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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 1. Halle (Saale), 1700.

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SECTIO XV.
28. Weil es also solchen nahmen träget/ erkennen wir es auch nach dem
wesen noch vor wahres brodt. P. Dez suchet hierauff p. 191. zu antworten/
verräth aber durch die antwort die schwachheit der sache selbs. 1. Berufft
er sich darauff/ daß unser Heyland Joh. 6/ 52. 56. selbs sein fleisch das
brodt
und eine wahre speise nenne. Dieses nun läugnen wir nicht/ aber es
thut zur sache nichts. Denn die frage ist nicht/ ob Christi fleisch möge ein
brodt vom himmel
gekommen heissen/ da das wort brodt figürlich genom-
men wird/ sondern die frage ist/ ob in dem ort Pauli solches platz habe. Wel-
ches wir billig widersprechen/ und dazu gute ursach haben; wie der kelch/ den
man segnet/ wahrhafftig bey Paulo denjenigen kelch andeutet/ indem der
wein ist/ welchen man bey dem heil. Abendmahl brauchet und segnet/ also
muß auch das brodt verstanden werden dasjenige/ so auch zu dem heil. A-
bendmahl angewendet und gesegnet wird. Wie nun der P. Dez nicht sagen
kan/ es seye das brodt/ wenn es gesegnet wird/ oder gesegnet werden solle/ der
leib Christi/ sondern er verstehet es von einem gemeinen brodt/ so haben wir
nicht ursach zu sagen/ daß nachmals/ da er ihm noch solchen nahmen/ da es
nunmehr gebrochen und ausgetheilet wird/ wiederum gibet/ daß er von ei-
nem andern brodt rede. Und wie? Brechen wir dann den leib Christi im
heil. nachtmahl? Dieses kan der Jesuit nicht sagen. Dasjenige brodt a-
ber/ davon der Apostel redet/ wird gebrochen/ und ist also noch recht brodt.
Und was wäre es vor eine seltzame rede/ wo wir sagen wollen? Das brodt/
das wir brechen/ das ist das fleisch Christi/ ist die gemeinschafft des leibes
Christi; dann solches fleisch Christi ist nicht die gemeinschafft des leibes
Christi/ sondern der leibselbs. 2. Die andre entschuldigung ist nicht besser/
weil die schrifft alle speisen pflege brodt zu nennen/ so wir wiedrum gestehen/
aber keine folge zu der sache sehen. Denn das eigentlich brodt zu dem heil.
Abendmahl gebrauchet werde/ ist kein zweiffel/ also/ so lang solches noch die-
sen nahmen behält/ ist keine nothdurfft von solchem verstand abzuweichen.
3. Beruffet er sich darauff/ daß die schrifft einigen dingen/ die verwandelt
worden/ noch nach der verwandelung den vorigen nahmen bey zulegen pflege.
Dieses möchte angeführet werden können/ wenn erstlich eine solche verwand-
lung zugeschehen erwiesen wäre/ so wir aber gesehen/ daß P. Dez nicht erwie-
sen habe; daher wir auch nicht ursach haben/ von der einfalt des worts brodt
abzuweichen. Und muß man also Römischer seiten erst kräfftige gründe an-
zeigen/ warum wir von der allgemeinen und einfältigen deutung des brodts
abweichen müssen/ da sie sonsten so eiffrig selbs in der materie von dem heil.
Abendmahl auff den buchstaben treiben/ weßwegen sie dann uns das recht
auch lassen müssen/ daß wir vor wahres brodt halten/ was Paulus mit sol-

chem
R

SECTIO XV.
28. Weil es alſo ſolchen nahmen traͤget/ erkennen wir es auch nach dem
weſen noch vor wahres brodt. P. Dez ſuchet hierauff p. 191. zu antworten/
verraͤth aber durch die antwort die ſchwachheit der ſache ſelbs. 1. Berufft
er ſich darauff/ daß unſer Heyland Joh. 6/ 52. 56. ſelbs ſein fleiſch das
brodt
und eine wahre ſpeiſe nenne. Dieſes nun laͤugnen wir nicht/ aber es
thut zur ſache nichts. Denn die frage iſt nicht/ ob Chriſti fleiſch moͤge ein
brodt vom himmel
gekommen heiſſen/ da das wort brodt figuͤrlich genom-
men wird/ ſondern die frage iſt/ ob in dem ort Pauli ſolches platz habe. Wel-
ches wir billig widerſprechen/ und dazu gute urſach haben; wie der kelch/ den
man ſegnet/ wahrhafftig bey Paulo denjenigen kelch andeutet/ indem der
wein iſt/ welchen man bey dem heil. Abendmahl brauchet und ſegnet/ alſo
muß auch das brodt verſtanden werden dasjenige/ ſo auch zu dem heil. A-
bendmahl angewendet und geſegnet wird. Wie nun der P. Dez nicht ſagen
kan/ es ſeye das brodt/ wenn es geſegnet wird/ oder geſegnet werden ſolle/ der
leib Chriſti/ ſondern er verſtehet es von einem gemeinen brodt/ ſo haben wir
nicht urſach zu ſagen/ daß nachmals/ da er ihm noch ſolchen nahmen/ da es
nunmehr gebrochen und ausgetheilet wird/ wiederum gibet/ daß er von ei-
nem andern brodt rede. Und wie? Brechen wir dann den leib Chriſti im
heil. nachtmahl? Dieſes kan der Jeſuit nicht ſagen. Dasjenige brodt a-
ber/ davon der Apoſtel redet/ wird gebrochen/ und iſt alſo noch recht brodt.
Und was waͤre es vor eine ſeltzame rede/ wo wir ſagen wollen? Das brodt/
das wir brechen/ das iſt das fleiſch Chriſti/ iſt die gemeinſchafft des leibes
Chriſti; dann ſolches fleiſch Chriſti iſt nicht die gemeinſchafft des leibes
Chriſti/ ſondern der leibſelbs. 2. Die andre entſchuldigung iſt nicht beſſer/
weil die ſchrifft alle ſpeiſen pflege brodt zu nennen/ ſo wir wiedrum geſtehen/
aber keine folge zu der ſache ſehen. Denn das eigentlich brodt zu dem heil.
Abendmahl gebrauchet werde/ iſt kein zweiffel/ alſo/ ſo lang ſolches noch die-
ſen nahmen behaͤlt/ iſt keine nothdurfft von ſolchem verſtand abzuweichen.
3. Beruffet er ſich darauff/ daß die ſchrifft einigen dingen/ die verwandelt
worden/ noch nach der verwandelung den vorigen nahmen bey zulegen pflege.
Dieſes moͤchte angefuͤhret werden koͤnnen/ wenn erſtlich eine ſolche verwand-
lung zugeſchehen erwieſen waͤre/ ſo wir aber geſehen/ daß P. Dez nicht erwie-
ſen habe; daher wir auch nicht urſach haben/ von der einfalt des worts brodt
abzuweichen. Und muß man alſo Roͤmiſcher ſeiten erſt kraͤfftige gruͤnde an-
zeigen/ warum wir von der allgemeinen und einfaͤltigen deutung des brodts
abweichen muͤſſen/ da ſie ſonſten ſo eiffrig ſelbs in der materie von dem heil.
Abendmahl auff den buchſtaben treiben/ weßwegen ſie dann uns das recht
auch laſſen muͤſſen/ daß wir vor wahres brodt halten/ was Paulus mit ſol-

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[129/0145] SECTIO XV. 28. Weil es alſo ſolchen nahmen traͤget/ erkennen wir es auch nach dem weſen noch vor wahres brodt. P. Dez ſuchet hierauff p. 191. zu antworten/ verraͤth aber durch die antwort die ſchwachheit der ſache ſelbs. 1. Berufft er ſich darauff/ daß unſer Heyland Joh. 6/ 52. 56. ſelbs ſein fleiſch das brodt und eine wahre ſpeiſe nenne. Dieſes nun laͤugnen wir nicht/ aber es thut zur ſache nichts. Denn die frage iſt nicht/ ob Chriſti fleiſch moͤge ein brodt vom himmel gekommen heiſſen/ da das wort brodt figuͤrlich genom- men wird/ ſondern die frage iſt/ ob in dem ort Pauli ſolches platz habe. Wel- ches wir billig widerſprechen/ und dazu gute urſach haben; wie der kelch/ den man ſegnet/ wahrhafftig bey Paulo denjenigen kelch andeutet/ indem der wein iſt/ welchen man bey dem heil. Abendmahl brauchet und ſegnet/ alſo muß auch das brodt verſtanden werden dasjenige/ ſo auch zu dem heil. A- bendmahl angewendet und geſegnet wird. Wie nun der P. Dez nicht ſagen kan/ es ſeye das brodt/ wenn es geſegnet wird/ oder geſegnet werden ſolle/ der leib Chriſti/ ſondern er verſtehet es von einem gemeinen brodt/ ſo haben wir nicht urſach zu ſagen/ daß nachmals/ da er ihm noch ſolchen nahmen/ da es nunmehr gebrochen und ausgetheilet wird/ wiederum gibet/ daß er von ei- nem andern brodt rede. Und wie? Brechen wir dann den leib Chriſti im heil. nachtmahl? Dieſes kan der Jeſuit nicht ſagen. Dasjenige brodt a- ber/ davon der Apoſtel redet/ wird gebrochen/ und iſt alſo noch recht brodt. Und was waͤre es vor eine ſeltzame rede/ wo wir ſagen wollen? Das brodt/ das wir brechen/ das iſt das fleiſch Chriſti/ iſt die gemeinſchafft des leibes Chriſti; dann ſolches fleiſch Chriſti iſt nicht die gemeinſchafft des leibes Chriſti/ ſondern der leibſelbs. 2. Die andre entſchuldigung iſt nicht beſſer/ weil die ſchrifft alle ſpeiſen pflege brodt zu nennen/ ſo wir wiedrum geſtehen/ aber keine folge zu der ſache ſehen. Denn das eigentlich brodt zu dem heil. Abendmahl gebrauchet werde/ iſt kein zweiffel/ alſo/ ſo lang ſolches noch die- ſen nahmen behaͤlt/ iſt keine nothdurfft von ſolchem verſtand abzuweichen. 3. Beruffet er ſich darauff/ daß die ſchrifft einigen dingen/ die verwandelt worden/ noch nach der verwandelung den vorigen nahmen bey zulegen pflege. Dieſes moͤchte angefuͤhret werden koͤnnen/ wenn erſtlich eine ſolche verwand- lung zugeſchehen erwieſen waͤre/ ſo wir aber geſehen/ daß P. Dez nicht erwie- ſen habe; daher wir auch nicht urſach haben/ von der einfalt des worts brodt abzuweichen. Und muß man alſo Roͤmiſcher ſeiten erſt kraͤfftige gruͤnde an- zeigen/ warum wir von der allgemeinen und einfaͤltigen deutung des brodts abweichen muͤſſen/ da ſie ſonſten ſo eiffrig ſelbs in der materie von dem heil. Abendmahl auff den buchſtaben treiben/ weßwegen ſie dann uns das recht auch laſſen muͤſſen/ daß wir vor wahres brodt halten/ was Paulus mit ſol- chem R

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 1. Halle (Saale), 1700, S. 129. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken01_1700/145>, abgerufen am 23.11.2024.