Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 1. Halle (Saale), 1700.

Bild:
<< vorherige Seite

Das erste Capitel.
rechtfertigung die heiligung hie einschliesse/ vielmehr weil sie der Apostel zu-
sammen setzet/ und mit zweyen worten austrucket/ sehen wir sie billiger an
als zwo besondere wolthaten/ die sich neben einander finden. Nicht mehr
richtet er mit dem andern spruch Tit. 3. aus. Denn ob wol der Apostel der
rechtfertigung und vorher der wiedergebuhrt und erneuerung/ daselbs mel-
dung thut/ so ists nur P. Dez blosses sagen/ aber ohne erweiß/ daß nach S.
Paulo die rechtfertigung in der wiedergebuhrt und erneuerung bestehe. Son-
dern er setzt freylich zuerst die beyde wolthaten die wiedergebuhrt (in dero
nach beyder partheyen bekäntnüß/ ob zwahr auff unterschiedlichen verstand/
die rechtfertigung mit stecket) und die erneuerung. Da er aber nachma-
len das ende von allen setzet/ die erbschafft des ewigen lebens/ weil diesel-
be nicht aus dem recht der erneuerung/ sondern der gnaden-kindschafft kom-
met/ so wiederhohlet er nun die wiedergebuhrt/ nicht aber die erneuerung/
und trucket sie aus/ durch das wort der rechtfertigung/ so unser lehr gantz
gemäß ist/ und also P. Dez noch stets schuldig bleibet eine stelle in der schrifft
zu weisen/ wo die rechtfertigung auch die heiligung in sich begreifft/ welchen
aber er und alle Papisten vergebens suchen werden:

Weil zu der materie von der rechtfertigung auch die lehr
von den guten wercken mit gehöret/ davon bey dem 6. art.
von pag. 44. gehandelt wird/ so bemercke allein/ daß bereits in
vorigem/ was bedencklich in demselben hätte seyn mögen/ berühret habe.
Nur setze noch bey/ daß ich sehr zweiffle/ ob was p. 53. gesagt/ und wie eines
menschen verdienst den andern zu statten komme/ nur auff das/ daß desselben
gebet vor den andern so viel angenehmer würde/ restringiret wird/ von allen
Papistischen lehrern und zu Rom werde approbiret werden/ auffs wenigste
ist die allgemeine praxis und meinung der leute in dem Pabstum dagegen/
und glaubet einer/ daß er vor den andern etwas verdienen und gnug thun
könne: wie ich sorge/ daß sich ordens-leut nicht wol damit zu frieden geben
werden/ wo ihren verdiensten nicht mehr zugestanden werden solle/ da sie hin-
gegen itzo offt einen solchen vortheil davon geniessen/ wo sie ihrer orden ver-
dienste gewissen leuten zu appliciren sich erbieten.

VIII.

Wo auch etwas von dem articul des heil. Abendmahls anzufügen
ist/ so übergehe doch die stücke/ in welchen P. Dez sagt/ von p. 153. biß 164. daß
wir überein kommen/ ob wol in ein und anderm etwas noch dabey zu erinnern
stünde: Was er aber von uns fordert/ bestehet diesen articul eigentlich be-
treffend/ in 3. puncten/ da wir von dem ersten nicht viel zu streiten haben/ denn
da wir unsern Heyland aller orten/ wo er ist/ anbeten mögen/ so ist freylich
kein zweiffel/ daß wir ihn auch in dem heil. Abendmahl anbeten dörffen/ als

in

Das erſte Capitel.
rechtfertigung die heiligung hie einſchlieſſe/ vielmehr weil ſie der Apoſtel zu-
ſammen ſetzet/ und mit zweyen worten austrucket/ ſehen wir ſie billiger an
als zwo beſondere wolthaten/ die ſich neben einander finden. Nicht mehr
richtet er mit dem andern ſpruch Tit. 3. aus. Denn ob wol der Apoſtel der
rechtfertigung und vorher der wiedergebuhrt und erneuerung/ daſelbs mel-
dung thut/ ſo iſts nur P. Dez bloſſes ſagen/ aber ohne erweiß/ daß nach S.
Paulo die rechtfertigung in der wiedergebuhrt und erneueꝛung beſtehe. Son-
dern er ſetzt freylich zuerſt die beyde wolthaten die wiedergebuhrt (in dero
nach beyder partheyen bekaͤntnuͤß/ ob zwahr auff unterſchiedlichen verſtand/
die rechtfertigung mit ſtecket) und die erneuerung. Da er aber nachma-
len das ende von allen ſetzet/ die erbſchafft des ewigen lebens/ weil dieſel-
be nicht aus dem recht der erneuerung/ ſondern der gnaden-kindſchafft kom-
met/ ſo wiederhohlet er nun die wiedergebuhrt/ nicht aber die erneuerung/
und trucket ſie aus/ durch das wort der rechtfertigung/ ſo unſer lehr gantz
gemaͤß iſt/ und alſo P. Dez noch ſtets ſchuldig bleibet eine ſtelle in der ſchrifft
zu weiſen/ wo die rechtfertigung auch die heiligung in ſich begreifft/ welchen
aber er und alle Papiſten vergebens ſuchen werden:

Weil zu der materie von der rechtfertigung auch die lehr
von den guten wercken mit gehoͤret/ davon bey dem 6. art.
von pag. 44. gehandelt wird/ ſo bemercke allein/ daß bereits in
vorigem/ was bedencklich in demſelben haͤtte ſeyn moͤgen/ beruͤhret habe.
Nur ſetze noch bey/ daß ich ſehr zweiffle/ ob was p. 53. geſagt/ und wie eines
menſchen verdienſt den andern zu ſtatten komme/ nur auff das/ daß deſſelben
gebet vor den andern ſo viel angenehmer wuͤrde/ reſtringiret wird/ von allen
Papiſtiſchen lehrern und zu Rom werde approbiret werden/ auffs wenigſte
iſt die allgemeine praxis und meinung der leute in dem Pabſtum dagegen/
und glaubet einer/ daß er vor den andern etwas verdienen und gnug thun
koͤnne: wie ich ſorge/ daß ſich ordens-leut nicht wol damit zu frieden geben
werden/ wo ihren verdienſten nicht mehr zugeſtanden werden ſolle/ da ſie hin-
gegen itzo offt einen ſolchen vortheil davon genieſſen/ wo ſie ihrer orden ver-
dienſte gewiſſen leuten zu appliciren ſich erbieten.

VIII.

Wo auch etwas von dem articul des heil. Abendmahls anzufuͤgen
iſt/ ſo uͤbergehe doch die ſtuͤcke/ in welchen P. Dez ſagt/ von p. 153. biß 164. daß
wir uͤberein kommen/ ob wol in ein und anderm etwas noch dabey zu erinnern
ſtuͤnde: Was er aber von uns fordert/ beſtehet dieſen articul eigentlich be-
treffend/ in 3. puncten/ da wir von dem erſten nicht viel zu ſtreiten haben/ denn
da wir unſern Heyland aller orten/ wo er iſt/ anbeten moͤgen/ ſo iſt freylich
kein zweiffel/ daß wir ihn auch in dem heil. Abendmahl anbeten doͤrffen/ als

in
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0140" n="124"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Das er&#x017F;te Capitel.</hi></fw><lb/>
rechtfertigung die heiligung hie ein&#x017F;chlie&#x017F;&#x017F;e/ vielmehr weil &#x017F;ie der Apo&#x017F;tel zu-<lb/>
&#x017F;ammen &#x017F;etzet/ und mit zweyen worten austrucket/ &#x017F;ehen wir &#x017F;ie billiger an<lb/>
als zwo be&#x017F;ondere wolthaten/ die &#x017F;ich neben einander finden. Nicht mehr<lb/>
richtet er mit dem andern &#x017F;pruch <hi rendition="#fr">Tit.</hi> 3. aus. Denn ob wol der Apo&#x017F;tel der<lb/>
rechtfertigung und vorher der wiedergebuhrt und erneuerung/ da&#x017F;elbs mel-<lb/>
dung thut/ &#x017F;o i&#x017F;ts nur <hi rendition="#aq">P. Dez</hi> blo&#x017F;&#x017F;es &#x017F;agen/ aber ohne erweiß/ daß nach S.<lb/>
Paulo die rechtfertigung in der wiedergebuhrt und erneue&#xA75B;ung be&#x017F;tehe. Son-<lb/>
dern er &#x017F;etzt freylich zuer&#x017F;t die beyde wolthaten <hi rendition="#fr">die wiedergebuhrt</hi> (in dero<lb/>
nach beyder partheyen beka&#x0364;ntnu&#x0364;ß/ ob zwahr auff unter&#x017F;chiedlichen ver&#x017F;tand/<lb/>
die rechtfertigung mit &#x017F;tecket) <hi rendition="#fr">und die erneuerung.</hi> Da er aber nachma-<lb/>
len das ende von allen &#x017F;etzet/ <hi rendition="#fr">die erb&#x017F;chafft des ewigen lebens/</hi> weil die&#x017F;el-<lb/>
be nicht aus dem recht der erneuerung/ &#x017F;ondern der gnaden-kind&#x017F;chafft kom-<lb/>
met/ &#x017F;o wiederhohlet er nun die wiedergebuhrt/ nicht aber die erneuerung/<lb/>
und trucket &#x017F;ie aus/ durch das wort <hi rendition="#fr">der rechtfertigung/</hi> &#x017F;o un&#x017F;er lehr gantz<lb/>
gema&#x0364;ß i&#x017F;t/ und al&#x017F;o <hi rendition="#aq">P. Dez</hi> noch &#x017F;tets &#x017F;chuldig bleibet eine &#x017F;telle in der &#x017F;chrifft<lb/>
zu wei&#x017F;en/ wo die rechtfertigung auch die heiligung in &#x017F;ich begreifft/ welchen<lb/>
aber er und alle Papi&#x017F;ten vergebens &#x017F;uchen werden:</p><lb/>
          <p>Weil zu der materie von der rechtfertigung auch die lehr<lb/><hi rendition="#fr">von den guten wercken</hi> mit geho&#x0364;ret/ davon bey dem 6. art.<lb/>
von pag. 44. gehandelt wird/ &#x017F;o bemercke allein/ daß bereits in<lb/>
vorigem/ was bedencklich in dem&#x017F;elben ha&#x0364;tte &#x017F;eyn mo&#x0364;gen/ beru&#x0364;hret habe.<lb/>
Nur &#x017F;etze noch bey/ daß ich &#x017F;ehr zweiffle/ ob was p. 53. ge&#x017F;agt/ und wie eines<lb/>
men&#x017F;chen verdien&#x017F;t den andern zu &#x017F;tatten komme/ nur auff das/ daß de&#x017F;&#x017F;elben<lb/>
gebet vor den andern &#x017F;o viel angenehmer wu&#x0364;rde/ <hi rendition="#aq">re&#x017F;tringi</hi>ret wird/ von allen<lb/>
Papi&#x017F;ti&#x017F;chen lehrern und zu Rom werde <hi rendition="#aq">approbi</hi>ret werden/ auffs wenig&#x017F;te<lb/>
i&#x017F;t die allgemeine <hi rendition="#aq">praxis</hi> und meinung der leute in dem Pab&#x017F;tum dagegen/<lb/>
und glaubet einer/ daß er vor den andern etwas verdienen und gnug thun<lb/>
ko&#x0364;nne: wie ich &#x017F;orge/ daß &#x017F;ich ordens-leut nicht wol damit zu frieden geben<lb/>
werden/ wo ihren verdien&#x017F;ten nicht mehr zuge&#x017F;tanden werden &#x017F;olle/ da &#x017F;ie hin-<lb/>
gegen itzo offt einen &#x017F;olchen vortheil davon genie&#x017F;&#x017F;en/ wo &#x017F;ie ihrer orden ver-<lb/>
dien&#x017F;te gewi&#x017F;&#x017F;en leuten zu <hi rendition="#aq">applici</hi>ren &#x017F;ich erbieten.</p><lb/>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#b"> <hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">VIII</hi>.</hi> </hi> </head><lb/>
            <p>Wo auch etwas von dem articul <hi rendition="#fr">des heil. Abendmahls</hi> anzufu&#x0364;gen<lb/>
i&#x017F;t/ &#x017F;o u&#x0364;bergehe doch die &#x017F;tu&#x0364;cke/ in welchen <hi rendition="#aq">P. Dez</hi> &#x017F;agt/ von p. 153. biß 164. daß<lb/>
wir u&#x0364;berein kommen/ ob wol in ein und anderm etwas noch dabey zu erinnern<lb/>
&#x017F;tu&#x0364;nde: Was er aber von uns fordert/ be&#x017F;tehet die&#x017F;en articul eigentlich be-<lb/>
treffend/ in 3. puncten/ da wir von dem er&#x017F;ten nicht viel zu &#x017F;treiten haben/ denn<lb/>
da wir un&#x017F;ern Heyland aller orten/ wo er i&#x017F;t/ anbeten mo&#x0364;gen/ &#x017F;o i&#x017F;t freylich<lb/>
kein zweiffel/ daß wir ihn auch in dem heil. Abendmahl anbeten do&#x0364;rffen/ als<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">in</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[124/0140] Das erſte Capitel. rechtfertigung die heiligung hie einſchlieſſe/ vielmehr weil ſie der Apoſtel zu- ſammen ſetzet/ und mit zweyen worten austrucket/ ſehen wir ſie billiger an als zwo beſondere wolthaten/ die ſich neben einander finden. Nicht mehr richtet er mit dem andern ſpruch Tit. 3. aus. Denn ob wol der Apoſtel der rechtfertigung und vorher der wiedergebuhrt und erneuerung/ daſelbs mel- dung thut/ ſo iſts nur P. Dez bloſſes ſagen/ aber ohne erweiß/ daß nach S. Paulo die rechtfertigung in der wiedergebuhrt und erneueꝛung beſtehe. Son- dern er ſetzt freylich zuerſt die beyde wolthaten die wiedergebuhrt (in dero nach beyder partheyen bekaͤntnuͤß/ ob zwahr auff unterſchiedlichen verſtand/ die rechtfertigung mit ſtecket) und die erneuerung. Da er aber nachma- len das ende von allen ſetzet/ die erbſchafft des ewigen lebens/ weil dieſel- be nicht aus dem recht der erneuerung/ ſondern der gnaden-kindſchafft kom- met/ ſo wiederhohlet er nun die wiedergebuhrt/ nicht aber die erneuerung/ und trucket ſie aus/ durch das wort der rechtfertigung/ ſo unſer lehr gantz gemaͤß iſt/ und alſo P. Dez noch ſtets ſchuldig bleibet eine ſtelle in der ſchrifft zu weiſen/ wo die rechtfertigung auch die heiligung in ſich begreifft/ welchen aber er und alle Papiſten vergebens ſuchen werden: Weil zu der materie von der rechtfertigung auch die lehr von den guten wercken mit gehoͤret/ davon bey dem 6. art. von pag. 44. gehandelt wird/ ſo bemercke allein/ daß bereits in vorigem/ was bedencklich in demſelben haͤtte ſeyn moͤgen/ beruͤhret habe. Nur ſetze noch bey/ daß ich ſehr zweiffle/ ob was p. 53. geſagt/ und wie eines menſchen verdienſt den andern zu ſtatten komme/ nur auff das/ daß deſſelben gebet vor den andern ſo viel angenehmer wuͤrde/ reſtringiret wird/ von allen Papiſtiſchen lehrern und zu Rom werde approbiret werden/ auffs wenigſte iſt die allgemeine praxis und meinung der leute in dem Pabſtum dagegen/ und glaubet einer/ daß er vor den andern etwas verdienen und gnug thun koͤnne: wie ich ſorge/ daß ſich ordens-leut nicht wol damit zu frieden geben werden/ wo ihren verdienſten nicht mehr zugeſtanden werden ſolle/ da ſie hin- gegen itzo offt einen ſolchen vortheil davon genieſſen/ wo ſie ihrer orden ver- dienſte gewiſſen leuten zu appliciren ſich erbieten. VIII. Wo auch etwas von dem articul des heil. Abendmahls anzufuͤgen iſt/ ſo uͤbergehe doch die ſtuͤcke/ in welchen P. Dez ſagt/ von p. 153. biß 164. daß wir uͤberein kommen/ ob wol in ein und anderm etwas noch dabey zu erinnern ſtuͤnde: Was er aber von uns fordert/ beſtehet dieſen articul eigentlich be- treffend/ in 3. puncten/ da wir von dem erſten nicht viel zu ſtreiten haben/ denn da wir unſern Heyland aller orten/ wo er iſt/ anbeten moͤgen/ ſo iſt freylich kein zweiffel/ daß wir ihn auch in dem heil. Abendmahl anbeten doͤrffen/ als in

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken01_1700
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken01_1700/140
Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 1. Halle (Saale), 1700, S. 124. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken01_1700/140>, abgerufen am 21.11.2024.