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Spee, Friedrich von: Gewissens-Buch: Von Processen Gegen die Hexen. Bremen, 1647.

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hette nichts bekant/ so kan man jhne nicht wider
torquiren: wenn auch schon andere zeugen sein
vnschuld meldeten/ so hiessen es darumb nicht
newe indicia, sonder ein newe prob der ersten
vnschuld. Vnd also schliest Farinacius. Weil
nun dieses der billigkeit/ den gesetzen/ vnd gesun-
der vernunfft gemäß/ so soll mans billigen wegs
auch in den criminibus exceptis gelten lassen:
allein die jetzige gewissenlose praxis thut gantz
daß gegenspiel. * Wie Farinacius hierinnen
auch über sich selbsten klaget: mit vermelden er
habe übel gethan.

So jemand ein todtsünd thut: wenn er seinen
nechsten 6. oder 7. wunden in den leib mit einem
Schwert oder Kolben schläget: wie viel grössere
todtsünde ist es/ dem nebenmenschen/ so vnge-
gründeter weise/ in ein solche grausame pein zum
andern oder drittenmahl dahin reissen? Ist es
ein todtsünd einen beyde händ abhawen/ wie viel-
mehr wirds ein todtsünd sein: ohne gnugsahme
vrsachen einen in die andere tortur liferen/ sagt
Farinacius quaest. 42. num. 14.

* Einrede. So eine alsobald soll absolvi-
ret
werden/ wenn sie durch die erste tortur nicht
bezwungen wird/ so werden wir ohne Hexen vnd
processen sein?

Antwort: Diese gewissenlose narren-rede hat
so viel in den mund: Wann wir nicht thun/ was
wider gesunde vernunft vnd die billigkeit lauffet/
daß ist wann wir nicht wider daß gewissen sündi-

gen/
* p. 103.
* p. 104.

hette nichts bekant/ ſo kan man jhne nicht wider
torquiren: wenn auch ſchon andere zeugen ſein
vnſchuld meldeten/ ſo hieſſen es darumb nicht
newe indicia, ſonder ein newe prob der erſten
vnſchuld. Vnd alſo ſchlieſt Farinacius. Weil
nun dieſes der billigkeit/ den geſetzen/ vnd geſun-
der vernunfft gemaͤß/ ſo ſoll mans billigen wegs
auch in den criminibus exceptis gelten laſſen:
allein die jetzige gewiſſenloſe praxis thut gantz
daß gegenſpiel. * Wie Farinacius hierinnen
auch uͤber ſich ſelbſten klaget: mit vermelden er
habe uͤbel gethan.

So jemand ein todtſuͤnd thut: wenn er ſeinen
nechſten 6. oder 7. wunden in den leib mit einem
Schwert oder Kolben ſchlaͤget: wie viel groͤſſere
todtſuͤnde iſt es/ dem nebenmenſchen/ ſo vnge-
gruͤndeter weiſe/ in ein ſolche grauſame pein zum
andern oder drittenmahl dahin reiſſen? Iſt es
ein todtſuͤnd einen beyde haͤnd abhawen/ wie viel-
mehr wirds ein todtſuͤnd ſein: ohne gnugſahme
vrſachen einen in die andere tortur liferen/ ſagt
Farinacius quæſt. 42. num. 14.

* Einrede. So eine alſobald ſoll abſolvi-
ret
werden/ wenn ſie durch die erſte tortur nicht
bezwungen wird/ ſo werden wir ohne Hexen vnd
proceſſen ſein?

Antwort: Dieſe gewiſſenloſe narren-rede hat
ſo viel in den mund: Wann wir nicht thun/ was
wider geſunde vernunft vnd die billigkeit lauffet/
daß iſt wann wir nicht wider daß gewiſſen ſuͤndi-

gen/
* p. 103.
* p. 104.
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[80/0100] hette nichts bekant/ ſo kan man jhne nicht wider torquiren: wenn auch ſchon andere zeugen ſein vnſchuld meldeten/ ſo hieſſen es darumb nicht newe indicia, ſonder ein newe prob der erſten vnſchuld. Vnd alſo ſchlieſt Farinacius. Weil nun dieſes der billigkeit/ den geſetzen/ vnd geſun- der vernunfft gemaͤß/ ſo ſoll mans billigen wegs auch in den criminibus exceptis gelten laſſen: allein die jetzige gewiſſenloſe praxis thut gantz daß gegenſpiel. * Wie Farinacius hierinnen auch uͤber ſich ſelbſten klaget: mit vermelden er habe uͤbel gethan. So jemand ein todtſuͤnd thut: wenn er ſeinen nechſten 6. oder 7. wunden in den leib mit einem Schwert oder Kolben ſchlaͤget: wie viel groͤſſere todtſuͤnde iſt es/ dem nebenmenſchen/ ſo vnge- gruͤndeter weiſe/ in ein ſolche grauſame pein zum andern oder drittenmahl dahin reiſſen? Iſt es ein todtſuͤnd einen beyde haͤnd abhawen/ wie viel- mehr wirds ein todtſuͤnd ſein: ohne gnugſahme vrſachen einen in die andere tortur liferen/ ſagt Farinacius quæſt. 42. num. 14. * Einrede. So eine alſobald ſoll abſolvi- ret werden/ wenn ſie durch die erſte tortur nicht bezwungen wird/ ſo werden wir ohne Hexen vnd proceſſen ſein? Antwort: Dieſe gewiſſenloſe narren-rede hat ſo viel in den mund: Wann wir nicht thun/ was wider geſunde vernunft vnd die billigkeit lauffet/ daß iſt wann wir nicht wider daß gewiſſen ſuͤndi- gen/ * p. 103. * p. 104.

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Zitationshilfe: Spee, Friedrich von: Gewissens-Buch: Von Processen Gegen die Hexen. Bremen, 1647, S. 80. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spee_cautio_1647/100>, abgerufen am 27.11.2024.