Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 1. Halle (Saale), 1700.

Bild:
<< vorherige Seite
Das andere Capitel.
vorgieng. Was aber den einigen blutschänder anlangt/ wolte er denselben
aus der gemeinde wegen des öffentlichen ärgernüsses ausgeschlossen haben.
Wolten wir die wort 1. Cor. 5/ 11. daß sie auch mit einigen nicht essen solten/
auch von der communion verstehen/ davon sie gleichwol nicht handlen/ so
würde doch die ausschliessung abermahl keine andere betroffen haben/ als
offenbahr lasterhaffte personen. Sonsten sehen wir nicht/ daß er andere
ausschliesse/ sondern immer nur haben will/ daß man an der besserung und
mehrer reinigung arbeiten solte. Wer aber damal noch als ein glied der ge-
meinde erkant wurde/ derselbe war auch der gemeinschafft des heiligen Abend-
mahls fähig/ indem damal allezeit die gantze gemeinden (nicht nur bey uns
ietzt dieser bald jener) miteinander zu communiciren pflegten/ ohne die noch
nicht getaufft waren/ oder unter gewissen censuren wegen ihrer begangnen
fälle stunden. Also wer sich zu CHristo bekennte/ zu der gemeinde hielte/
und nicht mit solchen sünden/ welche diese ärgerten/ die ausschliessung aus
der gemeinde verschuldete/ wurde zu dem heiligen Abendmahl verstattet/ die
übrige prüfung aber iedes gewissen überlassen/ ohne was die lehrer mit un-
terricht und erinnerung vor vorschub dabey werden gethan haben.
13. Nachdem die heilige tauffe nicht geringer heiligkeit ist/ als das
heilige Abendmahl/ sehen wir gleichwol/ wie die liebe Apostel diejenige/
welche sich in CHRJSTO bekennten/ und mit nichts widriges ihrem Be-
käntnüß den glauben benahmen/ so bald zu der tauff annahmen: wie wir
sehen Apostel Geschicht 8/ 37. 38. da Philippus den Cämmerer so bald auff
sein bekäntnüß tauffet: wo auch zu mercken/ daß er nicht in sein hertz sehen
können/ sondern deswegen saget: Glaubest du von gantzem hertzen/ so
mags wol seyn:
als aber dieser den glauben bekennet/ so taufft er ihn/ zwar
absolute, aber so/ daß doch/ weil sich die krafft der tauffe auff vie condi-
tion
des glaubens gründete/ die versicherung solcher krafft so fern conditio-
nata
war: daß wann der Cämmerer ein heuchler gewesen/ so wir zwahr
nicht zu sorgen haben/ ihm seine tauff nicht genutzet haben würde/ also mußte
er in seinem gewissen auch die condition seines glaubens dabey haben. So
ein exempel von dem ist/ wovon ich zuweilen sage/ daß die krafft aller abso-
tion,
wie absolut auch die formul lauten möchte/ an sich selbs conditiona-
ta
seye/ und sich das gewissen des absolvirten/ wo es sich den trost applici-
ren solle/ in sich seiner buß muß versichern können. Also auch Apostel Ge-
schicht 8/ 13. wird Simon der zauberer bald getaufft/ von dem gleichwol un-
terschiedliche in den gedancken sind/ daß er ein heuchler gewesen: wie wir
aber ja v. 13. seinen glauben eigentlich von einem wahren glauben verstehen/
muß
Das andere Capitel.
vorgieng. Was aber den einigen blutſchaͤnder anlangt/ wolte er denſelben
aus der gemeinde wegen des oͤffentlichen aͤrgernuͤſſes ausgeſchloſſen haben.
Wolten wir die wort 1. Cor. 5/ 11. daß ſie auch mit einigen nicht eſſen ſolten/
auch von der communion verſtehen/ davon ſie gleichwol nicht handlen/ ſo
wuͤrde doch die ausſchlieſſung abermahl keine andere betroffen haben/ als
offenbahr laſterhaffte perſonen. Sonſten ſehen wir nicht/ daß er andere
ausſchlieſſe/ ſondern immer nur haben will/ daß man an der beſſerung und
mehrer reinigung arbeiten ſolte. Wer aber damal noch als ein glied der ge-
meinde erkant wurde/ derſelbe war auch der gemeinſchafft des heiligen Abend-
mahls faͤhig/ indem damal allezeit die gantze gemeinden (nicht nur bey uns
ietzt dieſer bald jener) miteinander zu communiciren pflegten/ ohne die noch
nicht getaufft waren/ oder unter gewiſſen cenſuren wegen ihrer begangnen
faͤlle ſtunden. Alſo wer ſich zu CHriſto bekennte/ zu der gemeinde hielte/
und nicht mit ſolchen ſuͤnden/ welche dieſe aͤrgerten/ die ausſchlieſſung aus
der gemeinde verſchuldete/ wurde zu dem heiligen Abendmahl verſtattet/ die
uͤbrige pruͤfung aber iedes gewiſſen uͤberlaſſen/ ohne was die lehrer mit un-
terricht und erinnerung vor vorſchub dabey werden gethan haben.
13. Nachdem die heilige tauffe nicht geringer heiligkeit iſt/ als das
heilige Abendmahl/ ſehen wir gleichwol/ wie die liebe Apoſtel diejenige/
welche ſich in CHRJSTO bekennten/ und mit nichts widriges ihrem Be-
kaͤntnuͤß den glauben benahmen/ ſo bald zu der tauff annahmen: wie wir
ſehen Apoſtel Geſchicht 8/ 37. 38. da Philippus den Caͤmmerer ſo bald auff
ſein bekaͤntnuͤß tauffet: wo auch zu mercken/ daß er nicht in ſein hertz ſehen
koͤnnen/ ſondern deswegen ſaget: Glaubeſt du von gantzem hertzen/ ſo
mags wol ſeyn:
als aber dieſer den glauben bekennet/ ſo taufft er ihn/ zwar
abſolute, aber ſo/ daß doch/ weil ſich die krafft der tauffe auff vie condi-
tion
des glaubens gruͤndete/ die verſicherung ſolcher krafft ſo fern conditio-
nata
war: daß wann der Caͤmmerer ein heuchler geweſen/ ſo wir zwahr
nicht zu ſorgen haben/ ihm ſeine tauff nicht genutzet haben wuͤrde/ alſo mußte
er in ſeinem gewiſſen auch die condition ſeines glaubens dabey haben. So
ein exempel von dem iſt/ wovon ich zuweilen ſage/ daß die krafft aller abſo-
tion,
wie abſolut auch die formul lauten moͤchte/ an ſich ſelbs conditiona-
ta
ſeye/ und ſich das gewiſſen des abſolvirten/ wo es ſich den troſt applici-
ren ſolle/ in ſich ſeiner buß muß verſichern koͤnnen. Alſo auch Apoſtel Ge-
ſchicht 8/ 13. wird Simon der zauberer bald getaufft/ von dem gleichwol un-
terſchiedliche in den gedancken ſind/ daß er ein heuchler geweſen: wie wir
aber ja v. 13. ſeinen glauben eigentlich von einem wahren glauben verſtehen/
muß
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <list>
              <item><pb facs="#f1058" n="258"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Das andere Capitel.</hi></fw><lb/>
vorgieng. Was aber den einigen blut&#x017F;cha&#x0364;nder anlangt/ wolte er den&#x017F;elben<lb/>
aus der gemeinde wegen des o&#x0364;ffentlichen a&#x0364;rgernu&#x0364;&#x017F;&#x017F;es ausge&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en haben.<lb/>
Wolten wir die wort 1. Cor. 5/ 11. daß &#x017F;ie auch mit einigen nicht e&#x017F;&#x017F;en &#x017F;olten/<lb/>
auch von der <hi rendition="#aq">communion</hi> ver&#x017F;tehen/ davon &#x017F;ie gleichwol nicht handlen/ &#x017F;o<lb/>
wu&#x0364;rde doch die aus&#x017F;chlie&#x017F;&#x017F;ung abermahl keine andere betroffen haben/ als<lb/>
offenbahr la&#x017F;terhaffte per&#x017F;onen. Son&#x017F;ten &#x017F;ehen wir nicht/ daß er andere<lb/>
aus&#x017F;chlie&#x017F;&#x017F;e/ &#x017F;ondern immer nur haben will/ daß man an der be&#x017F;&#x017F;erung und<lb/>
mehrer reinigung arbeiten &#x017F;olte. Wer aber damal noch als ein glied der ge-<lb/>
meinde erkant wurde/ der&#x017F;elbe war auch der gemein&#x017F;chafft des heiligen Abend-<lb/>
mahls fa&#x0364;hig/ indem damal allezeit die gantze gemeinden (nicht nur bey uns<lb/>
ietzt die&#x017F;er bald jener) miteinander zu <hi rendition="#aq">communicir</hi>en pflegten/ ohne die noch<lb/>
nicht getaufft waren/ oder unter gewi&#x017F;&#x017F;en <hi rendition="#aq">cen&#x017F;ur</hi>en wegen ihrer begangnen<lb/>
fa&#x0364;lle &#x017F;tunden. Al&#x017F;o wer &#x017F;ich zu CHri&#x017F;to bekennte/ zu der gemeinde hielte/<lb/>
und nicht mit &#x017F;olchen &#x017F;u&#x0364;nden/ welche die&#x017F;e a&#x0364;rgerten/ die aus&#x017F;chlie&#x017F;&#x017F;ung aus<lb/>
der gemeinde ver&#x017F;chuldete/ wurde zu dem heiligen Abendmahl ver&#x017F;tattet/ die<lb/>
u&#x0364;brige pru&#x0364;fung aber iedes gewi&#x017F;&#x017F;en u&#x0364;berla&#x017F;&#x017F;en/ ohne was die lehrer mit un-<lb/>
terricht und erinnerung vor vor&#x017F;chub dabey werden gethan haben.</item><lb/>
              <item>13. Nachdem die heilige tauffe nicht geringer heiligkeit i&#x017F;t/ als das<lb/>
heilige Abendmahl/ &#x017F;ehen wir gleichwol/ wie die liebe Apo&#x017F;tel diejenige/<lb/>
welche &#x017F;ich in CHRJSTO bekennten/ und mit nichts widriges ihrem Be-<lb/>
ka&#x0364;ntnu&#x0364;ß den glauben benahmen/ &#x017F;o bald zu der tauff annahmen: wie wir<lb/>
&#x017F;ehen Apo&#x017F;tel Ge&#x017F;chicht 8/ 37. 38. da Philippus den Ca&#x0364;mmerer &#x017F;o bald auff<lb/>
&#x017F;ein beka&#x0364;ntnu&#x0364;ß tauffet: wo auch zu mercken/ daß er nicht in &#x017F;ein hertz &#x017F;ehen<lb/>
ko&#x0364;nnen/ &#x017F;ondern deswegen &#x017F;aget: <hi rendition="#fr">Glaube&#x017F;t du von gantzem hertzen/ &#x017F;o<lb/>
mags wol &#x017F;eyn:</hi> als aber die&#x017F;er den glauben bekennet/ &#x017F;o taufft er ihn/ zwar<lb/><hi rendition="#aq">ab&#x017F;olute,</hi> aber &#x017F;o/ daß doch/ weil &#x017F;ich die krafft der tauffe auff vie <hi rendition="#aq">condi-<lb/>
tion</hi> des glaubens gru&#x0364;ndete/ die ver&#x017F;icherung &#x017F;olcher krafft &#x017F;o fern <hi rendition="#aq">conditio-<lb/>
nata</hi> war: daß wann der Ca&#x0364;mmerer ein heuchler gewe&#x017F;en/ &#x017F;o wir zwahr<lb/>
nicht zu &#x017F;orgen haben/ ihm &#x017F;eine tauff nicht genutzet haben wu&#x0364;rde/ al&#x017F;o mußte<lb/>
er in &#x017F;einem gewi&#x017F;&#x017F;en auch die <hi rendition="#aq">condition</hi> &#x017F;eines glaubens dabey haben. So<lb/>
ein exempel von dem i&#x017F;t/ wovon ich zuweilen &#x017F;age/ daß die krafft aller <hi rendition="#aq">ab&#x017F;o-<lb/>
tion,</hi> wie <hi rendition="#aq">ab&#x017F;olut</hi> auch die <hi rendition="#aq">formul</hi> lauten mo&#x0364;chte/ an &#x017F;ich &#x017F;elbs <hi rendition="#aq">conditiona-<lb/>
ta</hi> &#x017F;eye/ und &#x017F;ich das gewi&#x017F;&#x017F;en des <hi rendition="#aq">ab&#x017F;olvirt</hi>en/ wo es &#x017F;ich den tro&#x017F;t <hi rendition="#aq">applici-</hi><lb/>
ren &#x017F;olle/ in &#x017F;ich &#x017F;einer buß muß ver&#x017F;ichern ko&#x0364;nnen. Al&#x017F;o auch Apo&#x017F;tel Ge-<lb/>
&#x017F;chicht 8/ 13. wird Simon der zauberer bald getaufft/ von dem gleichwol un-<lb/>
ter&#x017F;chiedliche in den gedancken &#x017F;ind/ daß er ein heuchler gewe&#x017F;en: wie wir<lb/>
aber ja v. 13. &#x017F;einen glauben eigentlich von einem wahren glauben ver&#x017F;tehen/<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">muß</fw><lb/></item>
            </list>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[258/1058] Das andere Capitel. vorgieng. Was aber den einigen blutſchaͤnder anlangt/ wolte er denſelben aus der gemeinde wegen des oͤffentlichen aͤrgernuͤſſes ausgeſchloſſen haben. Wolten wir die wort 1. Cor. 5/ 11. daß ſie auch mit einigen nicht eſſen ſolten/ auch von der communion verſtehen/ davon ſie gleichwol nicht handlen/ ſo wuͤrde doch die ausſchlieſſung abermahl keine andere betroffen haben/ als offenbahr laſterhaffte perſonen. Sonſten ſehen wir nicht/ daß er andere ausſchlieſſe/ ſondern immer nur haben will/ daß man an der beſſerung und mehrer reinigung arbeiten ſolte. Wer aber damal noch als ein glied der ge- meinde erkant wurde/ derſelbe war auch der gemeinſchafft des heiligen Abend- mahls faͤhig/ indem damal allezeit die gantze gemeinden (nicht nur bey uns ietzt dieſer bald jener) miteinander zu communiciren pflegten/ ohne die noch nicht getaufft waren/ oder unter gewiſſen cenſuren wegen ihrer begangnen faͤlle ſtunden. Alſo wer ſich zu CHriſto bekennte/ zu der gemeinde hielte/ und nicht mit ſolchen ſuͤnden/ welche dieſe aͤrgerten/ die ausſchlieſſung aus der gemeinde verſchuldete/ wurde zu dem heiligen Abendmahl verſtattet/ die uͤbrige pruͤfung aber iedes gewiſſen uͤberlaſſen/ ohne was die lehrer mit un- terricht und erinnerung vor vorſchub dabey werden gethan haben. 13. Nachdem die heilige tauffe nicht geringer heiligkeit iſt/ als das heilige Abendmahl/ ſehen wir gleichwol/ wie die liebe Apoſtel diejenige/ welche ſich in CHRJSTO bekennten/ und mit nichts widriges ihrem Be- kaͤntnuͤß den glauben benahmen/ ſo bald zu der tauff annahmen: wie wir ſehen Apoſtel Geſchicht 8/ 37. 38. da Philippus den Caͤmmerer ſo bald auff ſein bekaͤntnuͤß tauffet: wo auch zu mercken/ daß er nicht in ſein hertz ſehen koͤnnen/ ſondern deswegen ſaget: Glaubeſt du von gantzem hertzen/ ſo mags wol ſeyn: als aber dieſer den glauben bekennet/ ſo taufft er ihn/ zwar abſolute, aber ſo/ daß doch/ weil ſich die krafft der tauffe auff vie condi- tion des glaubens gruͤndete/ die verſicherung ſolcher krafft ſo fern conditio- nata war: daß wann der Caͤmmerer ein heuchler geweſen/ ſo wir zwahr nicht zu ſorgen haben/ ihm ſeine tauff nicht genutzet haben wuͤrde/ alſo mußte er in ſeinem gewiſſen auch die condition ſeines glaubens dabey haben. So ein exempel von dem iſt/ wovon ich zuweilen ſage/ daß die krafft aller abſo- tion, wie abſolut auch die formul lauten moͤchte/ an ſich ſelbs conditiona- ta ſeye/ und ſich das gewiſſen des abſolvirten/ wo es ſich den troſt applici- ren ſolle/ in ſich ſeiner buß muß verſichern koͤnnen. Alſo auch Apoſtel Ge- ſchicht 8/ 13. wird Simon der zauberer bald getaufft/ von dem gleichwol un- terſchiedliche in den gedancken ſind/ daß er ein heuchler geweſen: wie wir aber ja v. 13. ſeinen glauben eigentlich von einem wahren glauben verſtehen/ muß

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken01_1700
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken01_1700/1058
Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 1. Halle (Saale), 1700, S. 258. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken01_1700/1058>, abgerufen am 24.11.2024.