Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 1. Halle (Saale), 1700.

Bild:
<< vorherige Seite
SECTIO XIV.
seyn kan/ so werde ihm nicht eine einige sünde vergeben/ ob er des tages hun-
dertmal absolviret würde. Denn GOtt reicht ihm die gabe dar/ er kan aber
aus mangel des wahren glaubens (der gar eine andere sache ist/ als sein
fleischlich vertrauen) solche nicht annehmen/ noch ihrer habhafft werden.
Dieses offtmal wiederholt/ wird den leuten entweder die sicherheit vertrei-
ben/ oder macht sie doch unschuldbar/ daß sie künfftig nicht von dem prediger
mit der absolution betrogen werden/ sondern wo sie solche von GOtt nicht
erlangen/ sich selbs aus eigener schuld betrogen haben. Der HErr aber er-
barme sich seiner kirchen/ und schaffe durch seine weißheit und gnade auch die-
sem verderben noch künfftig rath.
VI.
Von der aufferstehung der todten.
1. ES in cliniret auffs wenigste der autor hie auff die von mehrern alten
und neuen Offenb. 20. behauptete vorhergehende aufferstehung der
märtyrer. Davon bekenne/ daß mich derselben nicht überzeugt finden kan/
ob wol von unterschiedlichen freunden mit mir daraus communiciret wor-
den. 1. Finde ich in der schrifft/ daß dieselbe an den haupt-orten von der
aufferstehung/ die aufferstehung derer die selig und die verdammt werden
zusammen setzt. Dan. 12/ 2. Joh. 5/ 28. 29. wo austrücklich von einer stun-
de stehet. 2. Erwartet Paulus/ welcher doch eben solches ortes sich zu seinem
marter-todt schicket/ seine krohne auff einen tag mit allen denen/ die seine er-
scheinung lieb haben. 3. Stehet die leibliche aufferstehung Offenbar. 20.
nicht so deutlich/ so gar daß mir einer/ welcher sonst wegen des regni millena-
rii
zu leiden/ und den dienst zu verliehren kein bedenckens gehabt/ bekannte/
daß er solche absonderliche aufferstehung nicht glaubte/ noch an solchem ort
gegründet finde. Es stehet austrücklich von den seelen/ nicht von den gan-
tzen personen/ und sie waren lebendig/ nicht sie wurden lebendig/ und regier-
ten m. f. w. Ob ich wol nun nicht so eigentlich bestimmen kan/ was solches
vor ein leben und also vor eine aufferstehung seye/ auch gern erkenne/ daß mir
weder die erklährung von der geistlichen aufferstehung in der wiedergebuhrt/
noch von dem ewigen leben in der herrlichkeit/ gefalle/ so nöthigt mich gleich-
wol auch nichts auff eine solche leibliche aufferstehung zu fallen: sondern ists
nicht eine dergleichen aufferstehung/ da derselben gedächtnüß/ welches vor-
hin unter dem Anti-Christenthum verflucht und ihr todt vor einen wolver-
dienten todt gehalten worden/ wiederum öffentlich empor/ und heilig gehal-
ten werden wird/ so überlasse ich die erfüllung göttlicher weißheit und der er-
füllung.
2. Jndessen billige des autoris bescheidenheit/ daß er weder dieselbe
mei-
SECTIO XIV.
ſeyn kan/ ſo werde ihm nicht eine einige ſuͤnde vergeben/ ob er des tages hun-
dertmal abſolviret wuͤrde. Denn GOtt reicht ihm die gabe dar/ er kan aber
aus mangel des wahren glaubens (der gar eine andere ſache iſt/ als ſein
fleiſchlich vertrauen) ſolche nicht annehmen/ noch ihrer habhafft werden.
Dieſes offtmal wiederholt/ wird den leuten entweder die ſicherheit vertrei-
ben/ oder macht ſie doch unſchuldbar/ daß ſie kuͤnfftig nicht von dem prediger
mit der abſolution betrogen werden/ ſondern wo ſie ſolche von GOtt nicht
erlangen/ ſich ſelbs aus eigener ſchuld betrogen haben. Der HErr aber er-
barme ſich ſeiner kirchen/ und ſchaffe durch ſeine weißheit und gnade auch die-
ſem verderben noch kuͤnfftig rath.
VI.
Von der aufferſtehung der todten.
1. ES in cliniret auffs wenigſte der autor hie auff die von mehrern alten
und neuen Offenb. 20. behauptete vorhergehende aufferſtehung der
maͤrtyrer. Davon bekenne/ daß mich derſelben nicht uͤberzeugt finden kan/
ob wol von unterſchiedlichen freunden mit mir daraus communiciret wor-
den. 1. Finde ich in der ſchrifft/ daß dieſelbe an den haupt-orten von der
aufferſtehung/ die aufferſtehung derer die ſelig und die verdammt werden
zuſammen ſetzt. Dan. 12/ 2. Joh. 5/ 28. 29. wo austruͤcklich von einer ſtun-
de ſtehet. 2. Erwartet Paulus/ welcher doch eben ſolches ortes ſich zu ſeinem
marter-todt ſchicket/ ſeine krohne auff einen tag mit allen denen/ die ſeine er-
ſcheinung lieb haben. 3. Stehet die leibliche aufferſtehung Offenbar. 20.
nicht ſo deutlich/ ſo gar daß mir einer/ welcher ſonſt wegen des regni millena-
rii
zu leiden/ und den dienſt zu verliehren kein bedenckens gehabt/ bekannte/
daß er ſolche abſonderliche aufferſtehung nicht glaubte/ noch an ſolchem ort
gegruͤndet finde. Es ſtehet austruͤcklich von den ſeelen/ nicht von den gan-
tzen perſonen/ und ſie waren lebendig/ nicht ſie wurden lebendig/ und regier-
ten m. f. w. Ob ich wol nun nicht ſo eigentlich beſtimmen kan/ was ſolches
vor ein leben und alſo vor eine aufferſtehung ſeye/ auch gern erkenne/ daß mir
weder die erklaͤhrung von der geiſtlichen aufferſtehung in der wiedergebuhrt/
noch von dem ewigen leben in der herrlichkeit/ gefalle/ ſo noͤthigt mich gleich-
wol auch nichts auff eine ſolche leibliche aufferſtehung zu fallen: ſondern iſts
nicht eine dergleichen aufferſtehung/ da derſelben gedaͤchtnuͤß/ welches vor-
hin unter dem Anti-Chriſtenthum verflucht und ihr todt vor einen wolver-
dienten todt gehalten worden/ wiederum oͤffentlich empor/ und heilig gehal-
ten werden wird/ ſo uͤberlaſſe ich die erfuͤllung goͤttlicher weißheit und der er-
fuͤllung.
2. Jndeſſen billige des autoris beſcheidenheit/ daß er weder dieſelbe
mei-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <list>
                <item><pb facs="#f0103" n="87"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">SECTIO XIV</hi>.</hi></hi></fw><lb/>
&#x017F;eyn kan/ &#x017F;o werde ihm nicht eine einige &#x017F;u&#x0364;nde vergeben/ ob er des tages hun-<lb/>
dertmal <hi rendition="#aq">ab&#x017F;olvi</hi>ret wu&#x0364;rde. Denn GOtt reicht ihm die gabe dar/ er kan aber<lb/>
aus mangel des wahren glaubens (der gar eine andere &#x017F;ache i&#x017F;t/ als &#x017F;ein<lb/>
flei&#x017F;chlich vertrauen) &#x017F;olche nicht annehmen/ noch ihrer habhafft werden.<lb/>
Die&#x017F;es offtmal wiederholt/ wird den leuten entweder die &#x017F;icherheit vertrei-<lb/>
ben/ oder macht &#x017F;ie doch un&#x017F;chuldbar/ daß &#x017F;ie ku&#x0364;nfftig nicht von dem prediger<lb/>
mit der <hi rendition="#aq">ab&#x017F;olution</hi> betrogen werden/ &#x017F;ondern wo &#x017F;ie &#x017F;olche von GOtt nicht<lb/>
erlangen/ &#x017F;ich &#x017F;elbs aus eigener &#x017F;chuld betrogen haben. Der HErr aber er-<lb/>
barme &#x017F;ich &#x017F;einer kirchen/ und &#x017F;chaffe durch &#x017F;eine weißheit und gnade auch die-<lb/>
&#x017F;em verderben noch ku&#x0364;nfftig rath.</item>
              </list>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head> <hi rendition="#b"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">VI</hi>.</hi><lb/>
Von der auffer&#x017F;tehung der todten.</hi> </head><lb/>
              <list>
                <item>1. <hi rendition="#in">E</hi>S <hi rendition="#aq">in clini</hi>ret auffs wenig&#x017F;te der <hi rendition="#aq">autor</hi> hie auff die von mehrern alten<lb/>
und neuen <hi rendition="#fr">Offenb.</hi> 20. behauptete vorhergehende auffer&#x017F;tehung der<lb/>
ma&#x0364;rtyrer. Davon bekenne/ daß mich der&#x017F;elben nicht u&#x0364;berzeugt finden kan/<lb/>
ob wol von unter&#x017F;chiedlichen freunden mit mir daraus <hi rendition="#aq">communici</hi>ret wor-<lb/>
den. 1. Finde ich in der &#x017F;chrifft/ daß die&#x017F;elbe an den haupt-orten von der<lb/>
auffer&#x017F;tehung/ die auffer&#x017F;tehung derer die &#x017F;elig und die verdammt werden<lb/>
zu&#x017F;ammen &#x017F;etzt. <hi rendition="#fr">Dan. 12/ 2. Joh.</hi> 5/ 28. 29. wo austru&#x0364;cklich von einer &#x017F;tun-<lb/>
de &#x017F;tehet. 2. Erwartet Paulus/ welcher doch eben &#x017F;olches ortes &#x017F;ich zu &#x017F;einem<lb/>
marter-todt &#x017F;chicket/ &#x017F;eine krohne auff einen tag mit allen denen/ die &#x017F;eine er-<lb/>
&#x017F;cheinung lieb haben. 3. Stehet die leibliche auffer&#x017F;tehung <hi rendition="#fr">Offenbar.</hi> 20.<lb/>
nicht &#x017F;o deutlich/ &#x017F;o gar daß mir einer/ welcher &#x017F;on&#x017F;t wegen des <hi rendition="#aq">regni millena-<lb/>
rii</hi> zu leiden/ und den dien&#x017F;t zu verliehren kein bedenckens gehabt/ bekannte/<lb/>
daß er &#x017F;olche ab&#x017F;onderliche auffer&#x017F;tehung nicht glaubte/ noch an &#x017F;olchem ort<lb/>
gegru&#x0364;ndet finde. Es &#x017F;tehet austru&#x0364;cklich von den &#x017F;eelen/ nicht von den gan-<lb/>
tzen per&#x017F;onen/ und &#x017F;ie waren lebendig/ nicht &#x017F;ie wurden lebendig/ und regier-<lb/>
ten m. f. w. Ob ich wol nun nicht &#x017F;o eigentlich be&#x017F;timmen kan/ was &#x017F;olches<lb/>
vor ein leben und al&#x017F;o vor eine auffer&#x017F;tehung &#x017F;eye/ auch gern erkenne/ daß mir<lb/>
weder die erkla&#x0364;hrung von der gei&#x017F;tlichen auffer&#x017F;tehung in der wiedergebuhrt/<lb/>
noch von dem ewigen leben in der herrlichkeit/ gefalle/ &#x017F;o no&#x0364;thigt mich gleich-<lb/>
wol auch nichts auff eine &#x017F;olche leibliche auffer&#x017F;tehung zu fallen: &#x017F;ondern i&#x017F;ts<lb/>
nicht eine dergleichen auffer&#x017F;tehung/ da der&#x017F;elben geda&#x0364;chtnu&#x0364;ß/ welches vor-<lb/>
hin unter dem Anti-Chri&#x017F;tenthum verflucht und ihr todt vor einen wolver-<lb/>
dienten todt gehalten worden/ wiederum o&#x0364;ffentlich empor/ und heilig gehal-<lb/>
ten werden wird/ &#x017F;o u&#x0364;berla&#x017F;&#x017F;e ich die erfu&#x0364;llung go&#x0364;ttlicher weißheit und der er-<lb/>
fu&#x0364;llung.</item><lb/>
                <item>2. Jnde&#x017F;&#x017F;en billige des <hi rendition="#aq">autoris</hi> be&#x017F;cheidenheit/ daß er weder die&#x017F;elbe<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">mei-</fw><lb/></item>
              </list>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[87/0103] SECTIO XIV. ſeyn kan/ ſo werde ihm nicht eine einige ſuͤnde vergeben/ ob er des tages hun- dertmal abſolviret wuͤrde. Denn GOtt reicht ihm die gabe dar/ er kan aber aus mangel des wahren glaubens (der gar eine andere ſache iſt/ als ſein fleiſchlich vertrauen) ſolche nicht annehmen/ noch ihrer habhafft werden. Dieſes offtmal wiederholt/ wird den leuten entweder die ſicherheit vertrei- ben/ oder macht ſie doch unſchuldbar/ daß ſie kuͤnfftig nicht von dem prediger mit der abſolution betrogen werden/ ſondern wo ſie ſolche von GOtt nicht erlangen/ ſich ſelbs aus eigener ſchuld betrogen haben. Der HErr aber er- barme ſich ſeiner kirchen/ und ſchaffe durch ſeine weißheit und gnade auch die- ſem verderben noch kuͤnfftig rath. VI. Von der aufferſtehung der todten. 1. ES in cliniret auffs wenigſte der autor hie auff die von mehrern alten und neuen Offenb. 20. behauptete vorhergehende aufferſtehung der maͤrtyrer. Davon bekenne/ daß mich derſelben nicht uͤberzeugt finden kan/ ob wol von unterſchiedlichen freunden mit mir daraus communiciret wor- den. 1. Finde ich in der ſchrifft/ daß dieſelbe an den haupt-orten von der aufferſtehung/ die aufferſtehung derer die ſelig und die verdammt werden zuſammen ſetzt. Dan. 12/ 2. Joh. 5/ 28. 29. wo austruͤcklich von einer ſtun- de ſtehet. 2. Erwartet Paulus/ welcher doch eben ſolches ortes ſich zu ſeinem marter-todt ſchicket/ ſeine krohne auff einen tag mit allen denen/ die ſeine er- ſcheinung lieb haben. 3. Stehet die leibliche aufferſtehung Offenbar. 20. nicht ſo deutlich/ ſo gar daß mir einer/ welcher ſonſt wegen des regni millena- rii zu leiden/ und den dienſt zu verliehren kein bedenckens gehabt/ bekannte/ daß er ſolche abſonderliche aufferſtehung nicht glaubte/ noch an ſolchem ort gegruͤndet finde. Es ſtehet austruͤcklich von den ſeelen/ nicht von den gan- tzen perſonen/ und ſie waren lebendig/ nicht ſie wurden lebendig/ und regier- ten m. f. w. Ob ich wol nun nicht ſo eigentlich beſtimmen kan/ was ſolches vor ein leben und alſo vor eine aufferſtehung ſeye/ auch gern erkenne/ daß mir weder die erklaͤhrung von der geiſtlichen aufferſtehung in der wiedergebuhrt/ noch von dem ewigen leben in der herrlichkeit/ gefalle/ ſo noͤthigt mich gleich- wol auch nichts auff eine ſolche leibliche aufferſtehung zu fallen: ſondern iſts nicht eine dergleichen aufferſtehung/ da derſelben gedaͤchtnuͤß/ welches vor- hin unter dem Anti-Chriſtenthum verflucht und ihr todt vor einen wolver- dienten todt gehalten worden/ wiederum oͤffentlich empor/ und heilig gehal- ten werden wird/ ſo uͤberlaſſe ich die erfuͤllung goͤttlicher weißheit und der er- fuͤllung. 2. Jndeſſen billige des autoris beſcheidenheit/ daß er weder dieſelbe mei-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken01_1700
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken01_1700/103
Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 1. Halle (Saale), 1700, S. 87. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken01_1700/103>, abgerufen am 27.12.2024.