Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 1. Halle (Saale), 1700.SECTIO XXIII. ben haben/ daher wir sein gericht/ in welchem wir durch denwahren glauben gerechtfertiget werden/ nicht dörffen förchten. v. 21. Jhr lieben/ welchen ich wegen so grossen gutes/ darvon jetzt gesagt/ billich zurede/ und euch frölich zu seyn ermahne/ so uns unser hertz auff jetzt erwehnte weise überredet und gestillet/ nicht mehr verdammet/ so haben wir diesen nutzen und frucht/ die freudigkeit zu Gott/ das vertrauen/ das zuversichtlich zu Gott/ des gericht nicht mehr gefürchtet wird/ tritt. m. f. w. Mich deucht/ diese aneinander hengung der gantzen Apostolischen rede zeigt den verstand gnugsam/ daß von trost gehandelt werde. IV. Ob der Apostel Paulus Röm. 7. in dem letztern theil des capitels von dem stand der wiedergebohrnen oder unwiedergebohrnen handle? DJese letzte meinung wird nicht allein von lehrern anderer kirchen getrieben/ 1. Weil ein wiedergebohrner nicht dasjenige thut/ welches er hasset/ dann ein knecht GOttes und diener Christi ist befreyet von der sünde/ gleich- wie ein knecht der sünden befreyet ist von der gerechtigkeit. Rom. 6/ 20. Nie- mand aber kan zweyen Herren dienen. Matth. 6. Antwort. Es be- stehet die gantze krafft des einwurffs auff falscher erklährung dessen/ was Paulus v. 15. 16. 19. 20. spricht. Da ich bekenne/ wo das thun in dem ver- stand genommen würde/ wie es stehet 1. Joh. 3/ 9. Joh. 8/ 34. so kommt es keinem wiedergebohrnen zu. Es erklähret aber unser liebe Lutherus dassel- be sehr schön in der Randgl. Thun heißt hie nicht das werck vollbringen/ sondern die lüsten fühlen daß sie sich regen. Also gestehet man gern. 1. Ein wiedergebohrner thut die sünde nicht/ daß er sie vollbrächte/ oder sie mit wil-
SECTIO XXIII. ben haben/ daher wir ſein gericht/ in welchem wir durch denwahren glauben gerechtfertiget werden/ nicht doͤrffen foͤrchten. v. 21. Jhr lieben/ welchen ich wegen ſo groſſen gutes/ darvon jetzt geſagt/ billich zurede/ und euch froͤlich zu ſeyn ermahne/ ſo uns unſer hertz auff jetzt erwehnte weiſe uͤberredet und geſtillet/ nicht mehr veꝛdammet/ ſo haben wir dieſen nutzen und frucht/ die freudigkeit zu Gott/ das vertrauẽ/ das zuveꝛſichtlich zu Gott/ des gericht nicht mehr gefuͤrchtet wird/ tritt. m. f. w. Mich deucht/ dieſe aneinander hengung der gantzen Apoſtoliſchen rede zeigt den verſtand gnugſam/ daß von troſt gehandelt werde. IV. Ob der Apoſtel Paulus Roͤm. 7. in dem letztern theil des capitels von dem ſtand der wiedergebohrnen oder unwiedergebohrnen handle? DJeſe letzte meinung wird nicht allein von lehꝛeꝛn anderer kiꝛchen getꝛieben/ 1. Weil ein wiedergebohrner nicht dasjenige thut/ welches er haſſet/ dann ein knecht GOttes und diener Chriſti iſt befreyet von der ſuͤnde/ gleich- wie ein knecht der ſuͤnden befreyet iſt von der gerechtigkeit. Rom. 6/ 20. Nie- mand aber kan zweyen Herren dienen. Matth. 6. Antwort. Es be- ſtehet die gantze krafft des einwurffs auff falſcher erklaͤhrung deſſen/ was Paulus v. 15. 16. 19. 20. ſpricht. Da ich bekenne/ wo das thun in dem ver- ſtand genommen wuͤrde/ wie es ſtehet 1. Joh. 3/ 9. Joh. 8/ 34. ſo kommt es keinem wiedergebohrnen zu. Es erklaͤhret aber unſer liebe Lutherus daſſel- be ſehꝛ ſchoͤn in der Randgl. Thun heißt hie nicht das werck vollbringen/ ſondern die luͤſten fuͤhlen daß ſie ſich regen. Alſo geſtehet man gern. 1. Ein wiedergebohrner thut die ſuͤnde nicht/ daß er ſie vollbraͤchte/ oder ſie mit wil-
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0183" n="167"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">SECTIO XXIII.</hi></hi></hi></fw><lb/><hi rendition="#fr">ben haben/ daher wir ſein gericht/ in welchem wir durch den<lb/> wahren glauben gerechtfertiget werden/ nicht doͤrffen foͤrchten.<lb/> v. 21. Jhr lieben/ welchen ich wegen ſo groſſen gutes/ darvon jetzt<lb/> geſagt/ billich zurede/ und euch froͤlich zu ſeyn ermahne/ ſo uns unſer<lb/> hertz auff jetzt erwehnte weiſe uͤberredet und geſtillet/ nicht mehr<lb/> veꝛdammet/ ſo haben wir dieſen nutzen und frucht/ die freudigkeit zu<lb/> Gott/ das vertrauẽ/ das zuveꝛſichtlich zu Gott/ des gericht nicht mehr<lb/> gefuͤrchtet wird/ tritt.</hi> m. f. w. Mich deucht/ dieſe aneinander hengung<lb/> der gantzen Apoſtoliſchen rede zeigt den verſtand gnugſam/ daß von troſt<lb/> gehandelt werde.</p> </div><lb/> <div n="3"> <head> <hi rendition="#b"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">IV.</hi></hi><lb/> Ob der Apoſtel Paulus Roͤm. 7. in dem letztern theil des capitels<lb/> von dem ſtand der wiedergebohrnen oder unwiedergebohrnen<lb/> handle?</hi> </head><lb/> <p><hi rendition="#in">D</hi>Jeſe letzte meinung wird nicht allein von lehꝛeꝛn anderer kiꝛchen getꝛieben/<lb/> ſondern es finden ſich auch unter den alten derſelben zugethane: die un-<lb/> ſrige aber bleiben gern bey der erſten/ und haben wir nicht urſach davon abzu-<lb/> weichen: obwol einige/ weil nicht ohne/ daß beyde erklaͤhrungen ihre ſchweh-<lb/> rigkeiten haben/ faſt lieber eine mittlere wehlen haben wollen/ davor halten-<lb/> de/ Paulus rede weder von einem bloß-unwiedergebohrnen/ noch auch von<lb/> einem der bereits in der wiedergebuhrt einhergehet/ ſondern von dem zuſtand<lb/> eines an deſſen bekehrung die gnade GOttes noch arbeitet/ biß der voͤllige<lb/> durchbruch geſchehe: welcher erklaͤhrung ich gleichwol mich auch nicht heff-<lb/> tig widerſetzen will. Jedoch iſt/ wie gedacht/ nicht noͤthig/ die bißherige ge-<lb/> meine lehr und erklaͤhrung zu verlaſſen/ und laͤſſet es ſich alſo auff die von je-<lb/> mand eingeworffene <hi rendition="#aq">ſcrupulos</hi> oder gegen-erweiſe wol antworten.</p><lb/> <list> <item>1. Weil ein wiedergebohrner nicht dasjenige thut/ welches er haſſet/<lb/> dann ein knecht GOttes und diener Chriſti iſt befreyet von der ſuͤnde/ gleich-<lb/> wie ein knecht der ſuͤnden befreyet iſt von der gerechtigkeit. <hi rendition="#fr">Rom. 6/ 20. Nie-<lb/> mand</hi> aber <hi rendition="#fr">kan zweyen Herren dienen. Matth. 6. Antwort.</hi> Es be-<lb/> ſtehet die gantze krafft des einwurffs auff falſcher erklaͤhrung deſſen/ was<lb/> Paulus v. 15. 16. 19. 20. ſpricht. Da ich bekenne/ wo das <hi rendition="#fr">thun</hi> in dem ver-<lb/> ſtand genommen wuͤrde/ wie es ſtehet 1. <hi rendition="#fr">Joh. 3/ 9. Joh.</hi> 8/ 34. ſo kommt es<lb/> keinem wiedergebohrnen zu. Es erklaͤhret aber unſer liebe Lutherus daſſel-<lb/> be ſehꝛ ſchoͤn in der Randgl. <hi rendition="#fr">Thun heißt hie nicht das werck vollbringen/<lb/> ſondern die luͤſten fuͤhlen daß ſie ſich regen.</hi> Alſo geſtehet man gern. 1.<lb/> Ein wiedergebohrner thut die ſuͤnde nicht/ daß er ſie vollbraͤchte/ oder ſie mit<lb/> <fw place="bottom" type="catch">wil-</fw><lb/></item> </list> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [167/0183]
SECTIO XXIII.
ben haben/ daher wir ſein gericht/ in welchem wir durch den
wahren glauben gerechtfertiget werden/ nicht doͤrffen foͤrchten.
v. 21. Jhr lieben/ welchen ich wegen ſo groſſen gutes/ darvon jetzt
geſagt/ billich zurede/ und euch froͤlich zu ſeyn ermahne/ ſo uns unſer
hertz auff jetzt erwehnte weiſe uͤberredet und geſtillet/ nicht mehr
veꝛdammet/ ſo haben wir dieſen nutzen und frucht/ die freudigkeit zu
Gott/ das vertrauẽ/ das zuveꝛſichtlich zu Gott/ des gericht nicht mehr
gefuͤrchtet wird/ tritt. m. f. w. Mich deucht/ dieſe aneinander hengung
der gantzen Apoſtoliſchen rede zeigt den verſtand gnugſam/ daß von troſt
gehandelt werde.
IV.
Ob der Apoſtel Paulus Roͤm. 7. in dem letztern theil des capitels
von dem ſtand der wiedergebohrnen oder unwiedergebohrnen
handle?
DJeſe letzte meinung wird nicht allein von lehꝛeꝛn anderer kiꝛchen getꝛieben/
ſondern es finden ſich auch unter den alten derſelben zugethane: die un-
ſrige aber bleiben gern bey der erſten/ und haben wir nicht urſach davon abzu-
weichen: obwol einige/ weil nicht ohne/ daß beyde erklaͤhrungen ihre ſchweh-
rigkeiten haben/ faſt lieber eine mittlere wehlen haben wollen/ davor halten-
de/ Paulus rede weder von einem bloß-unwiedergebohrnen/ noch auch von
einem der bereits in der wiedergebuhrt einhergehet/ ſondern von dem zuſtand
eines an deſſen bekehrung die gnade GOttes noch arbeitet/ biß der voͤllige
durchbruch geſchehe: welcher erklaͤhrung ich gleichwol mich auch nicht heff-
tig widerſetzen will. Jedoch iſt/ wie gedacht/ nicht noͤthig/ die bißherige ge-
meine lehr und erklaͤhrung zu verlaſſen/ und laͤſſet es ſich alſo auff die von je-
mand eingeworffene ſcrupulos oder gegen-erweiſe wol antworten.
1. Weil ein wiedergebohrner nicht dasjenige thut/ welches er haſſet/
dann ein knecht GOttes und diener Chriſti iſt befreyet von der ſuͤnde/ gleich-
wie ein knecht der ſuͤnden befreyet iſt von der gerechtigkeit. Rom. 6/ 20. Nie-
mand aber kan zweyen Herren dienen. Matth. 6. Antwort. Es be-
ſtehet die gantze krafft des einwurffs auff falſcher erklaͤhrung deſſen/ was
Paulus v. 15. 16. 19. 20. ſpricht. Da ich bekenne/ wo das thun in dem ver-
ſtand genommen wuͤrde/ wie es ſtehet 1. Joh. 3/ 9. Joh. 8/ 34. ſo kommt es
keinem wiedergebohrnen zu. Es erklaͤhret aber unſer liebe Lutherus daſſel-
be ſehꝛ ſchoͤn in der Randgl. Thun heißt hie nicht das werck vollbringen/
ſondern die luͤſten fuͤhlen daß ſie ſich regen. Alſo geſtehet man gern. 1.
Ein wiedergebohrner thut die ſuͤnde nicht/ daß er ſie vollbraͤchte/ oder ſie mit
wil-
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |