Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Soden, Julius von: Alethia. Leipzig, 1796.

Bild:
<< vorherige Seite

da wohl unerschütterlicher Gleichmuth der
Seele möglich? Jst da Laune und Unmuth
nicht verzeihlich? Und doch kann selbst die
augenblikliche üble Laune eines Regenten
tausend Unglükliche machen! Warlich ihm
ist ein Wesen nothwendig, das durch uner-
schütterliche Jovialität den trüben Schleier
stets hinwegziehe, den Eigensinn, mit dem die
Seele einen widrigen Gegenstand pakt, bre-
che, ihrem Blik eine andre Richtung gebe
und die Falten der Stirne ebne. Alles das
kann oft Weisheit und Zärtlichkeit und Theil-
nehmung nicht und ein einziger possierlicher
Einfall, ein einziger Goffo kann es.

Noch weit wichtiger ist aber der Hof-
Narr
durch das Privilegium, die Wahr-
heit
zu sagen. Es giebt Fürsten, die gerne
Wahrheit hören möchten, und denen Nie-

mand

da wohl unerſchuͤtterlicher Gleichmuth der
Seele moͤglich? Jſt da Laune und Unmuth
nicht verzeihlich? Und doch kann ſelbſt die
augenblikliche uͤble Laune eines Regenten
tauſend Ungluͤkliche machen! Warlich ihm
iſt ein Weſen nothwendig, das durch uner-
ſchuͤtterliche Jovialitaͤt den truͤben Schleier
ſtets hinwegziehe, den Eigenſinn, mit dem die
Seele einen widrigen Gegenſtand pakt, bre-
che, ihrem Blik eine andre Richtung gebe
und die Falten der Stirne ebne. Alles das
kann oft Weisheit und Zaͤrtlichkeit und Theil-
nehmung nicht und ein einziger poſſierlicher
Einfall, ein einziger Goffo kann es.

Noch weit wichtiger iſt aber der Hof-
Narr
durch das Privilegium, die Wahr-
heit
zu ſagen. Es giebt Fuͤrſten, die gerne
Wahrheit hoͤren moͤchten, und denen Nie-

mand
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0236" n="224"/>
da wohl uner&#x017F;chu&#x0364;tterlicher Gleichmuth der<lb/>
Seele mo&#x0364;glich? J&#x017F;t da Laune und Unmuth<lb/>
nicht verzeihlich? Und doch kann &#x017F;elb&#x017F;t die<lb/>
augenblikliche u&#x0364;ble Laune eines Regenten<lb/>
tau&#x017F;end Unglu&#x0364;kliche machen! Warlich ihm<lb/>
i&#x017F;t ein We&#x017F;en nothwendig, das durch uner-<lb/>
&#x017F;chu&#x0364;tterliche Jovialita&#x0364;t den tru&#x0364;ben Schleier<lb/>
&#x017F;tets hinwegziehe, den Eigen&#x017F;inn, mit dem die<lb/>
Seele einen widrigen Gegen&#x017F;tand pakt, bre-<lb/>
che, ihrem Blik eine andre Richtung gebe<lb/>
und die Falten der Stirne ebne. Alles das<lb/>
kann oft Weisheit und Za&#x0364;rtlichkeit und Theil-<lb/>
nehmung nicht und ein einziger po&#x017F;&#x017F;ierlicher<lb/>
Einfall, ein einziger <hi rendition="#g">Goffo</hi> kann es.</p><lb/>
        <p>Noch weit wichtiger i&#x017F;t aber der <hi rendition="#g">Hof-<lb/>
Narr</hi> durch das Privilegium, die <hi rendition="#g">Wahr-<lb/>
heit</hi> zu &#x017F;agen. Es giebt Fu&#x0364;r&#x017F;ten, die gerne<lb/>
Wahrheit ho&#x0364;ren mo&#x0364;chten, und denen Nie-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">mand</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[224/0236] da wohl unerſchuͤtterlicher Gleichmuth der Seele moͤglich? Jſt da Laune und Unmuth nicht verzeihlich? Und doch kann ſelbſt die augenblikliche uͤble Laune eines Regenten tauſend Ungluͤkliche machen! Warlich ihm iſt ein Weſen nothwendig, das durch uner- ſchuͤtterliche Jovialitaͤt den truͤben Schleier ſtets hinwegziehe, den Eigenſinn, mit dem die Seele einen widrigen Gegenſtand pakt, bre- che, ihrem Blik eine andre Richtung gebe und die Falten der Stirne ebne. Alles das kann oft Weisheit und Zaͤrtlichkeit und Theil- nehmung nicht und ein einziger poſſierlicher Einfall, ein einziger Goffo kann es. Noch weit wichtiger iſt aber der Hof- Narr durch das Privilegium, die Wahr- heit zu ſagen. Es giebt Fuͤrſten, die gerne Wahrheit hoͤren moͤchten, und denen Nie- mand

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/soden_alethia_1796
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/soden_alethia_1796/236
Zitationshilfe: Soden, Julius von: Alethia. Leipzig, 1796, S. 224. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/soden_alethia_1796/236>, abgerufen am 24.11.2024.