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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 1. Halle (Saale), 1700.

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Anhang des 1. Capitels.
christs von gantzer seelen verlasse/ voraus so er wird in acht nehmen/ daß CHristus Johanni der
bey unter dem creutz stunde/ sagete; Siehe dieses ist deine mutter; es war damahls Ma-
ria als ein rechte verlassene trostlose witwe über die alle wetter der trübsal giengen/ und also ein ei-
gentlich muster jetziger nieder getruckten kirchen. Noch sagt CHristus nicht. Siehe dieses ist dei-
ne sudelmagd sondern deine mutter. 1. Er sol so wohl als Maria unter Christi creutz stehen/ und
sich nicht in aller welt-lust schwemmen. 2. Er soll von seiner gemeinde nicht halten wie die pharisäer von
ihrer Joh. 7. v. 43. 3. Er soll mit aller ehrerbietung/ liebe/ treue und sorge/ in großer demuth/ sei-
n[verlorenes Material - 1 Zeichen fehlt]r gemeine vorstehen/ 4. nicht alß der mann im hause weniger als der herr. 5. Aber auch nicht als
der knecht: Sondern 6. als der mutter ältester sohn 7. der Gottes gebot und seines verstorbenen
vaters verordnung vor augen hat.
XCVI.
Er lasse sich nicht bereden: Sein respect werde noth leiden: Er wird damit nicht geheissen
auff allen metzelsuppen zu erscheinen: nur daß nicht aus seiner schuld sein bruder blöd werde, sei-
ner sich zu bedienen/ und versichere sich alsdann: jemehr er vor GOtt sich werde erniedrigen/ und
vor seiner mutter demüthigen: jemehr ihn der HErr erhöhen werde/ und also wird es nicht gefahr
haben ein Antichrist zuwerden.
XCVII.
Wie hat sich aber die kirche oder eine gemeine vorzusehen?
XCVIII.
Dieses kan zeitwährender untertruckung und gefangenschafft der kirchen/ nicht wohl ausge-
trucket werden. So viel ihr aber müglich/ soll sie sich auch erinnern/ was Christus der Maria sagt:
Weib siehe dieses ist dein sohn. Sie soll ihren Johann[verlorenes Material - 1 Zeichen fehlt]m nicht forchten als ihren mann/
weniger als ihren herren. Aber sie soll ihn auch nicht halten als ihren knecht/ sondern als ihren
ältesten sohn/ der nicht nach seinem gefallen/ sondern nach ihres gewesenen mannes verordnung sie
verpflege/ und weil sie die mutter solche anordnung so wohl weiß als der sohn/ so soll sie ihm nicht
gestatten dawider zuthun.
XCIX.
Wo aber der sohn sich verhält/ und seine mutter verpfleget/ wie er solle: So thut sie ihme
allen mütterlichen respect, und leget ihren mütterlichen seegen auff ihn/ und also gehets recht zu in
dem hause GOttes.
C.
Nun solten wir auch die gerichte/ die Gott über diese große Babylon und alle ihre nebenäste/
führen wird/ und ihr ende und untergang betrachten: weil aber biß zu der völligen erfüllung ge-
heimnißen gemeiniglich verborgen bleiben/ und wir uns wohl begnügen können/ daß aus dem Da-
niel und Johanne wir wissen/ daß Gottes gerichte über sie grausam/ auch ihr end sehr nahe und
schrecklich seyn werde/ sollen wir uns dahero dahin bearbeiten/ von dieser großen Babylon und
allen deren eigenschafften/ auch wercken und wesen/ ernstlich auszugehen: Hingegen in
CHRJsti reich das sich mit ihm alle tage nahet/ mit gewalt einzudringen/ und dasselbe zu
uns zu reissen.

Ach Allmächtiger Gott himmlischer Vater/ wecke uns alle auff/ daß wenn
dein sohn kommt/ des Antichrists reich zuverstöhren und sein heiliges reich
herrlich zuoffenbahren/ wir bereit seyen/ ihn mit freuden zuempfahen/ und
dir mit reinem hertzen zu dienen. Durch denselben deinen sohn JEsum
CHRJSTUM. Amen.

Folget:
Anhang des 1. Capitels.
chriſts von gantzer ſeelen verlaſſe/ voraus ſo er wird in acht nehmen/ daß CHriſtus Johanni der
bey unteꝛ dem creutz ſtunde/ ſagete; Siehe dieſes iſt deine mutter; es war damahls Ma-
ria als ein rechte verlaſſene troſtloſe witwe uͤber die alle wetter der truͤbſal giengen/ und alſo ein ei-
gentlich muſter jetziger nieder getruckten kirchen. Noch ſagt CHriſtus nicht. Siehe dieſes iſt dei-
ne ſudelmagd ſondern deine mutter. 1. Er ſol ſo wohl als Maria unter Chriſti creutz ſtehen/ und
ſich nicht in alleꝛ welt-luſt ſchwemmen. 2. Er ſoll von ſeineꝛ gemeinde nicht haltẽ wie die phariſaͤeꝛ von
ihrer Joh. 7. v. 43. 3. Er ſoll mit aller ehrerbietung/ liebe/ treue und ſorge/ in großer demuth/ ſei-
n[verlorenes Material – 1 Zeichen fehlt]r gemeine vorſtehen/ 4. nicht alß der mann im hauſe weniger als der herr. 5. Aber auch nicht als
der knecht: Sondern 6. als der mutter aͤlteſter ſohn 7. der Gottes gebot und ſeines verſtorbenen
vaters verordnung vor augen hat.
XCVI.
Er laſſe ſich nicht bereden: Sein reſpect werde noth leiden: Er wird damit nicht geheiſſen
auff allen metzelſuppen zu erſcheinen: nur daß nicht aus ſeiner ſchuld ſein bruder bloͤd werde, ſei-
ner ſich zu bedienen/ und verſichere ſich alsdann: jemehr er vor GOtt ſich werde erniedrigen/ und
vor ſeiner mutter demuͤthigen: jemehr ihn der HErr erhoͤhen werde/ und alſo wird es nicht gefahr
haben ein Antichriſt zuwerden.
XCVII.
Wie hat ſich aber die kirche oder eine gemeine vorzuſehen?
XCVIII.
Dieſes kan zeitwaͤhrender untertruckung und gefangenſchafft der kirchen/ nicht wohl ausge-
trucket werden. So viel ihr aber muͤglich/ ſoll ſie ſich auch erinnern/ was Chriſtus der Maria ſagt:
Weib ſiehe dieſes iſt dein ſohn. Sie ſoll ihren Johann[verlorenes Material – 1 Zeichen fehlt]m nicht forchten als ihren mann/
weniger als ihren herren. Aber ſie ſoll ihn auch nicht halten als ihren knecht/ ſondern als ihren
aͤlteſten ſohn/ der nicht nach ſeinem gefallen/ ſondern nach ihres geweſenen mannes verordnung ſie
verpflege/ und weil ſie die mutter ſolche anordnung ſo wohl weiß als der ſohn/ ſo ſoll ſie ihm nicht
geſtatten dawider zuthun.
XCIX.
Wo aber der ſohn ſich verhaͤlt/ und ſeine mutter verpfleget/ wie er ſolle: So thut ſie ihme
allen muͤtterlichen reſpect, und leget ihren muͤtterlichen ſeegen auff ihn/ und alſo gehets recht zu in
dem hauſe GOttes.
C.
Nun ſolten wir auch die gerichte/ die Gott uͤber dieſe große Babylon und alle ihre nebenaͤſte/
fuͤhren wird/ und ihr ende und untergang betrachten: weil aber biß zu der voͤlligen erfuͤllung ge-
heimnißen gemeiniglich verborgen bleiben/ und wir uns wohl begnuͤgen koͤnnen/ daß aus dem Da-
niel und Johanne wir wiſſen/ daß Gottes gerichte uͤber ſie grauſam/ auch ihr end ſehr nahe und
ſchrecklich ſeyn werde/ ſollen wir uns dahero dahin bearbeiten/ von dieſer großen Babylon und
allen deren eigenſchafften/ auch wercken und weſen/ ernſtlich auszugehen: Hingegen in
CHRJſti reich das ſich mit ihm alle tage nahet/ mit gewalt einzudringen/ und daſſelbe zu
uns zu reiſſen.

Ach Allmaͤchtiger Gott himmliſcher Vater/ wecke uns alle auff/ daß weñ
dein ſohn kommt/ des Antichriſts reich zuverſtoͤhren und ſein heiliges reich
herrlich zuoffenbahren/ wir bereit ſeyen/ ihn mit freuden zuempfahen/ und
dir mit reinem hertzen zu dienen. Durch denſelben deinen ſohn JEſum
CHRJSTUM. Amen.

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[352/0368] Anhang des 1. Capitels. chriſts von gantzer ſeelen verlaſſe/ voraus ſo er wird in acht nehmen/ daß CHriſtus Johanni der bey unteꝛ dem creutz ſtunde/ ſagete; Siehe dieſes iſt deine mutter; es war damahls Ma- ria als ein rechte verlaſſene troſtloſe witwe uͤber die alle wetter der truͤbſal giengen/ und alſo ein ei- gentlich muſter jetziger nieder getruckten kirchen. Noch ſagt CHriſtus nicht. Siehe dieſes iſt dei- ne ſudelmagd ſondern deine mutter. 1. Er ſol ſo wohl als Maria unter Chriſti creutz ſtehen/ und ſich nicht in alleꝛ welt-luſt ſchwemmen. 2. Er ſoll von ſeineꝛ gemeinde nicht haltẽ wie die phariſaͤeꝛ von ihrer Joh. 7. v. 43. 3. Er ſoll mit aller ehrerbietung/ liebe/ treue und ſorge/ in großer demuth/ ſei- n_r gemeine vorſtehen/ 4. nicht alß der mann im hauſe weniger als der herr. 5. Aber auch nicht als der knecht: Sondern 6. als der mutter aͤlteſter ſohn 7. der Gottes gebot und ſeines verſtorbenen vaters verordnung vor augen hat. XCVI. Er laſſe ſich nicht bereden: Sein reſpect werde noth leiden: Er wird damit nicht geheiſſen auff allen metzelſuppen zu erſcheinen: nur daß nicht aus ſeiner ſchuld ſein bruder bloͤd werde, ſei- ner ſich zu bedienen/ und verſichere ſich alsdann: jemehr er vor GOtt ſich werde erniedrigen/ und vor ſeiner mutter demuͤthigen: jemehr ihn der HErr erhoͤhen werde/ und alſo wird es nicht gefahr haben ein Antichriſt zuwerden. XCVII. Wie hat ſich aber die kirche oder eine gemeine vorzuſehen? XCVIII. Dieſes kan zeitwaͤhrender untertruckung und gefangenſchafft der kirchen/ nicht wohl ausge- trucket werden. So viel ihr aber muͤglich/ ſoll ſie ſich auch erinnern/ was Chriſtus der Maria ſagt: Weib ſiehe dieſes iſt dein ſohn. Sie ſoll ihren Johann_m nicht forchten als ihren mann/ weniger als ihren herren. Aber ſie ſoll ihn auch nicht halten als ihren knecht/ ſondern als ihren aͤlteſten ſohn/ der nicht nach ſeinem gefallen/ ſondern nach ihres geweſenen mannes verordnung ſie verpflege/ und weil ſie die mutter ſolche anordnung ſo wohl weiß als der ſohn/ ſo ſoll ſie ihm nicht geſtatten dawider zuthun. XCIX. Wo aber der ſohn ſich verhaͤlt/ und ſeine mutter verpfleget/ wie er ſolle: So thut ſie ihme allen muͤtterlichen reſpect, und leget ihren muͤtterlichen ſeegen auff ihn/ und alſo gehets recht zu in dem hauſe GOttes. C. Nun ſolten wir auch die gerichte/ die Gott uͤber dieſe große Babylon und alle ihre nebenaͤſte/ fuͤhren wird/ und ihr ende und untergang betrachten: weil aber biß zu der voͤlligen erfuͤllung ge- heimnißen gemeiniglich verborgen bleiben/ und wir uns wohl begnuͤgen koͤnnen/ daß aus dem Da- niel und Johanne wir wiſſen/ daß Gottes gerichte uͤber ſie grauſam/ auch ihr end ſehr nahe und ſchrecklich ſeyn werde/ ſollen wir uns dahero dahin bearbeiten/ von dieſer großen Babylon und allen deren eigenſchafften/ auch wercken und weſen/ ernſtlich auszugehen: Hingegen in CHRJſti reich das ſich mit ihm alle tage nahet/ mit gewalt einzudringen/ und daſſelbe zu uns zu reiſſen. Ach Allmaͤchtiger Gott himmliſcher Vater/ wecke uns alle auff/ daß weñ dein ſohn kommt/ des Antichriſts reich zuverſtoͤhren und ſein heiliges reich herrlich zuoffenbahren/ wir bereit ſeyen/ ihn mit freuden zuempfahen/ und dir mit reinem hertzen zu dienen. Durch denſelben deinen ſohn JEſum CHRJSTUM. Amen. Folget:

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 1. Halle (Saale), 1700, S. 352. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken01_1700/368>, abgerufen am 22.11.2024.