[Spalding, Johann Joachim]: Betrachtung über die Bestimmung des Menschen. 3. Aufl. Berlin, 1749.kann; meine ekle Sele stößt sie von sich, und bleibt in ihrer unstetigen und trostlosen Verwirrung. Es ist ein dunkles Ge- fühl von Sehnsucht und einem geheimen Leeren in mir, das mich zu Boden drückt, das mich verzehret. Jch unglückseli- ger! Was will ich denn? und wie ist mir geholfen? -- Das ist mir wenigstens nun offenbar, daß die angenehme Wenn ich ohne die Benebelung meiner Sinnlichkeit in auf
kann; meine ekle Sele ſtoͤßt ſie von ſich, und bleibt in ihrer unſtetigen und troſtloſen Verwirrung. Es iſt ein dunkles Ge- fuͤhl von Sehnſucht und einem geheimen Leeren in mir, das mich zu Boden druͤckt, das mich verzehret. Jch ungluͤckſeli- ger! Was will ich denn? und wie iſt mir geholfen? — Das iſt mir wenigſtens nun offenbar, daß die angenehme Wenn ich ohne die Benebelung meiner Sinnlichkeit in auf
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kann; meine ekle Sele ſtoͤßt ſie von ſich, und bleibt in ihrer
unſtetigen und troſtloſen Verwirrung. Es iſt ein dunkles Ge-
fuͤhl von Sehnſucht und einem geheimen Leeren in mir, das
mich zu Boden druͤckt, das mich verzehret. Jch ungluͤckſeli-
ger! Was will ich denn? und wie iſt mir geholfen? —
Das iſt mir wenigſtens nun offenbar, daß die angenehme
Bewegung meiner Sinne nicht meine ganze Sele ausfuͤllet;
daß noch gleichſam ledige Abgruͤnde darin ſeyn muͤſſen, welche
eine Befriedigung von ganz anderer Art erfodern. Aber wo
finde ich dieſe andere Befriedigung? Wo finde ich dieſe unbe-
kannte Saͤttigung, nach welcher mein leerer Geiſt mit Angſt
und Unruhe ſchmachtet? —
Wenn ich ohne die Benebelung meiner Sinnlichkeit in
mich ſelbſt gehe, ſo ſehe ich wol, daß wahre Verbeſſerungen,
Vollkommenheiten und Vortheile meiner ſelbſt bey mir moͤg-
lich ſind, daß meine Natur mich innerlich antreibet, darnach
zu trachten, und daß die Erreichung dieſes Beſtrebens mir ein
Wolgefallen erwecket, worin meine Sele ſchon mehr Beruhi-
gung findet, als in dem bloſſen Taumel ſinnlicher Luͤſte. Die
Geſundheit, Staͤrke und Geſchicklichkeit meines Leibes verdie-
nen an ſich meine Sorge, auch ohne unmittelbares Abſehen
auf das Ergetzen, welches meinen Sinnen daraus zu Theil
werden kann. Noch mehr vergnuͤgen mich die Vorzuͤge und
Kraͤfte meines Geiſtes, wenn ich ſie erkenne und wachſen ſehe.
Jch finde, daß ich ſo viel beſſer bin, daß ich in eine ſo viel
hoͤhere Ordnung gehoͤre, als das mannichfaltige Vermoͤgen
zunimmt, deſſen ich mir bewußt bin. Jch beſchaͤftige mich
alſo mit demſelben nicht ohne Empfindung einer einnehmen-
den Luſt. Jch bringe alles zuſammen, ich brauche alles, meinen
Geiſt vollkommener zu machen. Jch ſuche mein Gedaͤchtniß
zu bereichern, meine Begriffe aufzuklaͤren, meinen Witz zu
ſchaͤrfen, meine Einſicht zu erweitern und zu befeſtigen. Jch
ermuͤde nicht, dieſe meine Faͤhigkeiten immer von einer Stuffe
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