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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 1. Halle (Saale), 1700.

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SECTIO XV.
unsre hartnäckigkeit beschuldigen/ wenn wir es darinnen nicht erkennen
können.

4. Endlich will er sich beruffen auff die natur eines opffers/ welche sich
gantz bey der meß finde. Aber die mühe ist abermal vergebens/ denn es man-
gelt gleich an dem ersten stück/ daß in der Consecration der leib und blut JE-
su Christi wahrhafftig und thätlich GOtt geopffert oder vorgetragen wer-
de/ sondern er stellet uns vielmehr denselben vor/ da er uns solchen überrei-
chen lässet: Ob sich nun P. Dez auff seine vorige gründe beziehet/ ist derselben
ungrund bereits gewiesen worden. Wenn es auch auff das sechste stück kom-
met/ da die destruction des dinges/ so geopffert werden solle/ erfordert wird/
windet sich der Jesuit sehr/ nachdem er nicht sagen kan/ daß Christus in dem
Sacrament destruiret werde/ und nimmet seine zuflucht auff eine mystische
destruction, und die repraesentation des creutz-opffers. Er entrinnet aber da-
mit nicht/ denn es folget nichts mehr/ als daß denn in der meß allein die erin-
nerung und gedächtnüß jenes opffers geschehe/ so wir gern zugeben/ aber eben
dadurch höret sie auff ein wahrhafftiges und wirckliches opffer zu seyn/ da es
endlich allein auff die repraesentation ausläufft. Wie auch der mehrmahl
angeführte Gerhard. Conf. Cathol L. 2. Part. 2. art. 15. p. 1156. u. f. mehrere stel-
len aus dem jure Canonico, und andern gegen theils scribenten anziehet/ die
es dabey bewenden lassen: damit aber P. Dez seine sache verliehret. So heissets
bey Bellarm. Verum & reale sacrificium veram & realem mortem aut destru-
ctionem rei immolatae desiderat:
so kan es also keine mystica destructio seyn.
Gegentheil versuchet zwahr auff vielerley weise der krafft solches arguments
zu entgehen/ widersprechen aber einander selbs offt/ und sie winden sich wie sie
wollen/ so können sie solche nicht vermeiden/ sondern verwickeln sich gemeinig-
lich mit ihren antworten nur vielmehr. Hieraus ist nun zu sehen/ daß P. Dez mit
der ersten forderung/ die meß vor ein wahres opffer anzusehen/ abzuweisen
seye/ und dieselbe nicht erwiesen habe. Er gedencket zwahr auch anderer ar-
gumen
ten/ die beygebracht worden seyen/ weil er sie aber nicht anführet/ so
ist auch nicht drauff zu antworten/ wol aber zu vermuthen/ sie werden nicht
von mehrer krafft/ sondern noch wol wenigerem schein seyn/ indem man bes-
sere argumenta im vorrath habende sich der schwächesten nicht zu bedienen
pfleget.

2. Die andere forderung des Jesuiten bestehet darinnen/ daß wir erken-
nen sollen/ die messe sey ein wahrhafftiges versöhn-opffer/ in welchem uns die
verdienste Christi todes zugeeignet und appliciret werden. Hie ist zu mer-
cken/ daß kein streit davon seye/ ob in der meß/ wie dadurch das heil. Abend-
mahl verstanden wird/ eine zueignung des verdiensts Christi und also eine
versöhnung mit GOtt geschehe/ der uns den vor uns dahin gegebenen leib

und

SECTIO XV.
unſre hartnaͤckigkeit beſchuldigen/ wenn wir es darinnen nicht erkennen
koͤnnen.

4. Endlich will er ſich beruffen auff die natur eines opffers/ welche ſich
gantz bey der meß finde. Aber die muͤhe iſt abermal vergebens/ denn es man-
gelt gleich an dem erſten ſtuͤck/ daß in der Conſecration der leib und blut JE-
ſu Chriſti wahrhafftig und thaͤtlich GOtt geopffert oder vorgetragen wer-
de/ ſondern er ſtellet uns vielmehr denſelben vor/ da er uns ſolchen uͤberrei-
chen laͤſſet: Ob ſich nun P. Dez auff ſeine vorige gruͤnde beziehet/ iſt derſelben
ungrund bereits gewieſen worden. Wenn es auch auff das ſechſte ſtuͤck kom-
met/ da die deſtruction des dinges/ ſo geopffert werden ſolle/ erfordert wird/
windet ſich der Jeſuit ſehr/ nachdem er nicht ſagen kan/ daß Chriſtus in dem
Sacrament deſtruiret werde/ und nimmet ſeine zuflucht auff eine myſtiſche
deſtruction, und die repræſentation des creutz-opffers. Er entrinnet aber da-
mit nicht/ denn es folget nichts mehr/ als daß denn in der meß allein die erin-
nerung und gedaͤchtnuͤß jenes opffers geſchehe/ ſo wir gern zugeben/ aber eben
dadurch hoͤret ſie auff ein wahrhafftiges und wirckliches opffer zu ſeyn/ da es
endlich allein auff die repræſentation auslaͤufft. Wie auch der mehrmahl
angefuͤhrte Gerhard. Conf. Cathol L. 2. Part. 2. art. 15. p. 1156. u. f. mehrere ſtel-
len aus dem jure Canonico, und andern gegen theils ſcribenten anziehet/ die
es dabey bewenden laſſen: damit aber P. Dez ſeine ſache verliehret. So heiſſets
bey Bellarm. Verum & reale ſacrificium veram & realem mortem aut deſtru-
ctionem rei immolatæ deſiderat:
ſo kan es alſo keine myſtica deſtructio ſeyn.
Gegentheil verſuchet zwahr auff vielerley weiſe der krafft ſolches arguments
zu entgehen/ widerſprechen aber einander ſelbs offt/ und ſie winden ſich wie ſie
wollen/ ſo koͤnnen ſie ſolche nicht vermeiden/ ſondern verwickeln ſich gemeinig-
lich mit ihren antwortẽ nur vielmehr. Hieraus iſt nun zu ſehen/ daß P. Dez mit
der erſten forderung/ die meß vor ein wahres opffer anzuſehen/ abzuweiſen
ſeye/ und dieſelbe nicht erwieſen habe. Er gedencket zwahr auch anderer ar-
gumen
ten/ die beygebracht worden ſeyen/ weil er ſie aber nicht anfuͤhret/ ſo
iſt auch nicht drauff zu antworten/ wol aber zu vermuthen/ ſie werden nicht
von mehrer krafft/ ſondern noch wol wenigerem ſchein ſeyn/ indem man beſ-
ſere argumenta im vorrath habende ſich der ſchwaͤcheſten nicht zu bedienen
pfleget.

2. Die andere forderung des Jeſuiten beſtehet darinnen/ daß wir erken-
nen ſollen/ die meſſe ſey ein wahrhafftiges verſoͤhn-opffer/ in welchem uns die
verdienſte Chriſti todes zugeeignet und appliciret werden. Hie iſt zu mer-
cken/ daß kein ſtreit davon ſeye/ ob in der meß/ wie dadurch das heil. Abend-
mahl verſtanden wird/ eine zueignung des verdienſts Chriſti und alſo eine
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und
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[135/0151] SECTIO XV. unſre hartnaͤckigkeit beſchuldigen/ wenn wir es darinnen nicht erkennen koͤnnen. 4. Endlich will er ſich beruffen auff die natur eines opffers/ welche ſich gantz bey der meß finde. Aber die muͤhe iſt abermal vergebens/ denn es man- gelt gleich an dem erſten ſtuͤck/ daß in der Conſecration der leib und blut JE- ſu Chriſti wahrhafftig und thaͤtlich GOtt geopffert oder vorgetragen wer- de/ ſondern er ſtellet uns vielmehr denſelben vor/ da er uns ſolchen uͤberrei- chen laͤſſet: Ob ſich nun P. Dez auff ſeine vorige gruͤnde beziehet/ iſt derſelben ungrund bereits gewieſen worden. Wenn es auch auff das ſechſte ſtuͤck kom- met/ da die deſtruction des dinges/ ſo geopffert werden ſolle/ erfordert wird/ windet ſich der Jeſuit ſehr/ nachdem er nicht ſagen kan/ daß Chriſtus in dem Sacrament deſtruiret werde/ und nimmet ſeine zuflucht auff eine myſtiſche deſtruction, und die repræſentation des creutz-opffers. Er entrinnet aber da- mit nicht/ denn es folget nichts mehr/ als daß denn in der meß allein die erin- nerung und gedaͤchtnuͤß jenes opffers geſchehe/ ſo wir gern zugeben/ aber eben dadurch hoͤret ſie auff ein wahrhafftiges und wirckliches opffer zu ſeyn/ da es endlich allein auff die repræſentation auslaͤufft. Wie auch der mehrmahl angefuͤhrte Gerhard. Conf. Cathol L. 2. Part. 2. art. 15. p. 1156. u. f. mehrere ſtel- len aus dem jure Canonico, und andern gegen theils ſcribenten anziehet/ die es dabey bewenden laſſen: damit aber P. Dez ſeine ſache verliehret. So heiſſets bey Bellarm. Verum & reale ſacrificium veram & realem mortem aut deſtru- ctionem rei immolatæ deſiderat: ſo kan es alſo keine myſtica deſtructio ſeyn. Gegentheil verſuchet zwahr auff vielerley weiſe der krafft ſolches arguments zu entgehen/ widerſprechen aber einander ſelbs offt/ und ſie winden ſich wie ſie wollen/ ſo koͤnnen ſie ſolche nicht vermeiden/ ſondern verwickeln ſich gemeinig- lich mit ihren antwortẽ nur vielmehr. Hieraus iſt nun zu ſehen/ daß P. Dez mit der erſten forderung/ die meß vor ein wahres opffer anzuſehen/ abzuweiſen ſeye/ und dieſelbe nicht erwieſen habe. Er gedencket zwahr auch anderer ar- gumenten/ die beygebracht worden ſeyen/ weil er ſie aber nicht anfuͤhret/ ſo iſt auch nicht drauff zu antworten/ wol aber zu vermuthen/ ſie werden nicht von mehrer krafft/ ſondern noch wol wenigerem ſchein ſeyn/ indem man beſ- ſere argumenta im vorrath habende ſich der ſchwaͤcheſten nicht zu bedienen pfleget. 2. Die andere forderung des Jeſuiten beſtehet darinnen/ daß wir erken- nen ſollen/ die meſſe ſey ein wahrhafftiges verſoͤhn-opffer/ in welchem uns die verdienſte Chriſti todes zugeeignet und appliciret werden. Hie iſt zu mer- cken/ daß kein ſtreit davon ſeye/ ob in der meß/ wie dadurch das heil. Abend- mahl verſtanden wird/ eine zueignung des verdienſts Chriſti und alſo eine verſoͤhnung mit GOtt geſchehe/ der uns den vor uns dahin gegebenen leib und

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 1. Halle (Saale), 1700, S. 135. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken01_1700/151>, abgerufen am 28.11.2024.