Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 1. Halle (Saale), 1700.Anhang es GOtt lieb oder leid: Also verwirrte GOtt ihre sprachen/ daß sie von dem bauen ablassen/ undsich in alle land zerstreuen musten/ daher wurde die stadt Babel genant. VIII. Es hat auch Nimrod daselbsten angehoben gewaltig zu regieren/ und die leute unter sich zu zwingen: daß also krieg/ streit/ gefangenschafft/ leibeigenheit/ und dergleichen gewaltthätig- keiten/ sich alldorten auch angehoben. IX. Und weil Jerem. 50, 36. das land Babel ein götzen-länd genant wird/ die da trotzen auf ihre schreckliche götzen: So hat sich auch abgötterey und götzendienst dort ange- fangen/ die dann allezeit die beträngniß der wahren Kirchen mit sich führet. X. Nun aber ist bekant/ daß dieses erste und alte Babel längsten verfallen und vergangen/ Jerem. 50. XI. Gleich wohl wird im N. T. einer andern großen Babylon gedacht/ und werden große plagen gemeldet/ die über sie kommen sollen/ daher GOttes volck geheissen wird/ von ihr aus- zugehen/ damit es nicht ihrer plagen theilhafftig werde/ Apoc. 18. Also wird gleichwohl auch hochnöthig seyn/ zu untersuchen: wo dieses Babylon zufinden sey? XII. Weil es nun den nahmen von dem alten Babel hat: So wird es gewiß auch in einigen stücken vergleichung mit demselbigen haben; und also seyn ein Reich 1. da man sich über mensch- licher sachen unternimmet/ 2. aus eigener witz und macht. 3. Seine eigene erhebung suchet/ 4. andere sich zu unterwerffen trachtet. 5. Abgötterey und frembden Gottesdienst stifftet. 6. Darüber die reine bekenner durchächtet und 7. in diesem allen sich ferne von GOttes gericht achtet/ und ewig also zustehen vermeinet. XIII. Daß eben diese stück alle an Rom sich finden/ ist neben der erfahrung/ aus der Offen- bahrung Johannis so bekant/ daß es ferneren beweisens/ voraus bey uns nicht bedarff. XIV. Weiln aber diese große Babylon der gantzen Kirchen Christi entgegen gestellet ist: Rom aber als ein particular ort/ ihre macht über die gantze Kirche nicht erstrecken kan: So folgt/ daß wo sich (auch ausser Rom) eine macht findet/ in solchen eigenschafften/ wie Thes11, 12. erweh- net/ daß solche eben auch diese Babylon mit sey: Ob schon etwa in etwas niederem gradu, habe auch eben das gericht zugewarten/ wie Rom: ob schon solch gericht an Rom scheinbarer ausbre- chen dörffte. XV. Und dieses alles nicht im sensu applicativo alleine: sondern so wahrhafftig und eigentlich als wahrhafftig und eigentlich bedittene eigenschafften sich erweisen. XVI. Welches verhoffentlich noch mehr sich ergibet: wenn wir ingleichen untersuchen wer- den: Weme der titul des Antichristen/ auffs eigentlichste gebühre und zukomme. XVII. So ist nun bekant/ daß das wort anti (wider) zweyerley bedeutung habe/ denn es heisset wider etwas/ und doch zuweilen auch vor etwas/ wie Matth. 2, 22. c. 17, 27. zusehen. XVIII.
Anhang es GOtt lieb oder leid: Alſo verwirrte GOtt ihre ſprachen/ daß ſie von dem bauen ablaſſen/ undſich in alle land zerſtreuen muſten/ daher wurde die ſtadt Babel genant. VIII. Es hat auch Nimrod daſelbſten angehoben gewaltig zu regieren/ und die leute unter ſich zu zwingen: daß alſo krieg/ ſtreit/ gefangenſchafft/ leibeigenheit/ und dergleichen gewaltthaͤtig- keiten/ ſich alldorten auch angehoben. IX. Und weil Jerem. 50, 36. das land Babel ein goͤtzen-laͤnd genant wird/ die da trotzen auf ihre ſchreckliche goͤtzen: So hat ſich auch abgoͤtterey und goͤtzendienſt dort ange- fangen/ die dann allezeit die betraͤngniß der wahren Kirchen mit ſich fuͤhret. X. Nun aber iſt bekant/ daß dieſes erſte und alte Babel laͤngſten verfallen und vergangen/ Jerem. 50. XI. Gleich wohl wird im N. T. einer andern großen Babylon gedacht/ und werden große plagen gemeldet/ die uͤber ſie kommen ſollen/ daher GOttes volck geheiſſen wird/ von ihr aus- zugehen/ damit es nicht ihrer plagen theilhafftig werde/ Apoc. 18. Alſo wird gleichwohl auch hochnoͤthig ſeyn/ zu unterſuchen: wo dieſes Babylon zufinden ſey? XII. Weil es nun den nahmen von dem alten Babel hat: So wird es gewiß auch in einigen ſtuͤcken vergleichung mit demſelbigen haben; und alſo ſeyn ein Reich 1. da man ſich uͤber menſch- licher ſachen unternimmet/ 2. aus eigener witz und macht. 3. Seine eigene erhebung ſuchet/ 4. andere ſich zu unterwerffen trachtet. 5. Abgoͤtterey und frembden Gottesdienſt ſtifftet. 6. Daruͤber die reine bekenner durchaͤchtet und 7. in dieſem allen ſich ferne von GOttes gericht achtet/ und ewig alſo zuſtehen vermeinet. XIII. Daß eben dieſe ſtuͤck alle an Rom ſich finden/ iſt neben der erfahrung/ aus der Offen- bahrung Johannis ſo bekant/ daß es ferneren beweiſens/ voraus bey uns nicht bedarff. XIV. Weiln aber dieſe große Babylon der gantzen Kirchen Chriſti entgegen geſtellet iſt: Rom aber als ein particular ort/ ihre macht uͤber die gantze Kirche nicht erſtrecken kan: So folgt/ daß wo ſich (auch auſſer Rom) eine macht findet/ in ſolchen eigenſchafften/ wie Theſ11, 12. erweh- net/ daß ſolche eben auch dieſe Babylon mit ſey: Ob ſchon etwa in etwas niederem gradu, habe auch eben das gericht zugewarten/ wie Rom: ob ſchon ſolch gericht an Rom ſcheinbarer ausbre- chen doͤrffte. XV. Und dieſes alles nicht im ſenſu applicativo alleine: ſondern ſo wahrhafftig und eigentlich als wahrhafftig und eigentlich bedittene eigenſchafften ſich erweiſen. XVI. Welches verhoffentlich noch mehr ſich ergibet: wenn wir ingleichen unterſuchen wer- den: Weme der titul des Antichriſten/ auffs eigentlichſte gebuͤhre und zukomme. XVII. So iſt nun bekant/ daß das wort ἀντὶ (wider) zweyerley bedeutung habe/ denn es heiſſet wider etwas/ und doch zuweilen auch vor etwas/ wie Matth. 2, 22. c. 17, 27. zuſehen. XVIII.
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <list> <item><pb facs="#f0358" n="342"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Anhang</hi></fw><lb/> es GOtt lieb oder leid: Alſo verwirrte GOtt ihre ſprachen/ daß ſie von dem bauen ablaſſen/ und<lb/> ſich in alle land zerſtreuen muſten/ daher wurde die ſtadt <hi rendition="#fr">Babel</hi> genant.</item><lb/> <item><hi rendition="#c"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">VIII</hi>.</hi></hi><lb/> Es hat auch Nimrod daſelbſten angehoben gewaltig zu regieren/ und die leute unter ſich<lb/> zu zwingen: daß alſo krieg/ ſtreit/ gefangenſchafft/ leibeigenheit/ und dergleichen gewaltthaͤtig-<lb/> keiten/ ſich alldorten auch angehoben.</item><lb/> <item><hi rendition="#c"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">IX</hi>.</hi></hi><lb/> Und weil <hi rendition="#aq">Jerem.</hi> 50, 36. das land Babel ein <hi rendition="#fr">goͤtzen-laͤnd</hi> genant wird/ <hi rendition="#fr">die da trotzen<lb/> auf ihre ſchreckliche goͤtzen:</hi> So hat ſich auch abgoͤtterey und goͤtzendienſt dort ange-<lb/> fangen/ die dann allezeit die betraͤngniß der wahren Kirchen mit ſich fuͤhret.</item><lb/> <item><hi rendition="#c"><hi rendition="#aq">X.</hi></hi><lb/> Nun aber iſt bekant/ daß dieſes erſte und alte Babel laͤngſten verfallen und vergangen/<lb/><hi rendition="#aq">Jerem.</hi> 50.</item><lb/> <item><hi rendition="#c"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">XI</hi>.</hi></hi><lb/> Gleich wohl wird im N. T. einer andern großen <hi rendition="#fr">Babylon</hi> gedacht/ und werden große<lb/> plagen gemeldet/ die uͤber ſie kommen ſollen/ daher GOttes volck geheiſſen wird/ <hi rendition="#fr">von ihr aus-<lb/> zugehen/ damit es nicht ihrer plagen theilhafftig werde/</hi> <hi rendition="#aq">Apoc.</hi> 18. Alſo wird<lb/> gleichwohl auch hochnoͤthig ſeyn/ zu unterſuchen: wo dieſes Babylon zufinden ſey?</item><lb/> <item><hi rendition="#c"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">XII</hi>.</hi></hi><lb/> Weil es nun den nahmen von dem alten Babel hat: So wird es gewiß auch in einigen<lb/> ſtuͤcken vergleichung mit demſelbigen haben; und alſo ſeyn ein Reich 1. da man ſich uͤber menſch-<lb/> licher ſachen unternimmet/ 2. aus eigener witz und macht. 3. Seine eigene erhebung ſuchet/<lb/> 4. andere ſich zu unterwerffen trachtet. 5. Abgoͤtterey und frembden Gottesdienſt ſtifftet.<lb/> 6. Daruͤber die reine bekenner durchaͤchtet und 7. in dieſem allen ſich ferne von GOttes gericht<lb/> achtet/ und ewig alſo zuſtehen vermeinet.</item><lb/> <item><hi rendition="#c"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">XIII</hi>.</hi></hi><lb/> Daß eben dieſe ſtuͤck alle an <hi rendition="#fr">Rom</hi> ſich finden/ iſt neben der erfahrung/ aus der Offen-<lb/> bahrung Johannis ſo bekant/ daß es ferneren beweiſens/ voraus bey uns nicht bedarff.</item><lb/> <item><hi rendition="#c"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">XIV</hi>.</hi></hi><lb/> Weiln aber dieſe große Babylon der gantzen Kirchen Chriſti entgegen geſtellet iſt: Rom<lb/> aber als ein <hi rendition="#aq">particular</hi> ort/ ihre macht uͤber die gantze Kirche nicht erſtrecken kan: So folgt/ daß<lb/> wo ſich (auch auſſer Rom) eine macht findet/ in ſolchen eigenſchafften/ wie <hi rendition="#aq">Theſ11,</hi> 12. erweh-<lb/> net/ daß ſolche eben auch dieſe Babylon mit ſey: Ob ſchon etwa in etwas niederem <hi rendition="#aq">gradu,</hi> habe<lb/> auch eben das gericht zugewarten/ wie Rom: ob ſchon ſolch gericht an Rom ſcheinbarer ausbre-<lb/> chen doͤrffte.</item><lb/> <item><hi rendition="#c"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">XV</hi>.</hi></hi><lb/> Und dieſes alles nicht im <hi rendition="#aq">ſenſu applicativo</hi> alleine: ſondern ſo wahrhafftig und eigentlich<lb/> als wahrhafftig und eigentlich bedittene eigenſchafften ſich erweiſen.</item><lb/> <item><hi rendition="#c"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">XVI</hi>.</hi></hi><lb/> Welches verhoffentlich noch mehr ſich ergibet: wenn wir ingleichen unterſuchen wer-<lb/> den: Weme der titul des <hi rendition="#fr">Antichriſten/</hi> auffs eigentlichſte gebuͤhre und zukomme.</item><lb/> <item><hi rendition="#c"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">XVII</hi>.</hi></hi><lb/> So iſt nun bekant/ daß das wort ἀντὶ (wider) zweyerley bedeutung habe/ denn es heiſſet<lb/><hi rendition="#fr">wider</hi> etwas/ und doch zuweilen auch <hi rendition="#fr">vor</hi> etwas/ wie <hi rendition="#aq">Matth. 2, 22. c.</hi> 17, 27. zuſehen.</item> </list><lb/> <fw place="bottom" type="catch"> <hi rendition="#aq">XVIII.</hi> </fw><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [342/0358]
Anhang
es GOtt lieb oder leid: Alſo verwirrte GOtt ihre ſprachen/ daß ſie von dem bauen ablaſſen/ und
ſich in alle land zerſtreuen muſten/ daher wurde die ſtadt Babel genant.
VIII.
Es hat auch Nimrod daſelbſten angehoben gewaltig zu regieren/ und die leute unter ſich
zu zwingen: daß alſo krieg/ ſtreit/ gefangenſchafft/ leibeigenheit/ und dergleichen gewaltthaͤtig-
keiten/ ſich alldorten auch angehoben.
IX.
Und weil Jerem. 50, 36. das land Babel ein goͤtzen-laͤnd genant wird/ die da trotzen
auf ihre ſchreckliche goͤtzen: So hat ſich auch abgoͤtterey und goͤtzendienſt dort ange-
fangen/ die dann allezeit die betraͤngniß der wahren Kirchen mit ſich fuͤhret.
X.
Nun aber iſt bekant/ daß dieſes erſte und alte Babel laͤngſten verfallen und vergangen/
Jerem. 50.
XI.
Gleich wohl wird im N. T. einer andern großen Babylon gedacht/ und werden große
plagen gemeldet/ die uͤber ſie kommen ſollen/ daher GOttes volck geheiſſen wird/ von ihr aus-
zugehen/ damit es nicht ihrer plagen theilhafftig werde/ Apoc. 18. Alſo wird
gleichwohl auch hochnoͤthig ſeyn/ zu unterſuchen: wo dieſes Babylon zufinden ſey?
XII.
Weil es nun den nahmen von dem alten Babel hat: So wird es gewiß auch in einigen
ſtuͤcken vergleichung mit demſelbigen haben; und alſo ſeyn ein Reich 1. da man ſich uͤber menſch-
licher ſachen unternimmet/ 2. aus eigener witz und macht. 3. Seine eigene erhebung ſuchet/
4. andere ſich zu unterwerffen trachtet. 5. Abgoͤtterey und frembden Gottesdienſt ſtifftet.
6. Daruͤber die reine bekenner durchaͤchtet und 7. in dieſem allen ſich ferne von GOttes gericht
achtet/ und ewig alſo zuſtehen vermeinet.
XIII.
Daß eben dieſe ſtuͤck alle an Rom ſich finden/ iſt neben der erfahrung/ aus der Offen-
bahrung Johannis ſo bekant/ daß es ferneren beweiſens/ voraus bey uns nicht bedarff.
XIV.
Weiln aber dieſe große Babylon der gantzen Kirchen Chriſti entgegen geſtellet iſt: Rom
aber als ein particular ort/ ihre macht uͤber die gantze Kirche nicht erſtrecken kan: So folgt/ daß
wo ſich (auch auſſer Rom) eine macht findet/ in ſolchen eigenſchafften/ wie Theſ11, 12. erweh-
net/ daß ſolche eben auch dieſe Babylon mit ſey: Ob ſchon etwa in etwas niederem gradu, habe
auch eben das gericht zugewarten/ wie Rom: ob ſchon ſolch gericht an Rom ſcheinbarer ausbre-
chen doͤrffte.
XV.
Und dieſes alles nicht im ſenſu applicativo alleine: ſondern ſo wahrhafftig und eigentlich
als wahrhafftig und eigentlich bedittene eigenſchafften ſich erweiſen.
XVI.
Welches verhoffentlich noch mehr ſich ergibet: wenn wir ingleichen unterſuchen wer-
den: Weme der titul des Antichriſten/ auffs eigentlichſte gebuͤhre und zukomme.
XVII.
So iſt nun bekant/ daß das wort ἀντὶ (wider) zweyerley bedeutung habe/ denn es heiſſet
wider etwas/ und doch zuweilen auch vor etwas/ wie Matth. 2, 22. c. 17, 27. zuſehen.
XVIII.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |