Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 1. Halle (Saale), 1700.Das erste Capitel. DJeses ist der einige satz/ welchen ich ohne ausnahme billigen kan/ und vor Dieses waren meine Christliche gedancken über die vorgelegte sätze/ dar- Damit aber auch auff die nachgesandte so genante einfältige gedancken bet
Das erſte Capitel. DJeſes iſt der einige ſatz/ welchen ich ohne ausnahme billigen kan/ und vor Dieſes waren meine Chriſtliche gedancken uͤber die vorgelegte ſaͤtze/ dar- Damit aber auch auff die nachgeſandte ſo genante einfaͤltige gedancken bet
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0306" n="290"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Das erſte Capitel.</hi> </fw><lb/> <p><hi rendition="#in">D</hi>Jeſes iſt der einige ſatz/ welchen ich ohne ausnahme billigen kan/ und vor<lb/> gnugſam gegruͤndet achte: auch nicht zugeben koͤnte/ daß was bey dem<lb/> 3. zu einiger entſchuldigung der armen gezwungenen angefuͤhret worden/ dazu<lb/> mißbrauchet wuͤrde/ als ob dann nicht nothwendig waͤre/ es zu ſolchen <hi rendition="#aq">ex-<lb/> tremi</hi>taͤten mit ſich kommen zu laſſen/ wenn gleichwohl die abfallende nicht<lb/> bloß dahin verdammet werden doͤrfften. Dann nicht nur allein wir gleich-<lb/> wohl ſolcher leute zuſtand zweiffelhafftig und betruͤbt gnug zu ſeyn geſehen<lb/> haben/ ſondern auch mercken muͤſſen/ daß ſo viele hoffnung vor die jenige/ ſo<lb/> in der groſſen angſt und trangſal ſich durch menſchliche ſchwachheit haben zu<lb/> dem abfall uͤberwinden laſſen/ uͤbrig ſeyn moͤchte/ ſo wenig wuͤſte ich hinge-<lb/> gen den jenigen zu geben/ welche ſich durch vorangefaſte ſolche hoffnung leicht<lb/> dahin bringen lieſſen/ und muthwillig auff goͤttliche gnade ſuͤndigen wol-<lb/> ten/ welchen beſorglich nichts anders als ungnade zu lohn werden doͤrffte.</p><lb/> <p>Dieſes waren meine Chriſtliche gedancken uͤber die vorgelegte ſaͤtze/ dar-<lb/> aus erhellet/ daß ſie ja durchaus nicht vor grund-ſaͤtze/ ſo uns beyderſeits<lb/> gemein ſeyen/ erkant werden koͤnnen/ oder jemahl davor erkant worden<lb/> ſind.</p><lb/> <p>Damit aber auch auff die nachgeſandte ſo genante einfaͤltige gedancken<lb/> mit wenig worten meine meinung vorſtelle/ ſo habe ſonderlich von der ma-<lb/> terie/ ob und wie fern etwas von Anti-chriſtiſchem weſen oder von Babel un-<lb/> ſrer kirchen beygemeſſen werden koͤnne/ mich bereits vor 3. jahren ziemlich<lb/> deutlich/ und wie ich hoffe gruͤndlich/ erklaͤhret in einem <hi rendition="#aq">tract</hi>aͤtlein/ genant:<lb/> Der klagen uͤber das verdorbene Chriſtenthum mißbrauch und rechter ge-<lb/> brauch/ darinnen ob unſre kirche die wahre kirche oder Babel/ und ob ſich von<lb/> derſelben zu trennen noͤthig/ gehandelt wird: da das meiſte des 2. Capitels<lb/> hiezu dienlich ſeyn/ und vorgeſtellte erſte 3. <hi rendition="#aq">conſideratio</hi>nen beantworten<lb/> kan. Die vierdte ſolte ich meinen/ moͤge aus obiger beantwortung des 2.<lb/> und 3. ſatzes ihre abhelffliche maaß bekommen. Daß die 5. von wichtigkeit<lb/> ſeye/ habe ſelbs oben uͤber den 4. ſatz bekennet. Die 6 betreffend halte ich da-<lb/> vor/ daß von unſerm Apoſtel Paulo uns der grund der antwort darauff ge-<lb/> zeiget worden ſeye/ wenn er <hi rendition="#fr">Rom. 3/8.</hi> nicht will boͤſes thun laſſen/ damit<lb/> gutes daraus komme/ ſondern den jenigen ſo ſolches behaupten wolten/ ein<lb/> faſt hartes urtheil ſpricht. Nun wird unleugbar ſeyn/ daß es boͤſe ſeye/ wider<lb/> ſein gewiſſen einiger erkanten wahrheit abſchwehren und hingegen einigem<lb/> falſchen beypflichten/ daher die hoffnung und vorwand andern damit in liebe<lb/> dienen zu koͤnnen/ ſolches boͤſe nicht rechtfertigen kan: dann ob in gewiſſen<lb/> faͤllen ein ſonſt noͤthiges gutes um eines groͤſſern willen/ dadurch jene ver-<lb/> ſaͤumnuͤß erſetzet wird/ zuweilen unterlaſſen werden koͤnte/ ſo moͤchte doch<lb/> kein vorgeben einiges etwas eigentliches boͤſes erlaubt machen. Auch blei-<lb/> <fw place="bottom" type="catch">bet</fw><lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [290/0306]
Das erſte Capitel.
DJeſes iſt der einige ſatz/ welchen ich ohne ausnahme billigen kan/ und vor
gnugſam gegruͤndet achte: auch nicht zugeben koͤnte/ daß was bey dem
3. zu einiger entſchuldigung der armen gezwungenen angefuͤhret worden/ dazu
mißbrauchet wuͤrde/ als ob dann nicht nothwendig waͤre/ es zu ſolchen ex-
tremitaͤten mit ſich kommen zu laſſen/ wenn gleichwohl die abfallende nicht
bloß dahin verdammet werden doͤrfften. Dann nicht nur allein wir gleich-
wohl ſolcher leute zuſtand zweiffelhafftig und betruͤbt gnug zu ſeyn geſehen
haben/ ſondern auch mercken muͤſſen/ daß ſo viele hoffnung vor die jenige/ ſo
in der groſſen angſt und trangſal ſich durch menſchliche ſchwachheit haben zu
dem abfall uͤberwinden laſſen/ uͤbrig ſeyn moͤchte/ ſo wenig wuͤſte ich hinge-
gen den jenigen zu geben/ welche ſich durch vorangefaſte ſolche hoffnung leicht
dahin bringen lieſſen/ und muthwillig auff goͤttliche gnade ſuͤndigen wol-
ten/ welchen beſorglich nichts anders als ungnade zu lohn werden doͤrffte.
Dieſes waren meine Chriſtliche gedancken uͤber die vorgelegte ſaͤtze/ dar-
aus erhellet/ daß ſie ja durchaus nicht vor grund-ſaͤtze/ ſo uns beyderſeits
gemein ſeyen/ erkant werden koͤnnen/ oder jemahl davor erkant worden
ſind.
Damit aber auch auff die nachgeſandte ſo genante einfaͤltige gedancken
mit wenig worten meine meinung vorſtelle/ ſo habe ſonderlich von der ma-
terie/ ob und wie fern etwas von Anti-chriſtiſchem weſen oder von Babel un-
ſrer kirchen beygemeſſen werden koͤnne/ mich bereits vor 3. jahren ziemlich
deutlich/ und wie ich hoffe gruͤndlich/ erklaͤhret in einem tractaͤtlein/ genant:
Der klagen uͤber das verdorbene Chriſtenthum mißbrauch und rechter ge-
brauch/ darinnen ob unſre kirche die wahre kirche oder Babel/ und ob ſich von
derſelben zu trennen noͤthig/ gehandelt wird: da das meiſte des 2. Capitels
hiezu dienlich ſeyn/ und vorgeſtellte erſte 3. conſiderationen beantworten
kan. Die vierdte ſolte ich meinen/ moͤge aus obiger beantwortung des 2.
und 3. ſatzes ihre abhelffliche maaß bekommen. Daß die 5. von wichtigkeit
ſeye/ habe ſelbs oben uͤber den 4. ſatz bekennet. Die 6 betreffend halte ich da-
vor/ daß von unſerm Apoſtel Paulo uns der grund der antwort darauff ge-
zeiget worden ſeye/ wenn er Rom. 3/8. nicht will boͤſes thun laſſen/ damit
gutes daraus komme/ ſondern den jenigen ſo ſolches behaupten wolten/ ein
faſt hartes urtheil ſpricht. Nun wird unleugbar ſeyn/ daß es boͤſe ſeye/ wider
ſein gewiſſen einiger erkanten wahrheit abſchwehren und hingegen einigem
falſchen beypflichten/ daher die hoffnung und vorwand andern damit in liebe
dienen zu koͤnnen/ ſolches boͤſe nicht rechtfertigen kan: dann ob in gewiſſen
faͤllen ein ſonſt noͤthiges gutes um eines groͤſſern willen/ dadurch jene ver-
ſaͤumnuͤß erſetzet wird/ zuweilen unterlaſſen werden koͤnte/ ſo moͤchte doch
kein vorgeben einiges etwas eigentliches boͤſes erlaubt machen. Auch blei-
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