Siniscalchi, Liborio: Sacramentalisches Abendmahl. Übers. v. Peter Obladen. Costanz/Ulm, 1752.Betrachtungen eine Lieb-volle Mutter, welche uns mit derMilch ihrer Kräfften säuget. Isaiae 66. Damit wir saugen/ und von der Brust seines Trosts erfüllt werden/ damit es euch wohl thue, und ihr in dem Uberfluß seiner allerseitigen Herrlichkeit schwimmet. Es will ein gewis- ser Natur-kündiger behaupten, die Milch seye ein von der Liebe gearbeiteter Auszug aus dem Blut der Mutter, daß sich also das Kind mit dem Allerbesten der Mutter nährt. Das al- lerheiligste Sacrament ist gleichfalls ein Aus- zug aller Güter, den die Göttliche Liebe aus- gearbeitet, um darmit uns, als Kinder, zu trän- cken. Aus deme sehen wir die Liebe gegen uns; massen JEsus selbst, nachdem er uns am Creutz mit seinem Leben und Tod gebohren, uns nach- dem träncket, und ernährt in diesem heiligen Sa- crament. Es ware billich, sagt Clemens von Ale- xandria Paedag. c. 6. daß jener, so uns erschaf- fen, auch uns nachmals erhielte; dann, wenn jene nur eine halbe Mutter zu nennen, welche ihr Kind nicht selbst säugt; so ware es ja billich, daß JEsus, nachdem er uns mit so grossen Schmertzen zur Gnad widergebohren, uns von ihme selbst ernährte; damit wir ohnzertheilt gegen ihme allein unsere Gemüths-Regungen aufrecht erhielten. O unermessene, ohnendli- che, ohnbegreiffliche Gottes-Liebe! Meine Seel! ist es möglich, daß du nicht aus Liebe gegen JEsu zerschmelzest? Welch Wunder-Ding! ein ver- ächtlicher Mensch wird mit GOtt gespeißt! O Wun-
Betrachtungen eine Lieb-volle Mutter, welche uns mit derMilch ihrer Kräfften ſäuget. Iſaiæ 66. Damit wir ſaugen/ und von der Bruſt ſeines Troſts erfüllt werden/ damit es euch wohl thue, und ihr in dem Uberfluß ſeiner allerſeitigen Herrlichkeit ſchwimmet. Es will ein gewiſ- ſer Natur-kündiger behaupten, die Milch ſeye ein von der Liebe gearbeiteter Auszug aus dem Blut der Mutter, daß ſich alſo das Kind mit dem Allerbeſten der Mutter nährt. Das al- lerheiligſte Sacrament iſt gleichfalls ein Aus- zug aller Güter, den die Göttliche Liebe aus- gearbeitet, um darmit uns, als Kinder, zu trän- cken. Aus deme ſehen wir die Liebe gegen uns; maſſen JEſus ſelbſt, nachdem er uns am Creutz mit ſeinem Leben und Tod gebohren, uns nach- dem träncket, und ernährt in dieſem heiligen Sa- crament. Es ware billich, ſagt Clemens von Ale- xandria Pædag. c. 6. daß jener, ſo uns erſchaf- fen, auch uns nachmals erhielte; dañ, wenn jene nur eine halbe Mutter zu nennen, welche ihr Kind nicht ſelbſt ſäugt; ſo ware es ja billich, daß JEſus, nachdem er uns mit ſo groſſen Schmertzen zur Gnad widergebohren, uns von ihme ſelbſt ernährte; damit wir ohnzertheilt gegen ihme allein unſere Gemüths-Regungen aufrecht erhielten. O unermeſſene, ohnendli- che, ohnbegreiffliche Gottes-Liebe! Meine Seel! iſt es möglich, daß du nicht aus Liebe gegen JEſu zerſchmelzeſt? Welch Wunder-Ding! ein ver- ächtlicher Menſch wird mit GOtt geſpeißt! O Wun-
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Betrachtungen
eine Lieb-volle Mutter, welche uns mit der
Milch ihrer Kräfften ſäuget. Iſaiæ 66. Damit
wir ſaugen/ und von der Bruſt ſeines Troſts
erfüllt werden/ damit es euch wohl thue,
und ihr in dem Uberfluß ſeiner allerſeitigen
Herrlichkeit ſchwimmet. Es will ein gewiſ-
ſer Natur-kündiger behaupten, die Milch ſeye
ein von der Liebe gearbeiteter Auszug aus dem
Blut der Mutter, daß ſich alſo das Kind mit
dem Allerbeſten der Mutter nährt. Das al-
lerheiligſte Sacrament iſt gleichfalls ein Aus-
zug aller Güter, den die Göttliche Liebe aus-
gearbeitet, um darmit uns, als Kinder, zu trän-
cken. Aus deme ſehen wir die Liebe gegen uns;
maſſen JEſus ſelbſt, nachdem er uns am Creutz
mit ſeinem Leben und Tod gebohren, uns nach-
dem träncket, und ernährt in dieſem heiligen Sa-
crament. Es ware billich, ſagt Clemens von Ale-
xandria Pædag. c. 6. daß jener, ſo uns erſchaf-
fen, auch uns nachmals erhielte; dañ, wenn jene
nur eine halbe Mutter zu nennen, welche ihr
Kind nicht ſelbſt ſäugt; ſo ware es ja billich,
daß JEſus, nachdem er uns mit ſo groſſen
Schmertzen zur Gnad widergebohren, uns von
ihme ſelbſt ernährte; damit wir ohnzertheilt
gegen ihme allein unſere Gemüths-Regungen
aufrecht erhielten. O unermeſſene, ohnendli-
che, ohnbegreiffliche Gottes-Liebe! Meine Seel!
iſt es möglich, daß du nicht aus Liebe gegen JEſu
zerſchmelzeſt? Welch Wunder-Ding! ein ver-
ächtlicher Menſch wird mit GOtt geſpeißt!
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