Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Soden, Julius von: Alethia. Leipzig, 1796.

Bild:
<< vorherige Seite

Möser vorzüglich, hat gezeigt, daß die
Karrikatur auf dem Theater die nemliche
Rechte habe, als in der Mahlerei; daß der
Karakter des Harlekins keineswegs gegen den
Zwek des Schauspiels sey. Seine Gründe
haben Sensazion gemacht, aber keine Ueber-
zeugung gewürkt. Es ist allerdings der Mühe
werth, die Ursachen dieses Anathems auf-
zusuchen und zu prüfen.

Das Daseyn einer grotesken Person,
einer Karrikatur, datirt sich bei allen Nazionen
bis zum Ursprung der Bühnen selbst. Es
hat dieses Daseyn allerdings dem Geiste der
Schauspiel-Kunst zu danken; dieser besteht
zwar in der Darstellung der menschlichen
Sitten und Handlungen, und das Schau-
spiel ist allerdings, wie es Mercier nennt,
ein Gemählde der Natur. Aber zum Gei-

J

Moͤſer vorzuͤglich, hat gezeigt, daß die
Karrikatur auf dem Theater die nemliche
Rechte habe, als in der Mahlerei; daß der
Karakter des Harlekins keineswegs gegen den
Zwek des Schauſpiels ſey. Seine Gruͤnde
haben Senſazion gemacht, aber keine Ueber-
zeugung gewuͤrkt. Es iſt allerdings der Muͤhe
werth, die Urſachen dieſes Anathems auf-
zuſuchen und zu pruͤfen.

Das Daſeyn einer grotesken Perſon,
einer Karrikatur, datirt ſich bei allen Nazionen
bis zum Urſprung der Buͤhnen ſelbſt. Es
hat dieſes Daſeyn allerdings dem Geiſte der
Schauſpiel-Kunſt zu danken; dieſer beſteht
zwar in der Darſtellung der menſchlichen
Sitten und Handlungen, und das Schau-
ſpiel iſt allerdings, wie es Mercier nennt,
ein Gemaͤhlde der Natur. Aber zum Gei-

J
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0141" n="129"/><lb/>
        <p>Mo&#x0364;&#x017F;er vorzu&#x0364;glich, hat gezeigt, daß die<lb/><hi rendition="#g">Karrikatur</hi> auf dem Theater die nemliche<lb/>
Rechte habe, als in der Mahlerei; daß der<lb/>
Karakter des Harlekins keineswegs gegen den<lb/>
Zwek des Schau&#x017F;piels &#x017F;ey. Seine Gru&#x0364;nde<lb/>
haben Sen&#x017F;azion gemacht, aber keine Ueber-<lb/>
zeugung gewu&#x0364;rkt. Es i&#x017F;t allerdings der Mu&#x0364;he<lb/>
werth, die Ur&#x017F;achen die&#x017F;es Anathems auf-<lb/>
zu&#x017F;uchen und zu pru&#x0364;fen.</p><lb/>
        <p>Das Da&#x017F;eyn einer grotesken Per&#x017F;on,<lb/>
einer Karrikatur, datirt &#x017F;ich bei allen Nazionen<lb/>
bis zum Ur&#x017F;prung der Bu&#x0364;hnen &#x017F;elb&#x017F;t. Es<lb/>
hat die&#x017F;es Da&#x017F;eyn allerdings dem <hi rendition="#g">Gei&#x017F;te</hi> der<lb/>
Schau&#x017F;piel-Kun&#x017F;t zu danken; die&#x017F;er be&#x017F;teht<lb/>
zwar in der <hi rendition="#g">Dar&#x017F;tellung</hi> der men&#x017F;chlichen<lb/>
Sitten und Handlungen, und das Schau-<lb/>
&#x017F;piel i&#x017F;t allerdings, wie es Mercier nennt,<lb/>
ein Gema&#x0364;hlde der Natur. Aber zum <hi rendition="#g">Gei-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">J</fw><lb/></hi></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[129/0141] Moͤſer vorzuͤglich, hat gezeigt, daß die Karrikatur auf dem Theater die nemliche Rechte habe, als in der Mahlerei; daß der Karakter des Harlekins keineswegs gegen den Zwek des Schauſpiels ſey. Seine Gruͤnde haben Senſazion gemacht, aber keine Ueber- zeugung gewuͤrkt. Es iſt allerdings der Muͤhe werth, die Urſachen dieſes Anathems auf- zuſuchen und zu pruͤfen. Das Daſeyn einer grotesken Perſon, einer Karrikatur, datirt ſich bei allen Nazionen bis zum Urſprung der Buͤhnen ſelbſt. Es hat dieſes Daſeyn allerdings dem Geiſte der Schauſpiel-Kunſt zu danken; dieſer beſteht zwar in der Darſtellung der menſchlichen Sitten und Handlungen, und das Schau- ſpiel iſt allerdings, wie es Mercier nennt, ein Gemaͤhlde der Natur. Aber zum Gei- J

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/soden_alethia_1796
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/soden_alethia_1796/141
Zitationshilfe: Soden, Julius von: Alethia. Leipzig, 1796, S. 129. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/soden_alethia_1796/141>, abgerufen am 24.11.2024.