Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 1. Halle (Saale), 1700.SECTIO LXV. Was im übrigen der leute unterschiedliche und widerwärtige urtheil fertige P p 3
SECTIO LXV. Was im uͤbrigen der leute unterſchiedliche und widerwaͤrtige urtheil fertige P p 3
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SECTIO LXV.
Was im uͤbrigen der leute unterſchiedliche und widerwaͤrtige urtheil
uͤber mich anlanget/ bin ich durch Gottes gnade nunmehr gegen 20. jahr der-
ſelben ziemlich gewohnt worden/ und moͤchte wohl zum Symbolo unſerm
lieben Apoſtel Paulo ablehnen/ durch ehre und ſchande/ durch boͤſe ge-
ruͤchte und gute geruͤchte. Was die eine art der guten geruͤchte anlangt/
habe zwahr dem himmliſchen Vater demuͤthigſt danck zu ſagen/ daß er nach
ſeiner guͤte dadurch meiner ſchwachheit zu huͤlffe kommet/ wenn er mich alſo
auffmuntert/ zeigende/ daß eben nicht alles was ich thue/ vergebens ſeye/
ſondern ein gutes zeugnuͤß von Chriſtl. bruͤdern da und dort erlange/ welches
ein euſſerliches ſtaͤrck-mittel des glaubens iſt/ aber dieſes iſt mir offt dabey
leid/ daß einige gute freunde mir in ſolchem auch mehr beylegen/ als mir in der
that zukommet/ und manches durch das vergroͤſſerende glaß der liebe alſo au-
ſehen/ daß ſie mehr wercks davon machen/ als es werth iſt: wie eben mit de-
me mir zu viel ehr geſchihet/ daß ichs ſolte dahin gebracht haben/ daß das Ca-
techismus Examen in Sachſen eingefuͤhret worden/ dann ob ich wol die ſache
mich hertzlich zu treiben gefreuet/ und das meinige dabey gethan habe/ ſo ſtehe
ich doch in dem guten vertrauen/ daß ob ich auch nicht in das land gekommen
waͤre/ die ſo viel jaͤhrige deliberation zu voͤlligem ſtande und bewerckſtelli-
gung gekommen ſeyn wuͤrde. Wo ich aber je etwas gethan haben ſolte/ moͤch-
te es geweſen ſeyn/ daß GOtt durch den zu meiner arbeit gegebenen ſegen/
gewieſen hat/ wie dergleichen in Dreßden (dann von dieſer ſtadt hat man aus
gewiſſen urſachen es am wenigſten muͤglich geachtet) auch moͤglich ſeye anzu-
ſtellen/ und wie die leute ohne zwang ſelbs kommen/ wo man nur die Exami-
na auff eine erbauliche art einrichtet. Auſſer dem mag wenig von mir eigent-
lich dazu gethan ſeyn worden/ es waͤre denn ſache/ daß das exempel auch eini-
ge zu mehrerm fleiß auffgemuntert haͤtte. Was aber die boͤſe geruͤchte
betrifft/ deren ich in ſolcher zeit ziemlich erfahren habe muͤſſen/ iſt mir dieſes
das allerbetruͤbteſte/ wenn ich ſehen ſolle/ der ſtein des anſtoſſens zu ſeyn/
an welchem ſich andere ſtoſſen und verſuͤndigen. Auſſer dem habe ich mich
vielmehr zu erfreuen/ da mich der HERR ſeines nahmens und der wahrheit
wegen laͤſſet ſchmach leiden/ in beymeſſung allerley irrthum bey aller meinen
reinen lehr/ in allerley verdacht ſolcher dinge/ an die ich offt nicht gedacht/ in
verkehrung richtiger und wohlgemeinter wort und thaten/ in nachredung
und ausſprengung allerley anderer laͤſtrungen: und da mich mein himm-
liſcher Vater vielleicht zu ſchwach annoch erkennet ſchwehre leiden und
proben der gedult auszuſtehen/ daß er mich dieſer leichteſten und
gleichſam kinder-probe wuͤrdiget: dabey ihn allein zu bitten/ daß er
den jenigen/ die mit dergleichen ſich an mir verſuͤndigen/ eine buß-
fertige
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