Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 1. Halle (Saale), 1700.Das erste Capitel. nennen konten: und wir uns solches nahmens nicht widern würden/ wouns nicht billich/ nachdem man gesehen/ was vor mißverstand solcher nah- me des opffers nach sich gezogen/ eben solche forcht zuruck hielte. Jn diesem verstand aber ists den Papisten nicht gnug die messe ein opffer zu nennen/ sondern da heissets außtrücklich in dem Conc. Trident. Sess. 6. Can. 1. 2. Si quis dixerit, in missa non offerri DEO verum & proprium sacrificium, ana- thema sit. Und: Si quis dixerit, missae sacrificium tantum esse laudis & gratiarum actionis, aut nudam commemorationem sacrificii in cruce peracti, non autem propitiatorium, anathema sit. Also sehen wir/ es seye nicht darum zu thun/ daß die meß etlicher massen ein opffer seye/ sondern sie muß ein wahres und eigentliches opffer heissen/ und zwar ein versöhnungs- opffer/ so wir nimmermehr zu geben können. 7. daß bey dem heiligen Abend- mal des todes des HErrn gedacht werden solle/ ist wahr/ und also wird das opffer desselben repraesentirt/ nicht so wol in der handlung des heiligen A- bendmahls selbs/ man wolte denn sagen/ daß es dadurch geschehe/ weil ab- sonderlich das blut gegeben werde/ so einige absonderung des bluts von dem leib andeuten möchte/ welche repraesentation aber Papistischer seite nicht angenehm seyn kan/ welche leib und blut bey dem brodt beysammen haben wollen/ also vielmehr durch die errinnerung des leidens unsers Hey- lands dazu das heilige Sacrament eingesetzt ist. Damit ists wol ein ge- dächtnüß-opffer/ aber deßwegen kein wahres eigentliches opffer. 8. Wie fern es in den alten kirchen gebräuchlich gewesen/ daß der heil. bey dem heil. A- bendmal/ als solcher/ welche auch in dem glauben JEsu gelebet und gestor- ben/ meldung geschehen/ ist sonsten von den Theologis beantwortet/ lehret uns aber/ wie erstlich nicht böß gemeinte dinge in solchen schrecklichen und gefährlichen mißbrauch gerathen können. 9. Jndessen bleibets dabey/ so bald bündig erwiesen ist/ daß die messe p. 380. ein wahres eigentliches und versöhn- liches opffer seye/ sind wir schuldig aller orten auffs förderlichste sie mit allem/ was dazu gehöret/ wieder einzuführen: von P. Dez ist aber gleich wol noch nichts dessen erwiesen. Wo wir nun von p. 380. ansehen die forderungen/ die er an uns thut. uns
Das erſte Capitel. nennen konten: und wir uns ſolches nahmens nicht widern wuͤrden/ wouns nicht billich/ nachdem man geſehen/ was vor mißverſtand ſolcher nah- me des opffers nach ſich gezogen/ eben ſolche forcht zuruck hielte. Jn dieſem verſtand aber iſts den Papiſten nicht gnug die meſſe ein opffer zu nennen/ ſondern da heiſſets außtruͤcklich in dem Conc. Trident. Seſſ. 6. Can. 1. 2. Si quis dixerit, in miſſa non offerri DEO verum & proprium ſacrificium, ana- thema ſit. Und: Si quis dixerit, miſſæ ſacrificium tantum eſſe laudis & gratiarum actionis, aut nudam commemorationem ſacrificii in cruce peracti, non autem propitiatorium, anathema ſit. Alſo ſehen wir/ es ſeye nicht darum zu thun/ daß die meß etlicher maſſen ein opffer ſeye/ ſondern ſie muß ein wahres und eigentliches opffer heiſſen/ und zwar ein verſoͤhnungs- opffer/ ſo wir nimmermehr zu geben koͤnnen. 7. daß bey dem heiligen Abend- mal des todes des HErrn gedacht werden ſolle/ iſt wahr/ und alſo wird das opffer deſſelben repræſentirt/ nicht ſo wol in der handlung des heiligen A- bendmahls ſelbs/ man wolte denn ſagen/ daß es dadurch geſchehe/ weil ab- ſonderlich das blut gegeben werde/ ſo einige abſonderung des bluts von dem leib andeuten moͤchte/ welche repræſentation aber Papiſtiſcher ſeite nicht angenehm ſeyn kan/ welche leib und blut bey dem brodt beyſammen haben wollen/ alſo vielmehr durch die errinnerung des leidens unſers Hey- lands dazu das heilige Sacrament eingeſetzt iſt. Damit iſts wol ein ge- daͤchtnuͤß-opffer/ aber deßwegen kein wahres eigentliches opffer. 8. Wie fern es in den alten kirchen gebraͤuchlich geweſen/ daß der heil. bey dem heil. A- bendmal/ als ſolcher/ welche auch in dem glauben JEſu gelebet und geſtor- ben/ meldung geſchehen/ iſt ſonſten von den Theologis beantwortet/ lehret uns aber/ wie erſtlich nicht boͤß gemeinte dinge in ſolchen ſchrecklichen und gefaͤhrlichen mißbrauch gerathen koͤnnen. 9. Jndeſſen bleibets dabey/ ſo bald buͤndig erwieſen iſt/ daß die meſſe p. 380. ein wahres eigentliches und verſoͤhn- liches opffeꝛ ſeye/ ſind wir ſchuldig aller orten auffs foͤrderlichſte ſie mit allem/ was dazu gehoͤret/ wieder einzufuͤhren: von P. Dez iſt aber gleich wol noch nichts deſſen erwieſen. Wo wir nun von p. 380. anſehen die forderungen/ die er an uns thut. uns
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Das erſte Capitel.
nennen konten: und wir uns ſolches nahmens nicht widern wuͤrden/ wo
uns nicht billich/ nachdem man geſehen/ was vor mißverſtand ſolcher nah-
me des opffers nach ſich gezogen/ eben ſolche forcht zuruck hielte. Jn dieſem
verſtand aber iſts den Papiſten nicht gnug die meſſe ein opffer zu nennen/
ſondern da heiſſets außtruͤcklich in dem Conc. Trident. Seſſ. 6. Can. 1. 2. Si
quis dixerit, in miſſa non offerri DEO verum & proprium ſacrificium, ana-
thema ſit. Und: Si quis dixerit, miſſæ ſacrificium tantum eſſe laudis &
gratiarum actionis, aut nudam commemorationem ſacrificii in cruce
peracti, non autem propitiatorium, anathema ſit. Alſo ſehen wir/ es ſeye
nicht darum zu thun/ daß die meß etlicher maſſen ein opffer ſeye/ ſondern ſie
muß ein wahres und eigentliches opffer heiſſen/ und zwar ein verſoͤhnungs-
opffer/ ſo wir nimmermehr zu geben koͤnnen. 7. daß bey dem heiligen Abend-
mal des todes des HErrn gedacht werden ſolle/ iſt wahr/ und alſo wird das
opffer deſſelben repræſentirt/ nicht ſo wol in der handlung des heiligen A-
bendmahls ſelbs/ man wolte denn ſagen/ daß es dadurch geſchehe/ weil ab-
ſonderlich das blut gegeben werde/ ſo einige abſonderung des bluts von
dem leib andeuten moͤchte/ welche repræſentation aber Papiſtiſcher ſeite
nicht angenehm ſeyn kan/ welche leib und blut bey dem brodt beyſammen
haben wollen/ alſo vielmehr durch die errinnerung des leidens unſers Hey-
lands dazu das heilige Sacrament eingeſetzt iſt. Damit iſts wol ein ge-
daͤchtnuͤß-opffer/ aber deßwegen kein wahres eigentliches opffer. 8. Wie fern
es in den alten kirchen gebraͤuchlich geweſen/ daß der heil. bey dem heil. A-
bendmal/ als ſolcher/ welche auch in dem glauben JEſu gelebet und geſtor-
ben/ meldung geſchehen/ iſt ſonſten von den Theologis beantwortet/ lehret
uns aber/ wie erſtlich nicht boͤß gemeinte dinge in ſolchen ſchrecklichen und
gefaͤhrlichen mißbrauch gerathen koͤnnen. 9. Jndeſſen bleibets dabey/ ſo bald
buͤndig erwieſen iſt/ daß die meſſe p. 380. ein wahres eigentliches und verſoͤhn-
liches opffeꝛ ſeye/ ſind wir ſchuldig aller orten auffs foͤrderlichſte ſie mit allem/
was dazu gehoͤret/ wieder einzufuͤhren: von P. Dez iſt aber gleich wol noch
nichts deſſen erwieſen.
Wo wir nun von p. 380. anſehen die forderungen/ die er an uns thut.
So 1. iſt die erſte eines theils richtig/ ſo fern wir die meſſe/ oder das heil. A-
bendmal vor ein wahres Sacrament erkennen. Daß aber auch gefordert
wird zuzugeben/ daß ſie ein wahres opffer ſeye/ darinn ſich Chriſtus ſeinem
him̃liſchen vater als ein heiliges opffer/ durch ſeine diener darbringen laſſe/
koͤnnen wir nicht eingehen/ und iſt von den unſrigen ſo offt dargethan wor-
den/ wie ſolches dem einigen creutz-opffer JEſu Chriſti/ Hebr. 7. 9. und 10.
und deſſen geruͤhmten vorzug vor den opffern des A. Teſt. die offt wiederhoh-
let werden muſten/ ſchnurſtracks entgegen ſtehe/ und alſo die ehre des HErrn
verringere. Was nun die von dem Jeſuiten angefuͤhrte argumenten wider
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Zitationshilfe: | Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 1. Halle (Saale), 1700, S. 132. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken01_1700/148>, abgerufen am 28.07.2024. |