Siniscalchi, Liborio: Sacramentalisches Abendmahl. Übers. v. Peter Obladen. Costanz/Ulm, 1752.Von dem H. Altars-Sacrament. vielen Tugenden so hoch berühmt, daß nurdiesen Nahmen aussprechen schon eine Lob- Rede heissen kan. Er entsprosse aus dem ur- alten Stammen der Römischen Manlien, und ware dreymahl Bürgermeister. Nachmahls fiele er jedoch bey dem meyneydigen König The- odorico wegen so kostbaren Tugenden, und hauptsächlich wegen Schützung der Catholi- schen Kirch, und heiligen Sacramenten in Un- gnad, und wurde in eine Gefängnus zu un- terst in einen Thurn zu Pavia geworffen. Nach- deme er allda sehr grausam gehalten worden, mußte er endlichen das Tods-Urtheil verneh- men. Man schickte also mit dieser Nachricht einen Verordneten zu ihme ab. Er hörte es gantz ohnerschrocken an, und sprach: Erfüllt nur euren Befehl; ich wußte schon lang, daß nur der Tod allein mir die Thür aus dieser Gefängnus eröffnen werde. Alsdann bega- be er sich zu dem Gebett, gabe GOtt seine letzte Hertzens-Regungen zu verstehen, geht nach der Richtstatt, allwo er dem tödtlichen Eysen das Haupt geneigt, so man ihme als- bald von dem Leib abgeschlagen. Das Haupt fiele auf die Erden; und als es der Scharff- richter mit grausamer Freud anschaute, fragte er aus Schertz: Boethi! wer hat dich getöd- tet? deme er antwortete: Gottlose Menschen. Das ware einmahl ein grosses Wunder. Aber hört ein grössers. Es wurde Boethius vor dem Tod nach vielen Ansuchen nicht erlaubt, die heilige D 2
Von dem H. Altars-Sacrament. vielen Tugenden ſo hoch berühmt, daß nurdieſen Nahmen ausſprechen ſchon eine Lob- Rede heiſſen kan. Er entſproſſe aus dem ur- alten Stammen der Römiſchen Manlien, und ware dreymahl Bürgermeiſter. Nachmahls fiele er jedoch bey dem meyneydigen König The- odorico wegen ſo koſtbaren Tugenden, und hauptſächlich wegen Schützung der Catholi- ſchen Kirch, und heiligen Sacramenten in Un- gnad, und wurde in eine Gefängnus zu un- terſt in einen Thurn zu Pavia geworffen. Nach- deme er allda ſehr grauſam gehalten worden, mußte er endlichen das Tods-Urtheil verneh- men. Man ſchickte alſo mit dieſer Nachricht einen Verordneten zu ihme ab. Er hörte es gantz ohnerſchrocken an, und ſprach: Erfüllt nur euren Befehl; ich wußte ſchon lang, daß nur der Tod allein mir die Thür aus dieſer Gefängnus eröffnen werde. Alsdann bega- be er ſich zu dem Gebett, gabe GOtt ſeine letzte Hertzens-Regungen zu verſtehen, geht nach der Richtſtatt, allwo er dem tödtlichen Eyſen das Haupt geneigt, ſo man ihme als- bald von dem Leib abgeſchlagen. Das Haupt fiele auf die Erden; und als es der Scharff- richter mit grauſamer Freud anſchaute, fragte er aus Schertz: Boëthi! wer hat dich getöd- tet? deme er antwortete: Gottloſe Menſchen. Das ware einmahl ein groſſes Wunder. Aber hört ein gröſſers. Es wurde Boëthius vor dem Tod nach vielen Anſuchen nicht erlaubt, die heilige D 2
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Von dem H. Altars-Sacrament.
vielen Tugenden ſo hoch berühmt, daß nur
dieſen Nahmen ausſprechen ſchon eine Lob-
Rede heiſſen kan. Er entſproſſe aus dem ur-
alten Stammen der Römiſchen Manlien, und
ware dreymahl Bürgermeiſter. Nachmahls
fiele er jedoch bey dem meyneydigen König The-
odorico wegen ſo koſtbaren Tugenden, und
hauptſächlich wegen Schützung der Catholi-
ſchen Kirch, und heiligen Sacramenten in Un-
gnad, und wurde in eine Gefängnus zu un-
terſt in einen Thurn zu Pavia geworffen. Nach-
deme er allda ſehr grauſam gehalten worden,
mußte er endlichen das Tods-Urtheil verneh-
men. Man ſchickte alſo mit dieſer Nachricht
einen Verordneten zu ihme ab. Er hörte es
gantz ohnerſchrocken an, und ſprach: Erfüllt
nur euren Befehl; ich wußte ſchon lang, daß
nur der Tod allein mir die Thür aus dieſer
Gefängnus eröffnen werde. Alsdann bega-
be er ſich zu dem Gebett, gabe GOtt ſeine
letzte Hertzens-Regungen zu verſtehen, geht
nach der Richtſtatt, allwo er dem tödtlichen
Eyſen das Haupt geneigt, ſo man ihme als-
bald von dem Leib abgeſchlagen. Das Haupt
fiele auf die Erden; und als es der Scharff-
richter mit grauſamer Freud anſchaute, fragte
er aus Schertz: Boëthi! wer hat dich getöd-
tet? deme er antwortete: Gottloſe Menſchen.
Das ware einmahl ein groſſes Wunder. Aber
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Zitationshilfe: | Siniscalchi, Liborio: Sacramentalisches Abendmahl. Übers. v. Peter Obladen. Costanz/Ulm, 1752, S. 51. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/siniscalchi_abendmahl_1752/88>, abgerufen am 16.02.2025. |