba-
bel wider willen gefangen gehalten worden/ ſehen wir nirgend/ auffs wenig-
ſte ſagets uns die ſchrifft nicht deutlich gnug. Von der abgoͤtterey des alten
Babels will ich nicht viel ſtreiten/ ſondern laſſe aus Joſ. 24/ 2. 14. gelten/
daß in Babel oder der Chaldaͤer lande die abgoͤtterey/ und vielleicht zuerſt/ im
ſchwang gegangen: Jndeſſen wird bey dem vorhaben des thurn-gebaͤues der-
ſelben nicht gedacht/ und moͤchte wol ſeyn/ daß ſie nachmalhs erſt in ſchwang
gekommen: auffs hoͤchſte waͤre es derjenige character, der noch etlicher maſ-
ſen ſich bey dem erſten zuſtand findet. Daß das erſte Babel zu einer ſolchen
gewalt gekommen ſeye/ die den ſchein gehabt eines beſtaͤndigen oder ewigen
reichs/ ſehen wir auch aus der ſchrifft nicht/ vielmehr iſt abzunehmen/ da man
den thurn bauen und gleichſam eine feſtung des reichs gegen GOtt und men-
ſchen machen wollen/ daß GOtt ſo bald hindernuͤß drein geworffen/ und die
ſprachen verwirret: Daher ſich die leute/ die ſich unter einander nicht mehr
verſtunden/ von einander begeben muſten/ und alſo die hoffnung eines
groſſen und beſtaͤndigen reichs ſo bald zerfallen iſt. Wo wir auch die hiſto-
rien anſehen/ weil Nimrod der meinſten vermuthung nach Belus iſt/ ſo hat
das Babyloniſche reich faſt mit ihm gleich auffgehoͤret/ da ſein ſohn Ninus
Ninive in Aßyrien erbauet/ daſelbs recht das Aßyriſche reich angeho-
ben/ und deme nachmahls Babylonia eine unterthane provinz uͤber
1000 jahr geblieben/ biß gegen das ende des Aßyriſchen reichs auffs
neue ein Chaldaͤiſches oder Babyloniſches ſich hervor gethan. Noch
weniger kan von dem erſten Babel gedacht werden/ daß das
volck
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