Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 1. Halle (Saale), 1700.Das andere Capitel. Q. 2. Ob man einen absonderlich aus gnaden/ sonderlich wo große vor- bitt geschihet/ um seiner ansehnlichen freundschafft/ eheweib kinder etc. halben/ könne in beyseyn der Censoren und anderer darzu verordneter personen/ in einem hauß privatim buß thun lassen/ da doch ein ander/ der in solchen gnaden nicht stehet/ und vor welchen keine vorbitt geschihet/ und in gleichem delicto er- griffen/ mit öffentlicher kirchen-buß könne angesehen wer- den? Wo die sache abermahl in den alten terminis stünde/ würde mit nein zu ant- Q. 3.
Das andere Capitel. Q. 2. Ob man einen abſonderlich aus gnaden/ ſonderlich wo große voꝛ- bitt geſchihet/ um ſeiner anſehnlichen freundſchafft/ eheweib kinder ꝛc. halben/ koͤnne in beyſeyn der Cenſoren und anderer darzu verordneter perſonen/ in einem hauß privatim buß thun laſſen/ da doch ein ander/ der in ſolchen gnaden nicht ſtehet/ und vor welchen keine vorbitt geſchihet/ und in gleichem delicto er- griffen/ mit oͤffentlicher kirchen-buß koͤnne angeſehen wer- den? Wo die ſache abermahl in den alten terminis ſtuͤnde/ wuͤrde mit nein zu ant- Q. 3.
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Das andere Capitel.
Q. 2.
Ob man einen abſonderlich aus gnaden/ ſonderlich wo große voꝛ-
bitt geſchihet/ um ſeiner anſehnlichen freundſchafft/ eheweib
kinder ꝛc. halben/ koͤnne in beyſeyn der Cenſoren und anderer
darzu verordneter perſonen/ in einem hauß privatim buß thun
laſſen/ da doch ein ander/ der in ſolchen gnaden nicht ſtehet/ und
vor welchen keine vorbitt geſchihet/ und in gleichem delicto er-
griffen/ mit oͤffentlicher kirchen-buß koͤnne angeſehen wer-
den?
Wo die ſache abermahl in den alten terminis ſtuͤnde/ wuͤrde mit nein zu ant-
worten ſeyn/ und man weder einem ſolchen zu gratificiren/ noch ein ſolcher
es zu begehren urſach haben. So hat die kirche kein anſehen der perſon Jac. 2.
Was aber unſer jetziges vermiſchtes kirchen-weſen anlangt/ ſo ſehe ich nicht/
wie man ſich dem Magiſtratu, welcher ſolches decerniren ſolte/ darinn wi-
derſetzen moͤchte. Dann 1. iſt es und wird gehalten eine pœna, deren di-
ſpenſation bey dem Magiſtratu ſtehet/ die kirche hat ohne das bey der ſache
das allerwenigſte intereſſe, 2. So beſtehet die kirchen-buß einiger orten oh-
ne das allein darinnen/ daß coram Eccleſia repræſentativa oder presbyterio
die deprecatio allemahl geſchihet/ was alſo noch vor eine kirchen-buß einiger
orten gehalten wird/ moͤchte dann anderwertlich auch davor paſſiren. 3. Kan es
zuweilen ſeyn/ daß in den ſtraffen unter zwey ungleichen perſonen bey un-
gleichen ſtraffen in der that doch eine rechte gleichheit ſeye. Zum exempel/
ein geringerer ſchimpff iſt einer perſonæ honoratiori wohl ein ſo große ſtraff/
als einer viliori ein ſonſt noch ſchwehrere ſchmach. So gar daß/ wo der-
gleichen zwo perſonen mit euſſerlich gantz einerley ſtraffe belegt wuͤrden/ man
wegen ihrer ungleichheit/ die vornehmere viel haͤrter geſtrafft achten muͤſte;
worinnen eine unbilligkeit waͤre/ ſie werde dann auch damit entſchuldiget/
daß auch deroſelben gegebenes aͤrgernuͤß groͤßer ſeye. Hieruͤber aber und
von der proportion der pœnarum nach den perſonen wolte ich am liebſten den
politicis die deciſion laſſen; und nur allemahl urgiren/ und bitten/ daß ſie
in einer ſache/ die auffs wenigſte als ein kirchen-werck angeſehen wird/ und
etwas davon participiret/ auch allen ſchein der anſehung der perſon vermei-
den/ ſonderlich aber den vornehmern dadurch nicht anlaß zu mehr ſuͤnden ge-
ben/ und den wenigen nutzen der noch in dieſer ſache uͤbrig iſt/ nicht vollends
auffheben wolten. Welches ihnen eine ſchwehre verantwortung auffladen
wuͤrde.
Q. 3.
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